TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/10 99/19/0102

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Veröffentlicht am 10.09.1999
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Index

10/07 Verfassungsgerichtshof;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §16;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z1;
FrG 1997 §10 Abs1 Z1;
FrG 1997 §113 Abs8;
FrG 1997 §114 Abs4;
FrG 1997 §114 Abs7;
FrG 1997 §12 Abs3;
FrG 1997 §15 Abs1;
FrG 1997 §15 Abs2;
FrG 1997 §15 Abs3;
FrG 1997 §15;
VerfGG 1953 §87 Abs2;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1962 geborenen MP in V, vertreten durch Dr. F und Dr. B, Rechtsanwälte in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. April 1999, Zl. 309.381/2-III/11/98, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages i.A. Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 21. März 1994 die Verlängerung seiner bis 25. März 1994 gültigen Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt namens des Landeshauptmannes von Kärnten vom 8. August 1994 abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 1995 wurde dieser Berufung stattgegeben und der angefochtene Bescheid "ersatzlos behoben".

Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 22. November 1994 wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, welche bei diesem Gerichtshof zur Zl. B 74/95 protokolliert wurde. Mit Beschluss vom 10. Februar 1995 erkannte der Verfassungsgerichtshof dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1995 lehnte dieser Gerichtshof die Behandlung der zur Zl. B 74/95 protokollierten Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, bei welchem sie zur Zl. 95/18/0573 (später 95/21/0357) protokolliert wurde. Vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte der Beschwerdeführer die abgetretene Beschwerde. Ein Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1998, Zl. 95/21/0357-10, wurde die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde in Anwendung des § 114 Abs. 4 und 7 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Zustellung dieses Beschlusses an den Beschwerdeführer erfolgte am 3. August 1998.

Mit dem am 8. September 1998 bei der belangten Behörde eingelangten Devolutionsantrag machte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht in Ansehung seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 21. März 1994 auf die belangte Behörde geltend. Der Beschwerdeführer führte insbesondere aus, der "ersatzlosen" Behebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 8. August 1994 durch die belangte Behörde mit Bescheid vom 24. Jänner 1995 sei die Auffassung zugrunde gelegen, dass die erstinstanzliche Behörde aufgrund des Berufungsbescheides nunmehr ihr weiteres Vorgehen nach den §§ 2, 4 und 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) zu richten haben werde. Dennoch habe die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt nach Zustellung dieses aufhebenden Berufungsbescheides während mehr als dreieinhalb Jahren keinen Ersatzbescheid erlassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. April 1999 wurde der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 8. September 1998 gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Antrag des Beschwerdeführers vom 21. März 1994 sei aufgrund der nunmehr geltenden Rechtslage als solcher auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu werten. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 15. Juni 1994 sei über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren verhängt worden. Seiner Berufung gegen diesen Bescheid sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 22. November 1994, dem Beschwerdeführer zugestellt am 29. November 1994, nicht Folge gegeben worden. Dagegen sei Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erhoben "und im Zuge dessen die aufschiebende Wirkung zuerkannt" worden. Dessen ungeachtet sei im Falle des Beschwerdeführers die Bestimmung des § 15 FrG 1997 anzuwenden gewesen. Gemäß § 15 Abs. 3 leg. cit. sei das Verfahren über den Antrag auf Erteilung des weiteren Aufenthaltstitels formlos einzustellen, wenn eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft erwachse. Daraus ergebe sich, dass mit rechtswirksamer Zustellung des Berufungsbescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten am 29. November 1994 das Aufenthaltsverbot in formelle Rechtskraft erwachsen sei und daher "der Antrag des Beschwerdeführers als formlos eingestellt gelte".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

     § 12 Abs. 3, § 15, § 111 Abs. 1, § 112, § 113 Abs. 8 sowie

§ 114 Abs. 4 und 7 FrG 1997 lauten:

"§ 12. ...

...

(3) Fremden darf wegen eines Sachverhaltes, der keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot zulässt, ein weiterer Aufenthaltstitel für denselben Aufenthaltszweck nicht versagt werden.

...

§ 15. (1) Werden in einem Verfahren zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels Versagungsgründe bekannt, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme - den Antragsteller vom Versagungsgrund in Kenntnis zu setzen, ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung (§§ 33 ff) beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 37) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist, zu äußern.

(2) Nach Ablauf dieser Frist ist bei unverändertem Sachverhalt das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung zu veranlassen; der Ablauf der Frist des § 73 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, wird dadurch bis zum Abschluss dieses Verfahrens gehemmt. Sobald sich ergibt, dass eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig ist, hat die Behörde den weiteren Aufenthaltstitel zu erteilen.

(3) Erwächst jedoch eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung des weiteren Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Dieses Verfahren ist fortzusetzen, sobald nach einer Aufhebung der Ausweisung oder des Aufenthaltsverbotes durch den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof feststeht, dass deren Verhängung nunmehr unterbleibt.

...

§ 111. (1) ... Die §§ 34 Abs. 1, 113 Abs. 8 und 114 Abs. 1

Schlusssatz sowie § 114 Abs. 6 treten mit 15. Juli 1997 in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 1998 in Kraft.

...

§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. Soweit sich hiedurch die Zuständigkeit einer anderen Behörde ergibt, ist die Sache ungeachtet ihres Verfahrensstandes der zuständigen Behörde erster Instanz abzutreten.

§ 113. ...

...

(8) Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung versagt oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung verfügt wird, dürfen nach dem 15. Juli 1997 nicht mehr erlassen werden. In diesen Fällen gelten die §§ 12 Abs. 3 und 15 bis zum 1. Jänner 1998 für die Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen.

...

§ 114. ...

...

(4) Aufenthaltsverbote, die beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof angefochten sind, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der angefochtene Bescheid nicht offensichtlich auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Grundlage fände.

...

(7) In den Fällen der Abs. 4 und 5 ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen; mit dem Beschluss über die Gegenstandslosigkeit der Beschwerden tritt in diesen Fällen auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft. Solchen Aufenthaltsverboten oder Ausweisungen darf für Entscheidungen, die nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes getroffen werden sollen, keine nachteilige Wirkung zukommen."

In den Erläuterungen zum Fremdengesetz, RV 685 BlgNR 20. GP, heißt es zu §§ 12 Abs. 3 und 15 (auszugsweise):

"Kommt die Fremdenpolizeibehörde jedoch nach ihrer Prüfung zu demselben Ergebnis wie die Niederlassungsbehörde, erlässt sie die Ausweisung oder das Aufenthaltsverbot. Gegen die Ausweisung oder die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes steht der Rechtszug an die Sicherheitsdirektion des jeweiligen Landes und in der Folge an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts offen. Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, hat die Behörde den Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels formlos ex lege einzustellen. Das Verfahren ist jedoch fortzusetzen, sobald durch eine Entscheidung des VfGH oder VwGH die Ausweisung oder das Aufenthaltsverbot aufgehoben wird und es nicht zu einer neuerlichen aufenthaltsbeendenden Maßnahme kommen kann. ..."

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten habe mit Bescheid vom 18. Juli 1994 seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 15. Juni 1994 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Wohl sei in der Folge mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 22. November 1994 der Berufung keine Folge gegeben worden. Dessen ungeachtet hätten an diese meritorische Entscheidung der Sicherheitsdirektion im Hinblick auf die bereits zuerkannte aufschiebende Wirkung keine Rechtsfolgen geknüpft werden dürfen. Überdies habe der Verfassungsgerichtshof mit seinem Beschluss vom 10. Februar 1995 der Beschwerde gegen den letztgenannten Bescheid die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Schließlich habe der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung des § 114 Abs. 4 und 7 FrG 1997 das Beschwerdeverfahren eingestellt. Damit sei auch der erstinstanzliche Aufenthaltsverbotsbescheid außer Kraft getreten. Daraus folge, dass "ex tunc" an den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 22. November 1994 keine Rechtswirkungen geknüpft werden dürften.

Damit sei ein Tatbestand im Sinne des § 15 Abs. 3 FrG 1997 am 15. Juli 1997, dem Tag des Inkrafttretens dieser Bestimmung, nicht vorgelegen.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Unbeschadet der Frage seiner Rechtmäßigkeit konnte der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 15. Juni 1994 nur solange Wirkungen entfalten, als über diese Berufung noch keine Berufungsentscheidung ergangen war.

Mit Zustellung des die Berufung des Beschwerdeführers abweisenden Bescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 22. November 1994 war daher vom Vorliegen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes auszugehen.

Zwar trifft die Auffassung des Beschwerdeführers zu, wonach im Hinblick auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gegen diesen Aufenthaltsverbotsbescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde mit Beschluss dieses Gerichtshofes vom 10. Februar 1995 zunächst keine Rechtswirkungen an dieses Aufenthaltsverbot geknüpft werden durften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/19/0075). Dies galt jedoch nur so lange, als das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof anhängig war. Die Anhängigkeit des in Rede stehenden Beschwerdeverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof endete aber mit der vor dem 15. Juli 1997 erfolgten Zustellung des Ablehnungsbeschlusses vom 27. Februar 1995.

Danach war der in Rede stehenden Beschwerde gegen diesen Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Eine ausdrückliche gegenteilige Feststellung, welche allerdings aktenwidrig wäre, findet sich im angefochtenen Bescheid nicht. Die dort erwähnte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer (auch) beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenen Beschwerde scheint sich auf den in Rede stehenden, vom Beschwerdeführer auch erwähnten, Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zu beziehen.

Nach dem Vorgesagten hatte die belangte Behörde davon auszugehen, dass am 15. Juli 1997, dem Tag des Inkrafttretens des § 15 FrG 1997 für Anträge auf Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen (vgl. § 113 Abs. 8 FrG 1997), ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer vorlag. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von jenem, welcher dem bereits zitierten Erkenntnis vom 19. November 1998 zugrundelag, weil im letztgenannten Fall die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung am 15. Juli 1997 noch aufrecht war.

In seinem unmittelbaren Anwendungsbereich regelt § 15 FrG 1997 die Rechtsfolgen einer von der Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde veranlassten Einleitung eines aufenthaltsbeendigenden Verfahrens für das Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung (den Verlängerungsantrag). In diesem vom Gesetz unmittelbar geregelten Fall bewirkt die Veranlassung des Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung die Ablaufhemmung der Frist des § 73 AVG. Führt das von der Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde veranlasste Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung zu einem rechtskräftigen Bescheid über diese, so ist das Verfahren über den in Rede stehenden Antrag formlos einzustellen. Nicht die Einstellung bewirkt den Entfall der Entscheidungspflicht, sondern schon die davor erfolgte Veranlassung der Aufenthaltsbeendigung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits erwähnten hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/19/0075, ausführte, ist es aus gesetzessystematischen und teleologischen Erwägungen geboten, § 15 FrG 1997 auch auf nicht von der Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde veranlasste aufenthaltsbeendigende Verfahren anzuwenden. Im Falle der Anhängigkeit eines solchen aufenthaltsbeendigenden Verfahrens bei der Fremdenpolizeibehörde hat die Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde zunächst nach § 15 Abs. 1 FrG 1997 vorzugehen und kann sodann die in § 15 Abs. 2 FrG 1997 vorgesehene Ablaufhemmung durch einen Aktenvermerk in Verbindung mit einer entsprechenden Mitteilung an den Antragsteller oder die Fremdenpolizeibehörde herbeiführen.

Erwächst jedoch die nicht von der Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde veranlasste Aufenthaltsbeendigung (nach Inkrafttreten des § 15 FrG 1997) in Rechtskraft (ohne dass diese Behörde auf die eben geschilderte Weise den Wegfall der Entscheidungspflicht herbeigeführt hat), so ist der Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde die Erteilung der Bewilligung zwingend versagt (§ 10 Abs. 1 Z. 1 FrG 1997 und § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG 1992). Anders als bei Anhängigkeit eines aufenthaltsbeendigenden Verfahrens bei den Fremdenpolizeibehörden ist daher im Falle der rechtskräftigen Beendigung eines solchen Verfahrens für die Durchführung der in § 15 Abs. 1 FrG 1997 vorgesehenen Verfahrensschritte durch die Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde kein Raum. Andererseits stünden der ansonsten gebotenen Antragsabweisung die §§ 12 Abs. 3, 15 FrG 1997 entgegen. In dieser Konstellation endet die Entscheidungspflicht der Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde ex lege mit der Rechtskraft der Aufenthaltsbeendigung. Der Wegfall der Entscheidungspflicht und damit der Säumnis tritt also bereits bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Einstellung ein. Davon zu unterscheiden ist die formlos vorzunehmende Einstellung des Verfahrens selbst, auf die es für die Frage der Beendigung der Säumnis nicht ankommt (vgl. in diesem Zusammenhang den zur vergleichbaren Bestimmung des § 30 Abs. 1 AsylG 1997 ergangenen hg. Beschluss vom 24. Juni 1999, Zl. 98/20/0395).

Schließlich ist § 15 Abs. 3 FrG 1997 ab dem 15. Juli 1997 auch dann anzuwenden, wenn, wie hier, bei Inkrafttreten dieser Bestimmung eine aufenthaltsbeendigende Maßnahme bereits in Rechtskraft erwachsen war. Auch diesfalls ist der Niederlassungs-(Aufenthalts-)behörde die Erteilung der Bewilligung gleichermaßen verwehrt wie die Abweisung des Antrages. Sie hat daher, ebenso wie wenn eine Aufenthaltsbeendigung nach diesem Zeitpunkt in Rechtskraft erwächst, mit formloser Einstellung vorzugehen. Die Entscheidungspflicht endet diesfalls bereits mit Inkrafttreten des § 15 Abs. 3 FrG 1997 am 15. Juli 1997.

Dem Beschwerdeführer ist zuzubilligen, dass der über ihn verhängte Aufenthaltsverbotsbescheid aus dem Grunde des § 114 Abs. 4 FrG 1997 am 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten ist. Gemäß § 114 Abs. 7 FrG 1997 trat mit Zustellung des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1998 am 3. August 1998 auch der erstinstanzliche Aufenthaltsverbotsbescheid außer Kraft. Schließlich darf einem solchen Aufenthaltsverbotsbescheid für Entscheidungen, die nach Inkrafttreten des FrG 1997 getroffen werden sollen, keine nachteilige Wirkung zukommen.

§ 15 Abs. 3 letzter Satz FrG 1997 regelt in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich lediglich den Fall, dass das in Rechtskraft erwachsene Aufenthaltsverbot durch den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde und ordnet diesfalls die Fortsetzung des Niederlassungsverfahrens an, sobald feststeht, dass die Verhängung des Aufenthaltsverbotes nunmehr unterbleibt.

§ 114 Abs. 7 letzter Satz FrG 1997 bezweckt, jene Beschwerdeführer, deren Beschwerdeverfahren nach § 114 Abs. 4 leg. cit. eingestellt wurden, bei denen also eine Überprüfung der Frage, ob sie durch das seinerzeit verhängte Aufenthaltsverbot in Rechten verletzt wurden, unterblieben ist, vor jenen Nachteilen zu schützen, die sie aus der Zugehörigkeit des von den Gerichtshöfen öffentlichen Rechtes letztlich nicht überprüften Aufenthaltsverbotes zum Rechtsbestand für den Zeitraum bis zu seinem Außerkrafttreten in Zukunft treffen könnten.

Dieser Zweck gebietet es auch, eine Fortsetzung von Niederlassungsverfahren zu ermöglichen, die infolge der Rechtskraft solcher Aufenthaltsverbote zur Einstellung gelangten.

Allerdings ist davon auszugehen, dass der Schutz des § 114 Abs. 7 letzter Satz FrG 1997 nicht über jenes Maß hinausgehen kann, welches einem Fremden im Falle der Aufhebung einer aufenthaltsbeendigenden Maßnahme durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes erwachsen kann. § 114 Abs. 4 und 7 FrG 1997 nähern daher die Rechtsfolgen der in § 114 Abs. 4 FrG 1997 umschriebenen Aufenthaltsverbote jenen von aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen, die durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes mit Wirkung ex tunc aufgehoben wurden, an.

Damit erweist es sich aber als gerechtfertigt, § 15 Abs. 3 letzter Satz FrG 1997 analog auf jene Verfahren zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung anzuwenden, die infolge eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes einzustellen waren, wenn dieses Aufenthaltsverbot in der Folge am 1. Jänner 1998 gemäß § 114 Abs. 4 FrG 1997 außer Kraft getreten ist.

Gemäß § 15 Abs. 3 letzter Satz FrG 1997 ist das Verfahren erst dann fortzusetzen, wenn nach einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes (oder im analogen Anwendungsbereich kraft Gesetzes mit 1. Jänner 1998) feststeht, dass dessen Verhängung nunmehr unterbleibt.

Dieser Tatbestand ist im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 letzter Satz FrG 1997 nicht schon dann gegeben, wenn der letztinstanzliche Aufenthaltsverbotsbescheid durch den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde, sondern erst dann, wenn etwa durch den Ersatzbescheid der Berufungsbehörde das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot ersatzlos aufgehoben (und damit das Verfahren beendet) wurde.

In dem hier in Rede stehenden analogen Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 letzter Satz FrG 1997 trat zunächst am 1. Jänner 1998 der zweitinstanzliche Aufenthaltsverbotsbescheid ex lege außer Kraft. Der Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichtshofes bewirkte auch das Außerkrafttreten des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides. Mit Zustellung dieses Beschlusses war das Verfahren wieder bei der erstinstanzlichen Fremdenpolizeibehörde anhängig.

Solange es nicht zu einer Einstellung dieses Aufenthaltsverbotsverfahrens durch die erstinstanzliche Behörde kam, stand aber nicht fest, dass die Verhängung des Aufenthaltsverbotes nunmehr unterbleibt, weil es ja Sache der Aufenthaltsverbotsbehörde erster Instanz war nunmehr zu prüfen, ob nach dem FrG 1997 neuerlich eine aufenthaltsbeendigende Maßnahme zu setzen war.

Erst nach einer Einstellung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsverfahrens wäre festgestanden, dass die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nunmehr unterbleibt. Dass eine solche Einstellung nach Zustellung des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht, vielmehr bringt dieser vor, die erstinstanzliche Fremdenpolizeibehörde habe mit Bescheid vom 18. November 1998 neuerlich ein Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen.

Die am 15. Juli 1997 infolge der rechtskräftigen Aufenthaltsbeendigung entfallene Entscheidungspflicht der erstinstanzlichen Behörde gemäß § 73 AVG ist daher auch nach Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1998 noch nicht wieder aufgelebt, weil auch damit noch nicht feststand, dass die Verhängung des Aufenthaltsverbotes nunmehr endgültig unterbleibt.

Mangels einer zwischenzeitigen Einstellung des Aufenthaltsverbotsverfahrens bestand daher im für die Beurteilung seiner Zulässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages (8. September 1998) keine Entscheidungspflicht der erstinstanzlichen Niederlassungsbehörde. Anders als bei der - jedenfalls bloß vorübergehenden - Hemmung der Entscheidungspflicht bei geschlossener Quote gemäß § 9 Abs. 3 AufG (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208) setzt aber die Zulässigkeit der Geltendmachung einer Verletzung der Entscheidungspflicht (durch Devolutionsantrag) in der hier vorliegenden Konstellation nicht nur den Ablauf der Frist des § 73 Abs. 1 AVG voraus sondern darüber hinaus auch, dass die Entscheidungspflicht der erstinstanzlichen Behörde nicht infolge des Eintrittes der Voraussetzungen für die Einstellung des Verfahrens (allenfalls auch endgültig) weggefallen ist.

Aus diesen Erwägungen wurde der Beschwerdeführer durch die Zurückweisung seines Devolutionsantrages durch die belangte Behörde nicht in Rechten verletzt.

Seine Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. September 1999

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999190102.X00

Im RIS seit

14.12.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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