TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/15 W235 2170929-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.11.2018
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Entscheidungsdatum

15.11.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W235 2170929-1/2E

W235 2171256-1/2E

W235 2171250-1/2E

W235 2170928-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidungen der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 31.07.2017, Zl. Islamabad-OB/KONS/3007/2015, aufgrund der Vorlageanträge von 1. XXXX, geb. festgestellte Volljährigkeit, 2. XXXX, geb. festgestellte Volljährigkeit, 3. XXXX, geb. festgestellte Volljährigkeit, 4. XXXX, geb. festgestellte Volljährigkeit, alle StA. Afghanistan, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 15.05.2017, Zl. Islamabad-ÖB/KONS/3007/2015, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Unter Verwendung des vorgesehenen Befragungsformulars stellten der Erstbeschwerdeführer, der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin am 21.10.2015 sowie die Zweitbeschwerdeführerin am 21.12.2015 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Islamabad jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Die Beschwerdeführer, alle afghanische Staatsangehörige, brachten dazu vor, dass sie die Kinder von XXXX, geb. XXXX1958, seien, einer afghanischen Staatsangehörigen, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vomXXXX2015, Zl. XXXX, der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

Diesen Anträgen wurden folgende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie) beigelegt:

* Auszug aus dem afghanischen Reisepass des Erstbeschwerdeführers, dem das Geburtsdatum "XXXX1998" zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX06.2015 vom afghanischen Generalkonsulat in XXXX (Pakistan) mit der Nummer XXXX;

* Tazkira des Erstbeschwerdeführers samt deutscher Übersetzung, welcher betreffend Geburtsdatum und Alter der Vermerk "im Jahr 2015 17 Jahre alt (= 1998)" zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX05.2015 von der Generaldirektion für Einwohnerregistrierung der Provinz Kunduz, Distrikt XXXX, Dorf XXXX;

* Auszug aus dem afghanischen Reisepass der Zweitbeschwerdeführerin, dem das Geburtsdatum "XXXX2000" zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX06.2015 vom afghanischen Generalkonsulat in XXXX (Pakistan) mit der Nummer XXXX;

* Tazkira der Zweitbeschwerdeführerin ohne Übersetzung;

* Auszug aus dem afghanischen Reisepass des Drittbeschwerdeführers, dem das Geburtsdatum "XXXX2001" zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX06.2015 vom afghanischen Generalkonsulat in XXXX (Pakistan) mit der Nummer XXXX;

* Tazkira des Drittbeschwerdeführers samt deutscher Übersetzung, welcher betreffend Geburtsdatum und Alter der Vermerk "im Jahr 2005 14 Jahre alt (= 2001)" zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX05.2015 von der Generaldirektion für Einwohnerregistrierung der Provinz Kunduz, Distrikt XXXX, Dorf XXXX;

* Auszug aus dem afghanischen Reisepass der Viertbeschwerdeführerin, dem das Geburtsdatum "XXXX2001" zu entnehmen ist, ausgestellt amXXXX06.2015 vom afghanischen Generalkonsulat in XXXX (Pakistan) mit der Nummer XXXX;

* Tazkira der Viertbeschwerdeführerin samt deutscher Übersetzung, welcher betreffend Geburtsdatum und Alter der Vermerk "im Jahr 2005 14 Jahre alt (= 2001)" zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX05.2015 von der Generaldirektion für Einwohnerregistrierung der Provinz Kunduz, Distrikt XXXX, DorfXXXX;

* Bescheid vom XXXX2015, Zl. XXXX, mit welchem XXXX, geb. XXXX1958, der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde und

* Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX04.2015, aus welcher hervorgeht, dass XXXX im österreichischen Bundesgebiet über einen Hauptwohnsitz verfügt.

1.2. Bei der Stellung der verfahrensgegenständlichen Anträge vor einem Mitarbeiter der Österreichischen Botschaft Islamabad ist den Angaben der Beschwerdeführer Folgendes zu entnehmen:

Der Erstbeschwerdeführer gab zu Protokoll, er sei "um die 18 Jahre" alt. Sein Geburtsdatum sei der XXXX1998. Seine Schwester XXXX, die Zweitbeschwerdeführerin, sei 16 Jahre alt, seine anderen beiden Geschwister seien 14 Jahre alt. Gültige Reisedokumente oder einen Meldenachweis hätten sie nicht.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Zuge ihrer Befragung im Wesentlichen zu Protokoll, dass sie - abgesehen von einem Bruder, der bereits zwei Jahre zuvor Pakistan verlassen habe - drei weitere Geschwister habe, wobei sie mit 18 Jahren die Älteste von ihnen sei. Der Erstbeschwerdeführer, ihr Bruder XXXX, sei 17 Jahre alt und die Zwillinge [gemeint: der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin] seien 14 Jahre alt.

Der Drittbeschwerdeführer gab bei seiner Befragung zu Protokoll, er sei 14 Jahre alt, kenne sein Geburtsdatum aber nicht. XXXX, die Viertbeschwerdeführerin, sei gleich alt. XXXX, der Erstbeschwerdeführer, sei "um die 18 Jahre" alt. Das Alter von XXXX, der Zweitbeschwerdeführerin, kenne er nicht. Gültige Reisedokumente hätten sie nicht.

Die Viertbeschwerdeführerin gab ebenfalls an, sie kenne ihr Geburtsdatum nicht. Sie sei die Zwillingsschwester des Drittbeschwerdeführers und sohin 14 Jahre alt. Das Alter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin kenne sie nicht. Über gültige Reisedokumente würde sie nicht verfügen.

1.3. Aufgrund der bereits bei Antragstellung bestehenden Zweifel der mit der Entgegennahme der Anträge in der Österreichischen Botschaft Islamabad betrauten Mitarbeiter betreffend Minderjährigkeit (vgl. Note vom 21.10.2015: "3. All the sisters and brothers are more than 18 years old from the appearance an age determination and DNA test is required.") und/oder Abstammung von der Bezugsperson aller vier Beschwerdeführer erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Österreichischen Botschaft in Pakistan den Auftrag zur Durchführung einer Abstammungsuntersuchung sowie einer Altersfeststellung betreffend alle vier Beschwerdeführer.

Die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer unterzogen sich keiner Abstammungsuntersuchung, da sie den diesbezüglichen Termin unentschuldigt nicht wahrnahmen. Zu ihrer Abwesenheit gab der Erstbeschwerdeführer am 21.06.2016 vor einem Mitarbeiter der Österreichischen Botschaft Islamabad zu Protokoll, vor einem Monat hätten XXXX (= Zweitbeschwerdeführerin) und XXXX (= Drittbeschwerdeführer) Pakistan verlassen, um gemeinsam mit ihrer Tante und deren Kindern nach Europa zu ziehen. Er wisse nicht, wo sie sich derzeit aufhalten würden. Aufgrund ihres Status als Flüchtlinge hätten sie "Probleme" gehabt. Die "Feinde" hätten auch die Tante bedroht. Daher hätten sie fliehen müssen.

Das in der Folge eingeholte Gesamtgutachten des XXXX (Islamabad, Pakistan) über das Alter des Erstbeschwerdeführers (in englischer Sprache) vomXXXX10.2016, basierend auf den Untersuchungen vom XXXX10.2016, gibt an, dass sein "dental age" infolge einer zahnärztlichen Untersuchung auf über 18 Jahre geschätzt werde, sein äußeres Erscheinungsbild ("physical appearance") dem eines Mannes im Alter von 22 Jahren oder mehr entspreche und eine röntgenologische Untersuchung ein "bone age" von 24 Jahren oder mehr ergeben habe. Nach Anführung dieser drei Untersuchungsergebnisse findet sich im Gutachten der Satz: "Keeping in view the above results it is concluded that Mr. XXXX is 24 years of age or more."

Das Gesamtgutachten desXXXX (Islamabad, Pakistan) über das Alter der Viertbeschwerdeführerin (in englischer Sprache) vom XXXX10.2016, basierend auf den Untersuchungen vom XXXX10.2016, gibt an, dass ihr "dental age" auf über 18 Jahre geschätzt werde, ihr äußeres Erscheinungsbild ("physical appearance") dem einer Frau im Alter von 18 bis 20 Jahren oder mehr entspreche und eine röntgenologische Untersuchung ein "bone age" von 19 bis 20 Jahren ergeben habe. Nach Anführung dieser drei Untersuchungsergebnisse findet sich im Gutachten der Satz: "Keeping in view the above results it is concluded that Ms. XXXX is 19 - 20 years of age."

1.4. Mit Schreiben vom 06.04.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekannt, dass eine Gewährung des Status der subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Beschwerdeführer volljährig seien und damit die Eigenschaft als Familienangehörige nach § 35 Abs. 5 AsylG nicht erfüllen würden.

In der diesem Schreiben beigelegten Stellungnahme führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründend aus, dass gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten Familienverhältnisses im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG bestünden, da aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens hervorgehe, dass die Beschwerdeführer bei Antragstellung das 18. Lebensjahr bereits vollendet hätten und sie sohin zum prüfungsrelevanten Zeitpunkt nicht mehr minderjährig gewesen seien. Bei den vorgelegten Dokumenten werde sohin davon ausgegangen, dass es sich entweder um Fälschungen handle oder diese unter Angabe falscher Daten ausgestellt worden seien.

In Bezug auf den Erstbeschwerdeführer führte das Bundesamt weiter aus, dass die Mitarbeiter der Botschaft sein Alter nach seinem Erscheinungsbild bereits bei der Antragstellung auf über 18 Jahre geschätzt hätten. Die genetische Verwandtschaft mit Frau XXXX (Mutter) sei anhand einer DNA Untersuchung der Forensischen DNA - Zentrallabor GmbH der Medizinischen Universität XXXX nachgewiesen worden. Nach dem Ergebnis einer Altersfeststellung vom XXXX10.2016 im XXXX in Islamabad, bei der sein Erscheinungsbild, seine Knochen (Röntgen) und seine Zähne untersucht worden seien, sei der Erstbeschwerdeführer allerdings 24 Jahre oder älter. Da der Erstbeschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung sohin volljährig gewesen sei, bestehe keine Familieneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG.

Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin hielt das Bundesamt fest, dass sie am Tag der Antragstellung angegeben habe, bereits 18 Jahre zu sein und behauptet habe, sie sei die ältere Schwester des Erstbeschwerdeführers, welchem ein Alter von mindestens 24 Jahren bescheinigt worden sei. Im völligen Widerspruch dazu stünden die nicht beglaubigten Dokumente, denen das Geburtsdatum "XXXX2000" zu entnehmen sei. Laut einem Schreiben der Österreichischen Botschaft Islamabad vom XXXX06.2016 sei sie für einen DNA Test nicht mehr greifbar gewesen und sei ihr Aufenthalt unbekannt. Sohin bestehe die begründete Annahme, dass sie volljährig sei.

Betreffend den Drittbeschwerdeführer wurde begründend festgehalten, dass dieser bereits von Mitarbeitern der Botschaft als über 18 Jahre eingeschätzt worden sei, er sich jedoch ebenfalls wie die Zweitbeschwerdeführerin dem DNA - Test entzogen habe und sein Aufenthaltsort unbekannt sei. Da er aber angegeben habe, der Zwillingsbruder der Viertbeschwerdeführerin zu sein, sei auf deren Untersuchungsergebnisse zu verweisen und anzunehmen, dass er volljährig sei.

Zur Viertbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass zwar ihre Abstammung von der Bezugsperson medizinisch bestätigt worden sei, allerdings sei ihr Alter von den Mitarbeitern der Botschaft auf über 18 Jahre geschätzt worden und habe sich dieser Eindruck im Zuge der Altersfeststellung durch Untersuchungen des äußeren Erscheinungsbildes, der Knochen (Röntgen) und Zähne bestätigt. Demnach sei sie 19 bis 20 Jahre alt und sohin volljährig.

1.5. Dies teilte die Österreichische Botschaft Islamabad den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 25.04.2017 mit und forderte sie zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche auf.

Die Beschwerdeführer erstatteten durch ihre ausgewiesene Vertreterin am 11.05.2017 eine Stellungnahme und führten im Wesentlichen aus, sämtliche Beschwerdeführer seien im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig gewesen. Über die Ergebnisse der im Zuge der Altersfeststellung durchgeführten Untersuchungen seien sie nicht informiert worden. Folglich hätten sie keine Möglichkeit gehabt, eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben. In diesem Zusammenhang wurde auf die in § 11 FPG normierten Minimalanforderungen an ein geordnetes rechtsstaatliches Verfahren (unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.09.2011, Zl. 2010/21/0344) sowie auf die Bedeutung der Einräumung von Parteiengehör im Botschaftsverfahren (unter Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2016, Zl. W205 2133430, vom 30.06.2016, Zl. W205 2104743 und vom 10.06.2016, W205 2014415 sowie auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.03.2016, Zl. Ro 2015/18/0002) verwiesen. Demnach müsse es den Antragstellern ermöglicht werden, ein zweckentsprechendes, zielgenaues Vorbringen zur Einschätzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes zu erstatten. In den gegenständlichen Verfahren sei dies aber nicht der Fall, da die Ergebnisse der medizinischen Untersuchungen in Bezug auf das Alter nicht offengelegt und dem Parteiengehör nicht zugänglich gemacht worden seien. Zur Verletzung des Parteiengehörs durch Unterlassung der Zustellung der Gutachten über die Altersfeststellung wurde auch auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.07.2015, Zl. W211 2011832 verwiesen. In der Folge wurde die Übermittlung der Ergebnisse der zur Altersfeststellung durchgeführten Untersuchungen beantragt, da andernfalls die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt würden.

Ferner wurde ausgeführt, es erscheine willkürlich, dass im Asylverfahren das Vorbringen der Bezugsperson, welches auch das Alter der Beschwerdeführer umfasst habe, vom Bundesamt als glaubhaft erachtet worden sei, während im gegenständlichen Verfahren von der Unrichtigkeit derselben Angaben ausgegangen werde. Darüber hinaus könne nicht aus den Ergebnissen medizinischer Untersuchungen geschlossen werden, dass es sich bei den Reisepässen um Totalfälschungen handle. Diese Argumentation stelle keine umfassende Würdigung unter Wahrung des Objektivitätsgrundsatzes dar und sei sohin als vorgreifende, damit unzulässige, Beweiswürdigung zu qualifizieren. Zudem wäre es geboten gewesen, die Antragsteller bei Zweifeln hinsichtlich ihres Alters ergänzend zu befragen. Im Übrigen sei eine Zusammenführung mit der leiblichen Mutter auch nach Art. 8 EMRK geboten und sei auf den Umstand hinzuweisen, dass die Beschwerdeführer weiterhin große Angst vor Zwangsverheiratung sowie vor Verfolgung hätten.

2. Mit den Bescheiden der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 15.05.2017, Zl. Islamabad-ÖB/KONS/3007/2015, wurden sämtliche Anträge der vier Beschwerdeführer auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.

3. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin am 09.06.2017 fristgerecht Beschwerden wegen grober Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde nach Wiederholung des Verfahrensganges sowie des in der Stellungnahme vom 11.05.2017 erstattete Vorbringen ausgeführt, dass nach § 15 Abs. 1 Z 6 AsylG gesetzlich vorgesehen sei, vor der Anordnung einer medizinischen Altersuntersuchung ein Ermittlungsverfahren zu führen, um herauszufinden, ob es andere Mittel zur Altersbestimmung gebe, denen der Vorrang einzuräumen wäre. Die Altersdiagnose sei lediglich ultima ratio. In den gegenständlichen Fällen sei hingegen umgekehrt vorgegangen worden, da der Erstbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin zunächst zu nicht näher bekannten medizinischen Untersuchungen geschickt worden seien und - erst danach - aufgrund der nicht näher bekannten Ergebnisse ihre Reisepässe sowie ihre Tazkira als "Totalfälschungen" qualifiziert worden seien. Des Weiteren wurde auch auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.2017 zu W235 2150423 verwiesen und ausgeführt, dass in diesem ähnlich gelagerten Fall der Bescheid der Botschaft aufgehoben und zurückverwiesen worden sei. Darüber hinaus wurde auf Art. 1 BVG Kinderrechte und auf die UN Kinderrechtekonvention verwiesen. Demnach sei bei Zweifeln bezüglich des Alters jedenfalls das jüngst mögliche anzunehmen. Auszugsweise wurde der Bericht des Separeted Children in Europe Programme (SCEP) zitiert. In den Auszügen ist unter anderem folgende Passage zu finden: "If age assessment examinations are applied and the age range includes the minor age, the precise date of birth to be recorded in the child's file shoud be the one declared by him/her. In case the child is not able to indicate his/her birth date, the lowest value in the range should be selected. In any case, if any documentary proof of age emerges at any point in time, this should override any previous result recorded on the basis of medical or other exams."

Betreffend die Zweit-, den Dritt- und die Viertbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, das Bundesamt sei zu dem Ergebnis gekommen, dass alle drei Geschwister gleich alt seien (geb. jeweils am XXXX1997). Dies sei nicht nur unschlüssig, sondern stehe auch im Widerspruch zu den vorgelegten Dokumenten. Ferner sei das Alter des Drittbeschwerdeführers dem Alter der Viertbeschwerdeführerin angepasst worden, da es als glaubwürdig erachtet worden sei, dass sie Zwillinge seien. Der Drittbeschwerdeführer sei jedoch zu keinem Zeitpunkt untersucht worden. Die Begründung des Bescheides lasse zudem konkrete Erwägungen zur Echtheit der Reisepässe vermissen. Zu den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, sie habe lediglich aufgrund ihrer Nervosität und der Anspannung angegeben, 18 Jahre alt zu sein. Dies werde nunmehr ausdrücklich bestritten. Zudem sei es unschlüssig, dass gerade die Jüngste der vier Geschwister solch unrichtige Angaben gemacht habe. Auch aufgrund des Augenscheins hätte ausgeschlossen werden müssen, dass sie zum damaligen Zeitpunkt bereits 18 Jahre alt gewesen sei.

4. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 31.07.2017, Zl. Islamabad-OB/KONS/3007/2015, wies die Österreichische Botschaft Islamabad die Beschwerden gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Zur Begründung wurde nach Wiederholung des Verfahrensganges auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Vertretungsbehörde unabhängig von der Bindungswirkung ebenso wie das Bundesamt davon ausgehe, dass eine Familieneigenschaft im konkreten Fall nicht vorliege. Zur Altersfeststellung seien jeweils drei Gutachten (eine röntgenologische Untersuchung der Knochen, ein Panoramaröntgen der Zähne, eine körperliche Untersuchung) sowie ein gerichtsmedizinisches Gutachten, in welchem alle Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen miteinbezogen worden seien, vorgelegt worden. Die Untersuchungsergebnisse seien schlüssig und liege das Alter sowohl im Fall des Erstbeschwerdeführers als auch im Fall der Viertbeschwerdeführerin in keinem Gutachten unter 18 Jahren. Daher sei, auch wenn aus den vorgelegten Urkunden ein minderjähriges Alter hervorgehe, der Akt der Beweiswürdigung nicht zu beanstanden und stehe mit einer umfassenden Bewertung aller relevanten Faktoren im Sinne des Art. 17 Familienzusammenführungs-RL in Einklang. Davon abgesehen werde in der Beschwerde eingeräumt, dass die Beschwerdeführer zur Abgabe einer Stellungnahme zum Ergebnis der Altersfeststellung des XXXXaufgefordert worden seien. Folglich seien die Ausführungen betreffend die Verletzung des Rechts auf Parteiengehör nicht nachvollziehbar. Zur (lückenhaften) Zitierung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.07.2015, Zl. W211 2011832 sei zu ergänzen, dass es zur Wahrung des Parteiengehörs ausreichend sei, wenn die wesentlichen Teile des Gutachtens zur Altersfeststellung an die Partei übermittelt werden. Zudem seien im selben Erkenntnis vom Bundesverwaltungsgericht die Sicherheitsbedenken bezüglich der Bekanntgabe der die gutachterliche Stellungnahme verfassenden Ärztinnen und Ärzte akzeptiert worden; dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass den Beschwerdeführern das ausführende medizinische Institut von den Untersuchungen her bekannt gewesen sein müsse. Ferner werde verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Fragen der Beweiswürdigung und zu Fragen der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt werden muss. Die Rüge behördlicher Willkür im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Bezugsperson im früheren Antragsverfahren entbehre jeder Grundlage, da zum Zeitpunkt dieses Verfahrens eine Identitätskontrolle der Beschwerdeführer und somit eine Überprüfung der Angaben der Bezugsperson noch nicht möglich gewesen sei.

Es sei ferner nicht nachvollziehbar, dass das umfassende Ermittlungsverfahren der Behörde beanstandet werde, obwohl alle Möglichkeiten zur Erforschung der objektiven, materiellen Wahrheit herangezogen worden seien, zumal das XXXX als unparteiischer Sachverständiger zu qualifizieren sei. Im Hinblick auf die Unstimmigkeiten bei den Altersangaben sei in diesem Zusammenhang auch auf die im Antragsverfahren von der Zweitbeschwerdeführerin gemachten Angaben hinzuweisen, die mit den im Reisedokument ausgewiesenen Daten nicht übereinstimmen würden. Zu den Grundsätzen des Beweisverfahrens zähle unter anderem die Offizialmaxime und die Mitwirkungspflicht der Parteien. Letztere hätten die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer jedenfalls verletzt, indem sie sich dem Verfahren entzogen hätten. Folglich sei es der Behörde nicht möglich gewesen, die erforderlichen Ermittlungstätigkeiten zu ihrem Alter durchzuführen. Betreffend die Qualifikation der Reisepässe als Totalfälschungen wurde ausgeführt, dass die Reisedokumente auf Basis der Angaben in den Geburtsurkunden ausgestellt worden seien. Die Geburtsurkunden würden aber üblicherweise über keine Sicherheitsmerkmale verfügen. Dokumente, die zwar von einer Behörde nach den entsprechenden nationalen oder internationalen Vorschriften ausgestellt würden und als Dokument an sich "echt" seien, aber einen unrichtigen Inhalt beurkunden würden, bezeichne man als Lugurkunden.

Auch Art. 8 EMRK stehe der gegenständlichen Entscheidung nicht entgegen, da fremdenrechtlichen Vorschriften aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukomme und die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen würden. Im Hinblick auf die Situation des Erstbeschwerdeführers wurde ergänzend angemerkt, dass dieser laut medizinischem Gutachten 24 Jahre alt sei, weshalb die Kinderrechtskonvention nicht anzuwenden sei.

5. Am 14.08.2017 stellten die Beschwerdeführer durch ihre ausgewiesene Vertreterin gemäß § 15 VwGVG Vorlageanträge, in welchen auf die Beschwerden vom 09.06.2017 verwiesen wurde.

6. In der Folge übermittelte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die Niederschriften der Erstbefragung der Bezugsperson durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX2014 sowie ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX2015 aus ihrem eigenen Asylverfahren (Zl. XXXX).

Dem Protokoll über die am XXXX2014 erfolgte Erstbefragung ist zu entnehmen, dass die Bezugsperson nach eigenen Angaben über keine Ausbildung verfüge und Analphabetin sei. Zum Alter ihrer Kinder gab sie an, der Erstbeschwerdeführer sei ca. 16 Jahre alt, die Zweitbeschwerdeführerin sei ca. 15 Jahre alt und der Dritt- sowie die Viertbeschwerdeführerin seien ca. 13 Jahre alt. Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am XXXX2015 gab sie unter anderem zu Protokoll, sie habe ihre Kinder im Alter von 40, 41 und 43 Jahren bekommen - diese seien sohin 14 (Zwillinge), 16 und 17 Jahre alt. Im Alter von 22 bzw. 25 oder 26 Jahren habe sie bereits zwei Kinder bekommen, diese seien aber verstorben. Auf Nachfrage erklärte die Bezugsperson, nach dem Tod des zweiten Kindes sei es ihnen finanziell nicht sehr gut gegangen. Daher hätten sie und ihr Ehemann damit gewartet, weitere Kinder zu bekommen. Das Geld habe nicht gereicht und die Lebensmittelpreise seien sehr hoch gewesen. Die weiteren Angaben der Bezugsperson lassen sich der Niederschrift wie folgt entnehmen:

"F: Und warum wurde es, als Sie 40 Jahre alt waren, dann besser?

Die AW antwortet, dass es Krieg in Afghanistan gegeben hat ...

Zwei Mal wird die Frage wiederholt - aus [welchen Gründen] es dann plötzlich besser gegangen ist, die AW kann keine nachvollziehbare Antwort geben ...

A: Wir haben dann gemeinsam beschlossen, dass wir zwei, drei Kinder haben müssen

F: Aber Frau XXXX, ich verstehe das nicht - es hat sich nichts wesentliches verändert. Sie hätten 15 Jahre lang Kinder haben können und beschlossen gerade mit 40 Kinder zu haben ...?

A: Was hätte ich machen sollen, wer hätte sich um mich gekümmert, wenn Ehemann verstorben wäre ...? Ich wäre dann allein gewesen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Alle vier Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan. Bei der Österreichischen Botschaft Islamabad stellten der Erstbeschwerdeführer, der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin am 21.10.2015 sowie die Zweitbeschwerdeführerin am 21.12.2015 Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG. Die Beschwerdeführer waren im Zeitpunkt der Antragstellung am 21.10.2015 bzw. am 21.12.2015 bereits volljährig. Die Beschwerdeführer sind Geschwister, wobei der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin Zwillinge sind.

Als Bezugsperson wurde XXXX, geb. XXXX1958, StA Afghanistan, genannt, welche die (leibliche) Mutter aller vier Beschwerdeführer ist. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX2015, Zl. XXXX, der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

Im Zuge des Verfahrens unterzogen sich der Erstbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin am XXXX10.2016 Untersuchungen zur Altersfeststellung. In diesem Zusammenhang wird festgestellt, dass die Gutachten über das Alter des Erstbeschwerdeführers zum Ergebnis kommen, dass er zum Untersuchungszeitpunkt 24 Jahre oder älter war. Das Knochenröntgen ergab ein Alter von 24 Jahren oder mehr. Nach dem ärztlichen Allgemeingutachten war er (bezogen auf den Untersuchungszeitpunkt) 22 Jahre oder älter. Letztlich ergab auch das zahnmedizinische Gutachten ein Alter von mehr als 18 Jahren im Untersuchungszeitpunkt. Alle drei Gutachten kommen daher unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, dass der Erstbeschwerdeführer volljährig ist. Ebenso wird festgestellt, dass die Gutachten über das Alter der Viertbeschwerdeführerin zu dem Ergebnis kommen, dass sie im Untersuchungszeitraum 19 bis 20 Jahre alt war. Das Knochenröntgen ergab ein Alter von 19 bis 20 Jahren. Nach dem ärztlichen Allgemeingutachten war sie (bezogen auf den Untersuchungszeitpunkt) 18 bis 20 Jahre alt. Letztlich ergab auch das zahnmedizinische Gutachten ein Alter von über 18 Jahren. Auch in ihrem Fall kommen daher alle drei Gutachten zum Ergebnis, dass die Viertbeschwerdeführerin im Untersuchungszeitpunkt volljährig war.

Die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer entzogen sich dem Verfahren, indem sie nicht zu dem ihnen von der Behörde bekanntgegebenen Untersuchungstermin zur Abstammungsfeststellung erschienen. Ihr Aufenthaltsort war für die Behörde nicht feststellbar.

Im Zuge der Verfahren wurde den Beschwerdeführern vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass die Gewährung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten in Österreich nicht wahrscheinlich sei. Die Behörde räumte den Beschwerdeführern Parteiengehör zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein, indem sie in der Begründung sowohl die Ergebnisse der Altersfeststellungen betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin als auch die Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Zweitbeschwerdeführern und den Drittbeschwerdeführer sowie zahlreiche Widersprüche zwischen dem Vorbringen der Beschwerdeführer und den vorgelegten Urkunden festhielt. Hierzu brachten die Beschwerdeführer Stellungnahmen ein.

Das Bestehen eines berücksichtigungswürdigen Familienlebens zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson kann nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer sowie zu ihren Antragstellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der Österreichischen Botschaft Islamabad, insbesondere aus den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Unterlagen.

Ferner ergeben sich die Feststellungen zur Bezugsperson, zu ihrem in Österreich geführten Asylverfahren, insbesondere zur Zuerkennung des Status der Asylberechtigten, aus dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX2015, Zl. XXXX.

Die Feststellungen zur Abstammung aller vier Beschwerdeführer von der Bezugsperson (= Mutter) sowie zum Umstand, dass es sich beim Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführerin um Zwillinge handelt, gründen sich auf die dahingehend nachvollziehbaren (und in diesem - einzigen - Punkt widerspruchsfreien) Angaben sämtlicher Beschwerdeführer in Zusammenhalt mit dem Vorbringen der Bezugsperson im Zuge ihres eigenen Verfahrens über ihren Antrag auf internationalen Schutz (vgl. niederschriftliche Erstbefragung vom XXXX2014 und niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX2015). Im Fall des Erstbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin gründen sich diese Feststellungen ergänzend auf die - unbestritten gebliebenen - Ergebnisse ihrer Abstammungsuntersuchungen. Zudem erschließen sich die Feststellungen zu den getätigten Ermittlungen der Behörde, zu den durchgeführten Untersuchungen des Erstbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin, zu den eingeholten Gutachten zur Altersfeststellung und zum eingeräumten Parteiengehör ebenso aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Verwaltungsakt (insbesondere aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers vom 21.06.2016) die Feststellung betreffend den von der Zweitbeschwerdeführerin und dem Drittbeschwerdeführer nicht wahrgenommenen Untersuchungstermin sowie jene zu ihrem unbekannten Aufenthaltsort. Auch diese Umstände wurden in der Beschwerde nicht bestritten.

2.2. Zum Vorliegen der Volljährigkeit der Beschwerdeführer im Antragszeitpunkt:

Insoweit sämtliche Beschwerdeführer in der Beschwerde ausführten, sie seien im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig gewesen, was sich aus den vorgelegten Urkunden ergebe, ist dieses Vorbringen aufgrund folgender Widersprüche und Ungereimtheiten nicht glaubhaft:

Im Zuge seiner Befragung am 21.10.2015 durch einen Mitarbeiter der Österreichischen Botschaft Islamabad gab der Erstbeschwerdeführer jenes Geburtsdatum an, welches auch in seinem Reisedokument vermerkt ist, nämlich den XXXX1998. Allerdings gab er auf weitere Nachfrage zu Protokoll, er sei "um die 18 Jahre" ("around 18 years") alt, was im Hinblick auf das zuvor genannte Geburtsdatum "XXXX1998" nicht nachvollziehbar ist, zumal er nach diesem Datum im Zeitpunkt der Befragung noch nicht einmal 17 Jahre alt gewesen wäre. Aus dieser Antwort geht deutlich hervor, dass dem Erstbeschwerdeführer seine Volljährigkeit durchaus bewusst war, selbst wenn er sein genaues Geburtsdatum nicht kannte.

Auch die Angaben der Zweitbeschwerdeführerin, welche sie im Zuge ihrer Befragung zum gegenständlichen Antrag tätigte, können nicht nachvollzogen werden. So widerspricht ihre Behauptung, sie sei mit 18 Jahren die Älteste der vier Geschwister, nicht nur dem in ihrem Reisepass ausgewiesenen Geburtsdatum ("XXXX2000"), sondern auch den Angaben der Bezugsperson, wonach die Zweitbeschwerdeführerin ein Jahr jünger als der Erstbeschwerdeführer und sohin im Jahr 1999 geboren sei. Die Daten in ihrer Tazkira entziehen sich einer Überprüfung durch das Gericht, da eine deutsche Übersetzung nicht vorgelegt wurde. Nur der Vollständigkeit halber ist auf den Aktenvermerk der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 21.10.2015 zu verweisen, wonach sich aus ihrer Tazkira ein Alter von 16 Jahren ergebe, während sie laut Reisepass 15 Jahre alt sei. Auch in der Beschwerde konnten diese Widersprüche nicht logisch aufgelöst werden, sondern wurde lediglich - ohne näherer Begründung - in den Raum gestellt, dass die Zweitbeschwerdeführerin lediglich "aufgrund ihrer Nervosität und der Anspannung" angegeben habe, 18 Jahre alt zu sein. Aus welchen Gründen allerdings im Fall von "Nervosität und Anspannung" ein falsches Alter angegeben wird, lässt die Beschwerde jedoch offen, sodass festgehalten wird, dass die festgestellte Volljährigkeit der Zweitbeschwerdeführerin lediglich unsubstanziiert bestritten wurde. In diesem Zusammenhang ist auf einen weiteren, gravierenden Widerspruch zu verweisen. Betreffend die - bestrittene - Angabe der Zweitbeschwerdeführerin, sie sei 18 Jahre alt, wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass es "außerordentlich unnachvollziehbar" sei, dass gerade die Jüngste der vier Geschwister derlei unrichtige Angaben gemacht hätte. Allerdings ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass die Zweitbeschwerdeführerin weder gemäß ihren eigenen Angaben noch gemäß dem Vorbringen der Bezugsperson noch gemäß den vorgelegten (bedenklichen) Urkunden die "Jüngste der vier Geschwister" ist. Sohin geht diese Argumentation ins Leere. Sollte die Zweitbeschwerdeführerin allerdings gegenüber ihrer Vertreterin tatsächlich eine derartige Äußerung - sie sei die Jüngste der vier Geschwister" getätigt habe, ist dies wohl ein weiterer Hinweis auf die Unglaubwürdigkeit des Gesamtvorbringens der Zweitbeschwerdeführerin.

Hinzu kommt, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer dem Verfahren entzogen haben, indem sie zur Abstammungsuntersuchung unentschuldigt nicht erschienen sind und im Folgenden auch eine Altersfeststellung unterbleiben musste, da ihr Aufenthalt von der Behörde nicht festgestellt werden konnte. Der Erstbeschwerdeführer gab im Zuge seiner Befragung zur Abwesenheit dieser beiden Geschwister an, diese seien bereits mit ihrer Tante nach Europa geflüchtet. Das mangelnde Interesse an der Fortführung des Verfahrens deutet ebenso daraufhin, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin sowie der Drittbeschwerdeführer über die fehlenden Voraussetzungen zur Erteilung eines Visums - nämlich ihrer Minderjährigkeit - bewusst waren und sich daher vor Beendigung dieser Verfahrens wohl unrechtmäßig - ohne Einreiseerlaubnis - nach Europa begaben.

Zum Drittbeschwerdeführer und zur Viertbeschwerdeführerin ist ergänzend festzuhalten, dass die Angaben auf ihren Tazkira nicht korrekt sind, da ihnen der Vermerk "im Jahr 2005 14 Jahre alt (= 2001)" zu entnehmen ist. Vielmehr müsste aber das Geburtsjahr 1991 lauten, wenn davon ausgegangen wird, dass sie im Jahr 2005 14 Jahre alt gewesen seien. Sohin ist auch aufgrund dieser gravierenden Ungereimtheit davon auszugehen, dass die Daten auf den vorgelegten Dokumenten nicht korrekt sein können. Eine derart schwerwiegende Abweichung bzw. ein solcher Fehler hätte bei einer ordnungsgemäßen Ausstellung eines Dokuments dem ausstellenden Beamten jedenfalls auffallen müssen bzw. hätte dies dem Dritt- und der Viertbeschwerdeführerin spätestens bei Antragstellung auffallen müssen, wobei sie in der Folge eine Korrektur der Daten hätten veranlassen können. Dass dies erfolgt oder zumindest versucht wurde, wurde nicht vorgebracht. Nur am Rande ist diesbezüglich auszuführen, dass für den Fall, dass es sich tatsächlich (lediglich) um einen Schreib- oder Tippfehler (2005 statt 2015) von Behördenseite handeln sollte, darauf zu verweisen ist, dass wohl kaum derselbe Fehler in den Tazkira beider Beschwerdeführer aufscheint, wenn diese ordnungsgemäß ausgestellt worden wären.

Unschlüssig ist ferner, dass sämtliche Beschwerdeführer auszugsweise Kopien ihrer Reisepässe vorlegten, jedoch der Erstbeschwerdeführer, der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin bei ihren Befragungen angaben, keiner von ihnen würde über gültige Reisedokumente verfügen.

Von diesen Widersprüchen abgesehen hielten die Mitarbeiter der Österreichischen Botschaft Islamabad hinsichtlich sämtlicher Beschwerdeführer fest, dass sie dem äußeren Anschein nach volljährig seien und ergab sich dies im Fall des Erstbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin auch aus den Altersfeststellungsgutachten des XXXX.

Zur Ausführung in der Beschwerde, wonach das Bundesamt zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Zweit-, der Dritt- und die Viertbeschwerdeführerin gleich alt seien (nämlich am XXXX1997 geboren; vgl. "Zahl / Betreff" der Stellungnahme des Bundesamtes vom 06.04.2017), ist festzuhalten, dass nicht die Geburtsdaten, sondern die Volljährigkeit aller vier Beschwerdeführer festgestellt wurde. Die angeführten Geburtsdaten - betreffend den Erstbeschwerdeführer mit XXXX1992; betreffend die anderen drei Beschwerdeführer mit XXXX1997 festgesetzt - dienen lediglich der Verfahrensidentität und wurden wohl hinsichtlich des Erst- und der Viertbeschwerdeführerin aufgrund der Ergebnisse der Altersfeststellungen ("... 24 years of age or more" bzw. "... is 19 -20 years of age") festgesetzt. Aus welchen Gründen die Behörde auch für die Zweitbeschwerdeführerin das Geburtsdatum "XXXX1997" bestimmt hat - für den Drittbeschwerdeführer ergibt es sich schon denklogisch aus seiner Eigenschaft als Zwillingsbruder der Viertbeschwerdeführerin - entzieht sich der Kenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen wäre ein festgesetztes Geburtsdatum nach jenem des Erstbeschwerdeführers und vor jenem des Dritt- und der Viertbeschwerdeführerin nachvollziehbarerer gewesen), ist allerdings für gegenständliches Verfahrensergebnis vollkommen irrelevant, da es an der bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegenden Volljährigkeit der Zweitbeschwerdeführerin keinen Zweifel gibt. Hinzu kommt, dass im Fall der Zweitbeschwerdeführerin aufgrund ihrer massiv widersprüchlichen Angaben und der Verfahrensentziehung vor der Durchführung von Untersuchungen vom Bundesamt davon nachvollziehbar ausgegangen wurde, dass sie volljährig ist. Ein konkretes Alter konnte seriöserweise ohne Durchführung entsprechender Untersuchungen nicht festgestellt werden und wurde dies vom Bundesamt auch nicht behauptet. Ein Widerspruch ist sohin nicht ersichtlich, zumal - wie erwähnt - die Volljährigkeit zum Antragszeitpunkt festgestellt wurde und die von der Behörde festgesetzten Geburtsdaten lediglich der Verfahrensidentität dienen, was durchaus der üblichen Vorgehensweise in Verfahren, bei denen ein genaues Geburtsdatum der Antragsteller / Beschwerdeführer nicht festgestellt werden kann, entspricht.

Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, es sei unschlüssig, dass im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz das Vorbringen der Bezugsperson, welches auch das Alter ihrer Kinder, der Beschwerdeführer, umfasst habe, als glaubhaft erachtet worden sei, während im gegenständlichen Verfahren davon abgewichen und die Gutachten über die Altersfeststellung herangezogen worden seien, so ist dazu festzuhalten, dass der Bezugsperson seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht unterstellt wird, dass sie wissentlich falsche Angaben zum Geburtsdatum bzw. zum Alter der Beschwerdeführer getätigt hat. Aus den Protokollen ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt ergibt sich - worauf auch die Beschwerdeführer im Verfahren verwiesen haben -, dass die Bezugsperson von der Minderjährigkeit sämtlicher Antragsteller ausging. Allerdings sind diese Angaben vor dem Hintergrund der Verhältnisse in Afghanistan zu beurteilen, zumal die dortige Dokumentenausstellung und -verwaltung nicht mit den europäischen Standards vergleichbar ist. So ergibt sich aus den vorgelegten Dokumenten der Beschwerdeführer, dass eine unmittelbar - wie in Europa übliche - nach der Geburt der Beschwerdeführer erfolgte Registrierung bzw. Meldung nicht erfolgt ist, zumal nach den vorgelegten Übersetzungen die Personalausweise ("Tazkira") des Erst- und des Drittbeschwerdeführers sowie der Viertbeschwerdeführerin jeweils am XXXX2015 und die Reisepässe sämtlicher Beschwerdeführer am XXXX2015 ausgestellt wurden. Ferner enthalten die Personalausweise kein konkretes Geburtsdatum, sondern lediglich einen Vermerk über das Alter in einem bestimmten Jahr und ist keines der vorgelegten Dokumente länger als ein halbes Jahr vor Antragstellung ausgestellt worden. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Bezugsperson nach ihren Angaben über keinerlei Bildung verfügt bzw. Analphabetin ist und sohin keine Möglichkeit hatte, eigenständig die Geburtsdaten ihrer Kinder festzuhalten. Im Übrigen ist dem Protokoll der Erstbefragung zu entnehmen, dass sie den jeweiligen Altersangaben ein "circa" voranstellte. Aus dieser Formulierung geht hervor, dass sie nicht einmal behauptete, das Alter ihrer Kinder zu kennen, sondern lediglich eine Schätzung abgab. Sohin besteht kein Widerspruch zwischen der Annahme der Glaubwürdigkeit der Bezugsperson und der Feststellung über die Volljährigkeit der Beschwerdeführer.

Zur Rüge in der Beschwerde hinsichtlich der Qualifizierung der vorgelegten Urkunden als "Totalfälschungen" ist vorab festzuhalten, dass das Bundesamt in seiner Stellungnahme offenließ, ob die Urkunden ("total")gefälscht sind oder ob sie lediglich unrichtige Angaben enthalten. Da in Afghanistan - wie oben ausführlich dargelegt - üblicherweise keine Registrierung oder Meldung einer Geburt erfolgt, muss davon ausgegangen werden (sollte keine Totalfälschung vorliegen), dass die Behörden bei der Ausstellung der vorgelegten Urkunden keine Möglichkeit hatten, die Personaldaten auf ihre Richtigkeit zu prüfen, sondern die Angaben der Beschwerdeführer ungeprüft dokumentierten (vgl. diesbezüglich auch die obigen Ausführungen zur Diskrepanz in den Tazkira des Dritt- und der Viertbeschwerdeführerin). Die in den Urkunden ausgewiesenen Geburtsdaten geben folglich keine verlässliche Auskunft über das tatsächliche Alter der Beschwerdeführer und ist der Rückschluss des Bundesamtes sohin logisch nachvollziehbar, wobei an dieser Stelle nochmals darauf hinzuweisen ist, dass der Erst-, der Dritt- und die Viertbeschwerdeführerin angaben, nicht über gültige Reisedokumente zu verfügen, sodass sich die Frage stellt, woher die von ihnen vorgelegten Kopien ihrer Reisepässe stammen, wenn sie sich nicht selbst um deren Ausstellung gekümmert haben sollten.

Zusammengefasst ergibt sich bereits aus den unschlüssigen und widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführer sowie aus den Wahrnehmungen der Mitarbeiter der Österreichischen Botschaft Islamabad die offensichtliche Volljährigkeit aller vier Beschwerdeführer. Im Fall des Erstbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin wird dieser Rückschluss auch durch die eingeholten Altersfeststellungsgutachten, im Fall der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers durch die Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht zusätzlich bestätigt. Insgesamt war daher die im Verfahren dargelegte Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht zu beanstanden und die Volljährigkeit der Beschwerdeführer im Antragszeitpunkt festzustellen.

2.3. Hinsichtlich des Vorliegens eines berücksichtigungswürdigen Familienlebens ist zunächst beweiswürdigend auszuführen, dass in Visaverfahren der Beschwerdeführer den vollen Beweis hinsichtlich sämtlicher verfahrensrelevanter Tatsachen zu liefern hat und das Bestehen von Familienleben keine diesbezügliche Ausnahme darstellt.

Weiters ist darauf zu verweisen, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen kein Hinweis auf das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Familienlebens ergibt und im gesamten Verfahren auch kein diesbezügliches Vorbringen erstattet wurde. In der Beschwerde vom 09.06.2017 wurde pauschal ausgeführt, dass eine Zusammenführung mit der leiblichen Mutter dringend geboten sei. Im Folgenden wurde lediglich auf den Umstand verwiesen, dass die Beschwerdeführer weiterhin große Angst vor Zwangsverheiratung und vor Verfolgung hätten. Ein konkretes Vorbringen, wonach die Bezugsperson und die Beschwerdeführer - trotz räumlicher Trennung - einen besonders engen Kontakt bzw. eine besonders intensive Beziehung aufrechterhalten hätten, ließ die Beschwerde vermissen. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass sich die Bezugsperson bereits seit ca. viereinhalb Jahren (Antragstellung am XXXX2014) in Österreich befindet und in dieser Zeit sohin kein Familienleben im Sinne eines Zusammenlebens bestanden haben kann. In einer Gesamtbetrachtung ist keinem der vier Beschwerdeführer sohin der Beweis des Vorliegens eines berücksichtigungswürdigen Familienlebens gelungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gesetzliche Grundlagen:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:

§ 75 Abs. 24 Übergangsbestimmungen

[...]§§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. [...]

Da die Antragstellungen des Erstbeschwerdeführers, des Drittbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin am 21.10.2015 sowie die Antragstellung der Zweitbeschwerdeführerin am 21.12.2015 erfolgten und die Anträge sohin allesamt vor dem 01.06.2016 anhängig waren, kommt die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 24 AsylG zu tragen und ist § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG in der Fassung vor Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden.

§ 34 Familienverfahren im Inland (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017)

(1) Stellt ein Familienangehöriger von 1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist; 2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder 3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist und 3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist; 3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind; 2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind; 3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption ( § 30 NAG).

§ 35 Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013)

(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Auf-gaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungs-formular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn 1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und 2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht. Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von V

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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