TE OGH 2018/12/13 5Ob219/18v

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Veröffentlicht am 13.12.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. G***** und 2. Dr. D*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Prof. Mag. H*****, vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, wegen Beseitigung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 14. August 2018, GZ 1 R 190/18a-22, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 19. Juni 2018, GZ 5 C 609/17a-18, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 917,01 EUR (darin enthalten 152,83 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer in einer 1978 errichteten Reihenhausanlage. Das Wohnungseigentumsobjekt der Kläger (W 31) liegt neben dem Reihenhaus des Beklagten (W 32), das der Beklagte im Oktober 1978 von der Bauträgerin gekauft hat. In der Anlage verläuft von den Häusern Nr 13 bis 32 ein gepflasterter, seit seiner Errichtung von den Wohnungseigentümern als Zufahrtsstraße benützter, vom Reihenhausgarten des Objekts W 32 unter anderem durch einen Holzzaun abgegrenzter Wohnweg. Dieser wurde im Zug des Baus der Reihenhausanlage 1977/1978 über Veranlassung der Bauträgerin (frühere Alleineigentümerin) und Wohnungseigentümerin mehrerer Objekte, darunter jenes des Beklagten, nach Einspruch der Feuerwehr abweichend von Wohnungseigentumsvertrag, Parifizierungsgutachten und Parifizierung errichtet. Zum Teil verläuft der Weg über die nach der Parifizierung dem Reihenhaus des Beklagten W 32 zugewiesene Gartenfläche.

Im Februar 2015 ließ der Beklagte auf dem Wohnweg angrenzend an den Zaun seines Reihenhauses drei große, tonnenschwere Flußbausteine deponieren. Seither können breitere Fahrzeuge wie Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr und Rettung oder Möbeltransporter nicht mehr auf dem Weg zufahren.

Die Vorinstanzen gaben dem auf § 523 ABGB gestützten Beseitigungsbegehren der klagenden Wohnungseigentümer statt. Das Berufungsgericht ließ nachträglich über Abänderungsantrag des Beklagten die Revision zu.

Rechtliche Beurteilung

Die – beantwortete – Revision ist entgegen dem nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Jeder Wohnungseigentümer hat ein ausschließliches Nutzungsrecht an einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt (vgl RIS-Justiz RS0081766). Diese Befugnis umfasst die Nutzung der baulich mit dem Wohnungseigentumsobjekt verbundenen Bestandteile und (zufolge § 2 Abs 3 Satz 1 WEG 2002) des dem Wohnungseigentumsobjekt zugewiesenen Zubehörs.

2. Angesichts der festgestellten, seit der Errichtung unverändert und unwidersprochen gebliebenen Nutzung des Wohnwegs ist eine rechtliche Einordnung der dem Wohnungseigentumsobjekt des Beklagten im Wohnungseigentumsvertrag in Verbindung mit dem Parifizierungsgutachten zugewiesenen Gartenfläche als Zubehör seines Wohnungseigentums (§ 2 Abs 3 Satz 1 WEG 2002) – die er in erster und zweiter Instanz ausdrücklich bestritt und erstmals in der Revision geltend macht – oder als Bestandteil des Wohnungseigentumsobjekts nicht notwendig. Die dem Zulassungsausspruch zugrunde liegende und im Vordergrund der Revision stehende Frage dieser Abgrenzung stellt sich nicht.

3. Hier liegt eine nach der Rechtsprechung zulässige (RIS-Justiz RS0082712 [T10, T12]; RS0120725 [T4, T9]) konkludente Widmung(-sänderung) des betroffenen Teils der Gartenfläche als notwendig allgemeiner Teil iSd § 2 Abs 4 WEG 2002 vor. Der mehrere Reihenhäuser erschließende Zufahrtsweg wurde schon anlässlich des Baus der Wohnanlage faktisch so errichtet und von der Gartenfläche des Reihenhauses Nr 32 baulich so abgegrenzt, dass diese in ihrem vom Weg erfassten Teilbereich nie ausschließlich und selbständig vom Wohnungseigentümer des Objekts benutzt werden konnte. Der Weg stand in seiner gesamten Breite den Wohnungseigentümern als Zufahrtsweg zur Verfügung und wurde von Anfang an ungehindert so genutzt. Seine gesamte Fläche ist im Sinn der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als allgemeiner Teil des Hauses anzusehen (RIS-Justiz RS0097520 [T8, T11]), an dem kein (Zubehör-)Wohnungseigentum begründet werden konnte. Diese Widmung war ausschlaggebend dafür, was zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt gehörte und vom jeweiligen Wohnungseigentümer ausschließlich genützt werden durfte, während die Nutzwertfestsetzung selbst keinen eigenen Rechtsgrund für die Nutzung schaffte (5 Ob 207/16a; 5 Ob 290/07v mwN). Gegen die eigenmächtige Inanspruchnahme einer Allgemeinfläche steht jedem Wohnungseigentümer auch gegen einen anderen Wohnungseigentümer die Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB zu (5 Ob 25/08z mwN).

4. Die Lage der Steine hat das Erstgericht mittels eines in die Tatsachenfeststellungen kopierten Fotos festgestellt. Angesichts ihrer Größe und ihres Gewichts ist die Meinung des Beklagten, das Begehren auf Entfernung sei zu unbestimmt, unverständlich. Es kann kein Zweifel daran bestehen, welche Steine von welcher Stelle entfernt werden sollen.

5. Die Revision des Beklagten zeigt somit keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

Textnummer

E123797

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00219.18V.1213.000

Im RIS seit

24.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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