TE Lvwg Erkenntnis 2017/5/12 VGW-151/081/13654/2016, VGW-151/081/13655/2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.05.2017
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Entscheidungsdatum

12.05.2017

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
49/04 Grenzverkehr
E3R E19102000
19/05 Menschenrechte

Norm

NAG §2 Abs1 Z9
NAG §8 Abs1 Z8
NAG §11 Abs1 Z5
NAG §11 Abs2 Z4
NAG §11 Abs3
NAG §11 Abs5
NAG §21 Abs1
NAG §21 Abs2 Z5
NAG §21 Abs6
NAG §30
NAG §47 Abs1
NAG §47 Abs2
ASVG §292 Abs3
ASVG §293 Abs1
SDÜ 1990 Art. 20
32001R0539 Drittländer Visumpflicht Art. 1 Abs2
32001R0539 Drittländer Visumpflicht Anhang II
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Szep über die Beschwerden der minderjährigen Ja. J., geb.: 2005, und des minderjährigen M. J., geb.: 2004, beide STA: Serbien, Wien, A.-gasse, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35 - Einwanderung, Staatsbürgerschaft - Niederlassungsbewilligungen u. Ausländergrunderwerb, vom 21.09.2016, Zahl MA35-9/3117173-01, bzw. gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35 - Einwanderung, Staatsbürgerschaft - Niederlassungsbewilligungen u. Ausländergrunderwerb, vom 21.09.2016, Zahl MA35-9/3117179-0, mit welchem jeweils der Antrag vom 25.02.2016 auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" wegen der Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthaltes im Zusammenhang mit der Inlandsantragsstellung gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 21 Abs. 6 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG in der geltenden Fassung abgewiesen wurde,

zu Recht erkannt:

 I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Bescheide mit der Maßgabe bestätigt, dass sich diese auch auf §§ 47 Abs. 2 iVm. 30 NAG und § 11 Abs. 2 Z 4 iVm. Abs. 5 NAG stützen.

II. Gemäß § 53b AVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 AVG sowie § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer der Ersatz der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. März 2017 zur Zahl VGW-KO-081/178/2017-1 mit EUR 99,-- bestimmten Barauslagen für den zur mündlichen Verhandlung am 9. März 2017 beigezogenen nichtamtlichen Dolmetscher auferlegt. Der Beschwerdeführer hat diese erwachsenen Barauslagen in Höhe von 99,-- Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der vorgeschriebene Betrag ist auf das Konto bei der UniCredit Bank Austria AG, Kontonummer: AT16 12000 00696 212 729, lautend auf MA 6, BA 40, einzuzahlen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. September 2016 wurde zur Zahl MA35-9/3117179-01 das Ansuchen der nunmehrigen Beschwerdeführer auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ abgewiesen.

Begründend führte die Behörde zusammengefasst sinngemäß aus, dass im Zuge der Antragstellung festgestellt worden wäre, dass die Rechtsmittelwerber am 5. Jänner 2016 nach Österreich eingereist wären und ihre erlaubte sichtvermerksfreie Zeit somit am 3. April 2016 endete. Die Angaben der Mutter der Beschwerdeführer, dass in der Heimat niemand wäre, der die minderjährigen Rechtsmittelwerber beaufsichtigen könne, würden sich als unglaubwürdig erweise, wäre doch nicht anzunehmen, dass die Beschwerdeführer nach Zuzug ihrer Mutter nach Österreich unbeaufsichtigt geblieben wären. Die an sich korrekte Inlandsantragstellung der Beschwerdeführer schaffe kein über den erlaubten sichtvermerkspflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Weiters falle auch eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG zu Ungunsten der Beschwerdeführer aus und wäre der Stiefvater bei Nichtgewährung der Aufenthaltstitel nicht de facto gezwungen das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führten die nunmehrigen Rechtsmittelwerber zusammengefasst auszugsweise Nachstehendes aus:

„Der Bescheid wird wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung zur Gänze angefochten.

1. Zur mangelhaften Sachverhaltsermittlung:

Für den Einschreiter wurde am 25.02.2016 ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger" gestellt, wobei dieser im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen wurde, dass sich der Einschreiter seit Ablauf der erlaubten sichtvermerksfreien Zeit weiterhin im Bundesgebiet aufhalte habe und die an sich korrekte Inlandsantragsstellung ihm kein über den erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht verschaffe. Aus § 11 Abs 3 NAG ergebe sich, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels auch beim Versagungsgrund der Überschreitung des visumsfreien oder visumspflichtigen Zeitraumes im Sinne des § 11 Abs 1 Z 5 NAG aus Gründen des Artikel 8 EMRK zulässig sei. Eine Abwägung nach § 11 Abs 3 NAG sei zu seinen Ungunsten ausgefallen, da keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen würden. Im Zuge der im Hinblick auf Artikel 8 EMRK erforderlichen Interessensabwägung sei festgestellt worden, dass es nicht schlüssig sei, dass es im Heimatstaat des Einschreiters niemanden gäbe der die Betreuung des Einschreiters übernehmen könne und sei dies unglaubwürdig. Auch wenn die Mutter des Einschreiters sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sei die belangte Behörde bei der Einreise des Einschreiters im Jänner 2016 vor „vollendete Tatsachen" gestellt worden und stelle auch der Schulbesuch keinen berücksichtigungswürdigen Grund dar. Der Einschreiter halte sich vielmehr unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. Auch sei er „nur" ein Stiefkind eines Österreichischen Staatsbürgers und der bloße Wunsch nach einem Zusammenleben mit der Mutter des Einschreiters als auch dem Stiefvater des Einschreiters sei nicht ausreichend für die Gewährung eines Aufenthaltstitels. Aus den oben genannten Gründen sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen. 

Worauf die belangte Behörde ihre Entscheidung im Einzelnen stützte, lässt der angefochtene Bescheid nicht tatsächlich erkennen. Die belangte Behörde hat es jedenfalls unterlassen, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt vollständig zu erheben, weshalb dem Bescheid unrichtige bzw. unzureichende Feststellungen zugrunde liegen.

 

Der Einschreiter ist serbischer Staatsbürger, geboren am ...2004 und befindet sich seit Jänner 2016 im Bundesgebiet der Republik Österreich. Er lebt gemeinsam mit seiner leiblichen Mutter, Frau A. Z, geboren am ...1987, seiner Schwester Ja. J., geboren am ...2005, und seinem Stiefvater Herrn S. Zi., geboren am ...1991, in Wien, A.-gasse. Der Stiefvater des Einschreiters ist österreichischer Staatsbürger. Wie aus der Aktenlage hervorgeht ist sowohl die Mutter des Einschreiters, Frau Z. A., als auch der Stiefvater des Einschreiters, Herr S. Zi., sozial sowie beruflich in Österreich fest verankert und kommen für den Lebensunterhalt des Einschreiters auf. Der Lebensunterhalt ist jedenfalls gesichert und keine Sozialbedürftigkeit gegeben.

Der Einschreiter lebt mit seiner leiblichen Mutter und seinem Stiefvater sowie mit seiner Schwester in Wien, A.-gasse. Der Einschreiter ist in Österreich fest sozial verankert sowie integriert und liegen nicht in seinem Heimatland, sondern in Österreich seine maßgeblichen Bindungen. Seine primären Bezugspersonen, seine leibliche Mutter, sein Stiefvater und auch seine Schwester, haben ihren Lebensmittelpunkt dauerhaft in Österreich, sind hier sozial verankert und kommt für diese als auch den Einschreiter ein Leben in seinem Heimatstaat Serbien nicht in Frage. Es halten sich sohin die engsten Familienmitglieder des Einschreiters in Österreich auf. Die gegenteilige Behauptung der Behörde ist unfundiert und schlichtweg falsch.

Ebenso ist festzuhalten, dass es sich beim Einschreiter um eine minderjährige Person handelt. Der Einschreiter hat in seinem Heimatstaat Serbien niemanden, der in der Lage wäre sich um ihn zu kümmern bzw. die Obsorge zu übernehmen, sei es vorübergehend als auch langfristig. Der Einschreiter besucht in der Republik Österreich die Schule. Es ist zur Gänze nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde vermeint, es könne dem Einschreiter zugemutet werden, alleine nach Serbien zurückzureisen, zumal es sich einerseits um eine minderjährige Person handelt und andererseits, zumal sich in Serbien niemand befindet, der die Obsorge bzw. die Aufsicht übernimmt. Es ist zweifelsfrei undenkbar und unzumutbar einem Minderjährigen zuzumuten das Bundesgebiet der Republik Österreich zu verlassen, in welchem sich seine leibliche Mutter als auch der Stiefvater befinden, und sohin seine Familie zu verlassen. Der Einschreiter hat in Österreich ein Familienleben. Die Begründung, dass ein Ablehnungsgrund vorliege aufgrund der Überschreitung der sichtvermerksfreien Zeit ist im Hinblick dessen gänzlich zu Unrecht herangezogen worden und ist dem Einschreiter eine Ausreise unzumutbar. Insofern ist die Argumentation der Behörde, wonach keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen würden, die eine Ausreise und Abwarten des Verfahrens unmöglich bzw, unzumutbar machen würden, nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde hat selbst ausgeführt, dass eine korrekte Inlandsantragsstellung erfolgte und vermeint lediglich, dass aufgrund des Ablaufes der erlaubten sichtvermerksfreien Zeit der Einschreiter nicht berechtigt sei, sich weiterhin im Bundesgebiet der Republik Österreich aufzuhalten und dies einen Versagungsgrund darstelle. Eine Ausreise aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ohne die Mutter des Einschreiters - welche nachweislich und wie aus dem Akteninhalt ersichtlich sich hier zu Recht aufhält und ihren Lebensmittelpunkt in Österreich begründet hat - ist daher ausgeschlossen und die Erteilung eines Aufenthaltstitels unumgänglich.

 

Der Lebensmittelpunkt des Einschreiters, seiner Eltern und seiner Schwester, als auch der Familie insgesamt befindet sich in jeglicher Hinsicht in Österreich. Der Einschreiter hat zu seiner Familie in Österreich eine deutlich stärkere Bindung als zu seinen Verwandten in Serbien. Auch hat sich der Einschreiter aufgrund seiner kontinuierlichen Aufenthalte im Bundesgebiet und seines Schulbesuches in Österreich von seinem Heimatstaat Serbien mittlerweile entfremdet und besteht eine nachhaltige Integration des Einschreiters, welche über die familiären Bindungen hinausgeht.

Der belangten Behörde wurden die entsprechenden Informationen bereits vorgelegt.

Die belangte Behörde hat entgegen der sie treffenden gesetzlichen Verpflichtung keine ausreichende Prüfung der familiären Verhältnisse etc. des Einschreiters vorgenommen, sohin den konkreten Sachverhalt zu den persönlichen Umständen des Einschreiters nicht erhoben, sodass diese die familiären Bindungen nach Österreich, dessen Integration etc., nicht in den tatsächlich vorliegenden Ausmaß festgestellt hat. Auch hat der Einschreiter sehr wohl ein bestehendes schützenwürdiges Familienleben in Österreich, zumal sich sowohl seine leibliche Mutter als auch sein Stiefvater und seine Schwester in Österreich befinden, und ist nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde dies mit unsubstantiierten Ausführungen negiert.

Dadurch sind die rechtlichen und auch sachlichen Überlegungen, die die belangte Behörde ihrem Bescheid zugrunde gelegt hat, nicht nachvollziehbar, wobei insbesondere darauf hinzuweisen ist, dass auch die von der Behörde vorgenommene Beweiswürdigung nicht überprüfbar ist, weil die belangte Behörde hierzu keinerlei nachvollziehbare substantiierte Ausführung im bekämpften Bescheid gemacht hat. Der Bescheid der belangten Behörde weist eindeutig massive Begründungsmängel auf.

Tatsächlich hätte die belangte Behörde allerdings unvoreingenommen ermittelt müssen, welche Fakten konkret im Zuge der Interessensabwägung zwischen den privaten und dem öffentlichen Interessen zu berücksichtigen sind. In Folge dieser Versäumnis traf die belangte Behörde überhaupt keine Feststellung, die eine Beurteilung im Sinne des § 11 Abs 3 NAG ermöglicht hätten.

Auch wurden die relevanten Informationen bzw Urkunden im Rahmen der Mitwirkungspflicht im Ermittlungsverfahren vorgelegt - jedoch von der Behörde aus nicht nachvollziehbaren Gründen in ihrer Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt.

Die belangte Behörde hat sich daher in keinster Weise mit den persönlichen Interessen des Einschreiters am Aufenthalt im Bundesgebiet auseinandergesetzt, sodass der bekämpfte Bescheid jedenfalls mangelhaft zustande gekommen ist. Die erforderliche Interessenabwägung zwischen den privaten Interessen des Einschreiters und dem öffentlichen Interesse wurden von der belangte Behörde augenscheinlich nicht durchgeführt, zumal sie lediglich anführt, dass keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen würden, die eine Ausreise des Einschreiters unzumutbar machen würden. Nach Ansicht der belangten Behörde sei es vielmehr unglaubwürdig dass es in dem Heimatstaat des Einschreiters in Serbien keine Person gäbe, die sich nicht um ihn kümmern könne - dies jedoch im Wissen, dass sich die leibliche Mutter als auch der Stiefvater und die Schwester im Bundesgebiet der Republik Österreich befinden. Hervorgehoben wird von der belangten Behörde lediglich - und als unfundierte Begründung herangezogen - dass der Einschreiter die sichtvermerksfreie Zeit im Bundesgebiet überschritten habe und aus diesem Grund der Antrag abzuweisen sei. Da jedoch eine nicht ausreichende Prüfung des Sachverhaltes vorgenommen wurde, war die belangte Behörde nicht im Stande die Interessen abzuwägen, sodass ein mangelhaftes Verfahren vorliegt.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen der besonders berücksichtigungswürdigen Gründe für den Verbleib im Bundesgebiet der Republik Österreich sowie den Grad der Integration für das Bestehen eines Familienbandes zu Unrecht verneint bzw. falsch beurteilt, was zeigt, dass sich die belangte Behörde in keinster Weise mit den persönlichen Umständen und Lebensverhältnissen des Einschreiters auseinandergesetzt hat. 

Der Bescheid entbehrt jeglicher fundierter Begründung und begründeter Feststellungen. Aufgrund derartig gravierender Feststellungsmängel und der Tatsache, dass aufgrund der von der belangten Behörde getroffenen mangelhaften Feststellungen eine rechtsrichtige Beurteilung nicht vor genommen werden konnte, ist der bekämpfte Bescheid zur Gänze aufzuheben und wäre unter Zugrundelegung der tatsächlichen Verhältnisse der Aufenthaltstitel zu erteilen.

Beweis:        - Einvernahme des Einschreiters

- Einvernahme der Mutter, Frau Z A., p.A. A.-gasse, Wien

- Einvernahme des Stiefvaters des Einschreiters, Herrn S. Zi.,

p. A: A.-gasse, Wien

- bereits vorgelegte Unterlagen w.B.v.

2. Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegen eines Erteilungshindernisses erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des privaten Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

 

Hierbei ist insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen, die strafrechtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen. Diese Aspekte sind im Rahmen einer Interessensabwägung zu betrachten.

Unter Zugrundelegung all dieser zu berücksichtigenden Voraussetzungen, ist offensichtlich, dass die Voraussetzungen im gegenständlichen Fall jedenfalls erfüllt sind. Das Vorliegen eines Familienlebens bzw Privatlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ist im Hinblick auf die Ausführungen unter Punkt 1. eindeutig zu bejahen. Die belangte Behörde hat es jedoch verabsäumt für die rechtliche Beurteilung wesentliche Feststellungen zu treffen und beschränkt ihre Ausführungen auf die Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen. Wären diese Feststellungen getroffen worden, wäre die belangte Behörde zu dem Schluss gekommen, dass das private Familienleben des Einschreiters die Erteilung eines Aufenthaltstitels jedenfalls rechtfertigt.

Es ist in diesem Zusammenhang ausdrücklich zu betonen, dass der Einschreiter eine starke Bindung zu seiner Familie in Österreich hat. Diese soziale familiäre Bindung zu seiner leiblichen Mutter und zu seinem Stiefvater ist für dessen weitere Entwicklung bedeutend. Dieses Familienleben ist schützenswürdig und entspricht die gegenteilige Ansicht der belangten Behörde nicht annähernd den gegenständlichen Tatsachen, insbesondere dass es unglaubwürdig sei, dass sich in seinem Heimatstaat Serbien sich nicht eine andere Personen um den Einschreiter kümmern könne. Zudem besteht gerade aufgrund des geringen Lebensalters des Einschreiters eine maßgebliche Bindung zu seiner leiblichen Mutter als auch dem Stiefvater und seiner Schwester in Österreich und hat er - wie bereits ausgeführt - keine nachhaltigen sozialen Kontakte zu allfälligen familiären Angehörigen in Serbien.

Das Privat- und Familienleben des Einschreiters ist jedenfalls schutzwürdig, zumal er ein Recht auf langfristigen Kontakt zu seiner Familie, insbesondere seiner leiblichen Mutter, seinem Stiefvater und seiner Schwester, hat. Sollte dem Einschreiter kein Aufenthaltstitel gewährt werden, ist es der Familie nicht möglich, ein ordentliches Familienleben in der Republik Österreich zu führen.

Neben der sozialen Verankerung in Österreich weist der Einschreiter auch ausgezeichnete deutschsprachige Kenntnisse auf. Darüber hinaus besucht er auch in Österreich die Schule.

Die Verweigerung des vom Einschreiter beantragten Aufenthaltstitels stellt einen Verstoß gegen den Artikel 8 EMRK dar. Wird dem Einschreiter somit kein Aufenthaltstitel gewährt, ist es für und seine Familie, insbesondere seiner Mutter, seinem Stiefvater und seiner Schwester, nicht möglich ein ordentliches Familienleben in der Republik Österreich zu führen.

Darüber hinaus hat die belangte Behörde - soweit ersichtlich - keine Interessenabwägung gemäß § 11 Abs 3 NAG durchgeführt. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, nicht von vornherein den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundlos abzuweisen, sondern vielmehr die privaten mit den öffentlichen Interessen abzuwägen. Die belangte Behörde hat lediglich lapidar aufgeführt, dass nach ihrer Ansicht keine Gründe vorliegen würden, welche als besonders berücksichtigungswürdige Gründe zu qualifizieren seien und sei unglaubwürdig, dass der Einschreiter in seinem Heimatstaat Serbien keine Angehörigen habe, die sich um seinen Verbleib kümmern. Aufgrund der Überschreitung des Zeitraumes der sichtvermerksfreien Zeit habe eine Abwägung gemäß § 11 Abs 3 NAG als auch gemäß Artikel 8 EMRK zu seinen Ungunsten auszufallen.

Die Auswirkungen der Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung würden jedoch den Einschreiter als auch seine Familie jedenfalls unverhältnismäßig schwerer treffen, als die in Abstandnahme hiervon die Republik Österreich.

Da die Abweisung des Antrages des Einschreiters maßgeblich in seine verfassungsgesetzlichen gewährleisteten Rechte des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK eingreifen würde, wäre dem Einschreiter jedenfalls ein Aufenthaltstitel aufgrund der familiären Bindungen zu Österreich unter fehlenden Anknüpfungspunkten zu seinem Heimatstaat zu erteilen, insbesondere da die Erteilung eines Aufenthaltstitels die öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt und aufgrund der vorliegenden Lebenssituation des Einschreiters und seiner Familienmitglieder alles für seine privaten Interessen spricht.“

Auf Grund dieses Vorbringens und zur weiteren Abklärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes wurde am 9. März 2017 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher neben den Beschwerdeführern und einem informierten Vertreter der belangten Behörde Frau Z A. und Herr S. Zi. als Zeugen geladen waren. Die belangte Behörde nahm an der mündlichen Verhandlung nicht teil, die ordnungsgemäße Zustellung der Ladung ist im Akt ausgewiesen.

Eingangs legte die Mutter der Beschwerdeführer, Frau Z A., Nachstehendes dar:

„Ich kann die Kinder nicht nach Serbien zurückschicken, weil sie dort niemand hätten der sich um sie kümmert, insbesondere kann sich ihr Vater nicht um sie kümmern.“

Frau Z A. legte im Zuge ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme Nachstehendes dar:

„Die Kinder waren erstmals im Jänner 2016 in Österreich. Näher befragt, gebe ich an, dass die Kinder im August 2014 und im April 2015 jeweils für ein paar Tage in Österreich aufhältig waren. Nunmehr halten sie sich seit Jänner 2016 durchgehend im Bundesgebiet auf. Wir waren nur im August 2016 für 4 Tage auf Besuch bei meiner Mutter in Serbien, sonst halten sich die Kinder seit Jänner 2016 durchgehend hier auf. Beide Kinder gehen seit Februar 2016 in Österreich in die Schule. Auf die Frage, warum die Beschwerdeführer nicht mehr ausgereist sind, gebe ich an, dass sich dort niemand um sie kümmern kann. Ihr Vater will sich nicht um sie kümmern und beide Großmütter sind krank und können sich nicht kümmern. Ich habe mich vom Kindesvater im Jahr 2009 getrennt. Nach der Trennung haben die Kinder zuerst bis 2011 bei ihrer Großmutter väterlicherseits gelebt, wobei auch der Kindesvater mit ihnen zusammengelebt hat. Im Jahr 2011 ist er dann ausgezogen und die Kinder blieben bei ihrer Großmutter. Ich selbst halte mich seit 2014 regelmäßig in Österreich auf. Die Kinder haben von 2011 bis 2014 bei der Großmutter gelebt. Von 2009 bis 2014 haben die Beschwerdeführer deshalb nicht bei mir gelebt, weil der Vater das nicht zugelassen hat. Auf die Frage, warum er der Übertragung der Obsorge im Jahr 2015 zugestimmt hat, gebe ich an, dass ich ihn damals angerufen habe und ich ihm gesagt habe, dass ich das will und dass sie hier eine Schulausbildung bekommen sollen. Zuerst habe ich geglaubt, dass der Vater Probleme machen würde, aber als ich dann einen Aufenthaltstitel hatte, habe ich dem Vater gesagt, dass ich mich um sie kümmern kann, deswegen habe ich auch nicht gleich die Aufenthaltstitel für sie mitbeantragt. Die Großmutter väterlicherseits leidet seit 3 oder 4 Jahren an einer Krebserkrankung. Meine Mutter hat hohen Blutdruck und kann sich deshalb auch nicht kümmern um die Kinder.

Ich arbeite bei einer Reinigungsfirma und verdiene zwischen 1.200,-- und 1.300,-- Euro netto im Monat. Ab April möchte ich mehr arbeiten und mehr verdienen. Mein Ehegatte erhält Notstandshilfe vom AMS. Mein Gatte verdient ca. 29,-- Euro täglich. Ich habe keine Schulden. Mein Gatte hatte Strafen abzubezahlen. Die sind aber alle bezahlt. Er hat keinen Kredit aufgenommen.

Befragt danach, wieso auf dem KSV-Auszug ein offener Abstattungskredit von 20.000,-- Euro aufscheint, gebe ich an, dass ich mir das nicht erklären kann.

Für Strom und Energie zahle ich 140,-- Euro alle drei Monate. Miete zahle ich 420,-- Euro im Monat.

Ich und meine Kinder wohnen in der A.-gasse. Mein Gatte hat die Scheidung eingereicht. Wir planen eine einvernehmliche Scheidung im September 2017. Mein Gatte ist im September 2016 ausgezogen.

Ich habe keine weiteren Kinder. Mein Ehegatte hat ein Kind. Das Kind heißt Susanna und lebt bei der Mutter. Das Kind ist vier Jahre alt. Er muss ca. 100,-- Euro monatlich für das Kind Unterhalt zahlen. Er zahlt für seine Mietwohnung 100,-- oder 150,-- Euro.

Mein Ehegatte hat am ...1989 Geburtstag. Ich habe meinen Mann im Jahr 2013 in Serbien kennengelernt. Wir haben uns bei einer Hochzeit kennengelernt. Wir haben am 17.10.2014 dann geheiratet.

Auf die Frage, warum ich das Geburtsdatum meines Ehegatten nicht weiß, gebe ich an, dass ich mich unter Stress fühle, weil auf dem KSV-Auszug steht, dass ich einen Kredit habe.

Die Hobbies meines Ehegatten sind spazieren gehen, Fernsehen und Spiele spielen. Am liebste isst er Pizza, Pommes Frites und bei McDonalds. Kaffee trinkt er in der Früh nicht.

In Österreich leben ihr Onkel und ihr Cousin sowie deren Großonkeln und weitere Onkeln. Kontakt zum Vater gibt es nicht. In Serbien leben deren Großeltern und ihr Vater.

Die Kinder haben schon Freunde in Österreich gefunden.

Die Kinder haben keinen regelmäßigen Kontakt mehr zum Vater.“

Die minderjährige Rechtsmittelwerberin brachte im Beisein ihrer gesetzlichen Vertreterin Nachstehendes vor:

„Ich verstehe ein bisschen Deutsch und versuche die Fragen auf Deutsch zu beantworten.

Ich lebe seit 2009 in Österreich. Nachdem meine Mutter etwas auf serbisch zu mir sagt, gebe ich an, dass ich seit 2014 hier lebe. Vor 2014 war ich noch nie in Österreich. Seit 2015 gehe ich in Österreich in die Schule. Vorher bin ich hin- und hergefahren, von Serbien nach Österreich. Ich ging nicht mehr zurück nach Serbien, weil ich bei meiner Mutter bleiben wollte. Meine Eltern haben sich vor 5 oder 6 Jahren getrennt. Meine Mutter ging nach Österreich und hat hier geheiratet und ich blieb bei meiner Großmutter väterlicherseits. Mein Vater war auch hie und da bei uns. Meine Mutter ist nicht auf Besuch gekommen. Ich wollte dann zu meiner Mutter kommen, weil mein Vater nicht da war. Ich weiß nicht wo mein Vater dann hingegangen ist. Meiner Großmutter ging es gut. Ich weiß nicht wie es ihr jetzt geht, sie hatte zwei Operationen. Ich habe keinen Kontakt mehr zu meiner Großmutter und zu meinem Vater auch nicht. Meine Oma ist glaube ich 50 Jahre alt, aber sie könnte nicht mehr für uns sorgen. Ich habe schon viele Freunde in der Schule. In meiner Freizeit treffe ich mich mit meinen Freundinnen. In Serbien leben meine Großeltern und mein Vater. In Österreich habe ich Onkeln und Cousins. Mein Stiefvater wohnt nicht mehr bei uns. Er ist letztes Jahr ausgezogen. Ich habe jetzt keinen Kontakt mehr zu ihm. Seitdem ich hier bin, hat er auch nicht immer in der Wohnung gewohnt, manchmal war er weg.

Als der Stiefvater noch bei uns in der Wohnung gelebt hat, waren wir wie eine Familie.“

Der minderjährige Beschwerdeführer legte im Beisein seiner gesetzlichen Vertreterin Folgendes dar:

„Ich lebe seit einem Jahr in Österreich. Vorher habe ich in Serbien gewohnt, dort hat meine Oma auf mich aufgepasst. Meine Mutter ist nach Österreich gegangen und nachdem mein Vater gehört hat, dass meine Mutter hier geheiratet hat, wollte er nicht mehr auf uns aufpassen. Als meine Großmutter krank wurde, brachte sie uns nach Wien. Bevor meine Mama nach Österreich gegangen ist, haben wir wie eine Familie zusammengelebt.

Meine Mutter konnte mit meinem Vater nicht mehr zusammenleben, weil er zu trinken begonnen hat. Sie haben sich schon getrennt in Serbien bevor sie weggegangen ist. Damals war ich ungefähr 10 Jahre alt. Die Oma wurde zweimal operiert, ich weiß nicht was sie hat. Sie kann nicht mehr auf uns aufpassen, sie ist krank. Wir haben keinen Kontakt mehr zu unserem Vater. Ich gehe hier in die Schule und habe schon viele Freunde. Ich spiele gerne Billiard. In Serbien leben meine Großeltern und mein Vater. In Österreich leben Onkeln, Cousins und meine Oma. Nein ich korrigier mich, sie ist wie meine Oma. Meine Mutter hat hier viele weiter entfernte Verwandte. Als wir hergekommen sind, hat mein Stiefvater noch bei uns gelebt. Anfangs hat er sich noch um uns gekümmert, dann hat er seine Sachen gepackt uns ist ausgezogen. Jetzt haben wir keinen Kontakt mehr zu ihm.“

Herr S. Zi. brachte im Zuge seiner zeugenschaftlichen Einvernahme Nachstehendes vor:

„Ich bin vor ungefähr einem Jahr aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und wir leben in Scheidung. Wir streben eine einvernehmliche Scheidung an. Diese wird am 15.3.2017 stattfinden. Bereits vor einem Jahr bin ich ausgezogen. Dazwischen haben wir es wieder probiert, aber es hat nicht funktioniert mit uns. In dem halben Jahr, in dem wir zusammengelebt haben, waren sie wie meine Kinder. Auf die Frage was ich tun würde, wenn die Kinder keinen Aufenthaltstitel bekommen würden, gebe ich an, dass ich da nichts tun könnte, aber die Kinder haben niemanden in Serbien und brauchen ihre Mutter. Die Beziehung hat nicht mehr geklappt, nachdem die Beschwerdeführer nach Österreich kamen. Zuerst habe ich mich ein bisschen zurückgezogen. Auch ich habe ein Kind. Mein Tochter ist vier Jahre alt und bei ihrer Mutter in Wien. Ich zahle 250,-- Euro an Kindesunterhalt im Monat. Ich zahle 300,-- Euro an Strom und Miete. Schulden haben wir beide keine. Ich war im Sommer 2014 in Serbien auf Urlaub. Wir sind durch einen Bekannten zusammengekommen. Durch den haben wir uns kennengelernt. Wir haben dann am 17.10.2014 geheiratet. Wir haben so schnell geheiratet, damit sie nicht immer nach Serbien zurückgehen muss.

Meine Hobbies sind Computer und Handy. Ich esse am liebsten Pizza, Pommes und McDonalds. Kaffee trinke ich nicht in der Früh.

Meine Gattin hat nur die Beschwerdeführer als Kinder. Ich weiß nicht, ob die Kinder noch Kontakt zum Vater haben. Ich selbst habe eine neue Freundin. Ich lebe alleine in meiner Wohnung, dort sind aber auch noch Bekannte gemeldet.

Ich weiß nicht warum die Kinder nicht mehr nach Serbien zurückgegangen sind. Die Kinder kamen ganz plötzlich. Die Großeltern haben sie gebracht und meine Gattin hat mich angerufen und gesagt, du musst nach Haus kommen, meine Kinder sind jetzt da. Der Großvater der Kinder ist Alkoholiker und der Vater kümmert sich nicht um sie. Von den Großmüttern weiß ich nichts, ich weiß auch nicht, ob sie krank sind.

Auf die Frage, ob die Kindesmutter noch weitere Verwandte in Österreich hat, gebe ich an, dass ich das nicht weiß.“

In seinen Schlussausführungen verwies der Beschwerdeführervertreter auf seine bisherigen Ausführungen.

Im Rahmen der Verhandlung wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, innerhalb von zwei Wochen, den aktuellen Stand des Scheidungsverfahrens nachzuweisen, Kontoauszüge der letzten drei Monate von der Kindesmutter und dem Stiefvater vorzulegen sowie die behaupteten Krankheiten der beiden Großmütter in Serbien zu bescheinigen.

Mit Eingabe vom 22. März 2017 legten die Beschwerdeführer diverse Unterlagen vor und gaben Nachstehendes an:

„Aus den vorgelegten Urkunden geht hervor, dass die Großmütter der Minderjährigen schwer erkrankt sind - wie bereits auch in der Verhandlung vom 09.03.2017 von mehreren Seiten dargelegt wurde. Diese sind aus gesundheitlichen Gründen sohin, wie aus den Urkunden hervorgeht, nicht in der Lage sich um die Versorgung, Erziehung und Betreuung, der Kinder zu kümmern.

Darüberhinausgehend wurden seitens der Kindesmutter nunmehr wie von Gericht gefordert die aktuellen Kontoauszüge der letzten Monate vorgelegt. Aufgrund des dem Gericht bekannten Beziehungsstatuses zwischen der Kindesmutter und ihrem bisherigen Ehegatten ist es dieser trotz gerichtlichen Auftrages leider nicht möglich Kontoauszüge des Kontos des Ehegatten vorzulegen. Auch besteht derzeit kein Kontakt zum Kindesvater, sodass auch vom leiblichen Vater keine Kontoauszüge vorgelegt werden können.

Aus den vor gelegten Auszügen des Sozialversicherungsträgers ist ersichtlich, dass nunmehr Frau Z A. im gesteigerten Ausmaß und zu einem erhöhten Lohn beruflich tätig ist, sohin über ein höheres Einkommen verfügt. Aus diesem Grunde ist sohin keine soziale Bedürftigkeit der Minderjährigen zu befürchten und die Kindesmutter in der Lage diese ausreichen zu versorgen. 

II.

Desweiteren stellen die Einschreiter den

BEWEISANTRAG

auf Einvernahme des Zeugen D. B., geb. 1991, p.A. ..., Wien.

Bei dem genannten Zeugen handelt es sich um den Arbeitgeber der Kindesmutter Frau Z A.. Er kann Auskunft über die Integration und Verlässlichkeit der Kindesmutter geben. Auch besteht seitens des Arbeitsgebers der Kindesmutter eine umfassende, sowohl soziale, als auch finanzielle Unterstützung. Zu den Einzelheiten ihrer Abreitstätigkeit und ihres nunmehr künftig erhöhten Lohnes kann dieser darüber hinaus detailliert Auskunft geben.

Die Einvernahme des beantragten Zeugen ist jedenfalls unumgänglich um den tatsächlichen Sachverhalt rechtsrichtig und umfassend feststellen zu können.

Sofern das erkennende Gericht zur Erkenntnis gelangt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung des gewünschten Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ nicht vorliegen, ist festzuhalten, dass in eventu der Antrag aufgrund berücksichtigungswürdigenden Gründen aus dem Bereich des Privat- und Familienlebens (Art. 8 MRK), als auch im Hinblick auf die Gewährung eines Aufenthaltes aus humanitären Gründen im Sinne des NAG zu gewähren ist.

Aus den oben genannten Ausführungen geht hervor, dass den beiden minderjährigen Einschreitern jedenfalls ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist.“

Der in der Ladung zur Verhandlung getätigten gerichtlichen Aufforderung, einen KSV-Auszug des Herrn S. Zi. vorzulegen, sowie der Aufforderung Kontoauszüge des Stiefvaters der Rechtsmittelwerber vorzulegen, sind die Beschwerdeführer bislang nicht nachgekommen.

Nach Durchführung des Beweisverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Die am ...2005 geborene Beschwerdeführerin und der am ...2004 geborene Beschwerdeführer sind serbische Staatsangehörige und brachten mit Eingabe vom 25. Februar 2016 persönlich bei der Behörde einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 2 NAG ein. Die Festsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen die Beschwerdeführer ist nicht aktenkundig.

Die Beschwerdeführer reisten am 5. Jänner 2016 in das Bundesgebiet ein und halten sich seit diesem Tag durchgehend in Österreich auf. Sie sind seit 14. Jänner 2016 durchgehend in Österreich an der Anschrift Wien, A.-gasse, hauptgemeldet.

Mit Eingabe vom 4. März 2016 brachten die Rechtsmittelwerber einen Zusatzantrag nach § 21 Abs. 3 NAG ein, wobei sie Folgendes darlegten:

„Meine Kinder J. M. und Ja. können nicht nach Serbien fahren und leben. Weil es gibt keinen der auf sie aufpassen kann. Ihr leiblicher Vater hat keine Sorgerecht und will auch kein Kontakt zur den Kinder haben. Auserdem gehen die Kinder schon längt hier in die Schule.“

Mit Eingabe vom 25. Juli 2016 brachten sie Nachstehendes vor:

„Die Mutter der Einschreiter, Frau Z A., geb. ...1987, verfügt seit 14.07.2015 über den Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" und hält sich berechtigterweise im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. Die Kindesmutter ist mit Herrn Zi. S. A. seit 17.10.2014 verheiratet und lebt mit diese mit den Einschreiterin in einem gemeinsamen Haushalt in Wien, A.-gasse.

Sowohl die leibliche Mutter der Einschreiter als auch der Steifvater haben ihren Lebensmittelpunkt in Österreich. Beide sind hier umfassend sozial integriert. Der Umstand, dass die Einschreiter in Österreich die Schule besuchen belegt, dass auch sie eine soziale Integration im Bundesgebiet der Republik Österreich vorweisen können.

Richtig hält die Behörde in ihrem Schreiben vom 06.07.2016 fest, dass der Kindesmutter mit Beschluss des Grundgerichts Sa. vom 28.09.2015 die alleinige Obsorge zugesprochen wurde und ist der leibliche Kindesvater nicht obsorgeberechtigt.

Erst seit dem genannten gerichtlichen Beschluss ist die Kindesmutter im Stande alle Entscheidungen betreffend ihre Kinder, sohin die Einschreiter, selbständig und alleine ohne Zustimmung des leiblichen Kindesvaters zu treffen.

Wenn die Behörde vermeint, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass die Kindesmutter nicht gleichzeitig mit ihrem Erstantrag vom 24.10.2014 den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Einschreiter stellte, ist dies daher verfehlt. Erst seit dem Jahre 2015 ist die rechtliche Frage der Obsorge geklärt und hat die Kindesmutter aufgrund ihrer Hochzeit selbstverständlich 2014 sogleich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für sich gestellt um mit ihren Gatten Zusammenleben zu können.

Der leibliche Kindesvater hat seit längerem keinen Kontakt zu den Einschreitern und zeigt kein Interesse an deren Leben in irgendeiner Form teilzunehmen geschweige denn die Beaufsichtigung und Erziehung als Elternteil zu übernehmen.

In Serbien gibt es niemanden, der sich um die Einschreiter kümmern und für sie sorgen würde, dies unabhängig davon ob nun Schulferien sind oder nicht. Fakt ist, dass es den Minderjährigen nicht zumutbar ist alleine nach Serbien zu reisen und wären sie dort auf sich gestellt.

Die Kindesmutter und der Steifvater verfügen über ausreichende finanzielle Mittel um den dauernden Aufenthalt der Einschreiter zu sichern. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass der Aufenthalt der Einschreiter in Österreich zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde.

Weiters ist festzuhalten, dass gemäß § 11 Abs. 3 NAG idF BGBl. Nr. I 100/2005 bzw BGBl. Nr. 38/2011 ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegen eines Erteilungshindernisses erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des privaten Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Die Behörde hat sich mit den persönlichen Interessen der Einschreiter am Aufenthalt im Bundesgebiet auseinander zu setzen. Es ist eine Interessensabwägung zwischen den privaten Interessen der Einschreiter und den öffentlichen Interessen durchzuführen und besteht ein schützenwürdiges Interesse zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der Einschreiter bzw ihrer Familie bestehend aus der leiblichen Kindesmutter, dem Stiefvater und den beiden minderjährigen Einschreitern im Bundesgebiet gemäß § 11 Abs 3 NAG. Unter Zugrundelegung aller zu berücksichtigenden Voraussetzungen, ist offensichtlich, dass die Voraussetzungen im gegenständlichen Fall jedenfalls erfüllt sind. Das Privat- und Familienleben der Einschreiter ist jedenfalls schutzwürdig, zumal sie ein Recht auf langfristigen Kontakt zu ihrer in Österreich lebenden Familie haben. Im Falle der Verweigerung der Erteilung eines Aufenthaltstitels an die Einschreiter wird in deren Familienleben eingegriffen und liegt jedenfalls ein aus Art 8 EMRK ableitbares Aufenthaltsrecht vor.“

Die Rechtsmittelwerber sind die Kinder der Frau Z A. und des Herrn Da. J.. Frau Z A. wurde mit Urteil des Grundgerichts in Sa. vom 28. September 2015 die alleinige Obsorge über die Beschwerdeführer übertragen.

Frau Z A. ehelichte am 17. Oktober 2014 den österreichischen Staatsangehörigen S. Zi.. In weiterer Folge wurde ihr ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ erteilt.

Herr S. Zi. und Frau Z A. weisen seit September 2016 getrennte Wohnsitze auf und haben bereits einen Antrag auf Scheidung im Einvernehmen beim Bezirksgericht ... eingebracht. Das Scheidungsverfahren ist derzeit noch gerichtlich anhängig. Die Beschwerdeführer haben nach ihren eigenen Angaben keinen Kontakt mehr zu Herrn S. Zi..

Frau Z A. ist Mieterin der Wohnung in Wien, A.-gasse, welche über eine Nutzfläche von 53,77 m² verfügt. In dieser Wohnung lebt sie gemeinsam mit den Rechtsmittelwerbern. Die Mietkosten belaufen sich dabei auf EUR 420,-- monatlich, die Kosten für Strom und Energie betragen EUR 142,80 für drei Monate.

Die Mutter der Rechtsmittelwerber ist seit 13. August 2015 bei verschiedenen Arbeitgebern unselbständig erwerbstätig, nunmehr ist sie seit 7. März 2016 bei der R. Gmbh & Co KG angestellt. Aus dieser Erwerbstätigkeit lukriert sie unter Heranziehung der Monatsgehälter von Dezember 2016, Jänner und Februar 2017 unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehalts ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von EUR 1.127,80. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens änderte sie ihr Beschäftigungsausmaß dahingehend, dass sie ab 13. März 2017 für 40 Wochenstunden beschäftigt ist, wodurch sie nach der vorgelegten Bestätigung über die Anmeldung bei der Sozialversicherung ein Monatseinkommen von EUR 1.501,77 lukriert. Weiters hat sie ab 13. März 2017 eine geringfügige Beschäftigung im Beschäftigungsausmaß von 10 Wochenstunden angenommen, wobei sie ein monatliches Einkommen von EUR 415,-- lukriert.

Herr S. Zi. wohnt seit 13. September 2016 an der Anschrift Wien, An.. Die Miete für diese Wohnung beläuft sich dabei nach seinen Angaben auf EUR 300,-- monatlich. Des Weiteren ist er nach seinen Angaben verpflichtet für seine vierjährige Tochter Kindesunterhalt in der Höhe von EUR 250,-- monatlich zu leisten.

Herr S. Zi. war zuletzt bis zum 1. Dezember 2016 als geringfügiger Arbeiter erwerbstätig und ist seit diesem Zeitpunkt arbeitslos. Er bezieht Notstandshilfe in der Höhe von EUR 26,59 täglich. Ob Herr S. Zi. Schulden hat, konnte nicht mit der für das Gerichtsverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.

Die Rechtsmittelwerber besuchen in Österreich seit Februar 2016 die Schule und haben bereits Freundschaften im Bundesgebiet geschlossen.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich durch Mitversicherung bei ihrer Mutter sozialversichert. Sie verfügen über elementare Kenntnisse der deutschen Sprache.

In Serbien leben der Vater und die Großeltern der Rechtsmittelwerber. In Österreich leben ihre Mutter, Onkeln, Cousins und Großonkel.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Dass nicht festgestellt werden konnte, ob Herr S. Zi. Schulden hat, gründet sich auf den Umstand, dass die Rechtsmittelwerber trotz diesbezüglicher Aufforderung bislang weder einen Auszug aus der Informationsdatenbank des Kreditschutzverbandes noch Kontoauszüge des Herrn Zi. vorlegten. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen hat, dass der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts als gesichert erscheint, wobei insoweit auch die Verpflichtung besteht, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mitteln nachzuweisen, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH, 28. April 2008, 2006/18/0490, 21. Dezember 2010, 2009/21/0157).

Der Verwaltungsgerichtshof nimmt weiters eine allgemeine Pflicht der Parteien an, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Die Mitwirkungspflicht der Parteien, die jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn sie in Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, endet dort, wo es der Behörde auch ohne Mitwirkung der Partei möglich ist, tätig zu werden. Dieser Mitwirkungspflicht steht somit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens gegenüber (VwGH, 10. Dezember 1991, 90/05/0231). Der sich aus § 37 AVG ergebende Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit bedeutet in Verbindung mit der sich aus § 39 AVG ergebenden Offizialmaxime aber, dass die Behörde nicht an das tatsächliche Parteienvorbringen gebunden ist, sondern vielmehr von sich aus den wahren Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise festzustellen hat. Es ist nach dem AVG nicht möglich, bestimmte Tatsachen dergestalt außer Streit zu stellen, dass die Behörde aufgrund eines bestimmten Parteivorbringens zweckdienliche Ermittlungen überhaupt unterlassen könnte (vgl. VwGH vom 30. April 1998, 97/06/0225).

Wie der Verwaltungsgerichtshof somit ausgesprochen hat, korrespondiert mit der amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime entbindet daher die Parteien nicht davon, durch substanziiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf. Dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen, was insbesondere bei jenen betriebsbezogenen und personenbezogenen Umständen der Fall sein wird, deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. VwGH vom 6. März 2008, Zl. 2007/09/0233; VwGH vom 28. Februar 2014, Zl. 2012/03/0100). Unterlässt es eine Partei, im Verfahren genügend mitzuwirken oder konkrete Beweisangebote vorzubringen, so handelt die Behörde im Allgemeinen nicht rechtswidrig, wenn sie weitere Erhebungen unterlässt (vgl. VwGH vom 17.2.1994, GZ 92/16/0090). Die Behörde kann somit aus einer Verletzung der Mitwirkungspflicht im Rahmen der Beweiswürdigung für die Partei negative Schlüsse ziehen.

Dieser auf das allgemeine Verwaltungsverfahren schlechthin anwendbaren Judikatur korrespondiert die in § 29 Abs. 1 NAG normierte besondere Mitwirkungspflicht des Fremden im Niederlassungs- und Aufenthaltsverfahren.

Hierzu ist festzuhalten, dass die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer in der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Vorlage eines KSV-Auszuges des Herrn S. Zi. und weiters in der mündlichen Verhandlung zur Vorlage von Kontoauszügen ihres Stiefvaters aufgefordert wurden. Diesen Aufforderungen wurde jedoch bislang nicht entsprochen. Des Weiteren ist festzuhalten, dass der letzte KSV-Auszug des Herrn S. Zi. im behördlichen Verfahren vorgelegt wurde und mit 1. März 2016 datiert ist, sodass er mangels Aktualität nicht mehr heranzuziehen ist. Es fällt jedoch auf, dass Herr Zi. zum damaligen Zeitpunkt zwei Abstattungskredite aufgenommen hatte, wobei wegen diesen bereits Exekution bzw. Klage eingereicht wurde. Mangels entsprechender Mitwirkung der Beschwerdeführer ist im Hinblick auf die oben dargelegte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, dass Herr S. Zi. Schulden in unbekannter Höhe aufweist.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer über elementare Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, basiert auf dem Umstand, dass diese in der Verhandlung lediglich teilweise in der Lage waren die gestellten Fragen zu verstehen und zur Beantwortung der Fragen zum Teil auf die Übersetzung des beigezogenen Dolmetschers angewiesen waren.

Die weiteren getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt sowie auf die Ausführungen der Beschwerdeführer sowie der einvernommen Zeugen Z A. und S. Zi. im Zuge der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 8 NAG berechtigt der Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zur befristeten Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ zu erhalten.

Gemäß § 47 Abs. 1 NAG sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 dieser Norm Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

Gemäß § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

Gemäß § 21 Abs.2 Z 1 NAG sind abweichend davon zur Antragstellung im Inland Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts berechtigt.

Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.  gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.  gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.  gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.  eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.  eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.  er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

§ 11 Abs. 3 NAG normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

Gemäß § 292 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Wert der vollen freien Station EUR 284,32.

Gemäß § 293 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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