TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/31 W154 2013194-1

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Veröffentlicht am 31.10.2018
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Entscheidungsdatum

31.10.2018

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
Dublin III-VO Art.28
FPG §76
VwGVG §35

Spruch

W 154 2013194-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, XXXX geb., alias XXXX, XXXX geb., StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2014, Zl. 1020218706/140014104, sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß Art. 28 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) und § 76 FPG iVm. § 22a BFA-VG idgF stattgegeben und der Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft von 28.09.2014 bis 28.10.2014 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

III. Gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung, hat der Bund der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von Euro 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2014 wurde über den Beschwerdeführer Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

1.2. Mit ho. Erkenntnis vom 22.10.2014 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß Art. 28 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) und § 76 Abs. 2a Z 2 FPG iVm. § 22a BFA-VG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A) I.) und gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm. Art. 28 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) und § 76 Abs. 2a Z 2 FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen (Spruchpunkt A) II.). Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wurde abgewiesen (Spruchpunkt A) III.). Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt (Spruchteil B).

1.3. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2015, E 1553/2014-14, wurde das o.a. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.10.2014 in Bezug auf Spruchpunkt

A) I. wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung

aufgehoben. Hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. des Spruchteiles A wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.4. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.05.2015, Ro 2015/21/0004-3, wurde die Revision gegen Spruchpunkt A) I. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt und im Übrigen das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer (BF) ist ein Staatsangehöriger Somalias und reiste von Italien kommend unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 11.10.2014, Zahl:

1020218706, 14666696 gemäß §5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und Italien als zuständiger Staat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz festgestellt. Zugleich wurde gemäß § 61 FPG die Außerlandesbringung angeordnet.

Das BFA stellte am 25.06.2014 ein Wiederaufnahmegesuch an die italienischen Behörden, am 17.09.2014 langte die Zustimmung des Italienischen Innenministeriums auf Rückübernahme (Art. 13 Abs. 1 Dublin-III VO) ein.

Mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom BF persönlich übernommen am 28.09.2014, wurde über den BF gemäß Art. 28 der Verordnung (EU) 604/2013 iVm. § 76 Abs. 2a Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Mit dem am 20.10.2014 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Schriftsatz des bevollmächtigten Vertreters des BF wurde gegen den Schubhaftbescheid und die (andauernde) Anhaltung in Schubhaft Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.10.2014 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß Art. 28 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) und § 76 Abs. 2a Z 2 FPG iVm. § 22a BFA-VG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A) I.) und gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm. Art. 28 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) und § 76 Abs. 2a Z 2 FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen (Spruchpunkt A) II.). Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wurde abgewiesen (Spruchpunkt A) III.). Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt (Spruchteil B).

Der Beschwerdeführer befand sich vom 28.09.2014 bis 28.10.2014 in Schubhaft.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2015, E 1553/2014-14, wurde das o.a. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.10.2014 in Bezug auf Spruchpunkt

A) I. wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung

aufgehoben. Hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. des Spruchteiles A wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.05.2015, Ro 2015/21/0004-3, wurde die Revision gegen Spruchpunkt A) I. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt und im Übrigen das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Aufgrund der Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung erweist sich die über den Beschwerdeführer angeordnete Schubhaft als gesetzwidrig.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den im Verfahrensgang (Pkt. I) und den Feststellungen (Pkt. II.1) angeführten Dokumenten sowie dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Dauer der Schubhaft des Beschwerdeführers ergibt aus den vorliegenden IFA-Ausdrucken sowie dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.2. Zu Spruchteil A)

Zu Spruchpunkt I. und II.)

Bezugnehmend auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2015, E 1553/2014-14, erweist sich die Schubhaft wegen der Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung (nämlich der mit Erkenntnis vom 12.03.2015, G 151/2014 u.a., aufgehobenen Abs. 1 und 2 des § 22a BFA-VG) als gesetzwidrig.

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann das Bundesamt über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn (Z 1) gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Rückkehrentscheidung erlassen wurde, (Z 2) gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß § 27 AsylG 2005 eingeleitet wurde; (Z 3) gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder (Z 4) auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 19.02.2015, Ro 2014/21/0075-5 ausgeführt, dass die Bestimmungen der Z 2 und der Z 4 des § 76 Abs. 2 FPG für sich betrachtet keine - gesetzlich festgelegten - objektiven Kriterien für die Annahme von (erheblicher) Fluchtgefahr iSd Dublin III-VO enthalten. Vielmehr knüpfe der dort jeweils als Grund für die Anordnung von Schubhaft genannte Umstand im gegebenen Zusammenhang nur an die Führung eines Verfahrens nach der Dublin III-VO an, was für sich genommen deren Art. 28 Abs. 1 widersprechen würde. Ein Rückgriff auf Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Judikatur vor allem zum Tatbestand der Z 4 des § 76 Abs. 2 FPG für die Annahme von "Fluchtgefahr" (Gefahr des "Untertauchens") als maßgeblich angesehen hat reiche daher nicht, um den Vorgaben der Dublin III-VO zu entsprechen. Solche Umstände hätten gesetzlich determiniert werden müssen. Solange dies nicht der Fall ist, kommt Schubhaft gegen Fremde, die sich in einem Verfahren nach der Dublin III-VO befinden, zwecks Sicherstellung dieses Überstellungsverfahrens nach Art. 28 der Verordnung nicht in Betracht.

Es war daher in der Sache spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt III.)

Da der Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt wurden, ist gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei.

In der Beschwerde wurde vom Beschwerdeführer beantragt, ihm Kostenersatz im Umfang von § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung als Ersatz des Schriftsatzaufwandes zuzuerkennen.

Da im gegenständlichen Verfahren die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte, war der von der belangten Behörde als unterlegene Partei zu leistende Aufwandersatz auf den Ersatz des Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers in Höhe von 737,60 Euro zu beschränken.

3.3. Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung beruht zudem auf den im Verfahrensgang angeführten höchstgerichtlichen Erkenntnissen. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Kostenersatz, Rechtsgrundlage, Rechtswidrigkeit,
Schubhaftbeschwerde, verfassungswidrig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2013194.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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