TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/28 W198 2201844-1

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Veröffentlicht am 28.11.2018
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Entscheidungsdatum

28.11.2018

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W198 2201844-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 27.06.2018, Zl. VA/ED-K-0103/2015, wegen Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (im Folgenden: NÖGKK) hat mit Bescheid, datiert mit 15.05.2018, Zl. VA/ED- XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 nach § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 1.800 vorgeschrieben, weil die Anmeldung für XXXX , VSNR XXXX und Herr

XXXX , VSNR XXXX , zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen der am 14.10.2014 erfolgten Betretung durch Organe der Finanzpolizei Team 01 für das Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 - Schwechat - Gerasdorf auf der Baustelle des Beschwerdeführers in XXXX festgestellt worden sei, dass für die genannten Personen die Anmeldung nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei. Verwiesen wurde ergänzend auf die mit gegenständlicher Betretung im Zusammenhang stehenden Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 07.04.2016 zu LVwG-S 02352/001-2015 und des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.04.2017 zu Ra 2016/08/0121.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 08.06.2018 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Strafhöhe im Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Tat überproportional hoch wäre. Als Milderungsgründe sei vom Beschwerdeführer unter anderem vorgebracht worden, dass die erste Instanz hinsichtlich dieses Verfahrens kein schuldhaftes Vorgehen erkannt habe. Die Revision gegen den Spruch der zweiten Instanz wäre aus mangelhaftem Vorgehen der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zurückgewiesen worden. Dem Beschwerdeführer könne man lediglich zur Last legen, dass er der XXXX Vertrauen geschenkt habe. Zudem wird ausgeführt, dass der Beitragszuschlag bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen auf 400,00 € herabgesetzt werden könne. Der Verwaltungsgerichtshof hätte in seiner Entscheidung vom 20.04.2017, Ra 2016/08/0121 festgestellt, dass noch keine Rechtsprechung vorliege, ob bei einer solchen Konstellation die Verpflichtung zur Anmeldung von Asylwerbern bestehe. Bei dieser Sachlage könne ihm auch kein Verschulden angelastet werden.

3. Mit Bescheid, datiert mit 27.06.2018, Zl. VA/ED- XXXX , hat die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG erlassen, im Zuge derer die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass unbestritten sei, dass die Betretenen am 14.10.2014 im Rahmen einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei Team 01 auf der Baustelle des Beschwerdeführers arbeitend angetroffen worden seien.

4. Der Beschwerdeführer stellte mit Schriftsatz vom 09.07.2018 fristgerecht einen Vorlageantrag. Ergänzend wird vorgebracht, ob nicht bei einer solchen Konstellation von einem atypischen Verhalten auszugehen sei und dass aufgrund des geistigen u. körperlichen Zustandes von Kriegsflüchtlingen sicherlich nicht von einer wirtschaftlichen wertvollen Arbeitsleistung gesprochen werden könne, sondern lediglich von kleinen Hilfsleistungen im Zuge der Nachbarschaftshilfe.

5. Die Beschwerdesache wurde mit Schreiben der NÖGKK vom 25.07.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6. Mit Schreiben vom 03.08.2018 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht im Wege der Amtshilfe das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, ihm sein Erkenntnis zu Zahl, LVwG-S-2352/001-2015, vom 07.04.2016 in nicht anonymisierter Form zu übermitteln.

7. Am 09.08.2018 übermittelte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich sein Erkenntnis zu Zahl, LVwG-S-2352/001-2015, vom 07.04.2016 in nicht anonymisierter Form.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 14.10.2014 wurde durch Organe der Abgabenbehörden des Bundes (Finanzpolizei Team 01) eine Kontrolle gegen 08:30 Uhr auf der Baustelle des Beschwerdeführers in XXXX durchgeführt. Dabei wurden XXXX , VSNR XXXX und Herr XXXX , VSNR XXXX , arbeitend angetroffen, ohne zur Sozialversicherung nach dem ASVG gemeldet gewesen zu sein.

Die Betretenen waren mit der Ausführung von Hilfsarbeiten beim Hausbau (Aufräumtätigkeiten, Sortieren der Abfälle und Werkstoffe, säubern von Betonresten, Säubern von Werkzeugen und Behältnissen, Transport von Baustoffen und Abfällen) des Beschwerdeführers beschäftigt. Sie waren in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für den Beschwerdeführer tätig.

Zwischen den Betretenen und dem Beschwerdeführer besteht kein derartiges Naheverhältnis, welches das Vorliegen einer Nachbarschaftshilfe sachlich rechtfertigen würde.

Eine Anmeldung zur Sozialversicherung für obengenannte Personen seitens des Beschwerdeführers erfolgte nicht (unstrittig).

Dem Beschwerdeführer wurde bislang kein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgeschrieben.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zu Zahl, LVwG-S-2352/001-2015, vom 07.04.2016 aufgrund desselben Sachverhalts/derselben Betretung (in Stattgebung der Beschwerde des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 - Schwechat - Gerasdorf) gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien Umgebung vom 21. Juli 2015, WUS2-V-15 3023/5) eine Bestrafung nach § 111 Abs. 1 Z. 1 iVm. § 33 Abs. 1 und § 111 Abs. 2 ASVG ausgesprochen. Die dagegen erhobene Revision des Beschwerdeführers wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes zu Geschäftszahl Ra 2016/08/0121 am 20.04.2017 zurückgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt der NÖGKK, insbesondere in die ausgefüllten Fragebögen des Beschwerdeführers und der Betretenen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde, der Anzeigemitteilung der Finanzpolizei vom 29.01.2015, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zu Zahl:

LVwG-S-2352/001-2015, den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes zu Geschäftszahl Ra 2016/08/0121 am 20.04.2017.

Die Tätigkeit der Betretenen für den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Betretung durch die Organe der Abgabenbehörden des Bundes wird im gesamten Verfahren nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die NÖGKK.

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 5 entschieden wird, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An-(Ab-)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Die Anmeldeverpflichtung kann nach § 33 Abs. 1a ASVG so erfüllt werden, dass in zwei Schritten gemeldet wird, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Gemäß § 113 Absatz 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 500,00 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf

€ 800,00. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400,00 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Im Beschwerdeverfahren betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ist als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und der Beschwerdeführer als Dienstgeber daher verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vgl. verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).

Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Feststellung der Umstände der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Nach dieser gilt, dass die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, Zl. 2003/08/0182; VwGH 08.08.2008, Zl. 2008/09/0119). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. (vgl. auch VwGH 26.05.2014, Zl. 2013/08/0165)

Verfahrensgegenständlich steht - unbestritten - fest, dass die zwei Betretenen im Zuge einer Kontrolle durch die Abgabenbehörde des Bundes (Finanzbehörde) bei der Ausführung von Hilfsarbeiten beim Hausbau (Aufräumtätigkeiten, Sortieren der Abfälle und Werkstoffe, säubern von Betonresten, Säubern von Werkzeugen und Behältnissen, Transport von Baustoffen und Abfällen) arbeitend für den Beschwerdeführer als Dienstgeber angetroffen wurden und zu diesem Zeitpunkt nicht bei der Sozialversicherung angemeldet waren.

Bei diesen Arbeiten handelt es sich um die Erbringung von Dienstleistungen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten. Ein ausreichend substantiiertes Vorbringen, aus dem man anderes ableiten könnte, dass kein Dienstverhältnis vorliegt, wurde nicht erstattet. Atypischen Umstände, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen, wurden nicht dargelegt. Der Beschwerdeführer verkennt in diesem Zusammenhang die Beweislastverteilung, wenn er (im Vorlageantrag) meint, dass bei einer "solchen Konstellation von einem atypischen Verhalten auszugehen" sei. Es wäre ihm oblegen, eben genau diese atypischen Umstände, die gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, darzulegen.

Demnach war ohne weiteres vom Vorliegen einer Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH 02.12. 2013, 2013/08/0191; 21.02.2001, 96/08/0028).

Die Unentgeltlichkeit einer Verwendung bzw. ein Nachbarschaftsdienst, wie der Beschwerdeführer vermeint, ist nicht schon bei bloßem Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten. Die Unentgeltlichkeit muss vielmehr - wenigstens den Umständen nach konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten. Eine derartige sachliche Rechtfertigung könnte in persönlichen Beziehungen, in bestimmten wirtschaftlichen Interessen, aber auch in einer idealistischen Einstellung begründet sein. Es ist Sache der Partei, hiezu entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (VwGH 04.09.2013, 2011/08/0318 mit Verweis auf VwGH vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0165, sowie vom 14. März 2013, Zl. 2010/08/0229).

Im gegenständlichen Fall kann von einer unentgeltlichen Nachbarschaftshilfe nicht ausgegangen werden, weil dieser einer sachlichen Rechtfertigung nicht standhält. Es liegt kein Nachbarschaftsverhältnis vor, weil die beiden Betretenen nicht benachbart mit dem Beschwerdeführer wohnen (die Betretenen wohnen in einen anderen Ort als der Beschwerdeführer). Zwischen dem Beschwerdeführer und den Betretenen liegt sohin kein derartiges Naheverhältnis vor, das die Unentgeltlichkeit sachlich rechtfertigen würden. Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten, die die Annahme einer unentgeltlichen Nachbarschaftshilfe rechtfertigen würden, sondern erschöpfte sich das diesbezügliche Vorbringen in der bloßen Behauptung. Im gegebenen Zusammenhang ist auch auf Punkt 7 des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zu demselben Sachverhalt/derselben Betretung zu verweisen (Ra 2016/08/0121), wonach im Zweifel von einer Entgeltlichkeit eine Dienstleistung auszugehen ist (Verweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 15. Mai 2013, 2011/08/0123, mwN sowie zum Begriff der Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2014, 2012/08/0207, mwN).

Das Vorliegen einer Nachbarschaftshilfe kann daher nicht angenommen werden.

In einer Gesamtschau ist daher im gegenständlichen Fall vom Vorliegen sozialversicherungspflichtiger Dienstverhältnisse iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG der zwei betretenen Personen zum Beschwerdeführer am 14.10.2014 auszugehen.

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat ("Verursacherprinzip") und damit als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).

Zufolge der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 10.07.2013, 2013/08/0117) ist die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe zu werten, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung, ist die Frage des subjektiven Verschuldens am Meldeverstoß unmaßgeblich. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklich wurde, gleichgültig aus welchen Gründen. Die Frage des subjektiven Verschuldens ist aus diesem Grunde auch nicht näher zu untersuchen.

Die belangte Behörde hat daher den Beitragszuschlag zu Recht vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer als Dienstgeber hat es unterlassen, die zwei betretenen Dienstnehmer vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden. Die Betretenen wurden vom Beschwerdeführer bis dato auch nicht für 14.10.2014 nachträglich zur Versicherung gemeldet. Er hat daher gegen die ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen und den Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG erfüllt. Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag dem Grunde nach berechtigt.

Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400,00 € herabgesetzt werden. Unbedeutende Folgen liegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht vor, wenn sich der Meldeverstoß auf mehr als zwei Arbeiternehmer gleichzeitig ausgewirkt hat und im Zeitpunkt der Kontrolle auch noch andauerte (vgl. VwGH 18.11.2009, Zl. 2008/08/0246). Im gegenständlichen Fall wurden zeitgleich zwei nichtangemeldete Arbeitnehmer arbeitend für den Beschwerdeführer betreten und dauerte der Meldeverstoß zum Zeitpunkt der Kontrolle noch an und kann daher nicht von unbedeutenden Folgen ausgegangen werden.

Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag auch der Höhe nach berechtigt.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ASVG. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Schlagworte

Beitragszuschlag, Dienstverhältnis, Meldeverstoß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W198.2201844.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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