TE Lvwg Beschluss 2019/1/8 VGW-111/067/10029/2018

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Veröffentlicht am 08.01.2019
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Entscheidungsdatum

08.01.2019

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §134 Abs7
AVG §59 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die von Frau A. B., Wien, C.-gasse, vertreten durch Rechtsanwalt, erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 04.07.2018, GZ ..., mit welchem gemäß § 127 Abs. 8a iVm § 127 Abs. 8 lit. a der Bauordnung für Wien (BO für Wien) angeordnet wurde, die Bauführung zum Abbruch des Gebäudes der Liegenschaft Wien, C.-gasse, EZ ... der KG ..., einzustellen, den

BESCHLUSS

gefasst:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die von Frau A. B. erhobene Beschwerde (einschließlich des von der D. GmbH erklärten Eintritts in das Beschwerdeverfahren) als unzulässig zurückgewiesen.

2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 des Bundesverfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 04.07.2018, GZ ..., erging die Anordnung die Bauführung zum Abbruch des Gebäudes auf der Liegenschaft Wien, C.-gasse, EZ ... KG ..., gemäß § 127 Abs. 8a in Verbindung mit § 127 Abs. 8 lit. a BO für Wien einzustellen.

In der Begründung ist zusammengefasst ausgeführt, anlässlich einer Erhebung am 02.07.2018 durch Organe der Baubehörde sei festgestellt worden, dass der Abbruch des auf der genannten Liegenschaft vor dem 01.01.1945 errichteten Gebäudes durchgeführt werde. Zum Erhebungszeitpunkt waren bereits folgende Abbrucharbeiten durchgeführt worden: Dachstuhlentfernung des gesamten Gebäudes, Entfernung sämtlicher Fenster und Türen des Gebäudes sowie Abtragung des Gebäudes an der Front E.-gasse auf einer Länge von zwei Fensterachsen als Gesamtes. Zum Erhebungszeitpunkt waren keine weiteren Abbrucharbeiten im Gang bzw. wurde Bauschutt zum Abtransport auf Lastkraftwagen verladen. Weil die gegenständliche Bauführung zum Abbruch eines Gebäudes gemäß § 60 Abs. 1 lit. d BO für Wien bewilligungspflichtig sei, die erforderliche Bewilligung bislang nicht erteilt worden war, gemäß Art. II der Novelle zur Bauordnung, LGBl. für Wien Nr. 37/2018, die Bestimmungen der Bauordnung in der geltenden Fassung auch auf bereits anhängige Bauführungen und Abbrüche anzuwenden seien, war die Bauführung gemäß § 127 Abs. 8a in Verbindung mit § 127 Abs. 8 lit. a BO für Wien einzustellen.

Der Bescheid nennt im Spruch keinen Bescheidadressaten. Laut Zustellverfügung erging der Bescheid an die Firma F. GmbH als Bauführerin und wurde mit Vermerk „in Abschrift an“ Frau A. B. als Grundeigentümerin/Eigentümerin der Baulichkeit übermittelt.

2. Mit Schriftsatz vom 27.07.2018 erhob Frau A. B. Beschwerde gegen diesen Bescheid und brachte zusammengefasst vor, dass sie als Liegenschaftseigentümerin den Auftrag zur Durchführung der genannten Abbrucharbeiten erteilt habe, welche unter Einhaltung gesetzlicher Vorschriften begonnen wurden und per 30.06.2018 derart weit fortgeschritten waren, dass die wesentlichsten Teile des Gebäudes abgerissen waren. Die von der belangten Behörde angezogene rechtliche Begründung erachtet sie bei einer verfassungskonformen Auslegung als nicht angezeigt und beantrage, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

3. Mit Schriftsatz vom 31.10.2018 führte die D. GmbH aus, mit Kaufvertrag vom 21.06.2018 die verfahrensgegenständliche Liegenschaft von Frau A. B. erworben zu haben. Ihr Eigentum an der Liegenschaft sei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung aber noch nicht im Grundbuch einverleibt worden, weshalb die Beschwerde von der Eigentümerin Frau A. B. erhoben wurde. Zwischenzeitlich sei das Eigentum der D. GmbH einverleibt worden und die D. GmbH sei Rechtsnachfolgerin von Frau A. B. geworden, sodass die D. GmbH an Stelle von Frau A. B. in das Verfahren eintrete. Im Weiteren wurde eine ergänzende Stellungnahme erstattet.

Frau B. wurde diese Eingabe mit der Anfrage zur Kenntnis gebracht, ob sie die in ihrem Namen erhobene Beschwerde aufrechterhalte.

Mit gemeinsamer Eingabe der D. GmbH und von Frau B. erging seitens Frau B. die Erklärung, sie erteile ausdrücklich ihr Einverständnis, dass die D. GmbH an ihrer Stelle in das Verfahren eintrete, wobei sie selbst sich am Verfahren nicht mehr beteiligen werde.

II. Aufgrund der unbedenklichen und unbestritten geblieben Aktenlage steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Das auf der Liegenschaft Wien, C.-gasse, errichtete Gebäude wurde vor dem 01.01.1945 errichtet und wurde teilweise abgebrochen. Die Abbrucharbeiten waren zum Zeitpunkt der Baueinstellung noch nicht abgeschlossen.

Die Liegenschaft Wien, C.-gasse, EZ ... KG ..., stand zum Zeitpunkt der Erlassung des beschwerdegegenständlichen Bescheides im grundbücherlichen Eigentum von Frau A. B. und steht zwischenzeitlich im jenen der D. GmbH (FN ...).

Der beschwerdegegenständliche Bescheid enthält in der Zustellverfügung hinsichtlich der Bauführerin, F. GmbH, den Vermerk „Ergeht an“. Hinsichtlich der die Beschwerde erhebenden Grundeigentümerin Frau A. B. lediglich den Vermerk „In Abschrift an“.

III. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 27 iVm § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und des Begehrens zu überprüfen. Die Rechtssache ist gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, sofern eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen; nach § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen, Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Eine öffentliche mündliche Verhandlung kann gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG u.a. entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien – BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, zuletzt geändert durch Wiener Landesgesetz, LGBl. für Wien Nr. 71/2018, lauteten auszugsweise:

Ansuchen um Baubewilligung
§ 60.

(1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a)

bis c)                (…)

d)

Der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, wenn der Anzeige des Abbruchs gemäß § 62a Abs. 5a keine Bestätigung des Magistrats angeschlossen ist, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Für Bauwerke in Schutzzonen und Gebäude, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, darf die Abbruchbewilligung nur erteilt werden, wenn an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht oder sein Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann.

e)

bis j) (…)

(2) und (3) (…)“

„Bewilligungsfreie Bauvorhaben

§ 62a (1) bis (4) (…)

(5) Der Abbruch von Gebäuden ist vor Beginn der Arbeiten vom Bauführer der Behörde schriftlich zur Kenntnis zu bringen.

(5a) Der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, ist spätestens vier Wochen vor dem geplanten Beginn der Arbeiten der Behörde vom Bauherrn schriftlich anzuzeigen. Der Anzeige ist eine Bestätigung des Magistrats anzuschließen, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Nach Vorlage einer solchen Bestätigung darf mit dem Abbruch begonnen werden.

(6) bis (8) (…)“

Überprüfungen während der Bauführung
§ 127.

(1) bis (7) (…)

(8) Die Bauführung darf nicht weitergeführt werden, wenn

a)

ein Bau ohne Baubewilligung oder entgegen den Bestimmungen des § 62 oder des § 70a ausgeführt wird;

b)

bis g) (…)

(8a) Wird die Bauführung entgegen Abs. 8 weitergeführt und erlangt die Behörde davon Kenntnis, hat sie den Bau einzustellen. Darüber ist möglichst binnen drei Tagen an den Bauherrn, den Bauführer oder den sonst Verantwortlichen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen; einer Beschwerde gegen diesen Bescheid kommt die aufschiebende Wirkung nicht zu.

(9) (…)“

Parteien
§ 134.

(1) bis (6) (…)

(7) Sofern es sich um einen von Amts wegen erlassenen Bescheid handelt, ist die Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Alle sonstigen Personen, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes).“

Art. II der Novelle zur Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 37/2018, mit der durch Art. I unter anderem auch § 60 Abs. 1 lit. d und § 62a Abs. 5a neugefasst bzw. eingefügt wurden, lautet:

Artikel IIInkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit dem seiner Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

IV.1. Gemäß Art. 132 Abs. 1 B-VG ist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit legitimiert, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Alleine der Umstand der Zustellung eines Bescheides alleine ergibt für sich noch nicht das Beschwerderecht desjenigen, dem der Bescheid zugestellt wurde (vgl dahingehend Hengstschläger/Leeb, AVG § 63, Stand 1.7.2007, rdb.at, Rz 61 ff). Die Beschwerdelegitimation knüpft einerseits daran an, dass der Bescheid einer Person gegenüber wirksam erlassen wurde und andererseits, dass er für diese Person auch inhaltlich bestimmt ist. Dabei ist maßgeblich, an wen sich der bekämpfte Bescheid seinem Inhalt nach tatsächlich richtet und nicht an wen er richtigerweise gerichtet hätte werden müssen (Hengstschläger/Leeb, aaO mwN).

Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wohnt den Bestimmungen der §§ 58 und 59 AVG nicht ausdrücklich die Pflicht inne, im Bescheid den Adressaten zu nennen. Doch muss der Bescheid eindeutig erkennen lassen, wer Bescheidadressat ist. Es bedeutet keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichnet (zB Eigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenige physische oder juristische Person benennt, auf welche sich der Spruch bezieht, weil durch eine solche Erfassung der Person des zu einer Leistung Verpflichteten das im Spruch des Bescheides zu begründende Rechtsverhältnis klar zum Ausdruck kommt. Wird also im Spruch eine Person nur abstrakt bezeichnet, so kommt der Zustellverfügung, in der sie dann namentlich bezeichnet ist, wesentliche Bedeutung zu, weil dadurch erst die notwendige Individualisierung bewirkt wird (etwa VwSlg 10.327 A/1980). Wird hingegen im Spruch des Bescheides niemand angesprochen, kommt mangels ausdrücklicher Spezifikation nur dem in der Zustellverfügung genannten Bescheidadressaten Parteistellung zu (VwGH vom 27.11.2008, Zl 2006/03/0097 mwN).

Im beschwerdegegenständlichen Bescheid ist der Spruch abstrakt formuliert. Der Bescheidadressat ergibt sich daher aus der Zustellverfügung. Dort ist ausdrücklich festgehalten, dass der Bescheid an die Bauführerin, die Firma F. GmbH, ergeht. Hinsichtlich der die Beschwerde erhebenden Grundeigentümerin, Frau A. B., wird der Bescheid ausdrücklich nur in Abschrift, somit zur Information übermittelt. Eine Bescheiderlassung an die Grundeigentümerin lässt sich aus dieser Formulierung nicht ableiten (vgl. dahingehend auch VwGH vom 09.10.2014, Zl 2011/05/0198). Sie wird daher durch den Bescheid auch nicht zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet, weshalb ihr gemäß § 134 Abs. 7 BO für Wien keine Parteistellung zukommt. Da der ursprünglichen Grundeigentümerin, Frau A. B., keine Parteistellung zukommt, kommt auch ihrer Nachfolgerin im grundbücherlichen Eigentum, der D. GmbH, keine Parteistellung zu.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde weder in der Beschwerde noch von der belangten Behörde beantragt und konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

2. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen klar aus dem Gesetz lösbar sind (vgl. Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589 ff, mwN).

Schlagworte

Bescheidadressat; Individualisierung; Zustellverfügung; in Abschrift; Parteistellung; Zurückweisung; Baueinstellung; Beschwerdelegitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.111.067.10029.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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