TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/12 LVwG-2018/41/1038-5

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Veröffentlicht am 12.12.2018
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Entscheidungsdatum

12.12.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §54b Abs1
VVG §3 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst durch seinen Richter Dr. Riedler über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 20.03.2018, Zl ****, betreffend einen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung eines Straferkenntnisses und Einstellung der Exekution, den

I.

Beschluss:

1.       Das Beschwerdeverfahren hinsichtlich des Spruchpunktes 2.) des angefochtenen Bescheides wird eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II.

erkennt zu Recht:

1.       Der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes 1.) wird Folge gegeben und die Vollstreckbarkeitsbestätigung aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 30.11.2017 wurde von AA (im Folgenden: Beschwerdeführer) der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft (im Folgenden: belangte Behörde) vom 19.04.2017, Zl **** und auf Einstellung der Exekution gestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20.03.2018, ****, wurde der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass die Strafverfügung vom 04.01.2016, Zl **** gemäß § 10 ZustG an den Arbeitgeber des Beschwerdeführers ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Darüber hinaus habe eine weitere rechtswirksame Zustellung der Strafverfügung gemäß § 25 ZustG stattgefunden. Das auf den (fälschlicherweise mit 26.01.2016 datierten) Einspruch des Beschwerdeführers vom 26.01.2017 hin ergehende Straferkenntnis vom 19.04.2017 sei entsprechend § 10 ZustG an die Adresse Adresse 2, X, die - laut ZMR Abfrage vom 11.04.2017 – damalige Hauptwohnsitzadresse und demnach an eine der Behörde bekannte Zustelladresse versandt worden. Die Übergabe an den Zustelldienst sei laut Poststempel am Retourkuvert am 21.04.2017 erfolgt und gelte die Zustellung daher gemäß § 10 ZustG mit 05.05.2017 als bewirkt. Das Straferkenntnis sei daher mangels dagegen erhobener Beschwerde seit 03.06.2017 rechtskräftig und vollstreckbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 11.04.2018, in welcher der Beschwerdeführer beantragte, der Berufung (gemeint wohl Beschwerde) Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid vom 20.03.2018 ersatzlos aufzuheben sowie das Straferkenntnis vom 19.04.2017 neuerlich zuzustellen. Zur Begründung seines Rechtsmittels brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er sich immer wieder in China aufhalte und ihm aufgrund seiner Mitteilung gemäß § 8 ZustG dort zugestellt werden müsse. Die Zustellung bei seinem Arbeitgeber sei rechtswidrig erfolgt, da er dort nur in sehr geringem Maß beschäftigt gewesen sei. Für seine Abwesenheiten habe er rechtzeitig Urlaubsfächer eingerichtet und die von der Post vorgenommenen Rücksendungen als unbekannt seien falsch. Die belangte Behörde hätte jede Möglichkeit aufgreifen müssen, neben der Adresse Adresse 2, X, die weitere Zustelladresse in Adresse 3, W, auszumitteln. Für den Fall des Postfehlberichtes hätten weitere Zustellversuche an den zweiten Wohnsitz oder an die bekannt gegebene Adresse in China erfolgen müssen.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 27.11.2018 vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol wurde die Beschwerde betreffend den Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Bescheides zurückgezogen. Aufrechterhalten wurde die Beschwerde betreffend den Spruchpunkt 1.) des Bescheides der belangten Behörde vom 20.03.2018.

II.      Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den übermittelten verwaltungsbehördlichen Akt der belangten Behörde, vor allem durch den darin enthaltenen Bescheid der belangten Behörde vom 20.03.2018, die Übernahmebestätigung durch die CC vom 20.01.2017 und die Rücksendungen durch den Zustelldienst. Zudem wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren am 27.11.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht zur Verhandlung erschienen.

Bis zum 07.11.2017 verfügte der Beschwerdeführer über zwei Abgabestellen in Österreich. Im Zeitraum vom 13.01.2015 bis 06.11.2017 hatte er seinen Hauptwohnsitz an der Adresse Adresse 2, X, sowie in der Zeit von 21.02.2011 bis 07.11.2017 einen Nebenwohnsitz in Adresse 3, W. Letztgenannte Adresse ist seit 07.11.2017 nunmehr der Hauptwohnsitz und wurde jener an der Adresse Adresse 2, X, damit aufgegeben. Berufsbedingt ist der Beschwerdeführer zwischen X und Vorarlberg hin- und hergependelt und hat er sich somit an diesen beiden Abgabestellen regelmäßig aufgehalten.

Daneben hat sich der Beschwerdeführer des Öfteren für verlängerte Urlaubsreisen, so im Zeitraum vom 22.01.2016 bis 24.02.2016, vom 03.12.2016 bis 19.12.2016 sowie Ende des Jahrs 2016 bis 11.01.2017 sowie im Februar 2017 in China befunden, zumal er mit einer chinesischen Staatsbürgerin verheiratet ist. Die Zeiträume seiner Ortsabwesenheit hat er jeweils bei der Post gemeldet.

Mit Schreiben vom 17.02.2016 teilte der Beschwerdeführer die Änderung seiner Abgabestelle gemäß § 8 Abs 1 ZustG und die Anschrift Adresse 4, China mit.

Am 05.12.2016 wurde von der belangten Behörde zu den Zahlen ****, **** **** und **** ein Bescheid zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten gemäß § 10 ZustG erlassen und an vier der belangten Behörde bekannten Adressen gesendet (Adresse 2, X; CC, Adresse 5, V; Adresse 3, W und Adresse 4, China).

In der Folge wurden die im Bescheid vom 05.12.2016 genannten die Strafverfügung – so auch die gegenständliche Strafverfügung vom 04.01.2016 – neuerlich an den Beschwerdeführer zH CC, Adresse 5, V, versandt, worüber ein Zustellnachweis mit Übernahmebestätigung vom 20.01.2017 vorliegt. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer bei der CC nicht beschäftigt, die im Bescheid vom 05.12.2016 genannte Strafverfügung wurde ihm jedoch von seinem ehemaligen Arbeitgeber übergeben und zur Kenntnis gebracht. Gegen die gegenständliche Strafverfügung vom 04.01.2016 wurde vom Beschwerdeführer am 26.01.2017 Einspruch erhoben.

Am 02.02.2017 wurde der genannte Bescheid vom 05.12.2016 über den Auftrag, einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen, von der belangten Behörde zusätzlich gemäß § 25 ZustG an deren Amtstafel öffentlich bekannt gemacht.


Das auf den Einspruch des Beschwerdeführers hin ergehende Straferkenntnis vom 19.04.2017 wurde sodann an die Adresse Adresse 2, X, versandt und von der Post am 24.04.2017 mit dem Vermerk „unbekannt“ retourniert, ohne das Straferkenntnis zu hinterlegen.

Der Beschwerdeführer bestreitet ausdrücklich nur die ordnungsgemäße Zustellung des Straferkenntnisses an der Adresse Adresse 2, X.

Betreffend die Zurückziehung der Beschwerde bezüglich Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Bescheides ergibt sich der festgestellte Sachverhalt im Übrigen aus dem dargestellten Verfahrensgang.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend die Abgabestellen ergeben sich aus dem im verwaltungsgerichtlichen Akt befindlichen ZMR-Auszug vom 27.11.2018 sowie dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2018, in welcher er glaubhaft dargelegt hat, dass er in der Zeit der aktenkundigen Zustellungen bzw Zustellversuche jeweils über die genannten Abgabestellen an der Adresse Adresse 2, X, sowie in Adresse 3, W, verfügt, sich dort regelmäßig aufgehalten und diese seinerzeit nie aufgegeben hat.

Die Feststellungen betreffend die Urlaubsaufenthalte in China ergeben sich aus den im verwaltungsgerichtlichen Akt befindlichen Visa-Einträgen im Reisepass des Beschwerdeführers sowie aus seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2018. Die Mitteilung über die geänderte Adresse ergibt sich aus dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 17.02.2016.

Aus dem vom Landesverwaltungsgericht Tirol eingeholten Versicherungsdatenauszug vom 26.11.2018 ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer vom 27.11.2016 bis 26.02.2017 und somit im Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung vom 04.01.2016 an die CC nicht bei dieser beschäftigt gewesen ist.

Die Feststellungen betreffend den Bescheid zur Namhaftmachung eines Bevollmächtigten gemäß § 10 ZustG ergeben sich aus eben diesem Bescheid vom 05.12.2016 und den dort angeführten Zustelladressen sowie aus den entsprechend im Akt befindlichen Postrücksendungen.

Die Feststellungen betreffend die Zustellung der Strafverfügung vom 04.01.2016 und die Zustellung des Straferkenntnisses vom 19.04.2017 ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid vom 20.03.2017 sowie der entsprechend im Akt befindlichen Postrücksendung.

Die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG ergibt sich aus der entsprechenden Urkunde vom 02.02.2017 sowie aus dem angefochtenen Bescheid vom 20.03.2018.

Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2018 vermehrt ausdrücklich betont, die Ordnungsmäßigkeit des Zustellvorganges nur hinsichtlich der Zustellung an der Adresse Adresse 2, X, zu bestreiten. Auch hat der Beschwerdeführer in dieser ausdrücklich erklärt, dass ihm die im Bescheid vom 05.12.2016 genannten Strafverfügungen von seinem Arbeitgeber ausgehändigt worden sind. Weiters hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2018 seine Beschwerde ausdrücklich in Bezug auf Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Bescheides zurückgezogen.

IV.      Rechtslage:

Die für das gegenständliche Verfahren wesentlichen Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 33/2018, lauten wie folgt:

Heilung von Zustellmängeln

§ 7

(1) Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Änderung der Abgabestelle

§ 8

(1) Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

(2) Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Zustellung durch Übersendung

§ 10

(1) Parteien und Beteiligten, die über keine inländische Abgabestelle verfügen, kann von der Behörde aufgetragen werden, innerhalb einer Frist von mindestens zwei Wochen für bestimmte oder für alle bei dieser Behörde anhängigen oder anhängig zu machenden Verfahren einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Kommt die Partei bzw. der Beteiligte diesem Auftrag nicht fristgerecht nach, kann die Zustellung ohne Zustellnachweis durch Übersendung der Dokumente an eine der Behörde bekannte Zustelladresse erfolgen. Ein übersandtes Dokument gilt zwei Wochen nach Übergabe an den Zustelldienst als zugestellt. Auf diese Rechtsfolge ist im Auftrag hinzuweisen.

(2) Eine Zustellung gemäß Abs. 1 ist nicht mehr zulässig, sobald die Partei bzw. der Beteiligte

1. einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft gemacht hat oder

2. über eine inländische Abgabestelle verfügt und diese der Behörde bekannt gegeben hat.

Hinterlegung

§ 17

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

V.       Erwägungen:

Zu Spruchpunkt I:

Gemäß § 7 Abs 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Ein solcher Beschwerdeverzicht kann daher wirksam erst nach Erlassung des Bescheides an die betreffende Partei erfolgen. Nach der Erhebung einer Beschwerde ist ein Verzicht auf diese nicht mehr möglich, allerdings kann die Beschwerde – auch wenn dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist – wieder zurückgezogen werden.

Die Zurückziehung einer Beschwerde wird mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens beim Verwaltungsgericht wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist – mangels einer aufrechten Beschwerde – die Pflicht des Verwaltungsgerichtes zur Entscheidung weggefallen und das Beschwerdeverfahren einzustellen (vgl VwGH 25.07.2013, Zl 2013/07/0106).

Für die Verzichtserklärung bestehen keine besonderen Formerfordernisse, der Verzicht muss allerdings ausdrücklich erklärt werden [Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 7 VwGVG Anm 8 mit Hinweisen auf die Judikatur]. Gleiches gilt auch für Zurückziehung der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 27.11.2018 seine Beschwerde gegen den Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Bescheides zurückgezogen und seine Beschwerde nur hinsichtlich des Spruchpunktes 1.) aufrecht erhalten. Durch die vom Beschwerdeführer vorgenommene Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes 2.) war diesbezüglich das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Gemäß den §§ 31 Abs 1 und 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Falle der Einstellung eines Beschwerdeverfahrens eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen. Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG haben die Entscheidungen und Anordnungen des Verwaltungsgerichtes durch Beschluss zu erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 50 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnisses ausdrücklich aus. Aus den beiden Bestimmungen lässt sich auch ableiten, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, handelt es sich um eine Entscheidung iSd § 31 Abs 1 VwGVG.

Bezogen auf ein nach dem VStG geführtes Beschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass – auch ohne diesbezügliche ausdrückliche Anordnung – eine Verfahrenseinstellung dann vorzunehmen ist, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (vgl VwGH 21.04.2015, Zl Fr 2014/20/0047 mit Hinweisen auf die Literatur).

Es war sohin wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II:

Die Änderung der Abgabestelle gemäß § 8 Abs 1 ZustG setzt voraus, dass sich die Abgabestelle der Partei während des Verfahrens ändert. Dabei bedarf es einer Verlegung auf Dauer und nicht etwa nur einer Abwesenheit, die so lange währt, dass die regelmäßige Anwesenheit des Empfängers nicht mehr anzunehmen und eine Hinterlegung oder Ersatzzustellung daher nicht möglich ist (VwGH 22.01.2014, 2013/22/0313). Da der Beschwerdeführer sich nur für verlängerte Urlaubsaufenthalte öfters in China aufhält, bestand für die Änderung der Abgabestelle und damit verbundene Zustellungen kein Raum.

Gemäß § 10 ZustG kann die Behörde Parteien, die über keine inländische Abgabestelle verfügen, mit verfahrensrechtlichem Bescheid auftragen, innerhalb einer Frist von mindestens 2 Wochen für bestimmte oder alle bei der Behörde anhängigen oder anhängig zu machenden Verfahren einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Kommt die Partei diesem Auftrag nicht innerhalb der vorgesehenen verfahrensrechtlichen Frist nach, kann die Zustellung ohne Zustellnachweis durch Übersendung der Dokumente an eine der Behörde bekannte Zustelladresse erfolgen. Ein übersandtes Dokument gilt, wenn im Bescheid auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde, zwei Wochen nach Übergabe an den Zustelldienst als zugestellt. Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung ist somit zusammengefasst, dass die Partei über keine inländische Abgabestelle verfügt und der Behörde eine Zustelladresse im Ausland bekannt ist.

Der Beschwerdeführer verfügte im Zeitraum der verfahrensgegenständlichen Zustellungen über zwei Abgabestellen im Inland, womit die Voraussetzung des Nichtverfügens über eine inländische Abgabestelle für einen Auftrag zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten gemäß § 10 ZustG im konkreten Fall nicht vorlag und folglich auch keine gemäß dieser Bestimmung vorgesehene Zustellung erfolgen konnte. Die – in fälschlicher Annahme betreffend die Anwendung und die Rechtsfolgen des § 10 ZustG erfolgte – Zustellung der Strafverfügung vom 04.01.2016 an die Adresse CC, Adresse 5, V war demnach bereits aus diesem Grund unwirksam. Überdies kann gemäß dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung bei nicht erfolgter Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigen innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist und damit einhergehenden Übersendung der Dokumente an eine der Behörde bekannte Zustelladresse, mit dieser bekannten Zustelladresse nur die bekannte Zustelladresse im Ausland gemeint sein. Dies ergibt sich auch daraus, dass das Nichtbestehen einer Abgabestelle im Inland und das Bekanntsein einer Zustelladresse im Ausland Voraussetzung für die Anwendung des § 10 ZustG darstellen und folglich eine Zustelladresse im Inland nicht bekannt iSd § 10 ZustG sein kann.

Eine Zustellung beim Arbeitgeber wäre auch unabhängig von allfälligen Rechtsfolgen des § 10 ZustG unwirksam. Damit der Arbeitsplatz nämlich als Abgabestelle in Betracht kommen kann, muss es sich (auch in örtlicher Hinsicht) um die Stelle handeln, an der der Empfänger tatsächlich beschäftigt ist (VwGH 23.02.1998, 97/17/0216). So war der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zustellung der genannten Strafverfügung nicht bei der CC beschäftigt und hätte ihm folglich an dieser Adresse nicht ordnungsgemäß zugestellt werden können.

Da die Strafverfügung vom 04.01.2016 dem Beschwerdeführer jedoch von seinem (ehemaligen) Arbeitgeber (zusammen mit den sonstigen im Bescheid vom 05.12.2016 genannten Strafverfügungen) übergeben und zur Kenntnis gebracht wurde, ist ein zuvor bestandener Zustellmangel gemäß § 7 ZustG geheilt (vgl zB VwGH 25.04.2006, 2003/21/0034).

Aufgrund der fälschlichen Annahme betreffend die Anwendung des § 10 ZustG wurde das Straferkenntnis vom 19.04.2017 von der belangten Behörde sodann ohne Zustellnachweis an die Adresse Adresse 2, X, versandt. Dieses wurde ohne Hinterlegung von der Post am 24.04.2017 mit dem Vermerk „unbekannt“ retourniert.

Da der Beschwerdeführer über zwei Abgabestellen im Inland verfügte, wäre ihm das Straferkenntnis vom 19.04.2017, wenn er nicht persönlich angetroffen werden könnte, an einer dieser Abgabestellen zu hinterlegen oder ein weiterer Zustellversuch zu unternehmen gewesen. Die Wirksamkeit einer Zustellung durch Hinterlegung nach § 17 ZustG setzt zunächst voraus, dass sich der Empfänger im Zeitpunkt des Zustellversuchs regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Allein die Tatsache, dass der Empfänger anlässlich der Zustellversuche an der Abgabestelle tagsüber nicht angetroffen werden kann, lässt für sich nicht den Schluss zu, dass der Empfänger ortsabwesend ist (VwGH 9.12.1983, 83/02/0197). Regelmäßig ist der Aufenthalt des Empfängers an der (jeweiligen) Abgabegestelle, wenn dieser, von periodischen, kurzfristigen Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückkehrt.

Maßgeblich für die Nichtbeeinträchtigung der Regelmäßigkeit des Aufenthalts ist dabei, dass der Empfänger trotz der Abwesenheit in der Lage und es ihm zumutbar ist, Zustellvorgänge an der (jeweiligen) Abgabestelle wahrzunehmen (VwGH 24.11.1971, 148/71; VwGH 11.11.1973, 1148/73; VwGH 08.03.1979, 1449/77; VwGH 16.01.1981, 312/78; VwGH 19.05.1993, 92/09/0331; uva). In diesem Sinn stellt – wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt - etwa die berufsbedingte Abwesenheit tagsüber aber allenfalls auch an ganzen Wochentagen, verlängerten Wochenenden oder für eine ganze Woche kein die Regelmäßigkeit des Aufenthalts ausschließendes vorübergehendes Verlassen der Abgabestelle dar (vgl VwGH 23.3.1981, 1799/80; VwGH 26.11.1991, 91/14/0218, VwGH 11.9.1998, 95/19/0663; uva).

Im konkreten Fall befand sich der Beschwerdeführer regelmäßig an den genannten Abgabestellen in X und W und fallen die verfahrensgegenständlichen Zustellung auch nicht in seine, durch Urlaubsaufenthalte in China bedingte, Ortsabwesenheiten.

Die Zustellung des Bescheides vom 05.12.2016 durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG vom 02.02.2017 war bereits aus dem Grund, dass es sich bei dem zuzustellendem Dokument um die Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland betreffend die Zustellung einer Strafverfügung – somit um ein Strafverfahren – handelte, nicht zulässig.

Mangels ordnungsgemäßer Zustellung des Straferkenntnisses vom 19.04.2017 konnte dieses keine rechtlichen Wirkungen entfalten und demnach auch nicht in Rechtskraft erwachsen. Rechtswidrig zugestellte Bescheide, weil nicht zugestellt, sind daher nicht entstanden, dh nichtig (VwGH 18.10.2000, 95/08/0330).

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Riedler

(Richter)

Schlagworte

Heilung von Zustellmängeln; Änderung der Abgabestelle; Zustellbevollmächtigter; öffentliche Bekanntmachung; Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.41.1038.5

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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