TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/20 I415 2210925-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.12.2018
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Entscheidungsdatum

20.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §20
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
StGB §127
StGB §15
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2210925-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, StA. Marokko (alias Algerien), vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 21.11.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Marokko, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11.04.2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er mit rein wirtschaftlichen Motiven begründete. Dabei gab er an, den Namen XXXX zu führen, Staatsangehöriger von Algerien und am XXXX geboren zu sein. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.04.2013, Zl. XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen, der Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien verfügt.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21.01.2014, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 130

1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt unter Bestimmung einer 3-jährigen Probezeit, verurteilt.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 04.02.2014, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 130

1. Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten, unter Bestimmung 3-jährigen Probezeit, verurteilt.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 13.11.2014, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe 240 Tagsätzen verurteilt.

5. Der Beschwerdeführer brachte am 05.02.2015 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.03.2015, Zl. XXXX, rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Die neuerliche Asylantragsstellung begründete er im Wesentlichen damit, dass er in Bludenz durch einen afghanischen Asylwerber bedroht werde.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 30.10.2015, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 130 1. Fall StGB, § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

7. Am 14.09.2015 stellte er - neuerlich aus rein wirtschaftlichen Beweggründen - einen dritten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.05.2016, Zl. XXXX, rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

8. Mit Urteil des Landesgerichtes für XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2a

2. Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB, zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

9. Der Beschwerdeführer stellte am 24.04.2018 seinen vierten, verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte er, dass sich seit der letzten Antragstellung nichts geändert habe. Im Rahmen der am 08.06.2018 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde gab er zu Protokoll, dass er in Österreich bleiben möchte. Im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland habe er nichts zu befürchten, doch habe er Algerien vor ungefähr 10 Jahren verlassen und habe er dort nichts, deshalb könne er nicht zurück.

10. Im Zuge der laufenden Erhebungen für die Erlangung eines Heimreisezertifikates teilten die algerischen Behörden mit, dass es sich beim Beschwerdeführer um keinen Staatsangehörigen Algeriens handle. Damit konfrontiert erklärte der Beschwerdeführer am 15.10.2018, eine Einvernahme zu diesem Vorwurf machen zu wollen. Am 18.10.2018 langte bei der belangten Behörde ein Schreiben des Beschwerdeführers, datiert mit 08.10.2018, mit folgendem Inhalt ein:

"Hiermit gebe ich meine Identität bekannt, dass ich bisher einen falschen Namen angegeben habe. Mein richtiger Name lautet XXXX, Geburtsdatum XXXXin Tanjer, Marokko. Ich bin marokkanischer Staatsbürger. Ich bin 2009 nach Frankreich ausgereist und danach nach Österreich." Am 24.10.2018 wurde der Beschwerdeführer deshalb neuerlich niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Dabei erklärte er, er habe das Schreiben verfasst, weil der soziale Dienst bei ihm gewesen sei, es ihm nicht gut gegangen sei und man ihn unter Druck gesetzt habe. Es entspreche der Wahrheit, dass der Beschwerdeführer Marokkaner sei, doch der im Schreiben angegebene Name sei falsch. Er heiße XXXX und sei am XXXX geboren. Marokko habe er 2004 oder 2005 verlassen, weil er dort kein Zuhause und auch sonst nichts habe. Dem Beschwerdeführer wurden die Länderfeststellungen zu Marokko ausgehändigt, unter dem Hinweis auf seine Möglichkeit, dazu binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer verzichtete ausdrücklich auf eine Rückübersetzung der Niederschrift. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den Länderfeststellungen zu Marokko langte in weiterer Folge nicht ein.

11. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2018, Zl. XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs.1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III., 1. Spruchteil). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen (Spruchpunkt III., 2. Spruchteil). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt III. 3. Spruchteil). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen ihn ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

12. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 21.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

13. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 05.12.2018 Beschwerde in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen; den angefochtenen Bescheid beheben und die Sache an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Durchführung eines materiellen Verfahrens gem. § 8 AsylG zurückverweisen, in eventu verhängtes Einreiseverbot beheben oder zumindest herabsetzen.

14. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 10.12.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Marokkos. Seine Identität steht nicht fest. Er ist ledig und kinderlos, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zum islamischen Glauben.

Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig und leidet weder an einer schweren Krankheit, noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Sein Gesundheitszustand steht seiner Rückkehr nicht entgegen.

Er verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten sowie keine familiären Anknüpfungspunkte.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner erlaubten und gemeldeten Erwerbstätigkeit nach. Er weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht auf.

Der Beschwerdeführer verwendete zur Verschleierung seiner Identität verschiedene Aliasidentitäten.

Er wurde wiederholt straffällig, sodass er die folgenden rechtskräftigen Verurteilungen aufweist:

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21.01.2014, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 130

1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt unter Bestimmung einer 3-jährigen Probezeit, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 04.02.2014, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 130

1. Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten, unter Bestimmung 3-jährigen Probezeit, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 13.11.2014, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe 240 Tagsätzen verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 30.10.2015, Zl.XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 130 1. Fall StGB, § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 13.07.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2a

2. Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB, zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

1.2 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat sein Herkunftsland Marokko aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen.

Dem Beschwerdeführer droht in Marokko mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine asylrelevante Verfolgung. Eine Abschiebung nach Marokko bedeutet für den Beschwerdeführer außerdem keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention und bringt für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich.

1.3. Zur Situation in Marokko:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 21.11.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen. Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Die Grundversorgung der marokkanischen Bevölkerung ist gewährleistet.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Der Beschwerdeführer hat den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert bestritten, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif ansieht und sich der vorgenommenen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Zwar hat der Beschwerdeführer in den drei rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren und auch zu Beginn des gegenständlichen Verfahrens angegeben, algerischer Staatsangehöriger zu sein, doch wurde dies von den algerischen Behörden im Zuge der Erhebungen für die Erlangung eines Heimreisezertifikates verneint. Darüber hinaus war seine spätere Aussage vom 24.10.2018, wonach er marokkanischer Staatsangehöriger sei, durchaus glaubhaft, womit die entsprechende Feststellung zu treffen war.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokolle vom 08.06.2018 und vom 24.10.2018).

Die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Aktenlage und den Aussagen des Beschwerdeführers. Dieser erklärte zwar im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme am 24.10.2018, an Alzheimer erkrankt zu sein, jedoch wurden keine medizinischen Unterlagen zum Beweis einer Erkrankung des Beschwerdeführers vorgelegt und im gesamten Verfahren ergaben sich keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung, welche seiner Rückkehr entgegenstehen könnte. Auch im Rahmen der Beschwerde wurde weder eine gesundheitliche Beeinträchtigung, noch eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorgebracht.

Der Beschwerdeführer brachte im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahmen durch die belangte Behörde keine konkreten Umstände vor, welche die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht oder das Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens rechtfertigen würden. Der Beschwerdeführer war in Österreich nie berufstätig, kein Mitglied in Vereinen oder sonstigen integrationsbegründenden Institutionen. Er besuchte einen Deutschkurs A1, bei dem er jedoch laut eigenen Angaben oft fehlte und worüber er auch keine Prüfung absolvierte. Auch aus der Beschwerde gehen keine Hinweise auf ein schützenswertes Privat- und Familienleben oder erfolgte Integrationsschritte des Beschwerdeführers in Österreich hervor.

Dass der Beschwerdeführer zur Verschleierung seiner Identität verschiedene Aliasidentitäten verwendete, ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers leiten sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 17.12.2018 ab.

2.3 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Marokko aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen hat, ergibt sich aus seinen eigenen Aussagen im Laufe des Verfahrens. Der Beschwerdeführer nannte bei seiner Erstbefragung rein wirtschaftliche Gründe und verneinte Rückkehrbefürchtungen. Seine niederschriftliche Einvernahme durch die belangte Behörde am 08.06.2018 gestaltete sich wie folgt (im Folgenden ein Auszug aus der Niederschrift):

"LA: Sie haben bereits einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde. Ein weiterer Folgeantrag wurde ebenfalls abgewiesen. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

VP: Ich möchte hier bleiben.

LA: Die in den Verfahren genannten Gründe, dass Sie nur hier in Österreich sind weil Sie in Algerien nicht gut verdient haben und keine Zukunft haben, stimmen diese noch?

VP: Ja.

LA: Sie haben auch bei der Erstbefragung in diesem Verfahren als Fluchtgrund nur angegeben, dass Ihr Recht sei einen Asylantrag zu stellen und keine neuen Fluchtgründe zu haben? Stimmt das?

VP: Stimmt ja.

LA: Was befürchten Sie dann im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Es wird nichts passieren aber ich habe dort nichts. Dann werde ich Algerien wieder verlassen, wenn man mich wieder dorthin zurückschickt."

Auch nach Richtigstellung seiner Staatsbürgerschaft änderte der Beschwerdeführer nichts an seinen Fluchtgründen, sondern erklärte diesbezüglich in seiner zweiten niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 24.10.2018 lediglich: "Ich habe kein Zuhause. Dort habe ich nichts, ich wäre ein Flüchtling dort."

Ansonsten nannte der Beschwerdeführer keine weiteren Fluchtgründe.

Dieses Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers ist nicht asylrelevant, da er rein wirtschaftliche Gründe geltend gemacht hat. Diese Überlegung stützt sich insbesondere auf seine oben angeführten Angaben, denen in dieser Hinsicht geglaubt werden konnte.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher - wie auch schon die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich auch den tragenden Erwägungen der belangten Behörde zu den Voraussetzungen für den Status des subsidiär Schutzberechtigten an und geht davon aus, dass der junge, gesunde und erwerbsfähige Beschwerdeführer durchaus in der Lage sein wird können, sich in seinem Herkunftsstaat Marokko eine Lebensgrundlage zu schaffen.

Auch aus der Beschwerde ergeben sich keinerlei Hinweise auf eine gegenteilige Sachlage. Dem Beschwerdevorbringen, wonach die Voraussetzungen für die Zurückweisung wegen entschiedener Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG nicht vorliegen, ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde eine inhaltliche Entscheidung getroffen und den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gerade nicht zurück- sondern abgewiesen hat.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Marokko ist gemäß § 1 Ziffer 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl. II Nr. 177/2009, idgF, ein sicherer Herkunftsstaat.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Marokko ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017a): Marokko - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224120, Zugriff 31.7.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 31.7.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

-

AA - Auswärtiges Amt (8.8.2018): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080#content_0, Zugriff 8.8.2018

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.8.2018): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 8.8.2018

-

EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten (8.8.2018): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 8.8.2018

-

FD - France Diplomatie (8.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Maroc

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Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/, Zugriff 8.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017b): Marokko - Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224118, Zugriff 8.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook

-

Morocco,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mo.html, Zugriff 8.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (11.7.2018): The World Factbook

-

Western Sahara,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 8.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 8.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 1.8.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

-

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430366.html, Zugriff 1.8.2018

-

AI -Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Morocco/Western Sahara,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1425081.html, Zugriff 1.8.2018

-

TI - Transparency International (21.2.2018): Corruptions Perceptions Index 2017,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 17.8.2018

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HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Morocco and Western Sahara,

http://www.ecoi.net/local_link/334712/476546_de.html, Zugriff 3.8.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436851.html, Zugriff 7.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018b): LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 7.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017c): Marokko - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/wirtschaft/224082, Zugriff 7.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018c): Marokko - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 7.8.2018

-

DIS - Danish Immigration Service (2.2017): Morocco - Situation of Unaccompanied Minors,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1490253625_morocco-situationofunaccompaniedminors-06032017.pdf, Zugriff 6.7.2017

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VB - Verbindungsbeamter des BMI in Rabat (30.5.2017):

Anfragebeantwortung Kinder und Jugendliche, nach direkter Rücksprache mit einem Mitarbeiter der NGO "Association Marocaine des Droits Humains" (AMDH), sowie mit Frau Saida SAGHER von der Organisation "BAYTI" (übersetzt "mein Haus") in Casablanca, einer Organisation, die sich speziell für Straßenkinder einsetzt; übermittelt per E-Mail vom 30.5.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Im Beschwerdeschriftsatz wurde zwar vorgebracht, die seitens der belangten Behörde herangezogenen Länderberichte seien allgemein gehalten und hätten nichts mit der tatsächlichen Lage des Beschwerdeführers zu tun. Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland jedoch auch nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. bereits ausführlich dargestellt, konnte der Beschwerdeführer keine unter die GFK zu subsumierenden Gründe für seine Antragstellung glaubhaft machen. Die von ihm angeführten ökonomischen Schwierigkeiten erreichen zudem keine asylrelevante Intensität. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründen wirtschaftliche Fluchtgründe keine asylrechtlich relevante Verfolgung (zur fehlenden asylrechtlichen Relevanz wirtschaftlich motivierter Ausreisegründe siehe auch Erk. d. VwGH vom 28.06.2005, 2002/01/0414 oder vom 06.03.1996, 95/20/0110 oder vom 20.06.1995, 95/19/0040).

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Marokko keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Nach der früheren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen waren, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH, 21.02.2017, Ro 2017/18/005). Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher für die Gewährung von subsidiärem Schutz insbesondere auf den Maßstab des Artikel 3 EMRK ab (vgl. etwa VwGH, 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Allerdings hatte der EuGH in seinem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien, C-542/13, klargestellt, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht automatisch zur Gewährung des Status von subsidiärem Schutz nach Art 15 der Status-Richtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) führt. Konkret führt er in Rz 40 aus: "Der Umstand, dass ein an einer schweren Krankheit leidender Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in absoluten Ausnahmefällen nicht in ein Land abgeschoben werden kann, in dem keine angemessene Behandlung vorhanden ist, bedeutet deswegen aber nicht, dass es ihm erlaubt werden muss, sich auf der Grundlage des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2004/83 in einem Mitgliedstaat aufzuhalten." Subsidiärer Schutz nach Art. 15 lit. A und b der Statusrichtlinie verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten verursacht werden muss und nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist. Zugleich hielt der EuGH in dieser Entscheidung auch fest, dass es unionsrechtlich unzulässig ist, den in der Statusrichtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen.

Die in dem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien vom EuGH entwickelten Grundsätze wurde im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 aufgenommen und festgestellt, dass der österreichische Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status subsidiär Schutzberechtigter in § 8 Abs. 1 AsylG entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH umgesetzt hat.

In seiner Entscheidung vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0461 wiederholt der Verwaltungsgerichtshof, dass es der Statusrichtlinie widerspricht, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.

Zur Frage der unionsrechtskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts hat der EuGH zuletzt in der Rechtssache C-384/17 vom 04.10.2018 (Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic M&N gegen Budapest Rendorfokapitanya) festgelegt, dass von Gerichten alles zu tun ist, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten, wobei dies seine Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage einer Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf. Wenn eine konforme Auslegung nicht möglich ist, ist das nationale Gericht verpflichtet, das Unionsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, indem es notfalls jede Bestimmung unangewendet lässt, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem unionsrechtswidrigen Ergebnis führt.

Die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ist daher nach den Kriterien des Art. 15 der Statusrichtlinie zu prüfen.

Artikel 15 der Statusrichtlinie, der die Voraussetzung für die Vergabe des Status eines subsidiär Schutzberechtigten festlegt, lautet:

Als ernsthafter Schaden gilt

a) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder

b) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder

c) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer weder durch die Todesstrafe noch durch einen bewaffneten Konflikt bedroht. In Marokko herrscht kein Bürgerkrieg. Der Beschwerdeführer bzw. dessen Leben und dessen Unversehrtheit sind nicht infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht. Art 15a bzw. c der Statusrichtlinie sind nicht erfüllt.

Nach der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH, der für die Auslegung des Unionsrechts zuständig ist, ist es für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des Art. 15 b der Statusrichtlinie erforderlich, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht werden muss oder von einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt ausgeht. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführenden Verletzung von Art. 3 EMRK.

Wie bereits im Zuge der Prüfung des Status des Asylberechtigten festgestellt wurde, kann im Falle des Beschwerdeführers eine Gefahr einer Art. 3 EMRK Verletzung durch das konkrete Handeln (auch im Sinne von Unterlassungshandlungen) dritter Personen nicht festgestellt werden.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.3. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG (Spruchpunkt III., erster Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides):

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde unter Zitierung des § 57 AsylG 2005 zwar ausgesprochen hat, dass ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde, dass sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch unzweifelhaft ergibt, dass die belangte Behörde tatsächlich rechtsrichtig über eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 abgesprochen und eine solche nicht erteilt hat.

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III., erster Spruchteil des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III., zweiter Spruchteil des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein schützenswertes Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet.

Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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