TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/3 W126 2140974-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2018
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Entscheidungsdatum

03.09.2018

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W126 2140974-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 11.08.2016 betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlags, Zl. VA/ED-FP-0170/2016, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vom 11.08.2016 bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 11.08.2016, Zl. VA/ED-FP-0170/2016, wurde der Beschwerdeführerin ein Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 2.300,-- gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgeschrieben, weil im Rahmen der am 30.04.2016 erfolgten Betretung durch die Finanzpolizei festgestellt wurde, dass die Anmeldungen für drei Dienstnehmer nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sind.

2. In der Beschwerde vom 01.11.2016 machte die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin geltend, dass sie von 04.07.2016 bis 06.09.2016 in Urlaub gewesen sei und daher den Bescheid, welcher bis 05.09.2016 bei der Post gelegen sei, nicht abholen habe können.

Die drei Betretenen seien am 30.04.2016 für Arbeiten zur Hilfe gekommen. Es habe an diesem Tag noch Arbeit für ungefähr sieben Stunden gegeben. Die drei Betretenen seien Freunde und an dem Tag zum Grillen bei der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann eingeladen gewesen. Da es zu spät für das Grillen geworden wäre und sie dieses auf Sonntag verschieben hätten müssen, hätten die Betretenen ihre Hilfe angeboten. Sie seien für die Leistung auch nicht bezahlt worden. Die Schuhe und Arbeitskleidung, welche die Betretenen getragen hätten, hätte diesen gar nicht gepasst, weil dies die Schuhe und Kleidung der Arbeitskollegen gewesen seien. Zudem sei anhand der Hände der Betretenen erkennbar, dass diese zuvor nicht gearbeitet hätten.

XXXX (im Folgenden R. I.) und XXXX (im Folgenden R. Z.) würde sie schon seit fünf Jahren kennen. XXXX (im Folgenden R. Is.) habe sie erst kürzlich kennengelernt, vorher hätten sie telefonisch und über das Internet Kontakt gehabt. R. I. und R. Is. seien Zwillinge und R.

Z. sei deren Cousin. Die Familien würden sich untereinander kennen. R. Z. habe an diesem Tag zudem eine Lungenentzündung gehabt und daher gar nicht gearbeitet.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.11.2016 wurde die Beschwerde als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Zustellung des angefochtenen Bescheides mittels Zustellnachweises stattgefunden habe und die Hinterlegung am 17.08.2016 erfolgt sei, weshalb die Rechtsmittelfrist am 14.09.2016 geendet habe. Die Beschwerde vom 01.11.2016, eingelangt bei der belangten Behörde am 04.11.2016, sei daher verspätet.

4. Im Vorlageantrag vom 22.11.2016 führte die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass sie von 05.07.2016 bis 06.09.2016 auf Urlaub gewesen sei und daher den Bescheid nicht habe annehmen können, weil dieser nur bis 05.09.2016 bei der Post abholbereit gewesen sei. In der Zeit, in der sie abwesend gewesen sei, habe die Nachbarin die Post beaufsichtigt. Den Bescheid habe diese aber nicht annehmen können, da er persönlich angenommen werde haben müssen. So eine lange Abwesenheit sei zudem nicht geplant gewesen, aber habe sich aufgrund der gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter ergeben. Sie habe einen gelben Zettel erhalten, aber das Dokument sei bereits zurückgesendet worden. Erst nach einem Telefonat mit einem Mitarbeiter der belangten Behörde habe sie nach einer Kopie des Schreibens verlangt. Bis sie herausgefunden habe, um was es gegangen sei, sei die Frist schon abgelaufen gewesen.

In der Beilage wurde eine Kopie des Reisepasses der Gesellschafterin der Beschwerdeführerin vorgelegt, auf der ersichtlich ist, dass diese am 04.07.2016 aus- und am 06.09.2016 eingereist ist.

5. Mit Schreiben vom 29.11.2016 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt samt Beschwerde vor und führte ergänzend aus, dass der Beschwerdeführerin die Benachrichtigung über die Hinterlegung bekannt gewesen sei, die Abholung des Schriftstücks aber nicht erfolgt sei. Auf der Benachrichtigung sei als Absender die belangte Behörde angeführt. Es hätte somit nach der Rückkehr am 06.09.2016 aus dem Urlaub die Möglichkeit bestanden, beim Absender nachzufragen, welches Schriftstück hinterlegt worden sei. Eine diesbezügliche telefonische Anfrage sei erst am 17.10.2016 erfolgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Am 16.08.2016 erfolgte ein Zustellversuch des Bescheides der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 11.08.2016. Der Bescheid wurde am 17.08.2016 (Beginn der Abholfrist) hinterlegt. Es wurde eine Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung an der Adresse der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin hinterlegt. Am 07.09.2016 wurde der Bescheid zur belangten Behörde zurückgeschickt, weil keine Abholung erfolgte.

Die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin hielt sich von 04.07.2016 bis 06.09.2016 - aufgrund einer Erkrankung ihrer Mutter unerwartet lange - im Ausland auf. Am 17.10.2016 erkundigte sie sich telefonisch bei der belangten Behörde und verlangte eine neuerliche Zustellung des Bescheides vom 11.08.2016.

Am 19.10.2016 übernahm die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin den erneut von der belangten Behörde versendeten Bescheid vom 11.08.2016. Dagegen erhob sie am 01.11.2016 Beschwerde.

1.2. Zur Sache:

Die Beschwerdeführerin ist eine Kommanditgesellschaft im Geschäftszweig "Gartenarbeit, Gartenmöbelhandel" und erhielt einen Auftrag für Gartenarbeiten an der Adresse XXXX. Als Entgelt wurde dafür ein Betrag von EUR 3.000,-- (inkl. USt) vereinbart.

Im Rahmen der am 30.04.2016 erfolgten Kontrolle an der oben angeführten Adresse durch die Finanzpolizei wurden die drei Betretenen beim Transportieren mittels Schiebetruhe und Planieren von Schotter und Erdreich zur Vorbereitung von Rasenverlegearbeiten in verschmutzter Arbeitskleidung der Beschwerdeführerin angetroffen, ohne zur Sozialversicherung angemeldet zu sein.

Die Tätigkeit erfolgte zur Erfüllung des Auftrages der Gartenarbeiten an der genannten Adresse.

Die Betretenen boten dem Ehemann der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin zuvor an, bei den Arbeiten zu helfen und dieser war damit einverstanden.

Die Betretenen wurden am Betretungstag vom Ehemann der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin mit dem Firmenbus der Beschwerdeführerin von einer U-Bahn-Station abgeholt und zur gegenständlichen Adresse gefahren.

Die Betretenen waren im Anschluss zu einem Grillabend der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann eingeladen.

Die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin kennt R. I. und R. Z. seit ungefähr fünf Jahren, R. Is. hat sie erst kürzlich kennengelernt. Die Betretenen stehen untereinander in einem verwandtschaftlichen Verhältnis. Die unbeschränkt haftende Gesellschafterin und ihr Ehemann kennen die Familien der Betretenen.

Das Vorliegen von Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdiensten wird nicht festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Die erfolgte Hinterlegung des Bescheides vom 11.08.2016 am 17.08.2016 ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Nachweis der Post über die Hinterlegung. Nach den Angaben der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin wurde der Bescheid bis zum 05.09.2016 bei der Post zur Abholung bereitgehalten und da sie erst am 06.09.2016 zurückgekehrt ist, hat sie ihn nicht mehr abholen können. Diesen Ausführungen der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin ist die belangte Behörde nicht entgegengetreten. Auf dem Rücksendeetikett der Post ist zudem ersichtlich, dass der Bescheid am 07.09.2016 zur belangten Behörde zurückgesendet wurde.

Dass sich die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin von 04.07.2016 bis 06.09.2016 im Ausland aufgehalten hat, ergibt sich aus der vorgelegten Kopie ihres Reisepasses, in dem Stempel der Ein- und Ausreise ersichtlich sind. Dass ihr Aufenthalt im Ausland unerwartet lange war, stützt sich auf ihre plausiblen Hinweise in Bezug auf die Krankheit ihrer Mutter im Vorlageantrag.

Die am 19.10.2016 schließlich erfolgte Zustellung des angefochtenen Bescheides geht aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Zustellnachweis hervor.

2.2. Zur Sache:

Der Inhalt und die Ausgestaltung der Tätigkeit ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Schreiben der Finanzpolizei vom 30.04.2016, den im Akt befindlichen Fotos, welche im Rahmen der Kontrolle von den Betretenen und der Baustelle gemacht wurden sowie den Angaben des Ehemanns der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin in der niederschriftlichen Einvernahme der Finanzpolizei am 02.05.2016, welcher am Tag der Betretung anwesend war. Dass die Tätigkeit für den Geschäftsbetrieb erfolgt ist, geht ebenso aus dem Verwaltungsakt hervor.

Der Geschäftszweig der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Firmenbuchauszug vom 02.05.2016.

Den Angaben der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, welchen gefolgt wurde und welche der Beurteilung zu Grunde gelegt wurden, konnte das Vorliegen eines Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes nicht entnommen werden. Die Angaben des Ehemanns der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin stehen in Übereinstimmung mit den Angaben der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin und lässt sich aus diesen ein Naheverhältnis nicht ableiten.

Nach der Judikatur ist es Sache der Partei entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (VwGH 09.09.2014, Ro 2014/09/0047, VwGH 20.05.2014, 2012/08/0257, vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen Erkenntnisse des VwGH 18.05.2010, 2007/09/0374, und 12.07.2011, 2009/09/0101). Aus dem bloßen Umstand, dass sie sich seit ein paar Jahren kennen und sich auch die Familien untereinander kennen würden und dass sie mit R. I. und R. F. öfter zusammengesessen seien und gegessen und getrunken hätten, kann nicht auf eine spezifische Beziehung, welche über eine mehrjährige Bekanntschaft hinausgeht, geschlossen werden. Hinzu kommt, dass die Tätigkeit für den Geschäftsbetrieb der Beschwerdeführerin erbracht wurde.

Hinsichtlich R. Is. gab die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin in der Beschwerde und in Übereinstimmung mit den Angaben ihres Ehemanns in der niederschriftlichen Befragung durch die Finanzpolizei an, dass sie ihn erst kürzlich kennengelernt habe. Aus ihren Schilderungen geht zweifellos hervor, dass zwischen ihr und R. Is. kein besonderes Naheverhältnis besteht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) ist das Dokument, falls es an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Gemäß § 17 Abs. 2 ZustG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Im Beschwerdefall wurde der angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 11.08.2016 am 17.08.2016 bei der Post hinterlegt und drei Wochen danach, am 07.09.2016, der belangten Behörde retourniert.

Die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin kehrte aufgrund der Erkrankung ihrer Mutter unerwarteter Weise erst am 06.09.2016 aus ihrem Auslandsaufenthalt zurück. Da der Bescheid am der Rückkehr folgenden Tag, dem 07.09.2016, bereits retourniert wurde, konnte die Zustellung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG nicht wirksam erfolgen (siehe dazu auch OGH 03.10.2008, 3 Ob 149/08w, wonach sich keine gesetzlichen Grundlagen finden, aus denen sich ein allgemeiner Grundsatz ableiten ließe, es sei im geschäftlichen Verkehr generell von jedem Empfänger zu verlangen, stets auf behördliche Zustellungen gefasst zu sein und für eine Nachsendung oder Vertretung Vorsorge zu treffen, andernfalls die Wirkungen einer wirksamen Zustellung eintreten).

Die Kenntnis der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin über die Benachrichtigung der Hinterlegung und die erst am 17.10.2016 erfolgte telefonische Anfrage ändern nichts an der zuvor nicht wirksam erfolgten Zustellung.

Der angefochtene Bescheid vom 11.08.2016 wurde der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin erst mit der erneuten Zustellung am 19.10.2016 wirksam zugestellt. Die Beschwerde vom 01.11.2016 erfolgte daher innerhalb der Rechtsmittelfrist und war rechtzeitig.

Ist die Beschwerde zulässig, wurde sie mit der Beschwerdevorentscheidung aber zurückgewiesen, hat das Verwaltungsgericht inhaltlich über die Beschwerde zu erkennen (und den Ausgangsbescheid zu bestätigen, zu beheben oder abzuändern), wobei diese Entscheidung an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt, ohne dass diese explizit behoben werden muss (VwGH 17.12.2015, Ro 105/08/0026).

Aufgrund der Rechtzeitigkeit und damit Zulässigkeit der Beschwerde war über diese inhaltlich abzusprechen.

3.2. Zur Sache:

Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde (Ziffer 1).

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 €. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet das folgendes:

3.2.1. Als Vorfrage ist zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin daher verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vgl. verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. zuletzt VwGH 21.08.2017, Ra 2016/08/0119, mit Verweis auf VwGH 02.07.2013, 2011/08/0162, und 14.10.2015, 2013/08/0226, jeweils mwN). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte.

Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde zwar berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, 2003/08/0182).

Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass die Betretenen im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei beim Transportieren mittels Schiebetruhe und Planieren von Schotter und Erdreich zur Vorbereitung von Rasenverlegearbeiten im Auftrag der Beschwerdeführerin angetroffen wurden.

Die Tätigkeit der Betretenen ist als einfache manuelle Tätigkeit bzw. Hilfstätigkeit im Sinne der oben angeführten Judikatur zu werten und erfolgte für die Beschwerdeführerin, welche zudem im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes tätig wurde, sodass die Behörde zu Recht von Umständen ausgegangen ist, welche nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten.

Es kann der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Schluss gekommen ist, dass die Tätigkeit der Betretenen in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ausgeübt worden ist.

Der Einwand der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, dass man an den Händen der Betretenen sehen könne, dass diese vor diesem Tag nicht gearbeitet hätten, geht ins Leere, da für das Vorliegen von Beschäftigungsverhältnissen nicht erforderlich ist, dass diese an mehreren Tagen tätig sind.

Hinsichtlich der Tätigkeit der Betretenen macht die Beschwerdeführerin als atypische Umstände zudem das Vorliegen von unentgeltlichen Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdiensten geltend.

Die Unentgeltlichkeit einer Verwendung bzw. ein Gefälligkeitsdienst sind nicht schon bei bloßem Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten. Die Unentgeltlichkeit muss vielmehr - wenigstens den Umständen nach konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten. Eine derartige sachliche Rechtfertigung könnte in persönlichen Beziehungen, in bestimmten wirtschaftlichen Interessen, aber auch in einer idealistischen Einstellung begründet sein. Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind insbesondere kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165).

Wie bereits festgestellt und in der Beweiswürdigung erörtert, besteht zwischen der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin und R. I. bzw. R. Z. eine mehrjährige Bekanntschaft. Es konnte jedoch kein besonderes Naheverhältnis und keine derart spezifische über eine bloße Bekanntschaft hinausgehende Beziehung, welche für einen Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienst sprechen und eine sachliche Rechtfertigung begründen könnte, erkannt werden. Zwischen R. Is. und der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin liegt ebenso wenig eine spezifische Bindung vor. Mehrmalige Kontakte allein reichen für die Annahme eines besonderen Naheverhältnisses nicht aus (VwGH 15.12.2004, 2003/09/0078).

Insgesamt wird somit festgehalten, dass sich nach Würdigung aller Umstände des gegenständlichen Einzelfalles als Gesamtbild ergibt, dass die Betretenen bei der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit nicht im Rahmen eines Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes tätig waren, sondern dass Dienstverhältnisse iSd § 4 Abs. 2 ASVG vorlagen.

3.2.2. Was die Vorschreibung der Beitragszuschläge betrifft, so ist folgendes auszuführen:

Hinsichtlich der Vorschreibung des Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG bleibt zu untersuchen, ob eine Herabsetzung bzw. ein gänzliches Absehen von der Vorschreibung des Beitragszuschlages unter den Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 ASVG, also bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen bzw. bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe in Betracht kommt:

Im vorliegenden Fall betrifft der Meldeverstoß drei Dienstnehmer.

Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann bei einer verspäteten Anmeldung von zwei oder mehr Dienstnehmern (vgl. hierzu VwGH 13.05.2009, 2008/08/0249, zwei Dienstnehmer, 18.11.2009, 2008/08/0246, drei Dienstnehmer, 08.09.2010, 2010/08/0151, vier Dienstnehmer, und 19.01.2011, 2010/O8/0255, sieben Dienstnehmer) nicht mehr von unbedeutenden Folgen gesprochen werden.

Es entspricht zudem der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, und dass die Folgen des Meldeverstoßes in einem solchen Fall nicht iSd § 113 Abs. 2 ASVG als unbedeutend anzusehen sind (vgl. VwGH 10.04.2013, 2013/08/0041).

Im vorliegenden Fall betraf die unterlassene Meldung drei Dienstnehmer und die Meldung war im Kontrollzeitpunkt noch nicht nachgeholt worden, sodass im Sinne der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt und die Folgen des Meldeverstoßes nicht als unbedeutend anzusehen sind.

Besonders berücksichtigungswürdige Gründe hat die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt.

Die Vorschreibung des Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG erfolgte folglich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Beschwerdeführerin hat keine Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Absatz 1 VwGVG nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG). Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt betreffend die Tätigkeit der Betretenen bereits eindeutig erhoben. Für eine Mangelhaftigkeit des bisherigen Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Anhaltspunkte.

Die Beschwerde enthält kein substantiiertes Vorbringen, weshalb nicht vom Vorliegen von Dienstverhältnissen ausgegangen werden kann. Dass der Betretene R. F. am Betretungstag eine Lungenentzündung gehabt hat, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, ändert nichts daran, dass er an diesem Tag unbestritten bei Arbeiten für die Beschwerdeführerin betreten wurde, weshalb weitere diesbezügliche Ermittlungen unterbleiben können.

Eine mündliche Verhandlung war gegenständlich auch nicht zum Vorliegen von Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdiensten erforderlich, da sich bereits aus den Angaben in der Beschwerde und im Vorlageantrag, welche auch zu Grunde gelegt wurden, ein eindeutiges Bild zum Verhältnis zwischen der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin und den Betretenen ergeben hat. Dass die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin den Betretenen R. Is. nur flüchtig kennt, wird im gesamten Verfahren nicht bestritten. Die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin und ihr Ehemann haben übereinstimmende Ausführungen zu ihrer Beziehung zu den Betretenen getroffen, es besteht kein Grund an ihrer Darstellung zu zweifeln und wurde diese auch der Beurteilung zu Grunde gelegt. Es lässt sich daraus aber rechtlich keine spezifische Bindung im Sinne der Judikatur ableiten.

In der Beschwerde wurde somit kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüberhinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Aus dem Akteninhalt ist die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mündlich erörtert hätte werden müssen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die Entscheidungsfindung im gegenständlichen Fall war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von über den konkreten Einzelfall hinausgehender Bedeutung abhängig (vgl. VwGH 24.04.2014, Ra 2014/01/0010), sondern erging in Beurteilung der gegenständlich einzelfallbezogen vorgelegenen Verfahrenskonstellation in Anlehnung an die unter Punkt 3.2. der Erwägungen zu Spruchpunkt A) dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und zum Vorliegen unentgeltlicher Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienste (vgl. dazu auch VwGH 24.02.2015, Ra 2015/08/0009, wonach es sich bei Frage, ob ein unentgeltlicher Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, um eine grundsätzlich nicht revisible einzelfallbezogene Beurteilung handelt) sowie zur Vorschreibung von Beitragszuschlägen nach § 113 ASVG beziehungsweise zu § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine klare Rechtslage stützen.

Es war sohin insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragszuschlag, Meldeverstoß, Rechtsmittelfrist, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W126.2140974.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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