TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/30 W165 2209917-1

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Veröffentlicht am 30.11.2018
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Entscheidungsdatum

30.11.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W165 2209915-1/5E

W165 2209917-1/2E

W165 2209919-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX und 3. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Demokratische Republik Kongo, alle vertreten durch Mag. Verena KAISER, Österreichisches Rotes Kreuz, Merangasse 26, 8010 Graz, über die Beschwerden gegen die Bescheide der österreichischen Botschaft Nairobi vom 25.06.2018, GZ: Nairobi-ÖB/KONS/0467/2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1), ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF2) und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3).

Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellten am 29.08.2016 per E-Mail und am 04.10.2016 unter persönlicher Vorsprache bei der Österreichischen Botschaft Nairobi (im Folgenden: ÖB Nairobi) Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann der BF1 und angebliche Vater des BF2 und der BF3 angegeben, dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.06.2015, Zl. 04 04.109-BAG, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Den Einreiseanträgen vom 29.08.2016 waren diverse Unterlagen (in Kopie) angeschlossen, wie die Reisepässe der BF und der Bezugsperson, die Geburtsurkunden der BF (in französischer Sprache), eine Heiratsurkunde der BF1 und der Bezugsperson (in französischer Sprache), der Asylbescheid der Bezugsperson vom 21.06.2005, eine Meldebestätigung der Bezugsperson vom 26.03.2015, eine Gehaltsbestätigung der Bezugsperson vom Juli 2016.

Zu den seitens der ÖB Nairobi an das BFA samt Unterlagen weitergeleiten Einreiseanträgen übermittelte das BFA der ÖB Nairobi mit Schreiben vom 22.09.2017 eine Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 samt Stellungnahme, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Bezugsperson habe ihre Mitwirkungspflicht verletzt, weshalb trotz mehrmaliger Ladungsversuche keine Einvernahme stattfinden habe können. Durch die Verletzung der Mitwirkungspflicht habe eine Familieneigenschaft nicht geklärt werden können. Die Bezugsperson verfüge über keine fixe Wohnadresse und sei zumeist lediglich kurzfristig - vor allem in einer Notunterkunft - untergebracht. Die Bezugsperson verfüge über kein monatliches Einkommen und beziehe lediglich Notstandshilfe, Überbrückungshilfe und Arbeitslosengeld. Die Bezugsperson sei somit nicht fähig, sich um ihre Familie zu kümmern. Die BF1 gebe an, die Ehefrau der Bezugsperson zu sein, könne sich jedoch an das Hochzeitsdatum nicht erinnern. Weiters gebe diese an, mit der Bezugsperson fünf Kinder zu haben, zwei davon seien bereits volljährig, der Aufenthalt dieser Kinder sei der Mutter unbekannt. Der BF2 habe einen Zwillingsbruder, welcher von seinem Onkel nach Angola mitgenommen worden sei. Es bestehe kein Kontakt zum Sohn. Ebenso gebe die BF1 an, dass das jüngste Kind (BF3) die leibliche Tochter der Bezugsperson sei. Da die Bezugsperson für die Behörde nicht greifbar sei, habe diese Frage nicht abgeklärt werden können. Die BF1 selbst habe lediglich vage und ungenaue Angaben diesbezüglich getätigt. Voraussetzung dafür, dass ein Familienverfahren geführt und daher auch die Einreise gewährt werde, sei, dass eine Eigenschaft als Familienangehöriger bestehe. Das behauptete Familienverhältnis müsse nicht nur glaubhaft gemacht werden, sondern als erwiesen anzusehen sein, womit der volle Beweis im Sinne des AVG zu erbringen sei.

Mit Schreiben der ÖB Nairobi vom 06.10.2017, der Rechtsvertreterin der BF zugestellt am 12.10.2017, wurde den BF unter Anschluss der Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 22.09.2017 die Möglichkeit zur Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose eingeräumt. Aus dieser ergebe sich, dass die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzulehnen wären. Den BF wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens, die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

Mit Schreiben vom 19.10.2017 erstattete die Rechtsvertreterin der BF eine Stellungnahme an die ÖB Nairobi. Zur Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Bezugsperson und der Wohnsituation der Bezugsperson wurde ausgeführt, dass sich diese derzeit auf Wohnungssuche befinde und laut angeschlossener Bestätigung einer Einrichtung der Caritas dort am 25.10.2017 bis zur Anmietung einer eigenen Wohnung gemeldet würde. Die Bezugsperson habe laut ihren Angaben in der Zeit davor bei ihrer Schwester gewohnt, ihr Dienstvertrag sei auch auf diese Adresse ausgestellt worden. Die Bezugsperson sei nunmehr über die Einrichtung der Caritas offiziell erreichbar und stehe jederzeit zu einer Einvernahme zur Klärung sämtlicher im Familienverfahren aufgetretener Fragestellungen zur Verfügung. Im Hinblick auf die bereits am 29.08.2016 erfolgte schriftliche Antragstellung seien die Erfordernisse des § 60 AsylG 2005 von der Bezugsperson nicht zu erfüllen. Die Bezugsperson stehe seit 21.06.2016 in einem durchgehenden Arbeitsverhältnis und seien der Dienstvertrag und einige Lohnzettel der Stellungnahme angeschlossen. Der in der Stellungnahme des BFA angesprochene Zwillingsbruder des BF2 lebe mittlerweile wieder bei seiner Mutter (BF1) und solle auch für diesen ein Antrag gemäß § 35 AsylG 2005 an die ÖB Nairobi gestellt werden. Bei der BF3 handle es sich ebenfalls um die leibliche Tochter der Bezugsperson, was jederzeit durch Befragung dieser oder auch allenfalls mittels Durchführung einer DNA-Analyse bestätigt werden könnte.

Der Stellungnahme der BF vom 19.10.2017 waren ein Dienstvertrag und diverse Lohnzettel der Bezugsperson sowie eine Bestätigung der Caritas vom 04.10.2017 über eine längstens 4-wöchige Hauptwohnsitzmeldung der Bezugsperson ab Ausstellung der Bestätigung angeschlossen.

Mit Schreiben vom 28.05.2018 übermittelte das BFA der ÖB Nairobi unter Anschluss einer Stellungnahme vom 26.05.2018 abermals eine Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde angeführt, dass gegen die Bezugsperson ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten (subsidiär Schutzberechtigten) gemäß § 7 (§ 9) AsylG 2005 anhängig sei.

Mit Schreiben der ÖB Nairobi an die Rechtsvertreterin der BF vom 14.06.2018 erging abermals eine Aufforderung zur Stellungnahme. Das BFA habe mitgeteilt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden, da ein Verfahren zur Aberkennung gemäß §§ 7 bzw. 9 AsylG geführt werde. Daraus ergebe sich, dass die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzulehnen wären. Den BF wurde Gelegenheit gegeben, die angeführten Ablehnungsgründe innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

Mit Schreiben vom 21.06.2018 nahm die Rechtsvertreterin der BF abermals zu den Gründen der beabsichtigten Ablehnung Stellung. Zum Asylaberkennungsverfahren der Bezugsperson wurde ausgeführt, dass das anhängige Aberkennungsverfahren eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG darstellen würde. Somit sei die Entscheidung über die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 bis zur Entscheidung über die Vorfrage durch das BFA auszusetzen. Werde das Verfahren weder ausgesetzt noch wiederaufgenommen, würde dies ein massives Rechtschutzdefizit, sowie die Verletzung der Art. 6 und Art. 8 EMRK und der korrespondierenden Art. 7, 41 und 47 GRC, darstellen. Bislang sei kein Bescheid zur Aberkennung des Status ergangen und liege auch keine rechtskräftige Entscheidung diesbezüglich vor. Folglich könne nicht davon gesprochen werden, dass eine Gewährung desselben Schutzes ausgeschlossen sei. Somit wäre den BF die Einreise zu gewähren.

Mit E-Mail vom 25.06.2018 teilte das BFA der ÖB Nairobi nach Erhalt der Stellungnahme der BF vom 21.06.2018 mit, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festzuhalten sei.

Mit Bescheiden der ÖB Nairobi vom 25.06.2018, der Rechtsvertreterin der BF zugestellt am 02.07.2018, wurden die Einreiseanträge gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung von Anträgen auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Bezugsperson verfüge über keinen ordentlichen ständigen Wohnsitz in Österreich. Ein aufrechtes Ehe- und Familienleben habe nicht festgestellt werden können. Bei den vorgelegten Unterlagen handle es sich lediglich um Kopien, eine Echtheit der Dokumente habe nicht festgestellt werden können. Gegen die Bezugsperson sei ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG 2005 anhängig. Die Angaben der BF zur Angehörigeneigenschaft gemäß § 35 AsylG 2005 würden in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson gemachten Angaben widersprechen. Die Stellungnahme der BF vom 21.06.2017 sei dem BFA zugeleitet worden, das nach Prüfung mitgeteilt habe, dass durch das Vorbringen nicht unter Beweis gestellt habe werden können, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich sei.

Gegen den Bescheid richten sich die am 30.07.2018 eingebrachten Beschwerden, worin zum Asylaberkennungsverfahren der Bezugsperson im Wesentlichen wie bisher vorgebracht wurde. Zum Vorwurf, dass ein aufrechtes Ehe- und Familienleben nicht festgestellt habe werden können, wurde darauf verwiesen, dass die Bezugsperson laut ihren Angaben regelmäßig mit ihrer Ehefrau und den leiblichen Kindern Kontakt via Mobiltelefon halte und die Familie auch bis zur Flucht der Bezugsperson im gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Hinsichtlich der Echtheit der vorgelegten Dokumente wurde ausgeführt, dass sich die Originaldokumente laut Angaben der Bezugsperson bei der ÖB Nairobi befinden würden und dementsprechend auf Echtheit geprüft werden könnten. Zum Vorhalt, dass die Angaben der BF1 und der Bezugsperson zu den leiblichen Kindern divergieren würden, wurde ausgeführt, dass die BF1 und die Bezugsperson tatsächlich fünf gemeinsame - namentlich genannte - Kinder hätten.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 20.11.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 22.11.2018, wurden die Verwaltungsakten mit dem Hinweis, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen werde, vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

Gegen die Bezugsperson ist seit 26.05.2018 ein Asylaberkennungsverfahren anhängig, das bis dato nicht abgeschlossen wurde.

II. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Verwaltungsakten, den vorgelegten Unterlagen und dem Vorbringen der BF.

Der Umstand, dass gegen die Bezugsperson seit 26.05.2018 bis dato ein Asylaberkennungsverfahren anhängig ist, folgt aus der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA vom 14.06.2018 und einem dies bestätigenden aktuellen Auszug aus dem IZR zur Bezugsperson (30.11.2018).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt der Vertretungsbehörde keine eigene Prüfungskompetenz zu (VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, zumal die Prognose des BFA aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist.

Der Auffassung der österreichischen Vertretungsbehörde, dass den Einreiseanträgen nicht stattzugeben gewesen sei, zumal gegen die Bezugsperson ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG 2005 anhängig sei, ist beizupflichten:

Die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 normiert, dass das Bundesamt eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose ("Mitteilung, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist"), u.a nur dann erteilen darf, wenn gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9). Dies lässt die Wertung erkennen, dass - da während eines anhängigen Asylaberkennungsverfahrens eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose unzulässig ist - auch kein Einreisetitel zu erteilen ist. Im verfahrensgegenständlichen Fall steht - auch von den BF nicht in Abrede gestellt - fest, dass gegen die Bezugsperson seit 26.05.2018 ein Asylaberkennungsverfahren anhängig ist. Das BFA hat im Hinblick darauf der gesetzlichen Vorgabe entsprechend, eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose abgegeben und die Vertretungsbehörde in Bindung daran die Einreiseanträge zu Recht abgelehnt. Dass das Einreiseverfahren durch die Botschaft im Sinne des § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Asylaberkennungsverfahrens auszusetzen wäre, wie die Rechtsvertreterin der BF vermeint, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Abgesehen davon, dass es sich bei einer Verfahrensaussetzung nach § 38 AVG um eine "Kann-Bestimmung" handelt, stellt § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 explizit auf die Anhängigkeit eines Asylaberkennungsverfahrens ab und knüpft bereits hieran die Unzulässigkeit einer positiven Wahrscheinlichkeitsprognose. Dies führt in weiterer Folge an die hieran gebundene Vertretungsbehörde dazu, dass die Einreiseanträge abzulehnen sind. Die Vorgangsweise der Vertretungsbehörde ist somit nicht zu bemängeln. Das Asylaberkennungsverfahren gegen die Bezugsperson war auch noch im Entscheidungszeitpunkt der Vertretungsbehörde anhängig und ist auch gegenwärtig, somit im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht, nach wie vor anhängig.

Den Einreiseanträgen war daher bereits im Hinblick auf die Anhängigkeit eines Asylaberkennungsverfahrens der Bezugsperson nicht stattzugeben, sodass auf allfällige weitere einer Stattgebung möglicherweise entgegenstehende Umstände, wie eine allenfalls nicht bestehende Familienangehörigenschaft der BF3 zur Bezugsperson und die Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 durch die Bezugsperson, nicht mehr einzugehen war.

Im Übrigen ist es den BF unbenommen, im Falle, dass das Asylaberkennungsverfahren der Bezugsperson nicht zur Aberkennung ihres Asylstatus führen sollte und auch die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG 2005 erfüllt sein sollten, jederzeit neue Einreiseanträge zu stellen.

In Anbetracht dessen, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Asylaberkennung, Einreisetitel, österreichische Botschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W165.2209917.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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