TE Dok 2018/11/26 W 2-DK-IV/2018

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Norm

BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

Vorschriftwidrige Zustellung von eingeschriebenen Postsendungen, Verstoß gegen Zustellvorschriften, Geldstrafe

Text

D I S Z I P L I N A R E R K E N N T N I S

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Mag. Friedrich PAUL als Senatsvorsitzenden sowie MR Herbert Weiß und ADir Veronika SCHMIDT als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 26. November 2018 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Mag. Ursula BACHMAIR, MBA und des Beschuldigten NN, vertreten durch RA Dr. Victoria Treber-Müller, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Oberoffizial NN

Zusteller in der Zustellbasis XX,

ist

s c h u l d i g.

Er hat als Briefzusteller in der Zustellbasis XX

1.       am 5. Oktober 2017 um ca. 10:30 Uhr bei der Einschreibsendung mit der Nummer RW ….518…., die eine Wahlkarte enthielt, das Einschreibetikett entfernt und die Sendung ohne Einholung einer Übernahmebestätigung in den Briefkasten des Empfängers B., wohnhaft in xx,xx, eingelegt,

2.       im MDE-Gerät (Handheld) bei der unter Punkt 1 spezifizierten Einschreibsendung den Status

„durch den Empfänger persönlich übernommen" eingegeben und die Übernahmebestätigung im Handheld mit einem unleserlichen Zeichen selbst geleistet, um eine persönliche Übernahme durch den Empfänger vorzutäuschen,

3.       ebenfalls am 5. Oktober 2017 um ca. 10:30 Uhr eine an Frau B., xx,xx gerichtete weitere Einschreibsendung mit der Nummer RM ….863…., nämlich ein Päckchen aus dem Ausland, ohne offizielle Abstellgenehmigung vor die Eingangstür gestellt, wobei er auch in diesem Fall das Einschreibetikett von der Sendung abriss und in den Garten warf,

4.       am 5. Oktober 2017 eine weitere eingeschriebene Wahlkartensendung mit der Nummer
RW ….518…., gerichtet an Frau M., xx , xx, nicht ordnungsgemäß zugestellt, sondern an der Abgabestelle ohne erteilte Abstellgenehmigung zurückgelassen, in sein MDE-Gerät jedoch den Status „persönlich zugestellt" eingegeben und die Übernahmebestätigung selbst geleistet,

5.       bereits am 4. Oktober 2017 um ca.13:30 Uhr eine eingeschriebene Wahlkarte mit der Einschreibenummer RW ….850…. gerichtet an Frau K., xx , xx, ohne eine Abstellgenehmigung an der Abgabestelle zurückgelassen und in das MDE-Gerät den Staus „persönlich zugestellt" eingegeben, jedoch die Übernahmebestätigung wieder selbst geleistet,

6.       am 6. Oktober 2017 gegen 13:50 Uhr auch bei einer an Herrn T. gerichteten eingeschriebenen Wahlkartensendung mit der Nummer RW ….594…. den Status „persönlich zugestellt" in das MDE Gerät eingegeben, jedoch ohne Vorlage einer Abstellgenehmigung an der Abgabestelle zurückgelassen und keine bzw. nur eine unzureichende, aus lediglich einem Punkt bestehende Übernahmebestätigung eingeholt bzw. selbst geleistet,

7.       über einen längeren nicht mehr eruierbaren Zeitraum hinweg bei zahlreichen Empfängern Einschreibsendungen bzw. Paketsendungen ohne Vorhandensein einer Abstellgenehmigung und teils auch ohne Wissen der Empfänger zurückgelassen und den Status „abgestellt" eingetragen.

NN hat damit die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, nämlich

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zu Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs.1 BDG 1979),

seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979)

sowie

in seinem gesamten Verhalten auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben Bedacht zu nehmen (§ 43 Abs. 2 BDG 1979),

schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die

Disziplinarstrafe der

G e l d s t r a f e

in der Höhe von € 5.000

verhängt.

Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldstrafe in 25 Monatsraten bewilligt.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 wird festgehalten, dass keine Verfahrenskosten zu ersetzen sind.

B e g r ü n d u n g

NN, geboren am xx.xx.xxxx, steht seit xx.xx.1988 im Postdienst und wird in der Zustellbasis XX als Briefzusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell verwendet.

Mit 1. April 1993 wurde er zum Beamten ernannt. NN wurde vom Dienst freigestellt.

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Kundenbeschwerde des B. vom 11. Oktober 2017 samt den von ihm übermittelten Beweisen, der niederschriftlichen Einvernahme des Erhebungsdienstes vom 23.Oktober 2017 und den im Zuge weiterer Nachforschungen vorgelegten Dokumenten (Zustellkarten und Tagesabschlüsse des NN jeweils vom 4. bis 6.Oktober 2017, Fotodokumente und Sendungsnachforschungen der in Rede stehenden Postsendungen, Anwesenheitslisten der einschlägigen Schulungen vom 1. Dezember 2016 und 13. März 2017).

Die Regionalleitung Distribution Wien informierte die Dienstbehörde, dass beim Postkundenservice Anfang Oktober 2017 eine Beschwerde des Postkunden B., wohnhaft in xx , xx, eingelangt ist, wonach dieser seine Wahlkarte für die Nationalratswahl 2017 in seinem Postkasten vorgefunden habe, obwohl er den Erhalt der eingeschriebenen Briefsendung nicht bestätigt hätte. Eine weitere eingeschriebene Sendung wäre vor seiner Eingangstür abgestellt worden. Auch in diesem Fall wäre keine persönliche Übergabe erfolgt.

Der Postkunde verfügt im Eingangsbereich über eine genehmigte Videoanlage und stellte in der Folge die gemachten Aufnahmen dem Erhebungsdienst der Österreichischen Post AG zur Verfügung. Auf den Videoaufnahmen ist deutlich ersichtlich, wie NN die Einschreibetiketten von den Sendungen entfernte und zumindest in einem Fall in den Garten warf.

Niederschriftlich dazu am 23. Oktober 2017 durch den Erhebungsdienst der Österreichischen Post AG einvernommen, war NN geständig, die Einschreibsendung RW ….518…. (Wahlkarte) im Brief-Abgabe-Abrechnungssystem (BAA) als „durch den Empfänger persönlich übernommen" gekennzeichnet, jedoch selbst am Handheld unterschrieben zu haben.

Weiters gab NN zu, nicht nur ein an Frau B. gerichtete eingeschriebenes Paket ohne Abstellgenehmigung und ohne Einholung einer Übernahmebestätigung der Empfängerin an der Abgabestelle zurückgelassen zu haben, sondern auch bei mehreren anderen Paketempfängern so vorgegangen zu sein. Konkret nannte NN die Empfänger G., Dr. K., B., M., S., B., K., R., S. und H.

Weiters war NN geständig, am 5. Oktober 2017 eine weitere eingeschriebene Wahlkartensendung an der Abgabestelle zurückgelassen, den Status „persönlich zugestellt" eingetragen und die Übernahmebestätigung im Handheld selbst geleistet zu haben.

Als Grund seines Handelns gab NN ursprünglich an, den Kunden einen Weg ersparen zu wollen bzw. die Paketsendung an Frau B. irrtümlicherweise nicht als Einschreibsendung erkannt zu haben. Auf die Unglaubwürdigkeit dieser Argumente hingewiesen, gab NN letztendlich zu, die Manipulationen der Sendungen vorgenommen zu haben, um sich bei der Zustellung Zeit zu ersparen.

Die weiteren Nachforschungen des Erhebungsdienstes ergaben in der Folge, dass die Empfängerin der weiteren Wahlkartensendung vom 5. Oktober 2017 Frau M. war. Auch am 4.Oktober 2017 wurde eine Wahlkartensendung an Frau K. und am 6. Oktober 2017 eine Wahlkartensendung an Herrn T. ermittelt, die in gleicher Weise vorschriftswidrig zugestellt wurden.

Die Durchschau der Zustellkarten vom 4. Oktober bis 6. Oktober 2017 ergab aber auch, dass NN am 4. Oktober 2017 weitere Sendungen für Frau U., Herrn G., Herrn H. und Frau H. mit dem Status „abgestellt" versehen hat, obwohl von diesen Empfängern keine Abstellgenehmigungen vorliegen. Am 6. Oktober 2017 erfolgte die Statusvergabe „abgestellt" für Sendungen an Herrn B., Frau R., Frau N. und Frau A., obwohl auch von diesen Empfängern keine Abstellgenehmigungen vorlagen.

Dazu führte die Dienstbehörde in der Disziplinaranzeige zutreffend aus, dass Aufgabe eines Briefzustellers der Österreichischen Post AG die ordentliche und zuverlässige Zustellung von Postsendungen sei. Wenn der Absender einer Briefsendung diese „eingeschrieben" aufgeben würde, vertraue er darauf, dass die Sendung auch nachweislich zugestellt wird. Für diesen Dienst wäre der Absender schließlich auch bereit, eine höhere Gebühr zu bezahlen. Die bloße Einlage in den Briefkasten bzw. das Zurücklassen von Paketen ohne Abstellgenehmigung bedeute aber, dass jeder Benutzer der Abgabestelle die Sendung an sich nehmen könne, ohne dass der tatsächliche Übernehmer sowie der Übernahmezeitpunkt der Sendung eruierbar wären. Genau dies wolle der Absender der Sendung aber vermeiden, wenn er den Zusatzdienst „Eingeschrieben" gewählt habe.

Außerdem hat NN laut Zustellkarten und Nachforschungen wie bereits ausgeführt im System den Zustellstatus „persönlich" eingegeben, jedoch die Übernahmebestätigung am Handheld selbst geleistet und damit die persönliche Zustellung von Wahlkarten an die Empfänger vorgetäuscht. Ein Vergleich mit dem Namenszeichen des Beamten zeige deutlich, dass dieses völlig anders aussehe als die bei den Übernahmebestätigungen von NN gemachten Schriftzüge. Damit bestand für die Dienstbehörde aber auch der dringende Verdacht, dass NN eine Empfängerunterschrift vortäuschen wollte.

Der Sachverhalt wurde daher am 8. Februar 2018 wegen seiner allfälligen strafrechtlichen Relevanz auch an die Bezirksanwaltschaft weitergeleitet, wo er unter 10 ST xx/xx beim BG XX anhängig war, das Verfahren wurde laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft XX gemäß § 190 Z 2StPO eingestellt , weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestehe.

Im gegenständlichen Fall kam erschwerend hinzu, dass einige der Einschreibsendungen Wahlkarten enthielten, und NN so wie alle anderen Briefzusteller eigens auf die Bedeutung und Wichtigkeit der vorschriftsgemäßen Zustellung dieser Sendungen hingewiesen wurde. Die letzten nachweislichen diesbezüglichen Schulungen für NN fanden laut Teilnehmerlisten im November 2016 und März 2017 statt.

Angesichts der 2017 medial stark in der Kritik stehenden Briefwahl, die aber für die Österreichische Post AG eine wesentliche Einnahmequelle darstellt, musste jedem/r Zusteller/in klar sein, dass bei solchen Zustellvorgängen besonders sorgfältig und vorschriftskonform zu agieren ist. Bei vorschriftswidrigem Verhalten musste mit einem starken Medienecho gerechnet werden, wobei NN dies billigend in Kauf genommen hat. Jedenfalls hat das Vertrauen des Beschwerdeführers B. in die sachliche Wahrnehmung der Postzustellung durch das Verhalten von NN gelitten.

In der mündlichen Verhandlung zeigte sich NN einsichtig. In dem Tatbegehungszeitraum 4.- 6. Oktober 2017 habe er nachmittags Therapien gehabt, es habe eine personelle Unterbesetzung in der Zustellbasis bestanden und es sei das Erfordernis des Leistens von Mitbesorgungsstunden zu gewärtigen gewesen. Er habe geglaubt, verlorene Zeit aufholen zu müssen, dies sei eine Fehleinschätzung gewesen.

Im ländlichen Raum gebe es auch „Vieraugengespräche“ mit Kunden über die Zustellungsvornahme. In Hinkunft werde er ausschließlich vorschriftskonform vorgehen.

Herr P., Gebietsleiter, bezeichnete in seiner Beschreibung vom 22. November 2018, u.a. die Qualität des NN als in allen Fällen ausreichend.

Der Senat hat Folgendes erwogen:

NN hat durch das in Rede stehende Verhalten das ihm vom Dienstgeber entgegengebrachte Vertrauen gröblich verletzt und damit gegen die ihm auferlegten Dienstpflichten in schwerwiegender Weise verstoßen Der objektive Unrechtsgehalt der NN angelasteten Dienstpflichtverletzungen ist dabei als schwerwiegend einzustufen, weil jeder Beamte wissen muss, dass er klar definierte Weisungen, die für die Aufrechterhaltung des geordneten Dienstbetriebes unverzichtbar sind, einzuhalten hat.

Insbesondere stellt die Befolgung der Zustellvorschriften eine der Kernpflichten eines/r Postbeamten/in dar, da dies eine Grundvoraussetzung ist, damit der Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen reibungslos funktionieren kann.

Dies umso mehr, da eine lückenlose Kontrolle in dem sehr personalintensiven Zustellprozess gar nicht möglich ist und das Unternehmen somit von der Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der in seinem Bereich beschäftigten Beamtinnen und Beamten bei deren Dienstausübung abhängig ist.

Das Disziplinarrecht hat den Zweck, Beeinträchtigungen des Vertrauensverhältnisses, die durch Fehlverhalten der Beamtinnen und Beamten entstehen, zu beseitigen bzw. zu vermeiden.

Einerseits soll ein konstruktiver Gesinnungswandel (Einsicht) erreicht werden, der davon abhält, künftig weitere Dienstpflichtverletzungen zu begehen (Spezialprävention), andererseits muss mit dem Strafmittel auch ein Signal an andere Beamtinnen und Beamte gesetzt werden, diese von der Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, beziehungsweise ihr normgerechtes Verhalten zu bestätigen (Generalprävention).

Aus spezialpräventiver Sicht ist festzuhalten, dass das Geständnis, bei Betrachtung des gesamten Erhebungsverlaufes, etwas zeitverzögert erfolgte.

Als mildernd wurde das einsichtige, reumütige Verhalten des NN während des Verlaufes der mündlichen Verhandlung am 26. November 2018 gewertet. Als erschwerend wurde die Intensität der Dienstpflichtverletzung betrachtet.

Bei der Strafbemessung wurde auch auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten angemessen Rücksicht genommen. NN ist verheiratet; sein Bruttomonatsbezug beträgt ca. EUR 2.270 brutto. Für einen offenen Kredit werden monatliche Raten von 400 Euro geleistet.

Generalpräventiv ist festzuhalten, dass das gesetzte Verhalten in höchstem Maß als Negativbeispiel einzustufen ist, es muss daher ein entsprechendes Signal an andere Beamtinnen und Beamte gesetzt werden, um diese von der Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, beziehungsweise um ihr normgerechtes Verhalten zu bestätigen

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der vom Beschuldigten und der Disziplinaranwältin abgegebene Rechtsmittelverzicht hat die Rechtskraft des Erkenntnisses zur Folge.

-END-

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2019
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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