TE Bvwg Beschluss 2018/12/28 W205 2109600-1

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Veröffentlicht am 28.12.2018
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Entscheidungsdatum

28.12.2018

Norm

AsylG 2005 §5
AVG §38 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W205 2109600-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.05.2015, Zl. IFA 1053618510, Verfahrenszahl: 150267590, beschlossen:

A) Das Verfahren wird gemäß § 38 2. Satz AVG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union über die mit Vorlageentscheidung des Raad van State (Niederlande) vom 27. September 2017 (C-583/17) vorgelegten Fragen ausgesetzt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen gemäß "Artikel 18.1.c." der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. gegen die beschwerdeführende Partei gemäß § 61 Abs. 1 FPG die die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Polen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

2. Im Beschwerdefall liegt ein den Beschwerdeführer betreffender EURODAC-Treffer für Polen (Asylantragstellung am 24.02.2015) vor, Polen hat dem auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestützten Wiederaufnahmeersuchen des BFA vom 23.03.2015 auf Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin III-VO ausdrücklich mit Schreiben vom 26.03.2015 zugestimmt.

3. Der Beschwerdeführer stützt seine Auffassung, dass nicht Polen, sondern Österreich für die Verfahrensführung über seinen Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist, auf Art. 9 Dublin III-VO und bringt hierzu vor, in Österreich lebe seine asylberechtigte Ehegattin, mit ihr habe er bereits zwei Kinder. Die Ehe habe er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat (und somit vor der ersten Asylantragstellung in Polen) geschlossen.

4. Mit Vorlageentscheidung vom 27. September 2017 (C-583/17) hat der Raad van State (Niederlande) dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. 2013, L 180), dahin auszulegen, dass nur der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, mit der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats betraut ist, mit der Folge, dass ein Ausländer nur in diesem Mitgliedstaat gemäß Art. 27 der Dublin-Verordnung gegen die fehlerhafte Anwendung eines der in Kapitel III, darunter Art. 9, der Dublin-Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriterien rechtlich vorgehen kann?

2. Inwiefern ist bei der Beantwortung der ersten Frage von Bedeutung, dass in dem ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, bereits eine Entscheidung über diesen Antrag ergangen ist oder der Ausländer den Antrag vorzeitig zurückgenommen hat?

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Aussetzung des Verfahrens:

1. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 38 AVG lautet:

"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

Gemäß § 17 VwGVG ist § 38 AVG auch von den Verwaltungsgerichten anzuwenden (vgl Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht (2014), Rz 313).

2. Der Beantwortung der im oa. Vorabentscheidungsersuchen aufgeworfenen Fragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union kommt auch für die Behandlung der vorliegenden Beschwerde Bedeutung zu. Es liegen daher die Voraussetzungen des § 38 AVG vor, weshalb das Beschwerdeverfahren auszusetzen war (s. in diesem Sinne auch VwGH 13.12.2017, Ra 2017/19/0206).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.

Schlagworte

EuGH, Vorabentscheidungsersuchen, Vorlageantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W205.2109600.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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