TE OGH 2017/3/15 50R103/16b

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Veröffentlicht am 15.03.2017
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Das Handelsgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Richter Dr. Schinzel (Vorsitzender), Mag. Schillhammer und KR Mag. Eltner in der Rechtssache der klagenden Partei e***** GmbH, *****, vertreten durch MMag. Dr. Susanne Binder-Novak, Rechtsanwältin in St. Pölten, gegen die beklagte Partei P*****, vertreten durch Mag. Bernhard Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen (zuletzt) EUR 13.225,91 samt Anhang (Berufungsinteresse EUR 12.279,80), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 25.8.2016, GZ 17 C 611/14y-39, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei innerhalb von 14 Tagen die Kosten der Berufungsbeantwortung von EUR 1.303,92 (darin EUR 217,32 USt) zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klägerin führte über Auftrag der Beklagten beim Bauvorhaben H***** in ***** W***** Elektroinstallationsarbeiten durch.

Unter der Überschrift „Regierechnungen“ und darunter „Rechnungslegung“ lautet das dem Vertragsverhältnis zu Grunde liegende Leistungsverzeichnis (./C und ./1, Seite 14) wie folgt:

„Regierechnungen können nur aufgrund bestätigter Regiescheine gestellt werden. Für jede Leistung ist ein eigener Regieschein auszufüllen. Die Regiescheine müssen spätestens sieben Tage nach der Ausführung der örtlichen Bauaufsicht zur Prüfung vorgelegt werden. Wird diese Frist nicht eingehalten, gilt die Leistung als nicht erbracht. Regiearbeiten müssen spätestens vier Wochen nach der Prüfung durch die örtliche Bauaufsicht in Rechnung gestellt werden. Wird diese Frist nicht eingehalten, verfällt die Rechnung, es sei denn, dass seitens der ÖBA ein schriftliches Einverständnis zur späteren Rechnungsvorlage gegeben wurde. Unterschriften auf Regiescheinen bestätigen nur die Ausführung der Leistung. Die Prüfung, ob eine daraus abgeleitete Forderung berechtigt ist, bzw. eine Regieleistung darstellt, erfolgt erst im Zuge der Rechnungsprüfung.“

Unter der Überschrift „Preisbasis, Festpreise“ und darunter „Preisbasis“ lautet das Leistungsverzeichnis (./C und ./1, Seite 21) wie folgt:

„Der zivilrechtliche Preis ist ... ein Festpreis, drei Monate über die geplante Bauzeit heraus. Veränderliche Preise können nur zum Tragen kommen, wenn die Ursachen für die verspätete Fertigstellung nicht im Einflussbereich des Bieters liegen und kommen nur für Leistungen zur Anwendung, die nach dem Ende der Festpreisfrist erbracht werden. Als Basis für die Preisbildung gilt das Ende der geplanten Baudauer. Lohn- und Materialpreiserhöhungen, egal welcher Art, werden nur gemäß den Richtlinien ... berücksichtigt. ... Die Geltendmachung der Ansprüche aus den Baukostenveränderungen kann erst mit Legung der Schlussrechnung erfolgen, ... .“

Geplant war ein Baubeginn mit März/April 2010. Die Bauzeit hätte 15 Monate betragen sollen (./B). Tatsächlich begannen die Bauarbeiten aber erst im Oktober 2010, mit Juli 2012 waren sie abgeschlossen. Die Bauzeit betrug somit 22 Monate.

In der Zeit vom 18.4. bis 4.6.2012 wurden Reparaturarbeiten und Änderungsarbeiten notwendig, die die Klägerin als Regieleistungen erbrachte. Vor den jeweiligen Arbeiten besprachen die Mitarbeiter der Klägerin mit der örtlichen Bauaufsicht (kurz: ÖBA) der Beklagten, welche Arbeiten zu machen seien. Nach Durchführung unterschrieb die ÖBA der Beklagten die Regiescheine (Konvolut ./L).

Die Klägerin war weder für die Bauzeitverlängerung noch dafür verantwortlich, dass Regieleistungen angefallen sind.

Mit Rechnung vom 19.6.2012 (./J) verrechnete die Klägerin die Regiearbeiten im – schließlich offen verbliebenen und angemessenen – Umfang von netto EUR 9.602,51. Fertigstellung und Übergabe des Gewerks erfolgten im Juli 2012. Mit Schlussrechnung vom 27.8.2012 (./H1) verrechnete die Klägerin der Beklagten unter der Position Baustelleneinrichtung für administrativen Mehraufwand netto EUR 1.760,88 und für zusätzliche Vorhaltekosten Baubetrieb netto EUR 2.641,36, insgesamt EUR 4.402,24. Mit Nachtragsangebot vom 28.8.2012 (./G1) gab die Klägerin der Beklagten die Kosten für den administrativen Mehraufwand und die Baustellenvorhaltekosten, die aus der Bauzeitverlängerung von geplanten 15 Monaten auf 23 Monate resultierten, unter Berücksichtigung eines 6 %-igen Nachlasses mit EUR 4.138,11 bekannt.

Davon ausgehend begehrt die Klägerin von der Beklagten betreffend Regieleistungen Zahlung offener EUR 9.602,51 und betreffend Mehraufwand infolge Bauzeitverlängerung Zahlung offener EUR 4.138,11, zuletzt EUR 3.623,40, letzteres unter Bezugnahme auf den Passus „Preisbasis“ im Leistungsverzeichnis (./C2) und eine Bauzeitverlängerung von geplanten 15 Monaten auf 23 Monate (./G1). Die die Regiescheine betreffende Fristenregelung halte einer Geltungs- und Inhaltskontrolle nicht stand (§§ 864a, 879 Abs 3 ABGB). Die Beklagte hätte die Klägerin auf die kurze Rechnungslegungsfrist extra hinweisen müssen. Der Einwand der verspäteten Rechnungslegung sei arglistig. Außerdem erscheine die entsprechende Regelung irreführend bzw unklar (§ 915 ABGB). Die Beklagte sei durch die ihr zugekommenen Regieleistungen bereichert.

Die Beklagte hält dem entgegen, die die Regieleistungen betreffende Rechnungslegung sei nicht fristgerecht erfolgt. Die rechtlichen Einwendungen der Klägerin gegen die entsprechende Regelung träfen nicht zu. Außerdem habe die Klägerin die im Punkt 7.4.1. der ÖNORM B2110 für Leistungsabweichungen festgesetzten Voraussetzungen nicht erfüllt bzw. eingehalten. Den für die Bauzeitverlängerung vertraglich zustehenden Betrag habe die Beklagte der Klägerin bereits abgegolten.

Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 946,11 samt Zinsen an die Klägerin, das Mehrbegehren von EUR 12.279,80 s.A. wies es ab. Dabei ging das Erstgericht von den in der Urteilsausfertigung auf den Seiten 1 bzw. 4 bis 8 ersichtlichen Feststellungen aus, worauf verwiesen wird. Eine Zusammenfassung daraus ist den Entscheidungsgründen vorangestellt.

In rechtlicher Hinsicht hielt das Erstgericht fest, die Klägerin habe die Regierechnungen großteils verspätet gelegt. Zu Recht habe die Beklagte der Klägerin nur jenen Teil der Rechnungen überwiesen, der die Regiearbeiten der letzten vier Wochen betraf. Das die Regieleistungen betreffende (Mehr-)Begehren von EUR 9.602,51 sei daher abzuweisen gewesen.

Zur Preisbasis sei im Leistungsverzeichnis ein Festpreis bis „drei Monate über die geplante Bauzeit hinaus“ vereinbart worden. Die geplante Bauzeit habe 15 Monate, die tatsächliche Bauzeit 22 Monate betragen. Es stünden der Klägerin daher Kosten wegen der Bauzeitverlängerung für 4 Monate zu (7 Monate Bauzeitverlängerung abzüglich 3 Monate Festpreis). Die Ansprüche seien - wie im Leistungsverzeichnis vereinbart - mit der Schlussrechnung geltend gemacht worden und in der festgestellten Höhe angemessen. Allerdings sei noch der Nachlass von 6 % zu berücksichtigen gewesen, was letztlich zu einem Klagszuspruch betreffend Mehraufwand in Folge Bauzeitverlängerung von EUR 946,11 geführt habe. Das diesbezügliche Mehrbegehren von EUR 2.677,29 sei abzuweisen gewesen.

Gegen den abweisenden Teil dieses Urteils richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen bzw unvollständigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im gänzlich klagsstattgebenden Sinn abzuändern, in eventu, dieses im angefochtenen Umfang aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Darin wendet sich die Klägerin zusammengefasst (I.) gegen die im Leistungsverzeichnis vorgesehene und vom Erstgericht zu ihrem Nachteil angewendete vierwöchige Rechnungslegungfrist für Regieleistungen und (II.) gegen die Anwendung der Regelungen des Leistungsverzeichnisses unter der Überschrift „Preisbasis“ auf die Mehraufwendungen in Folge Bauzeitverlängerung durch das Erstgericht.

(I.) vierwöchige Rechnungslegungsfrist für Regieleistungen:

Diesbezüglich kommt die Klägerin auf ihre bereits im erstgerichtlichen Verfahren gebrauchten Argumente im Sinn der §§ 864a, 879 Abs 3 und 915 ABGB zurück, die einer Überprüfung allerdings nicht standhalten.

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zu §§ 864a, 879 Abs 3 ZPO:

Gemäß § 864a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder dgl., die ein Vertragsteil verwendet hat, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.

§ 864a ABGB kommt zwar auch auf Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern zur Anwendung, von Kaufleuten wird allerdings mehr Aufmerksamkeit zu verlangen sein (RIS-Justiz RS0014612 [T1, 2]).

Bei der Beurteilung der „Ungewöhnlichkeit“ im Sinn des § 864a ABGB ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Es geht dabei darum, ob die Klausel von den Erwartungen eines Vertragspartners deutlich abweicht, er also nach den Umständen vernünftigerweise mit einer solchen Klausel nicht zu rechnen braucht, wobei insbesondere bei Rechtsgeschäften mit einem bloß beschränkten Adressatenkreis auf die Branchen- bzw. Verkehrsüblichkeit und den Erwartungshorizont der angesprochenen Kreise abgestellt wird. Im Wesentlichen soll ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt vermieden werden (8 Ob 93/08x).

Objektiv ungewöhnlich ist nur eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Ungewöhnliche Bestimmungen, mit denen man rechnen muss, werden Vertragsinhalt, sodass es in Wahrheit nicht auf die Gewöhnlichkeit, sondern nur darauf ankommt, ob man mit der Klausel rechnen musste. Die Frage der Ungewöhnlichkeit einer Vertragsbestimmung richtet sich auch nach dem Umfang der Abweichung vom dispositiven Recht. Eine auffallende Inäquivalenz der beiderseitigen Rechtspositionen kann die Sittenwidrigkeit der abweichenden Regelung begründen. Bei der Interessenabwägung ist das Gewicht der vom Verwender der Formblätter verfolgten Interessen dem Gewicht der Belastungen gegenüberzustellen, die eine solche Klausel für seinen Vertragspartner mit sich bringen könnte (7 Ob 12/90).

Die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist ist grundsätzlich zulässig (RIS-Justiz RS0034782). Für Werklohnforderungen beträgt diese drei Jahre (9 Ob 32/16w).

Dass die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist zulässig ist, gilt jedoch nur dann uneingeschränkt, wenn die Fristverkürzung zwischen zumindest annähernd gleich starken Vertragspartnern individuell vereinbart wurde. Ist die Verkürzung einer Verjährungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten, so unterliegt sie jedenfalls der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB (RIS-Justiz RS0034782 [T2 und 4]).

Gemäß § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.

Die Rechtsprechung erachtet die Verkürzung der Verjährungsfrist für arbeitsrechtliche Ansprüche auf zwei bzw. drei Monate insbesondere im Hinblick auf Beweisprobleme für zulässig. Eine Verkürzung auf sechs Wochen wird insofern als bedenklich angesehen, als dem Arbeitnehmer dann kaum genügend Zeit für die Beischaffung notwendiger Urkunden und für Erkundigungen über die Rechtslage bleibt. Das Interesse des Wirtschaftstreuhänders an einer raschen Klärung der Frage, ob er mit Schadenersatzansprüchen seines Mandanten aus dem Auftragsverhältnis zu rechnen hat, bietet eine ausreichende Rechtfertigung für die Verkürzung der Verjährungsfrist auf sechs Monate, zumal sich im gegebenen Zusammenhang regelmäßig auch in wirtschaftlicher Hinsicht erfahrene Partner gegenüberstehen. Eine Frist von sechs Monaten ab Kenntnis des Schadens ist ausreichend, um dem Mandanten des Wirtschaftstreuhänders eine sichere, auch rechtliche Prüfung seiner Anspruchsgrundlagen gegen diesen zu ermöglichen. Durch die Fristverkürzung wird die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Wirtschaftstreuhänder nicht übermäßig und auch nicht ohne sachlichen Grund erschwert (1 Ob 1/00d).

Insbesondere im Baugewerbe muss mit einer kurzen Rechnungslegungsfrist gerechnet werden, vor allem im Zusammenhang mit der Verrechnung von Regieleistungen. Bekannter Maßen werden Generalunternehmer, Bauherren oder Subunternehmer als Auftraggeber immer wieder von einem diesbezüglichen Mehraufwand überrascht, was sie vor unerwartete Probleme wegen Baukostenüberschreitungen stellt. Um dem entgegen zu wirken, bedarf es, entgegen der Meinung der Klägerin, nicht bloß einer Kenntnis von erbrachten Regieleistungen, sondern auch einer möglichst kurzfristigen Verrechnung, um die Regiekosten einigermaßen gesichert abschätzen, in Relation zu den projektierten Kosten setzen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen ergreifen zu können.

So bestimmt Punkt 8.4.2 der ÖNORM B2110, dass bei Annahme der Schlusszahlung ohne schriftlich begründeten Vorbehalt innerhalb von drei Monaten nachträgliche Forderungen betreffend die vertragsgemäß erbrachten Leistungen ausgeschlossen sind. Die sachliche Rechtfertigung liegt auch hier darin begründet, die Rechtslage bei Bauprojekten mit zumeist hoher Auftragssumme möglichst innerhalb kurzer Zeit zu klären bzw. Klarheit über die Abrechnung zu bekommen (HG Wien 50 R 72/16v unter Verweis auf RIS-Justiz RS0122419; vgl auch 8 Ob 164/08p).

Die hier in Rede stehende Fristenregelung im Leistungsverzeichnis kann nicht als versteckt bezeichnet werden, zumal das grundsätzliche Thema in der Überschrift genannt wird. Auszugehen ist wohl davon, dass Bauunternehmen wie die Klägerin diesem Thema – in Kenntnis der allgemeinen Problematik von Regieleistungen – vor Vertragsunterzeichnung besondere Aufmerksamkeit widmen.

In einer vierwöchigen Rechnungslegungsfrist für Regieleistungen (laufend ab deren Bestätigung) kann also keine ungebührliche Belastung bzw. gröbliche Benachteiligung für den Auftragnehmer gesehen werden. Es macht für den Aufwand keinen Unterschied, ob für die Rechnungslegung eine Frist von mehreren Monaten oder eine Frist von nur vier Wochen zur Verfügung steht. Daran ändert sich auch nichts durch Berücksichtigung des Umstandes, dass der Auftragnehmer im zweitgenannten Fall die den unterschriebenen Regiescheinen zu Grunde liegenden Leistungen mehr oder weniger laufend verrechnen muss, wenn er Regieleistungen über einen längeren Zeitraum erbringt.

In einer vierwöchigen Rechnungslegungsfrist für Regieleistungen kann – in Anlehnung an die Entgelt- und Schadenersatzforderungen betreffende Rechtsprechung – aber auch keine unbillige Erschwernis für die Erlangung bzw Durchsetzung der Werklohnforderung gesehen werden. Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass für die Verrechnung von in Regiescheinen bestätigten Leistungen ein besonderer Nachforschungs- oder sonstiger Aufwand erforderlich wäre, zumal in einiger Maßen sorgfältig angelegten Regiescheinen ein Großteil der benötigten Grundlagen wie Arbeitszeit, Material und dgl enthalten sein sollte und nur mehr die Verknüpfung mit der entsprechenden Kostengrundlage hergestellt werden muss. Die Klägerin bleibt auch dem entgegenstehende – substanziierte - Behauptungen schuldig.

Die in Rede stehende Fristenregelung, vereinbart zwischen Unternehmern, hält somit nach Abwägung aller Umstände sowohl einer Geltungs- als auch einer Inhaltskontrolle stand. Eines vorvertraglichen Hinweises der Beklagten bedurfte es nicht.

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zu § 915 ABGB:

Die Klägerin verwechselt offensichtlich die Prüfung eines Regiescheines, welche die „simple“ Ausführung der Leistung zum Inhalt hat, mit der Rechnungsprüfung, die die vertragliche Berechtigung der Verrechnung beinhaltet. Dies wird jedoch ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Auf das Datum der Rechnungsprüfung kommt es somit nicht an. Aus dem Wortlaut der in Rede stehenden Regelung geht klar hervor, dass die Unterschrift auf dem Regieschein den Abschluss der Prüfung betreffend Leistungsausführung darstellt und für die Rechnungslegung fristauslösend ist. Einer Information über den Prüfungsabschluss bedarf es somit nicht.

Zu Lasten der Klägerin gehende Unklarheiten im Sinn von § 915 ABGB können in den die Regieleistungen und deren Verrechnung betreffenden Regelungen nicht erblickt werden.

Das Erstgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin die auf Regieleistungen beruhenden restlichen Kosten wegen Verfristung der Rechnungslegung nicht zustehen.

Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des Verfristungseinwandes der Beklagten, wie etwa ein besonderes Verhalten der Beklagten als Grundlage für die Fristversäumnis (RIS-Justiz RS0014838), können nicht gesehen werden.

Verträge mithilfe des Bereicherungsrechtes zu „korrigieren“ ist unzulässig (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 [2015] Rz 1677).

Auf ein die Regieleistungen betreffendes Anerkenntnis berief sich die Klägerin im erstgerichtlichen Verfahren entgegen anderslautender Behauptungen nicht. Aus der zitierten Stelle geht dies jedenfalls nicht hervor (Schriftsatz vom 18.12.2014, ON 5, S 3). Insofern verstößt die Klägerin in ihrer Berufungsschrift gegen das in § 482 Abs 1 ZPO normierte Neuerungsverbot, weshalb auf das Argument des Anerkenntnisses nicht weiter eingegangen werden braucht.

(II.) Anwendung der Regelungen des Leistungsverzeichnisses unter der Überschrift „Preisbasis“ auf die Mehraufwendungen in Folge Bauzeitverlängerung:

Es ist die Klägerin selbst, die ihre entsprechenden Kosten als Werklohnforderung und nicht als Schadenersatzforderung geltend macht (vgl Klage ON 1: Fallcode 02 Werklohn/Honorar) bzw diese Kosten vorangehend auch entsprechend verrechnet hat (vgl ./H1).

Schließlich ist es auch die Klägerin selbst, die ihre den Mehraufwand betreffende Werklohnforderung unter erkennbarer Berufung auf die Regelungen des Leistungsverzeichnisses mit der Überschrift „Preisbasis“ einklagt (vgl die von der Klägerin vorgelegte ./C2 samt Markierungen).

Soweit sich die Klägerin also hinsichtlich der den Mehraufwand betreffenden Kosten erstmals in der Berufungsschrift auf Schadenersatz stützt, soweit sie darin erstmals die in Rede stehenden Regelungen des Leistungsverzeichnisses kritisiert bzw auf weitere Bestimmungen des Leistungsverzeichnisses und auf die ÖNORM B2110 Bezug nimmt, verstößt sie damit neuerlich gegen das Neuerungsverbot, weshalb sich ein Eingehen auf ihre Argumente erübrigt.

Wenn die Klägerin darin ein von den Feststellungen abweichendes Ende der Bauzeit zu Grunde legt, geht sie unzulässiger Weise nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (Klauser/Kodek, ZPO4 § 471, Rz 9).

Auch mit dem Infragestellen des 6 % -igen Nachlasses verstößt die Klägerin gegen das Neuerungsverbot, zumal sie diesen Nachlass schon bei Klagseinbringung berücksichtigt hat, wie in betraglicher Hinsicht aus dem Nachtragsangebot hervorgeht (vgl ./G1). Warum dieser Nachlass bei vermindertem Zuspruch nicht zur Anwendung gelangen sollte, ist unerfindlich.

In Wahrheit gelangt das Neuerungsverbot aber auch hinsichtlich der erstmaligen Behauptung der Klägerin in der Berufungsschrift zur Anwendung, wonach die Bauzeitverlängerung ein Jahr betragen habe, ging doch die Klägerin im erstgerichtlichen Verfahren selbst angesichts einer geplanten Bauzeit von 15 Monaten und einer tatsächlichen Bauzeit von, wie vorgebracht, 23 Monaten von einer bloß achtmonatigen Verlängerung der behaupteter Maßen im Zeitraum von September 2010 bis August 2012 durchgeführten Arbeiten aus, was sich im Wesentlichen mit den Feststellungen des Erstgerichtes deckt (vgl. einleitenden Text der ./G1; im Schriftsatz v. 18.12.2014, ON 5 S 2 enthaltenes bzw. im Prot. v. 10.2.2015, ON 7, S 3 festgehaltenes Vorbringen; vgl. auch die im Prot. v. 8.5.2015, ON 11, S 17 festgehaltene Aussage des Zeugen Baumgartner).

Dem für die Bauarbeiten vom Erstgericht konkret festgestellten Zeitraum von Oktober 2010 bis Juli 2012 vermag die Klägerin nichts Stichhaltiges entgegen zu setzen.

Ein Fall des § 1168 ABGB („Vereitelung der Ausführung“) liegt nicht vor.

Die vom Erstgericht hinsichtlich des Mehraufwandes getroffene Entscheidung kann daher ebenfalls nicht beanstandet werden.

Auf Grund des voranstehenden Ergebnisses erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit weiteren Argumenten der Klägerin insbesondere im Rahmen der geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel bzw der Beweis- und Tatsachenrüge, weil sich die mangelnde Berechtigung zweifelsfrei aus den voranstehenden, überwiegend rechtlichen Ausführungen ableiten lässt.

Der Berufung war somit mangels zielführender Argumente ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision beruht auf den §§ 500 Abs 2 Z 3, 502 Abs 3 ZPO und dem Umstand, dass in der vorliegenden einzelfallgeprägten Entscheidung eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen war (Klauser/Kodek, ZPO17 § 502 E 38 ff).

Textnummer

EWH0000054

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00007:2017:05000R00103.16B.0315.000

Im RIS seit

13.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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