TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/11 I413 2113686-1

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Veröffentlicht am 11.01.2019
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Entscheidungsdatum

11.01.2019

Norm

ASVG §410
ASVG §67 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I413 2113686-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX GmbH in Liqu (FN XXXX), vertreten durch Mag. Lazló SZABÓ, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Tiroler Gebietskrankenkasse vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.06.2018 und am 03.09.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin betrieb als Pächterin des Gasthauses "XXXX" in XXXX eine Gastwirtschaft "XXXX", die zuvor von der XXXX GmbH betrieben worden war. Über die XXXX GmbH wurde mit Edikt vom 10.06.2014 auf Antrag der belangten Behörde zu XXXX des Landesgerichts XXXX das Insolvenzverfahren eröffnet. In seiner E-Mail vom 31.07.2014 an XXXX und XXXX, welche der belangten Behörde weitergeleite worden ist, äußert der Insolvenzverwalter, MMag. Christian HÖLZL, seine Vermutung, dass gegenständlichen Fall von einer "faktischen (Betriebs)Nachfolge" von der XXXX GmbH auf die Beschwerdeführerin zum Schaden der Gläubiger der XXXX GmbH auszugehen sei.

2. Mit Schreiben vom 26.08.2014 machte die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin die Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs 4 ASVG nach der XXXX GmbH geltend. Diese Gesellschaft schulde der belangten Behörde für die bei ihr in Beschäftigung gestandenen Dienstnehmer Sozialversicherungsbeiträge für die Monate November 2013 bis Feber 2014 in Höhe von EUR 11.154,19 samt Nebengebühren. Die Einbringlichkeit dieser Beiträge sei nicht möglich, weil über diese Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Seit Feber 2014 werde das Unternehmen durch die Beschwerdeführerin weitergeführt. Dabei würden auch die Dienstnehmer beschäftigt, die bei der XXXX GmbH sozialversichert gewesen seien. Die belangte Behörde habe nun die Pflicht zu prüfen, ob es sich um eine Betriebsnachfolge im Sinne der in diesem Schreiben zitierten Bestimmung des § 67 Abs 4 ASVG handle und forderte die Beschwerdeführerin auf, bis 22.09.2014 Umstände darzulegen, welche eine Haftung ausschlössen. Sollte dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen werden, müsste die Beschwerdeführerin gemäß § 67 Abs 4 ASVG zur Zahlung der Beitragsrückstände herangezogen werden.

3. Mit Schreiben vom 22.09.2014 gab der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin deren rechtsfreundliche Vertretung durch ihn bekannt und teilte mit, dass die Beschwerdeführerin nicht als Betriebsnachfolgerin für die Beiträge ihrer Vorgängerin zu zahlen verpflichtet sei, weil die XXXX GmbH unverändert bis zu ihrer Löschung im Firmenbuch fortbestanden hätte. Die Beschwerdeführerin existiere neben dieser als eigenständige GmbH, ihre Gesellschafter und Geschäftsführer seien verschieden. Die Beschwerdeführerin habe auch keine Geschäftsanteile an der XXXX GmbH übernommen. Daher sei der gesetzliche Tatbestand des § 67 Abs 4 ASVG nicht erfüllt. Auch sei § 1409 ABGB nicht anwendbar, da keine Vermögensübernahme erfolgt sei. Eine Haftung für Verbindlichkeiten der XXXX GmbH komme auch nach § 38 Abs 5a UGB nicht in Betracht, weil die Beschwerdeführerin nach Beendigung des Pachtvertrages der XXXX GmbH mit dem Liegenschaftseigentümer XXXX einen neuen Pachtvertrag eingegangen sei.

4. Hierauf antwortete die belangte Behörde mit Schreiben vom 01.10.2014, dass entgegen den Ausführungen des Rechtsanwalts ua Kaufverträge für das gesamte Inventar vorlägen und ersuchte um Übersendung der entsprechenden Pachtverträge, falls er noch Ausschließungsgründe im Rahmen der Betriebsnachfolgehaftung geltend machen wolle.

5. Mit angefochtenem Bescheid vom XXXX entschied die belangte Behörde, dass die Beschwerdeführerin als Betriebsnachfolger zur ungeteilten Hand für die rückständigen Beiträge und Nebengebühren des Vorgängers, XXXX GmbH, aus den Vorschreibungen für die Zeiträume März 2013, April 2013, Oktober 2013, November 2013, Dezember 2013, Jänner 2014 und Feber 2014 von EUR 8.159,90 haftet und verpflichtet ist, diesen Betrag binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen an die belangte Behörde zu bezahlen. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 17.11.2014 zugestellt.

6. Mit Rückstandsausweis vom XXXX stellte die belangte Behörde die von XXXX GmbH zu entrichtenden vollstreckbaren Beiträge einschließlich der von der belangten Behörde für andere Stellen einzuhebenden und an diese abzuführenden Beiträge samt Nebengebühren des Kontos 4612101 mit insgesamt EUR 8.159,90 (darin enthalten Nebengebühren in Höhe von EUR 146,58, Zuschläge in Höhe von EUR 40,00 und Verzugszinsen in Höhe von EUR 362,55) fest. Der Rückstandsausweis wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 17.11.2014 zugestellt.

7. Mit Schreiben vom 26.02.2015 mahnte die belangte Behörde den Betrag von EUR 8.159,90 zzgl. gesetzlicher Verzugszinsen ein und forderte die Beschwerdeführerin zur Einzahlung dieses Betrages auf.

8. Mit Schreiben vom 11.03.2015 ersuchte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin um Übermittlung des Rückscheines bezüglich des angefochtenen Bescheides. Dies erfolgte noch am selben Tag per Telefax.

9. Mit Schreiben vom 18.03.2015 teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, dass der angefochtene Bescheid nicht wirksam erfolgt sei, weil er mit Schreiben vom 22.09.2014 als Vertreter der Beschwerdeführerin ausgewiesen sei und die Vollmacht eines Rechtsanwalts auch eine Zustellvollmacht umfasse. Eine Bescheidzustellung an ihn sei nicht erfolgt, weshalb keine rechtswirksame Zustellung an die Beschwerdeführerin vorliege. Hierauf stellte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid samt Rückstandsausweis vom XXXX am 23.03.2015 dem Rechtsvertreter zu.

10. Gegen diesen, dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 23.03.2015 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Beschwerdeführerin beantragte die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.

11. Mit Schriftsatz vom 27.08.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und erstattete eine Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen und beantragte, die Beschwerde als rechtlich unbegründet abzuweisen.

12. Am 26.06.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der XXXX als Zeuge einvernommen wurde. Aufgrund der Ergebnisse dieser Verhandlung wurde die mündliche Verhandlung zur Einvernahme von XXXX als weiteren Zeugen und der nicht erschienenen früheren Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin vertagt.

13. Am 03.09.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung durch, in der XXXX und XXXX einvernommen wurden. Das Bundesverwaltungsgericht schloss sodann die Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 27.01.2014 errichtete und am 30.01.2014 im Firmenbuch eingetragene, zu FN XXXX im Firmenbuch protokollierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie befindet sich in Liquidation. Ihre Liquidatorin ist XXXX, welche die Gesellschaft seit 29.11.2016 selbständig vertritt. Geschäftsführer waren XXXX vom 30.01.2014 bis zum 12.08.2015 sowie XXXX vom 03.08.2015 bis zum 14.12.2016. XXXX war mit einer Stammeinlage von EUR 10.000,00 vom 30.01.2014 bis zum 27.07.2016 Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, XXXX ist seit 27.07.2016 mit einer Stammeinlage von EUR 10.000,00 Gesellschafterin der Beschwerdeführerin. Über das Vermögen der Beschwerdeführerin wurde zu XXXX am 10.06.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dieses Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 06.11.2016, XXXX, aufgehoben.

XXXX GmbH war eine am 02.12.2011 errichtete, zu FN XXXX im Firmenbuch protokollierte und infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 10.06.2014, XXXX, aufgelöste Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Gesellschafter und Geschäftsführer und Liquidator war XXXX. Als weiterer Geschäftsführer fungierte zwischen 11.01.2012 und 04.05.2012 XXXX. Die XXXX GmbH betrieb jedenfalls bis Anfang Feber 2014 auf der Liegenschaft XXXX in XXXX im "XXXX" die Gastwirtschaft "Pizzaria - Restaurant Il Castello", welche von der Beschwerdeführerin unter diesem Betriebsnamen fortgeführt wurde.

XXXX GmbH war die unmittelbare Vorpächterin der Beschwerdeführerin dieser Gastwirtschaft.

Bei der XXXX GmbH waren XXXX und XXXX als Kellner beschäftigt. Sie waren auch für die Beschwerdeführerin weiterhin tätig.

Gemäß Kaufvertrag vom 31.12.2013 verkaufte XXXX GmbH der Beschwerdeführerin folgende Gegenstände zum Bestandswert von EUR 16.650,00: 1 Pizza Holzofen, 1 Platte/Pizzavitrine, 1 Pizzateigmaschine, 1 Pizzakühlschrank, 1 Buffetvitrine, 1 Eiswürfelmaschine, 1 Sorbetmaschine Natfood, 1 Fernseher LG, 1 Registrierkasse Sharp, 1 Computeranlage, 1 Waschmaschine, 2 Dekorationsvitrinen, 1 Salatkühlung "Morgan", 4 Arbeitstische Edelstahl, 1 Fritteuse, 1 Nudelkocher Zanussi, 1 Gasherd sechsflammig, 1 Grillvapor, 1 Aufschnittmaschine "Sirma", 1 Tellerspühlmaschine "Rancilio", 1 Edelstahlkonsole, 4 Kühlschränke, 1 Tiefkühltruhe, 1 Stabmixer MP350, 1 Gemüseschneidmaschine Morgan, 1 Microwelle "Caso", 1 Kleinofen "Heidi", 1 Küchengeschirr, 1 Tischdecken, 1 div. Dekorationsmaterial. Mit weiterem Kaufvertrag vom 31.12.2013 verkaufte die XXXX GmbH der Beschwerdeführerin Wein und Mehl im Betrag von EUR 8.433,00, und zwar: 60 Flaschen Vino Rosso Claudium, 60 Flaschen Vino Bianco Bonea, 120 Flachen Prosecco Presice bianco, 120 Flaschen Vino Bianco Greco, 90 Flaschen Vino Bianco Fiano, 100 Flaschen Vino Rosso Primitivo, 100 Flaschen Vino Rosso nero die troia, 120 Flaschen Prosecco rose Prestice, 20 Flaschen Vino Rosso Barolo, 120 Flaschen Vino Rosso Barbera D'Asti, 60 Flaschen Rosso Rocca die Castiglione, 30 Flaschen Vino Rosé und 7 Sack Farina Grano Tenero 25 kg. Es kann nicht festgestellt werden, ob der jeweilige Kaufpreis tatsächlich geleistet wurde. Zum Zeitpunkt des Datums des jeweiligen Kaufvertrages existierte die Beschwerdeführerin noch nicht. Sie wurde erst am 30.01.2014 im Firmenbuch eingetragen. Beide Kaufverträge wurden zurückdatiert.

Die Beschwerdeführerin pachtete mit Pachtvertrag vom 06.02.2014 von XXXX den Gasthof XXXX im Hause XXXX bestehend aus allen im Erdgeschoss dieses Hauses gelegenen Räumen, dem Bierkühlraum im Keller, zwei Kellerräumen, den beiden Gastgärten rechts und links des Eingangs, zwei Autoabstellplätzen im Hof, dem Kundenstock und dem gemäß Inventarliste aufgelistetem Inventar um einen monatlichen Pachtzins von EUR 3.162,00 inklusive USt. Das Pachtverhältnis wurde befristet abgeschlossen. Es begann am 06.02.2014 und war bis 05.02.2019 befristet.

2. Beweiswürdigung:

Der in Punkt I. festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem vorgelegten Verfahrensgang und der erhobenen Beschwerde sowie aus dem Gerichtsakt und steht zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen zur Beschwerdeführerin und zur XXXX GmbH i. Liqu. ergeben sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Firmenbuchauszügen und stehen zweifelsfrei fest. Die Feststellung über den Betrieb der XXXX GmbH ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Zeugen Karl SCHRFFL in der mündlichen Verhandlung am 26.06.2018, wonach er glaube, dass der Pachtvertrag nahtlos an die Beschwerdeführerin gegangen sei. Über Vorhalt des Vorbringens, die XXXX GmbH hätte das Pachtverhältnis mit Ende Dezember 2013 beendet, gab er zu Protokoll, dass er das nicht glaube. Ein Pachtvertrag werde immer über mehrere Jahre abgeschlossen. Wenn man nun das Anfangsjahr von der Pacht der XXXX GmbH und der Beschwerdeführerin hernehme, könne das nicht der 31.12.2013 sein (Protokoll vom 26.06.2018, S. 4). XXXX als für die Beschwerdeführerin damals verantwortliche Geschäftsführerin gab in ihrer Aussage am 03.09.2018 an, der Pachtvertrag sei glaublich von der Vorgängerfirma übernommen worden (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2018, S 2). XXXX sagte am 03.09.2018 hierzu aus, dass beim Übergang des Lokals von der XXXX GmbH auf die Beschwerdeführerin das Lokal vier oder fünf Tage geschlossen gewesen sei. Der Insolvenzverwalter der XXXX GmbH gibt an, dass der Betrieb Ende Feber geschlossen worden sei (E-Mail MMag XXXX vom 31.07.2014). Diese Aussagen bzw E-Mail lassen den Schluss zu, dass das Lokal jedenfalls bis Anfang Feber 2014 von der XXXX GmbH betrieben wurde und der Betrieb der Gaststätte nahtlos von der XXXX GmbH auf die Beschwerdeführerin übergegangen ist. Dass die Beschwerdeführerin den Betriebsnamen "Pizzaria - Restaurant Il Castello" fortführte, ergibt sich aus den Firmenstempeln der Beschwerdeführerin auf den Kaufverträgen vom 31.12.2013. Aus den Aussagen des Zeugen XXXX am 26.06.2018 und von XXXX am 03.09.2018 ergibt sich glaubhaft, dass die XXXX GmbH die unmittelbare Vorpächterin der Beschwerdeführerin war.

Dass XXXX und XXXX bei der XXXX GmbH als Kellner beschäftigt waren, ergibt sich aus den glaubhaften Aussagen von XXXX am 26.06.2018 und von XXXX und XXXX am 03.09.2018. Dass XXXX und XXXX auch für die Beschwerdeführerin tätig waren, ergibt sich auch aus ihren Aussagen am 03.09.2018

Die Feststellungen zu den beiden Kaufverträgen ergeben sich aus den im Akt einliegenden Kaufverträgen und Inventurlisten vom 31.12.2013. Die beiden Verträge tragen die Firmenstempel der XXXX GmbH und der Beschwerdeführerin. Dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des 31.12.2013 noch nicht existierte, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerin vom 27.01.2014 datiert und die Gesellschaft erst am 30.01.2014 zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet wurde. Diese Verträge wurden somit rückdatiert, mutmaßlich um den Anschein einer Betriebsnachfolge zu vermeiden, wovon der Involvenzverwalter im Insolvenzverfahren der XXXX GmbH offenkundig ausgeht, wenn er in seiner E-Mail vom 31.07.2014 von einer "faktischen (Betriebs)Nachfolge" spricht und meint, dass der Vermögensübergang im Hinblick auf das Datum des Kaufvertrages (31.12.2013) und der Betriebsschließung Ende Feber 2014 Fragen an Frau LEITNER aufwerfe (E-Mail MMag. XXXX vom 31.07.2014). Die Negativfeststellung hinsichtlich der Leistung des Kaufpreises ergibt sich aus der Diskrepanz zwischen den beiden Vermerken über die Barzahlung der jeweiligen Beträge und dem Umstand, dass der Insolvenzverwalter keinen Eingang dieser Geldbeträge auf dem Geschäftskonto der XXXX GmbH verbuchen und somit den tatsächlichen Fluss dieser Beträge nicht nachvollziehen konnte (E-Mail MMag. XXXX vom 31.07.2014).

Die Feststellungen zum Pachtverhältnis der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem Pachtvertrag vom 06.02.2014.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG auf Antrag einer Partei, welcher gleichzeitig mit der Beschwerde oder dem Vorlageantrag oder binnen vier Wochen ab Zustellung der Beschwerde einzubringen ist, durch einen Senat. Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Wird ein Betrieb übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 67 Abs 4 ASVG für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers sowie der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB unter Bedachtnahme auf § 1409a ABGB und der Haftung des Erwerbers nach § 38 des Unternehmensgesetzbuches (UGB), dRGBl S 219/1897, für die Zeit von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet. Im Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger haftet er jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.

Für einen Betriebsübergang iSd § 67 Abs 4 ASVG genügt der Erwerb jener Betriebsmittel, welche die nach Betriebsart und Betriebsgegenstand wesentliche Grundlage des Betriebes - hier eine Pizzaria-Restaurant - gebildet haben. Auch der Erwerb einzelner, nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellender Betriebsmittel schließt die Betriebsnachfolge nicht aus. Es ist auch nicht entscheidend, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird und ob im Falle der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleich bleiben (VwGH 17.10.2012, 2012/08/0208; vgl ua VwGH 17.08.1994, 91/15/0092, VwSlg 6910 F/1994, VwGH 29.01.1998, 95/15/0037). Der Erwerber muss nur (theoretisch) in die Lage versetzt werden, mit den erworbenen Betriebsmitteln den Betrieb fortzuführen (Derntl, in Sonntag, ASVG Jahreskommentar,9 2018, § 67 Rz 31; vgl auch VwGH 17.10.2012, 2012/08/0208 mwN).

Als Betrieb ist die Summe der technischen und administrativen Einrichtungen zur planmäßigen Ausübung einer durch den Betriebszweck gekennzeichneten Erwerbstätigkeit zu verstehen (VwSlg 4763 A/1958; VwGH 17.10.2001, 98/08/0389). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur gegenüber der hier anzuwendenden Haftungsbestimmung des § 67 Abs 4 ASVG gleich gelagerten Haftungsbestimmung des § 14 BAO zählen bei Gastronomieunternehmen, wie Kaffeehäusern, Hotels und Konditoreien, das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung, nicht jedoch das Warenlager und das Personal zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens (vgl VwGH 20.11.1990, 90/14/0122; 03.20.2002, 97/08/0601; 25.10.2006, 2004/08/0256).

Nach dem im Verwaltungsakt erliegenden Kaufvertrag vom 31.12.2013 und der dort niedergeschriebenen Inventarliste, die eine Vielzahl von technischen Geräten, wie sie zur Führung einer Gaststätte des Typs "Pizzaria-Restaurant" erforderlich und dafür spezifisch sind, enthält, besteht kein Zweifel, dass die Beschwerdeführerin mit diesen Betriebsmitteln und den von XXXX am 06.02.2014 gepachteten Räumlichkeiten samt Inventar in die Lage versetzt wurde, den Betrieb weiterzuführen. Die Beschwerdeführerin hat auch tatsächlich den Betrieb unter dem Betriebsnamen "Pizzaria - Restaurant Il Castello" und weitgehender Personenidentität der bereits unter der XXXX GmbH tätigen Personen, insbesondere XXXX und XXXX, weitergeführt. Dass die Beschwerdeführerin mit XXXX einen neuen Pachtvertrag abgeschlossen hatte und nicht in den Pachtvertrag der Vorgängerin eingetreten ist, ist hingegen für die Bejahung der Betriebsnachfolgehaftung nicht entscheidend (vgl VwGH 03.10.2002, 97/08/0601; 14.11.1005, 94/08/0187). Damit liegen alle Tatbestandvoraussetzungen für die Annahme einer Nachfolgerhaftung nach § 67 Abs 4 ASVG vor, weshalb der Beschwerde der Erfolg zu versagen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende, in Pkt. A) zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das gegenständliche Erkenntnis betrifft die Beurteilung eines Einzelfalles, welcher grundsätzlich keine Rechtsfrage von besonderer Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Betriebsmittel, Betriebsnachfolge, Haftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I413.2113686.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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