TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/29 L524 2133960-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.08.2018
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Entscheidungsdatum

29.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L524 2133960-1/33E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch RA Mag. Nadja LORENZ, Burggasse 116/17-19, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2016, Zl. 1053956605-150284028/BMI-BFA_BGLD_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.05.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 11, § 57 und § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 19.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 20.03.2015 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er sei sunnitischer Moslem und stamme aus XXXX im Gouvernement Al Anbar. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er vor, dass in seiner Heimatregion Konflikte zwischen allen möglichen Kriegsparteien ausgetragen würden und keine Rücksicht auf Zivilisten genommen werde. Da es keine Sicherheit mehr im Irak gebe, habe er das Land verlassen.

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 19.02.2016 gab der Beschwerdeführer an, dass er die letzten vier bis fünf Monate vor seiner Ausreise in Bagdad gelebt habe. Davor habe er in XXXX, einem Dorf in XXXX, Gouvernement Al Anbar, gelebt. Den Irak habe er am 25.01.2015 verlassen. Er habe im Irak von seiner Arbeit als Mechaniker bzw. Techniker für Stromaggregate gelebt. Außerdem sei er von seinem Bruder unterstützt worden, der Angestellter in der Verwaltung im XXXX gewesen sei. Dessen genaue Tätigkeit wisse er aber nicht. Der Beschwerdeführer sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Seine Eltern würden im Stadtteil XXXX in Bagdad leben. Es sei dieselbe Adresse, an der auch der Beschwerdeführer die letzten vier Monate vor seiner Ausreise gelebt habe. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebe in den USA, zwei Schwestern in der Türkei und alle anderen Geschwister würden in Bagdad leben. Außerdem würden noch sehr viele Onkeln und Tanten im Irak leben. Seine Familie sei sehr groß. Ein Teil lebe in Bagdad, ein Teil in Erbil. Ein Onkel mütterlicherseits lebe in Erbil, arbeite als Händler und der Beschwerdeführer habe diesen Onkel auch schon besucht.

Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass er im Jahr 2011 für drei bis vier Monate für ein US-amerikanisches Unternehmen gearbeitet habe. Das Unternehmen habe seinen Sitz in einem amerikanischen Militärstützpunkt gehabt, der jetzt ein irakischer Stützpunkt sei. Im Mai 2014 sei ein Kollege des Beschwerdeführers wegen seiner Tätigkeit für diese Firma vom IS getötet worden. Das habe er von verschiedenen Leuten aus der Gegend erzählt bekommen. Danach sei auf der Moschee im Ort XXXX ein Schreiben aufgehängt worden, auf dem Namen von Personen angeführt gewesen seien, die vom IS gesucht würden. Der Cousin des Beschwerdeführers habe diesem erzählt, dass auch der Beschwerdeführer auf der Liste stünde. Deshalb sei er mit seinem Vater, seiner Mutter, seinem Bruder, dessen Familie und dem Onkel auf den Stützpunkt geflüchtet, wo sie sich ca. 15 Tage aufgehalten hätten. Im Juni 2014 sei der Stützpunkt vom IS angegriffen worden. Sein Cousin sei Soldat und habe sie mit einem Militärkonvoi nach Bagdad gebracht. Ein schiitischer Freund des Bruders habe gebürgt, damit die Familie nach Bagdad habe reisen können. Dort habe sich der Beschwerdeführer dann vier bis fünf Monate aufgehalten und sei dann ausgereist. In Bagdad habe er wegen der Tätigkeit für die amerikanische Firma keine Probleme gehabt. Dort gebe es aber Milizen und eines Tages sei er bei einer Kontrolle der Polizei angehalten worden. Der dortige Soldat habe anhand seines Ausweises erkannt, dass er aus Anbar komme und gemeint, dass er Glück habe. Wäre er von den Milizen kontrolliert worden, hätten sie ihn mitgenommen. Deshalb habe er dann beschlossen, den Irak zu verlassen.

3. Mit Bescheid des BFA vom 19.08.2016, Zl. 1053956605-150284028/BMI-BFA_BGLD_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht habe. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Eine Interessenabwägung ergebe, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer von den Taliban (!) verfolgt werde, weil er für ein irakisches Unternehmen tätig gewesen sei. Ihm drohe ein Schicksal wie dem Vater, dem ebenfalls die Taliban (!) mit dem Tod gedroht hätten. In einem Berichtigungsschreiben wird vorgebracht, dass der Vater des Beschwerdeführers nicht getötet worden sei und der Beschwerdeführer vom IS und den Milizen, nicht von den Taliban, verfolgt werde.

5. Am 18.10.2016 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag des Beschwerdeführers für eine unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe ein. Dieser Antrag wurde am 07.11.2016 widerrufen.

6. In einer Beschwerdeergänzung vom 09.01.2017 wird ausgeführt, dass die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar sei. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stünde dem Beschwerdeführer auch nicht offen. Weiters wurden Empfehlungsschreiben vorgelegt.

7. In einer weiteren Beschwerdeergänzung vom 08.03.2017 wird neuerlich vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht offen stünde. Der Beschwerdeführer habe in Bagdad mit seinem im XXXX angestellten Bruder zusammengelebt. Mitarbeiter des XXXX würden geschützte Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. So sei auch der Familie des Bruders des Beschwerdeführers bis Ende 2014 eine solche Wohnung bereitgestellt worden. Mittlerweile lebe der Bruder in einer privaten Wohnung, werde aber in Kürze den Irak nach Jordanien verlassen. Ein weiterer Bruder, XXXX, lebe in den USA. Dieser habe 2012 einen Drohbrief erhalten, in dem ihm und seiner Familie mit Mord gedroht worden sei, sollte er sein Arbeitsverhältnis bei einem amerikanischen Unternehmen nicht beenden. Außerdem habe es einen Übergriff auf einen Cousin des Beschwerdeführers gegeben, als dieser in den Irak zurückgekehrt sei, um private Angelegenheit zu klären. Dieser Cousin sei wieder in Großbritannien, wo er medizinisch behandelt werde.

8. Am 13.10.2017 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag für eine unterstützte freiwillige Rückkehr. Darin gab der Beschwerdeführer an, dass sein Herkunftsort Bagdad sei, er dort über ein soziales Netz verfüge. Außerdem gab er als Kontakt in Bagdad seinen Bruder XXXX und dessen Telefonnummer an. Es wurde auch mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer schnell ausreisen wolle, da seine Mutter im Koma liege. Am 27.10.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf unterstützte freiwillige Ausreise zurückziehe und nicht ausreisen werde.

9. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 07.05.2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter, beantragte jedoch die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer schilderte seinen Fluchtgrund und legte Dokumente betreffend seinen Fluchtgrund vor. Weiters legte der Beschwerdeführer Dokumente betreffend seine Integration in Österreich vor. Dem Beschwerdeführer wurden im Rahmen der Verhandlung Berichte zur Lage im Irak ausgehändigt und ihm hierzu eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

10. Mit seiner Stellungnahme legte der Beschwerdeführer auch Unterlagen betreffend seine Integration in Österreich vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat zwölf Jahre die Schule und drei Jahre die Universität in Al Anbar besucht. Der Beschwerdeführer war berufstätig und hat als Mechaniker und in einem Handyshop gearbeitet.

Der Beschwerdeführer verließ am 25.01.2015 legal den Irak und reiste schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 19.03.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer lebte zumindest sechs Monate vor seiner Ausreise aus dem Irak in Bagdad. Dort leben noch seine Mutter und sein Bruder XXXX. Im Irak leben weiters zwei Brüder und vier Schwestern. Außerdem hat der Beschwerdeführer zahlreiche Onkeln und Tanten, die in Bagdad und in Erbil leben. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben.

Ein Neffe des Beschwerdeführers lebt in XXXX, den er ca. einmal alle zwei bis drei Monate trifft. Der Beschwerdeführer hat die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 bestanden. Er besucht seit 09.04.2018 den Kurs XXXX, Deutschkurs B1. Der Beschwerdeführer verfügt über Empfehlungsschreiben von Dezember 2016 und eine Bestätigung über eine ehrenamtliche Mitarbeit bei einem Abschlussturnier des Projekts XXXX am 18.11.2016. Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung vom 14.05.2018 vor, wonach er in einem näher genannten Unternehmen ein Praktikum im Ausmaß von 40 Wochenstunden absolvieren werde. Der Beschwerdeführer verfügt auch über eine Einstellungszusage über eine Tätigkeit als Bauhelfer. Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist gesund.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, wonach er vom IS gesucht und von Milizen bedroht worden sei, wird der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seiner Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Traditionelle Stammesstrukturen und ethnisch-religiöse Zugehörigkeiten bestimmen die gesellschaftlichen und politischen Loyalitäten bzw. Konfliktlinien. Die wichtigsten ethnischreligiösen Gruppierungen sind (arabische) Schiiten, die 60 bis 65% der Bevölkerung ausmachen und vor allem den Südosten/Süden des Landes bewohnen, (arabische) Sunniten (17 bis 22%) mit Schwerpunkt im Zentral- und Westirak (aus dieser Gruppe stammte bis zum Ende der Diktatur von Saddam Hussein 2003 der größte Teil der politischen und militärischen Führung) und die vor allem im Norden des Landes lebenden überwiegend sunnitischen Kurden (15 bis 20%). Entlang dieser Linien hat sich die Parteienlandschaft gebildet. Angehörige der religiösen Minderheiten, die traditionell besonders im arabisch-kurdischen Grenzgebiet siedelten, haben teilweise eine eigene ethnisch-religiöse Identität bewahrt, betrachten sich häufig aber auch als Kurden oder Araber.

In Irak gibt es eine Vielzahl von Parteien (zu einer Anerkennung genügen laut Parteiengesetz 500 Unterschriften). Sie haben sich vor und nach den Wahlen zu Bündnissen zusammengeschlossen: Nationale Allianz (Dachorganisation der irakischen Schiiten), Rechtsstaatskoalition (Zusammenschluss mehrerer schiitischer Parteien und Teil der Nationalen Allianz), Allianz Nationaler Kräfte (Sunniten), Kurdische Allianz. (Deutsches Auswärtige Amt - Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak vom 07.02.2017)

Nach einer Blitzkampagne von 10 Tagen erklärte Premier Abadi die vollständige Einnahme Tal Afars sowie der gesamten Provinz Niniveh durch die ISF. Tal Afar liegt 80 km westlich von Mossul und wurde von 2000 IS-Kämpfern verteidigt. Die einfache Eroberung wird als Beweis für die Schwäche der Gruppe sowie die Präferenz im Untergrund weiterzukämpfen, verstanden.

Nach der erfolgreichen Einnahme von Mossul und Tal Afar durch die ISF, befürchten IS-Kämpfer ihre letzten Hochburgen im Irak zu verlieren. Familien von IS-Kämpfern fliehen Berichten zufolge täglich aus der Stadt al-Sharbat, südlich von Mossul gelegen, in unbekannte Destinationen. Die Stadt Hawija, welche 55 km südwestlich der erdölreichen Stadt Kirkuk liegt, ist voraussichtlich das nächste Ziel der ISF und der US-geführten Anti-IS-Koalition. Die verbliebenen IS-Kämpfer bestehen vor allem aus lokalen Kämpfern, welche beharrlich um die letzten Gebiete im Irak kämpfen werden. Unterdessen bereiten sich die ISF und kurdische Kräfte auf eine mögliche Entstehung von Post-IS Milizen vor und konzentrieren sich auf Überwachungsmaßnahmen durch Grenzkontrollen, Checkpoints und geheimdienstliche Aufklärung, aber auch auf Aufstandsbekämpfungen. (Fact Sheet Irak Nr. 64, Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement)

Es gab eine Reihe intensiver, hochgradig koordinierter Militäroffensiven, die von der Regierung gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) durchgeführt wurden, mit dem Ziel, den IS aus dem Land zu vertreiben. Diese Offensiven führten dazu, dass die territoriale Kontrolle des IS im Irak beendet wurde. Eine bemerkenswerte Entwicklung ist der sichtbare Rückgang der Sicherheitsvorfälle in Gebieten, die bisher als IS-Hotspots in nichtumkämpften Gebieten ausgewiesen wurden. Dies ist einerseits auf die grundsätzlich schweren Verluste des IS und andererseits darauf zurückzuführen, dass IS-Kämpfer in umkämpfte Gebiete verlegt wurden.

Die Offensiven in Mossul, Tal Afar, Hawija und im westlichen Anbar haben erfolgreich dazu beigetragen, den IS zurückzudrängen und ihrer territorialen Kontrolle im Irak ein Ende zu bereiten. Die Sicherheitsvorfälle im Irak sind sichtbar zurückgegangen, unter anderem auch in Bagdad. Dies ist hauptsächlich auf die Intensität der Militäroffensiven zurückzuführen, was den IS dazu zwang viele IS-Kämpfer an der Front einzusetzen. Der IS kann seine Angriffe im ganzen Land nicht mehr so aufrechterhalten, wie es einmal war.

Das Gouvernement Anbar ist nach der Fallujah-Offensive im Juni 2017 weiterhin volatil. Nach der Befreiung Falludschas haben irakische Truppen und sunnitische Stammeskämpfer weiterhin IS-Städte geräumt und Territorien im Nordwesten gesichert, etwa in Haditha. Die Lage änderte sich allmählich während der Hawija-Offensive im September 2017, als sich die irakische Regierung dazu entschloss, die militärischen Operationen zu verstärken, um den IS im Westen von Anbar zu stoppen, mit dem Ziel, die IS-Truppen vollständig aus dem Irak zu vertreiben und der Wiederherstellung der irakisch-syrischen Grenze. Die irakischen Sicherheitskräfte konnten al-Qaim am 03.11.2017 zurückerobern. Militärische Fortschritte gab es danach in der Nachbarstadt Rawa, wo das letzte verbliebene IS-Gebiet am 11.11.2017 erobert und 10.000 Zivilisten befreit wurden. (Lifos, The Security Situation in Irak: Juli 2016 - Nov. 2017)

Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Parteizentrale im Irak sind nach Angaben von Sicherheitskräften vier Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden. Zwei Angreifer hätten sich am Abend des 07.04.2018 als Soldaten verkleidet Zutritt in das Hauptquartier der Al-Hal-Partei in der westirakischen Stadt Hit verschafft, sagte ein örtlicher Sicherheitsbeamter der Nachrichtenagentur AFP. Einer der Attentäter habe sich während eines Treffens von Parteiführern in die Luft gesprengt, sagte General Kassam al-Mohammadi, Befehlshaber der Armee in der Region. Drei Sicherheitskräfte seien dabei getötet und sieben weitere Menschen verletzt worden. Die Al-Hal-Partei gehört zu den wichtigsten politischen Formationen in der mehrheitlich von sunnitischen Stämmen bewohnten Provinz Al-Anbar. (Epoch Times, Selbstmordattentäter greifen Parteizentrale im Irak an, 08.04.2018)

Seit dem Jahr 2003 nahm die Dominanz der schiitischen Gemeinschaft in Bagdad stets zu. Im Hinblick auf Bagdad kam es seitdem verstärkt zur Spaltung Bagdads in konfessionelle Linien. Bagdad wird von Schiiten dominiert. Die Zahl gemischter Gebiete in Bagdad geht zurück und jene mit schiitischer Dominanz steigt. Sunnitische Gebiete sind Adhamiya, Mansour und Dora.

Es kommt vor, dass Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen werden. In Bagdad kommt es zu Übergriffen und gewaltsamen Akten von schiitischen Milizen an Sunniten. Es gibt auch Kidnappings und Morde an der sunnitischen Bevölkerung, die nicht untersucht werden. Oftmals kommt es auch zu Drohungen gegenüber Sunniten. (UK Home Office, Iraq:

Sunni (Arab) Muslims, June 2017)

In Bagdad ereignete sich im Juli 2016 die tödlichste Attacke seit 2003. Es gab danach eine Serie von Selbstmordanschlägen. Die Sicherheitslage verbesserte sich mit dem Beginn der Mossul-Offensive und nach einer kurzzeitigen Verschlechterung zu Beginn des Jahres 2017 verringerten sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle wieder und nahmen mit der Niederlage des IS im Juli 2017 weiter ab. Im Juni 2017 wurden die wenigsten Angriffe verzeichnet. Zuletzt gab es im Jänner 2018 im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad einen Doppelanschlag. Dabei sind nach offiziellen Angaben mindestens 38 Menschen getötet worden. Laut dem Innenministerium sprengten sich die Selbstmordattentäter am frühen Morgen mit Sprengstoffwesten in die Luft. Die Verantwortung für den Anschlag übernahm bisher niemand. Bei den meisten Opfern soll es sich um Tagelöhner handeln. Der Al-Tajjaran-Platz dient ihnen als Treffpunkt mit potenziellen Arbeitgebern und ist daher besonders am Morgen voller Menschen. Er war in der Vergangenheit wiederholt Ziel von Anschlägen. (Lifos, The Security Situation in Irak: Juli 2016 - Nov. 2017; Artikel Zeit.de, Viele Tote bei Anschlägen in Bagdad, 15.01.2018)

Diyala besteht aus einer einzigartigen und vielfältigen ethnischen und religiösen Bevölkerung. Es leben dort Araber, Kurden, Turkmenen und sowohl Schiiten als auch Sunniten. Das Gouvernement Diyala wurde im Jänner 2015 als erstes vom IS befreit. Vom IS ausgeführte Angriffe richten sich meist gegen schiitische Milizen, etwa an Checkpoints, die dann Gegenangriffe auslösen. Angriffe finden meist im Zentrum und im Norden des Gouvernements statt. Die meisten sicherheitsrelevanten Angriffe gab es im Juli 2014. Seither ist ein deutlicher Rückgang zu vermerken.

In Kirkuk leben Kurden, Turkmenen und Araber. Die Provinz ist für 40 % der Erdölproduktion verantwortlich. Die Sicherheitslage war zwischen Juli 2016 und November 2017 weitgehend stabil, mit Ausnahme des Distrikts Hawija. Dieser Distrikt stand seit Juni 2014 unter Kontrolle des IS. Vor dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum gab es in der Stadt Kirkuk nur wenige sicherheitsrelevante Vorfälle.Nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum verschlechterte sich die Situation im September/Oktober 2017. Der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der KRG (KRI) in Erbil während des kurdischen Referendums im September 2017 verschärfte die Spannungen zwischen der ethnisch vielfältigen Bevölkerung in Kirkuk. Die irakischen Truppen haben im Oktober 2017 die Kontrolle über wichtige Regierungsgebäude in der Stadt Kirkuk, den Flughafen, die Militärbasis und ein Ölfeld übernommen. Am 20.09.2017 starteten die ISF eine Offensive in Hawija. Die Rückeroberung der Gebiete dauerte nur wenige Tage. Am 05.10.2017 verkündete der irakische Premier den Sieg. Nach dem Rückzug der Peshmerga aus dem Gouvernement ist die bewaffnete Konfrontation abgeklungen.

Im Gouvernement Ninewa begann im Oktober 2016 die Mossul-Offensive, die Anfang Juli 2017 endete. Nachdem Ost-Mossul im Jänner 2017 befreit wurde, folgte die Befreiung des bevölkerungsreicheren Westen Mossuls. Die Gewaltakte haben nachgelassen. Es gibt sporadische Selbstmordattentate gegen irakische Streitkräfte und Mitglieder der PMU/PMF. Die durchschnittliche Anzahl der täglichen Attacken in Ninewa bewegt sich zwischen zwei und fünf. Zwischen Jänner und April 2017 lag sie noch zwischen zehn und 15. Von April bis September 2017 sank die Zahl kontinuierlich auf ca. zwei. Nach der Mossul-Offensive erfolgte die Tal Afar-Offensive. Tal Afar liegt 80 km westlich von Mossul. In Tal Afar ist geteilt zwischen Sunniten und Schiiten und es leben dort hauptsächlich Turkmenen. Am 01.09.2017 erklärte Premier Abadi den Sieg über den IS in Tal Afar, der das Ende der Kontrolle des IS in Ninewa markierte.

Das Gouvernement Salah al-Din wurde in den frühen Stadien der Offensive der irakischen Streitkräfte gegen den IS befreit. Tikrit, Saddam Husseins Geburtsort, ist ein wichtiges Symbol der sunnitischen Herrschaft im Zentralirak. In Salah al-Din befindet sich auch der schiitische al-Askari Schrein in Samarra, eine der heiligsten Stätten im schiitischen Islam. Der Angriff auf den Schrein im Jahr 2006 löste eine gewaltwelle zwischen sunnitischen und schiitischen Gruppierungen aus, die sich auf andere Teile des Landes ausbreitete. Schiitische PMU-Milizen begannen im April 2015 die IS-Milizen aus der Stadt zu vertreiben. Die Sicherheitslage ist vergleichsweise stabil.

Die südlichen Gouvernements waren nicht direkt von den Konflikten in den nördlichen und zentralen Gouvernements betroffen. In relativ geringem Ausmaß gab es auch hier IS-Angriffe (durchschnittlich drei bis zehn pro Monat). Die Gouvernements Basra und Babil sind dabei in erster Linie betroffen. Bei den Vorfällen handelt es sich um IEDs, Autobomben oder Schießereien. Im Nordwesten von Babil befindet sich die Stadt Jurf al-Sakhr, die einzige mehrheitlich sunnitische Stadt im Gouvernement ist. Die Stadt wurde 2014 vom IS befreit, aber anders als andere befreite Städte bleibt sie entvölkert und zwar wegen ihrer Lage. Die Stadt liegt an der Straße, die zu den heiligen schiitischen Städten im Süden führt - Najaf und Karbala. Im ölreichen Gouvernement Basra gibt es Kämpfe zwischen rivalisierenden Stämmen und Ackerland und Landbesitz.

Die Sicherheitslage in den nördlichen Gouvernements in der Region Kurdistan (KRI/KRG) ist stabil und in der Hand der kurdischen Behörden. Auch diese Gouvernements waren nicht direkt von den Militäroffensiven betroffen. Die Sicherheitslage ist nach dem Abzug kurdischer Peschmerga-Gruppen aus Kirkuk und anderen zuvor kontrollierten Gebieten unverändert. Die Peschmerga-Streitkräfte behalten weiterhin die Kontrolle über das Territorium der KRI. Der Grenzübergang zum Iran ist wieder geöffnet. (Lifos, The Security Situation in Irak: Juli 2016 - Nov. 2017)

Die International Organization for Migration (IOM) schreibt in ihrem Community Stabilization Handbook 2015-2016 vom Jänner 2017, dass die Provinz Sulaymaniya nicht von der Gruppe Islamischer Staat (IS) angegriffen worden sei, als diese große Teile des Nordwestens des Irak im Jahr 2014 überrannt habe. Die Sicherheitslage in Sulaymaniya wird als im Allgemeinen stabil bezeichnet. Es habe sehr wenige Sicherheitszwischenfälle gegeben, darunter eine Schießerei beim Führungsrat der Kurdistan Democratic Party (KDP) und ein Kampf im Chavy Land Amusement Park während der Newroz-Feierlichkeiten. Es habe auch einige Demonstrationen für die Bezahlung der Beamten und für bessere Wasserversorgung gegeben. (Accord Anfragebeantwortung - Sicherheitslage in Kurdistan, 06.11.2017)

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf, die der Deutschen Botschaft Bagdad durch das irakische Außenministerium per Verbalnote zwecks Überprüfung zugesandt wurden. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden. (Deutsches Auswärtige Amt - Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak vom 07.02.2017)

Im Zeitraum Jänner 2014 bis 31. März 2018 wurden 2,2 Millionen Binnenflüchtlinge (367.542 Familien) registriert, die sich auf 97 Bezirke und 3.533 Orte im Irak verteilten. Im selben Zeitraum wurden auch 3,6 Millionen Rückkehrer (605.933 Familien) ausgemacht. Insgesamt sank die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen um etwa 5 % (-112.446 Personen). Rückgänge wurden in allen 18 Gouvernements des Irak verzeichnet. Die Zahl der Rückkehrer stieg im um 4 % (123.996 Personen). Dies zeigt einen anhaltenden Trend zu zunehmenden Rückkehrbewegungen. 60 % (1,3 Millionen) der Binnenvertriebenen werden privat untergebracht und 28 % (616.000) befinden sich in Flüchtlingslagern. Binnenvertriebene befinden sich vorwiegend in den Gouvernements Ninewa (30 %, 665.910), Dohuk (16 %, 354.432), Erbil (11 %, 232.164), Salah al-Din (9 %, 205.182) und Sulaymaniyah (8 %, 165.630). Die meisten Rückkehrer gibt es im Gouvernement Ninewa (35 %) und Anbar (34 %). Danach folgen Salah al-Din (14 %), Kirkuk (8 %), Diyala (6 %) und Bagdad (2 %). Insgesamt 91 % der 123.996 Rückkehrer im März 2018 verteilen sich auf vier Gouvernements:

Anbar, Kirkuk, Ninewa und Salah al-Din. Alleine in Ninewa wurden 86 % (107.292) der neuen Rückkehrer verzeichnet, von denen wiederum

77.166 in den Distrikt Mossul zurückkehrten. In Anbar wurden die meisten der 7.146 Rückkehrer im zurückeroberten Gebiet West Anbars registriert. In Salah al-Din, wo insgesamt 4.530 neue Rückkehrer registriert wurden, kehrten viele in die rückeroberten Distrikte Al-Shirqat (3.114 Personen) und Baiji (642) zurück. In Kirkuk, wurden ca. 2.760 neue Rückkehrer registriert, von den 2.442 in den zurückeroberten Distrikt Hawija zurückkehrten, da sich dort die Sicherheit verbesserte. (DTM Round 92, März 2018)

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Der Irak besitzt kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat. Etwa ein Zehntel der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Rund 90% der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölsektor. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten zumindest außerhalb der Region Kurdistan-Irak schwierig. Es gibt Lebensmittelgutscheine für Bedürftige. Die medizinische Versorgungssituation bleibt angespannt. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich. (Deutsches Auswärtige Amt - Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak vom 07.02.2017)

Es gibt inzwischen regelmäßige Linienflüge wichtiger Luftfahrtgesellschaften, u. a. aus Europa und Staaten des Nahen Ostens, nach Bagdad (Royal Jordanian, Middle East Airlines, Turkish Airlines). Es gibt Inlandsflüge zwischen Sulaymaniya und Basra sowie Bagdad (Iraqi Airways), weiters gibt es Inlandsflüge zwischen Erbil und Bagdad, Basra sowie Najaf (Iraqi Airways, Fly Baghdad). Mitunter kehren Iraker mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration (IOM) aus Deutschland über Amman freiwillig nach Irak zurück. Seit 01.01.2017 werden für Rückkehrer aus Österreich insgesamt drei Reintegrationsprojekte angeboten: RESTART II von der Internationalen Organisation für Migration (IOM), IRMA plus von der Caritas Österreich und ERIN vom Bundesministerium für Inneres (BM.I). Das Projekt ERIN betrifft Rückkehrer in den Irak. 2015 kehrten 754 Personen in den Irak zurück. Die meisten von IOM Österreich im Jahr 2016 unterstützten Personen kehrten in den Irak(1.396 Personen) zurück. Im ersten Halbjahr 2017 unterstützte IOM Österreich insgesamt 1.716 Menschen (1.286 Männer und 430 Frauen) bei der freiwilligen Rückkehr in ihre Herkunftsländer. Die mit Abstand größte Gruppe (356 Personen) kehrte in den Irak zurück, womit sich der Trend aus dem Vorjahr fortsetzt. (Deutsches Auswärtige Amt - Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak vom 07.02.2017; IOM AVRR Newsletter, Frühling und Sommer 2017)

Es ist möglich, über einen Flughafen ohne Bürgschaft in die Autonome Region Kurdistan einzureisen. Die meisten Binnenflüchtlingen reisen über den Flughafen Bagdad in die Region Kurdistan ein. Laut IOM sind Binnenflüchtlinge aus Bagdad in der Regel in der finanziellen Lage sich selbst zu versorgen und willkommen in Kurdistan. Die Einreise über Flughäfen erfolgt problemlos, sie müssen sich registrieren. Kurzzeitige Aufenthaltsgenehmigungen werden am Flughafen erteilt und werden am Aufenthaltsort nach einer Sicherheitsüberprüfung verlängert. Iraker, die nicht aus Kurdistan stammen und aus dem Ausland zurückkehren, benötigen eine Aufenthaltserlaubnis. Binnenflüchtlinge, die keinen Sponsor finden, müssen Kurdistan verlassen. (UK Home Office, Iraq: Return/Internal Relocation, September 2017)

Projekt: Verbesserung des Zugangs für Binnenvertriebenen, Flüchtlinge und Bevölkerung in aufnehmenden Gemeinden zu Bildung, beruflicher Bildung und Einkommensgenerierung; in den Provinzen Erbil und Dohuk (Laufzeit: 05/2016 bis 12/2018)

Seit dem Ausbruch der Syrienkrise und dem Vormarsch des sogenannten islamischen Staates haben mehr als eine Million Binnenvertriebene und 250.000 Syrer in der autonomen Region Kurdistan im Nordirak Zuflucht gesucht. Die Mehrheit der Menschen leben in den aufnehmenden Gemeinden, 40 Prozent in Camps. Die kurdische Regionalregierung stößt an ihre Grenzen, die immense Zahl der meist mittelosen Menschen zu versorgen.

Die Schulen sind überfüllt, es fehlen Beschäftigungsmöglichkeiten vor allem im Niedriglohnbereich, junge Leute haben keine Chance eine Ausbildung zu absolvieren und die Spannungen zwischen Einheimischen und Vertriebenen steigen.

Gemeinsam mit dem Bildungsministerium und der Bildungsbehörde der kurdischen Regionalregierung wählt das Projektteam aufnehmende Gemeinden und Camps aus, wo der Bedarf an zusätzlichen Klassenräumen am dringlichsten ist. Hier entstehen neue Schulen, alte werden erweitert oder instandgesetzt. Die komplette Ausstattung der Klassenräume gehört ebenfalls mit dazu. Damit die Lehrkräfte Klassengrößen von bis zu 60 Kindern unterrichten können, bekommen sie methodische und didaktische Fortbildungen.

Um den Menschen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen, konzipiert das Projektteam Kurzzeitausbildungen, in denen die Teilnehmer technische und handwerkliche Fähigkeiten erwerben. Eine Arbeitsmarktstudie sorgt dafür, dass die Ausbildungen auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zugeschnitten sind. Neue Arbeitsplätze entstehen häufig in kleinen und mittleren Betrieben oder bei Start-ups. Managementausbildungen für Unternehmer und Unterstützung von Existenzgründern bergen die Chance, mehr Menschen Einkommen und Beschäftigung zu geben.

Durch gemeinsame Aktivitäten und Gespräche kommen sich die Bevölkerung der aufnehmenden Gemeinden, die Binnenvertriebenen und Flüchtlinge näher. Sport, Spiel, kulturelle Events und moderierte Dialoge in Gemeindezentren machen Kindern und Erwachsenen Spaß und helfen, einander besser zu verstehen. Für Sozialarbeiter, Lehrkräfte und Verantwortliche aus Gemeinden und Camps organisiert die Universität Dohuk Schulungen zur Konfliktlösung.

Acht Schulen in acht Camps wurden bereits im Jahr 2015/16 gebaut. Hier erhalten mehr als 3.000 Kinder von Binnenvertriebenen Unterricht. Weitere drei Schulen entstanden in aufnehmenden Gemeinden. Im Rahmen dieses Vorhabens werden weitere 13 Schulen in Camps und aufnehmenden Gemeinden errichtet. 10 davon sind bereits Anfang 2017 fertiggestellt, die Festschulbauten werden für das nächste Schuljahr 2017/18 zur Verfügung stehen. 3.000 Lehrer werden zudem an Fortbildungen teilnehmen. Dazu bildet das Projektteam mit der Erziehungsbehörde etwa 20 Lehrkräfte als Ausbilder weiter. Von einem erweiterten Unterrichtsangebot und besser ausgebildeten Lehrkräften profitieren 26.000 Kinder und Jugendliche.

Anhand einer Arbeitsmarktanalyse identifizierte das Projektteam die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und die erforderlichen Fähigkeiten, die potenzielle Arbeitskräfte mitbringen müssen. Gemeinsam mit privaten Schulungsanbietern wurden entsprechende Fortbildungen entwickelt und mit staatlichen Berufsbildungszentren und dem Ministerium für Arbeit und Soziales abgestimmt. Arbeitssuchende finden ein Angebot von Kursen über einen oder drei Monate und können in Schulwerkstätten und Schulbetrieben praktisches Wissen erwerben. Bis zum Ende des Projektes sollen 6.000 Menschen an beruflichen Qualifizierungen teilnehmen.

Unternehmer- und Managementkurse unterstützen Inhaber kleiner und mittlerer Unternehmen, Potenziale ihrer Betriebe zu erkennen und neue Absatzmärkte oder Produkte zu finden. Bis zu 800 Interessenten haben die Möglichkeit an Wochenendseminaren teilzunehmen, wo sie für Start-ups die wesentlichen Grundlagen der Unternehmensgründung vermittelt bekommen.

In sechs Gemeindezentren bietet die Nicht-Regierungsorganisation Harikar als Partner der GIZ Rechtsberatung, psychosoziale Unterstützung und zahlreiche Aktivitäten für die Menschen aus den Camps und den aufnehmenden Gemeinden an. Auf dem Programm stehen Näh-, Computer-, Alphabetisierungs- oder Englischkurse. Sozialarbeiterinnen in den Zentren sind vor allem für junge Mädchen und Frauen Ansprechpartnerinnen bei Problemen und unterstützen sie durch die Verweisung an Trauma-experten, zu denen die Frauen sonst keinen Zugang hätten.

Diese Aktivitäten werden künftig noch professioneller wahrgenommen. Sport-, Kultur- und Dialogveranstaltungen wird Harikar für 25.000 Menschen in Camps und aufnehmenden Gemeinden organisieren. Dabei kommen die betroffenen Menschen nicht nur selbst zu Wort, sie nehmen aktiv an der Durchführung teil. Auch die Organisation Friends of Waldorf bietet als Partner der GIZ Schulungen für Lehrer, Eltern und Gemeindevertreter zur Notfallpädagogik an. In der Universität Dohuk werden derzeit Studierende zu Konflikt-beratern ausgebildet. Diese sollen künftig dazu beitragen, Konflikte in ihrer Gemeinde zu lösen. (Projekt Bessere Chancen für alle, giz)

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu seiner Schulbildung und seiner beruflichen Tätigkeit im Irak, zu seiner illegalen Einreise sowie zu seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren und den Verwaltungsakten. Die Feststellungen zu den Wohnorten seiner Onkel und Tanten im Irak ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und vor dem BFA. Es ist kein Grund ersichtlich, daran zu zweifeln.

Die Feststellungen betreffend die Teilnahme an Deutschkursen und Deutschprüfungen, ergeben sich aus den entsprechenden Dokumenten. Auch die Feststellungen über die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus diesbezüglichen Bestätigungen. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Seite 3 des Verhandlungsprotokolls). In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer lediglich vor, dass er vergesslich sei. Soweit der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme eine Zeitbestätigung vom 14.05.2018 eines Neurologischen Zentrums vorlegte, ergibt sich daraus keinerlei Diagnose einer etwaigen Erkrankung des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer legte bis zum Entscheidungszeitpunkt auch keinerlei Dokumente vor, die eine Erkrankung des Beschwerdeführers belegen würden.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem eingeholten Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug, jeweils vom 27.08.2018.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass in seiner Heimatregion Konflikte zwischen allen möglichen Kriegsparteien ausgetragen und auf Zivilisten keine Rücksicht genommen würde. Da es keine Sicherheit mehr im Irak gebe, habe er seine Heimat verlassen (AS 9). In der Einvernahme vor dem BFA änderte der Beschwerdeführer seinen Fluchtgrund ab und behauptete er hier nun, dass er 2011 für ein amerikanisches Unternehmen gearbeitet habe, 2014 ein Kollege vom IS getötet worden sei, der Name des Beschwerdeführers auf einer Liste des IS stünde und er in Bagdad von Milizen bedroht worden sei (AS 69 und 71). Schon auf Grund dieser Auswechslung des Fluchtgrundes ist es nicht glaubhaft, dass es die vor dem BFA genannten fluchtauslösenden Ereignisse tatsächlich gegeben hat. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, allerdings ist eine generelle Aufnahme der antragsbegründenden Fluchtgründe auch im Rahmen der Befragung nach § 19 Abs. 1 AsylG möglich. Zweck der Bestimmung, bei Befragungen durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht auf die näheren Fluchtgründe einzugehen, ist, dass gerade Flüchtlinge Schwierigkeiten haben könnten, sich hierzu gegenüber einem uniformierten Staatsorgan - vor dem sie möglicherweise erst vor kurzem aus ihrem Herkunftsstaat geflohen sind - zu verbreitern (vgl. Erläuterungen zur RV, 952 Blg NR XXII. GP). Dass dies hier der Fall ist, ist jedoch nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer hat in der folgenden Einvernahme vor dem BFA nämlich keine Verfolgung seitens staatlicher Organe geltend gemacht. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung einen anderen Fluchtgrund darlegt als in der folgenden Einvernahme vor dem BFA. Der Beschwerdeführer konnte auch nicht plausibel erklären, weshalb er die vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht genannten Gründe nicht schon bei der polizeilichen Befragung angegeben hat. Er meinte dazu nur, er hätte nicht gewusst, dass er dort alles genau schildern müsse. Er habe gedacht, dass es nur eine kurze Befragung über ihn sein werde und alles andere noch kommen würde (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Dazu ist jedoch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer kurz nach seiner illegalen Einreise in Österreich von der Polizei zu seinem Antrag befragt wurde, wo er folglich nicht wissen kann, wie ein Asylverfahren in Österreich abläuft. Die Behauptung, es wäre nur eine kurze Befragung und alles andere würde noch kommen, erscheint daher als Ausrede, die der Beschwerdeführer heranzieht, um seine fehlenden Angaben in der Erstbefragung als doch noch glaubhaft erscheinen zu lassen. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer, wenn er zu seinem Fluchtgrund befragt wird, dann seine tatsächlichen Gründe - wenn auch in wenigen Worten - umschreibt. Wenn der Beschwerdeführer sich daher in der Erstbefragung bloß auf die Sicherheitslage im Irak zurückzieht, muss geradezu angenommen werden, dass dies sein tatsächlicher Ausreisegrund ist und die Angaben in der Einvernahme vor dem BFA, die zu einem Zeitpunkt erfolgten, wo der Beschwerdeführer bereits Kontakt zu anderen Asylwerbern hatte und daher über den Ablauf eines Asylverfahrens und über erfolgversprechende Angaben in einem Asylverfahren informiert ist, nicht den Tatsachen entspricht. Den in der Erstbefragung noch unbefangen gemachten Angaben kommt daher mehr Glaubwürdigkeit zu als jenen in der Einvernahme vor dem BFA. Diese Einschätzung wird auch dadurch verstärkt, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, seinen vor dem BFA geschilderten Fluchtgrund in der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übereinstimmend zu schildern und führt letztlich dazu, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, seinen vorgebrachten Fluchtgrund glaubhaft zu machen.

Bevor näher auf die Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eingegangen wird, ist noch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde als Fluchtgrund eine Verfolgung durch Taliban wegen seiner Tätigkeit für ein näher genanntes amerikanisches Unternehmen behauptet und auch seinem Vater von den Taliban mit dem Tod gedroht worden sei. Sofern in einer Beschwerdeergänzung mitgeteilt wird, es handle sich dabei um einen Irrtum und die Milizen sowie der IS würden den Beschwerdeführer verfolgen, kann dem insofern nicht gefolgt werden, als in der Beschwerde zudem nämlich mehrfach vom Irak, Erbil und Bagdad die Rede ist, weshalb von einer irrtümlichen Nennung der Taliban nicht ausgegangen werden kann. Eine irrtümliche Nennung der Taliban könnte nur dann angenommen werden, wenn in der Beschwerde auch von Afghanistan die Rede wäre, denn diesfalls müsste davon ausgegangen werden, dass offenbar ein falsches Beschwerdemuster verwendet worden ist. Da dies hier nicht der Fall ist, sprechen somit auch die Angaben in der Beschwerde gegen eine Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers.

Als der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nach seinem Fluchtgrund befragt wurde, war er nicht in der Lage ein plastisches Bild einer ihm drohenden Verfolgung zu zeichnen. Er schilderte in wenigen Sätzen völlig unzusammenhängend Ereignisse und gab schließlich an, wegen der schlechten Lage in Bagdad den Irak verlassen zu haben. Die Tötung seines ehemaligen Arbeitskollegen erwähnte der Beschwerdeführer erst gar nicht. Erst durch mühsames Nachfragen konnte der Beschwerdeführer dazu bewegt werden, ein etwas konkreteres Vorbringen zu erstatten. Dies erwies sich jedoch letztlich als widersprüchlich zu seinen Angaben vor dem BFA, weshalb ihm eine Glaubhaftmachung seines Fluchtvorbringens nicht gelungen ist.

So konnte der Beschwerdeführer etwa nicht übereinstimmend angeben, wann sein Kollege vom IS getötet worden sei. Vor dem BFA gab er dazu an, dass dies "etwa im Mai 2014" gewesen wäre. In der mündlichen Verhandlung gab er zunächst völlig unkonkret an, dass es in jenem Zeitraum gewesen sei, als der IS in den Ort gekommen sei. Auf Nachfrage erklärte er, er wisse es nicht genau. Entweder sei es März oder April gewesen (AS 71 und Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hielt ihm seine unterschiedlichen Zeitangaben vor und gab ihm mit ihrer Frage, ob er sich damals [gemeint: Einvernahme vor dem BFA] habe besser erinnern können, auch gleich die von ihr gewünschte Antwort vor. Der Beschwerdeführer hat dann auch - wie es ihm von seiner Rechtsvertreterin suggeriert wurde - entsprechend geantwortet und gemeint, früher hätte er mehr Erinnerung gehabt (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls). Dass eine solche Beeinflussung seitens der Rechtsvertreterin das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft erscheinen lässt, liegt auf der Hand. Davon abgesehen konnte der Beschwerdeführer aber selbst in der Einvernahme vor dem BFA, die zeitlich viel näher zu besagtem Ereignis war, nicht konkret angeben, wann sein Kollege getötet worden sei. Auch dort war er nur in der Lage ungefähre Zeitangaben zu machen. Auch dies spricht gegen eine Glaubhaftmachung des Vorbringens.

Der Beschwerdeführer schilderte auch, dass sein Name auf einer Liste des IS stünde, die auf einer Moschee angebracht worden sei. Übereinstimmend angeben konnte der Beschwerdeführer nur, dass diese Liste auf der Moschee in XXXX angebracht worden sei. Alle anderen Angaben zu diesem Vorfall waren jedoch widersprüchlich, weshalb der Beschwerdeführer auch dieses Vorbringen nicht glaubhaft machen konnte. So gab er vor dem BFA an, dass ihm sein Cousin erzählt habe, der Beschwerdeführer stünde auf dieser Liste, was der Cousin wiederum von Anwohnern aus XXXX erfahren hätte (AS 69). Dagegen behauptete der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht, er habe diese Information von einem Bekannten erhalten, der selbst in XXXX gelebt habe. Auf den Vorhalt, dass er vor dem BFA vom Cousin gesprochen habe, vor dem Bundesverwaltungsgericht aber von einem Bekannten spreche, meinte der Beschwerdeführer, er habe damit seinen Cousin väterlicherseits gemeint und "wir bezeichnen diese auch als Bekannte". Zu überzeugen vermag diese Antwort nicht, zumal keineswegs nachvollzogen werden kann, weshalb ein Verwandter als bloßer Bekannter bezeichnet werden sollte. Aber selbst wenn man dieser Antwort Glauben schenken sollte, bleibt dennoch der unauflösbare Widerspruch bestehen, wonach der Cousin/Bekannte diese Informationen von Anwohnern aus XXXX erhalten habe bzw. selbst in XXXX wohnen würde, wo die Liste ausgestellt gewesen sei (Seiten 8 und 14 des Verhandlungsprotokolls).

Hinsichtlich der nachfolgenden Ereignisse gab der Beschwerdeführer wiederum nur übereinstimmend an, dass er sich dann auf den Stützpunkt begeben habe, wo er einmal für das amerikanische Unternehmen gearbeitet habe. Vor dem BFA erklärte er dazu, dass er seine Eltern, seinen Bruder, dessen Familie und den Onkel zum Stützpunkt mitgenommen habe, wo sie sich etwa 15 Tage aufgehalten hätten. Danach sei der Stützpunkt vom IS angegriffen und bombardiert worden (AS 69). Demgegenüber sprach er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht davon, dass er sich dort mit seiner Familie etwa 20 Tage aufgehalten habe, danach sei der IS weiter vorgerückt und habe begonnen, das Viertel einzunehmen. Die widersprüchlichen Angaben hinsichtlich der Dauer des Aufenthalts hielt dem Beschwerdeführer auch seine Rechtsvertreterin vor. Allerdings gab sie ihm mit ihrer Fragestellung auch gleich wieder vor, wie er zu antworten habe. Sie frage ihn nämlich, ob er sich damals [bei der Einvernahme vor dem BFA] besser erinnern habe können. Der Beschwerdeführer folgte sodann auch dieser Vorgabe und erklärte, dass man mit der Zeit viel vergesse. Er habe auch gesagt, dass es ungefähre Angaben seien, weil er es nicht mehr genau wisse. Der Beschwerdeführer bemühte dann auch Probleme mit seinem Gedächtnis und erklärte, er besuche einen Arzt, weil er sehr vergesslich geworden sei. Dazu ist jedoch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer diese Behauptung nicht belegte und auch zu Beginn der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob er in ärztlicher Behandlung sei oder Medikamente nehme, dass er gesund sei und in der Lage sei, die an ihn gerichteten Fragen zu beantworten. Es wird davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, er sei sehr vergesslich geworden, bloß versucht, seinen widersprüchlichen Angaben als doch noch glaubhaft erscheinen zu lassen, der Beschwerdeführer aber in Wahrheit deshalb keine übereinstimmenden Angaben machen kann, weil die behaupteten Ereignisse nicht stattgefunden haben. Dass es sich bei dem Vorbringen, vergesslich zu sein, um eine Schutzbehauptung handelt, spricht auch, dass der Beschwerdeführer keine ärztliche Bestätigung vorlegte, die sein Vorbringen, er besuche deswegen "zur Zeit" einen Arzt, vorgelegt hat. Der Beschwerdeführer legte zwar nach der mündlichen Verhandlung eine Zeitbestätigung einer neurologischen Ambulanz vor, diese datiert jedoch vom 14.05.2018, die mündlichen Verhandlung fand jedoch am 07.05.2018 statt. Aus der Zeitbestätigung geht darüber hinaus auch keinerlei Diagnose hervor und der Beschwerdeführer legte auch bis zum Entscheidungszeitpunkt keinen Arztbericht vor, die seine Behauptung stützen würde. Es wird daher davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, vergesslich zu sein, lediglich versucht, eine Erklärung für seine widersprüchlichen Angaben zu bieten. Abgesehen davon handelt es sich bei seinem Vorbringen, dass er sich auf einem Militärstützpunkt aufgehalten habe, der dann vom IS bombardiert worden sei, um jenes schwerwiegende Ereignis, das ihn dazu veranlasste, seinen Heimatort zu verlassen und nach Bagdad zu gehen. Dass der Beschwerdeführer dann nicht einmal übereinstimmend angeben kann, wie lange er sich auf dem Militärstützpunkt aufgehalten haben will, erscheint unter diesem Gesichtspunkt völlig unplausibel (Seiten 3, 9 und 14 des Verhandlungsprotokolls).

Auch zum nachfolgenden Aufenthalt in Bagdad ergaben sich erhebliche Diskrepanzen, weshalb dem Beschwerdeführer auch diesbezüglich keine Glaubhaftmachung gelungen ist. Schon in der Einvernahme vor dem BFA ergaben sich in zeitlicher Hinsicht unauflösbare Widersprüche im Vorbringen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer reiste am 25.01.2015 legal aus dem Irak aus, was sich aus einem Ausreisestempel in seinem Reisepass ergibt. Er erklärte, dass er die letzten vier bis fünf Monate vor seiner Ausreise aus dem Irak in Bagdad gelebt habe, was somit ab ca. Ende August oder Ende September 2014 gewesen sei. Dazu in Widerspruch stehen jedoch seine Angaben zum Ausreisegrund. Dazu meinte er nämlich, dass es ca. im Juni 2014 einen Angriff auf ein Camp (den Militärstützpunkt) gegeben habe, wo sich der Beschwerdeführer mit seiner Familie befunden habe, woraufhin sie - im Juni 2014 - nach Bagdad gegangen seien. Dies ergibt somit eine zeitliche Lücke von zwei bis drei Monaten. Auf den Vorhalt seines Widerspruchs meinte der Beschwerdeführer dann, dass er im August 2014 wegen seines Studiums in Erbil gewesen sei, etwa einen Monat geblieben und dann nach Bagdad zurückgekehrt sei. Dennoch bleibt aber weiterhin eine Lücke von einem bzw. zwei Monaten bestehen, die der Beschwerdeführer damit nicht aufgeklärt hat (AS 69 und 71). Schon auf Grund dieser Abweichungen ist es nicht glaubhaft, dass es die vom Beschwerdeführer behaupteten Ereignisse tatsächlich gegeben hat.

Zu dem Aufenthalt in Erbil schilderte der Beschwerdeführer keinerlei Probleme. Er gab an, er sei einen Monat dort gewesen und dann nach Bagdad zurückgekehrt (AS 71). In der Beschwerdeergänzung vom Jänner 2017 führte der Beschwerdeführer aus, dass er seinen Aufenthalt in Erbil um zwei Tage überzogen hätte, weshalb der dort lebende Onkel massive Schwierigkeiten durch die dortigen Behörden bekommen hätte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer zu seinem Aufenthalt in Erbil im August 2014 nicht mehr an, dass sein Onkel Probleme bekommen hätte (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls). Es ist daher auch nicht glaubhaft, dass der Onkel des Beschwerdeführers tatsächlich Probleme bekommen haben soll.

Auch zur beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers machte dieser unterschiedliche Angaben. Vor dem BFA gab er an, er habe von seiner Arbeit als Mechaniker bzw. als Techniker für Stromaggregate gelebt, was nahelegt, dass er diese Arbeit für längere Zeit ausgeübt hat. Außerdem sei er von seinem Bruder unterstützt worden (AS 63). Vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte er, im Jahr 2011 bei einem amerikanischen Unternehmen gearbeitet zu haben. Im Jahr 2012 habe er auch für ca. acht Monate in einem Handyshop gearbeitet (Seiten 5 und 6 des Verhandlungsprotokolls). Die Tätigkeit im Handyshop erwähnte der Beschwerdeführer vor dem BFA noch nicht. Es sprechen daher auch diese unterschiedlichen Angaben gegen eine Glaubhaftmachung.

In der Einvernahme vor dem BFA am 19.02.2016 gab der Beschwerdeführer auch an, dass seine Eltern noch im Stadtteil XXXX in Bagdad leben würden und nannte auch die genaue Adresse. Weiters gab er an, dass auch er dort vor seiner Ausreise gelebt habe (AS 65). Damit hätten die Eltern noch im Februar 2016, also über ein Jahr nach der Ausreise des Beschwerdeführers, an dieser Adresse gelebt. In seiner Beschwerdeergänzung vom März 2017 führte der Beschwerdeführer zu den Aufenthaltsorten seiner Familie an, dass sein Bruder XXXX, der im XXXX arbeite an, bis Ende 2014 eine Wohnung gehabt habe, die vom XXXX bereitgestellt worden sei. Der Bruder lebe mittlerweile in einer privaten Wohnung in Bagdad. Diese Angaben in der Beschwerdeergänzung und vor dem BFA legen nahe, dass der Beschwerdeführer mit seinen Eltern in einer anderen Wohnung gelebt habe als der Bruder (mit dessen Familie). Damit nicht in Einklang zu bringen sind jedoch die Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Hier erklärte er nämlich, dass er mit seinen Eltern und seinem Bruder in einer Wohnung gelebt habe (Seiten 9 und 11 des Verhandlungsprotokolls). Der Beschwerdeführer gab auch in der mündlichen Verhandlung an, dass kurze Zeit nach seiner Ausreise aus dem Irak die Wohnung an jemand anderen vermietet worden sei und der Bruder - bevor dieser das Land verlassen habe - für die Mutter eine kleine Wohnung für eine Person gemietet habe (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Da der Bruder für die Mutter alleine eine Wohnung gemietet habe, muss dies wohl nach dem Tod des Vaters gewesen sein. Da der Vater des Beschwerdeführers ca. im August 2016 verstorben sei (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls), hätte der Bruder somit erst ab August 2016 eine Wohnung für die Mutter gemietet, weshalb von einer "kurzen Zeit" nach der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Irak im Jänner 2015 - eineinhalb Jahre - nicht gesprochen werden kann. Auch diese Angaben des Beschwerdeführers sind daher unplausibel.

Außerdem brachte der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Rückkehrbefürchtung Ereignisse im Mai 2016 vor. Dazu führte er aus, dass Milizen das Haus der Familie in Bagdad gestürmt und nach dem Beschwerdeführer gesucht hätten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Vater des Beschwerdeführers bereits tot gewesen. Dies widerspricht nun aber der Behauptung des Beschwerdeführers, sein Vater sei im August 2016 verstorben und zwar in der Woche, in der er den negativen Bescheid des BFA erhalten hätte. Auch diese widersprüchlichen Angaben wurden dem Beschwerdeführer vorgehalten, doch konnte er sie nicht aufklären. Er meinte nur, er wisse, dass sein Vater zum Zeitpunkt des Stürmens der Wohnung bereits verstorben gewesen sei. Die Monate könne er nicht genau nennen (Seiten 11 und 15 des Verhandlungsprotokolls). Auch dieser Erklärungsversuch vermag nicht zu überzeugen. Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer nicht wissen soll, wann sein Vater verstorben ist. Es ist damit vielmehr der Eindruck entstanden, dass der Beschwerdeführer keine wahren Begebenheiten schildert.

Zum Verbleib des Bruders XXXX machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben, die ebenso gegen eine Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschwerdeführers sprechen. In der Beschwerdeergänzung vom März 2017 gab der Beschwerdeführer nämlich an, dass sein Bruder in Kürze nach Jordanien übersiedeln werde. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er seit September 2017 nicht wisse, wo XXXX sei (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). In diesem Zusammenhang ist jedoch auf den (zweiten) Antrag des Beschwerdeführers auf unterstützte freiwillige Rückkehr zu verweisen, den der Beschwerdeführer am 13.10.2017 stellte. Im Antragsformular gab er nämlich als Kontaktperson am Zielort Bagdad seinen Bruder XXXX an und führte auch dessen Telefonnummer an (OZ 14). Es ist daher nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer seit September 2017 nicht wissen soll, wo sich sein Bruder aufhalte. Es wird daher vielmehr davon ausgegangen, dass der Bruder des Beschwerdeführers weiterhin in Bagdad lebt und es sich bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er wisse nicht, wo sein Bruder sei, eine bloße Schutzbehauptung ist. An dieser Stelle ist auch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer in diesem Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr auch angab, dass er nach Bagdad zurückkehren wolle und Bagdad sein Herkunftsort sei. Dies wurde dem Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vorgehalten, wo er nur meinte, er hätte gesagt, man solle ihn nach Bagdad zurückschicken, weil dort seine Mutter sei. Dies widerspricht jedoch den eindeutigen Angaben im Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr und ist daher nicht überzeugend.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf unterstützte freiwillige Rückkehr als "dringend" angeführt wurde, weil die Mutter des Beschwerdeführers im Koma liegen würde (OZ 14). Der Beschwerdeführer selbst gab jedoch in der mündlichen Verhandlung an, dass er deshalb habe zurückkehren wollen, weil seine Mutter einen Herzinfarkt gehabt hätte (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Der Beschwerdeführer stellte insgesamt zwei Mal Anträge auf unterstützte freiwillige Rückkehr und zog beide Anträge wieder zurück. Den ersten Antrag stellt er am 17.10.2016 und widerrief diesen im November 2016. Dazu in der mündlichen Verhandlung befragt, gab er an, er habe diesen Antrag gestellt, weil sein Vater verstorben sei. Er habe nicht weiter nachgedacht, sondern einfach zu seinem Vater gewollt. Dann sei er wieder zur Vernunft gekommen. Dazu ist nun festzuhalten, dass der Vater des Beschwerdeführers - laut Angaben des Beschwerdeführers - im August 2016 verstorben sei. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er hätte zum Vater gewollt, wäre es viel naheliegender, dass der Beschwerdeführer den Antrag zeitnah zum Tod des Vaters gestellt hätte. Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag aber erst im Oktober 2016 gesellt. Es ist daher nicht glaubhaft, dass der Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr in Zusammenhang mit dem Tod des Vaters steht (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls).

Weitere Widersprüche, die gegen eine Glaubhaftmachung sprechen, ergaben sich in Zusammenhang mit den Ereignissen während seines Aufenthalts in Bagdad. Der Beschwerdeführer gab dazu vor dem BFA an, dass es dort Milizen gebe und er Probleme gehabt habe, weil er aus Anbar käme. Der Beschwerdeführer schilderte dann aber nur einen einzigen Vorfall bei einer Kontrolle der Polizei. Dabei habe der dortige Soldat anhand des Ausweises des Beschwerdeführers erkannt, dass er aus Anbar komme. Der Soldat habe zu ihm nur gesagt, dass er Glück gehabt hätte, denn wenn er von den Milizen kontrolliert worden wäre, hätten sie ihn mitgenommen. Wann sich dieser Vorfall ereignet hätte, gab der Beschwerdeführer nicht an. Weitere Vorfälle schilderte der Beschwerdeführer nicht (AS 71). Vor dem Bundesverwaltungsgericht schilderte der Beschwerdeführer diesen Vorfall auch, jedoch meinte er hier, er sei von einem Polizisten kontrolliert worden, während er vor dem BFA von einem Soldaten sprach. Wann sich diese Kontrolle ereignet habe, konnte er nicht konkret angeben, sondern meinte nur, es sei Ende 2014 gewesen. Auch auf die Nachfrage, ob er ungefähr den Mon

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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