TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/7 L508 2196267-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2018
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Entscheidungsdatum

07.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §6
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L508 2196267-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der Volksgruppe der XXXX sowie der sunnitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 9).

2. Im Rahmen der Erstbefragung am 18.10.2015 (AS 7 - 17) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass seine Freundin Schiitin gewesen sei. Deren Familie sei nicht mit ihm einverstanden gewesen. Man habe ihn beschimpft und verprügelt. Diese Familie habe ihm mit der Ermordung gedroht, wenn er die Beziehung nicht beende. Bei einer Rückkehr nach Pakistan befürchte er von der Familie seiner Freundin getötet zu werden.

3. Im Rahmen einer Einvernahme im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 14.03.2018 (AS 37 - 46) gab der BF zunächst zu Protokoll, dass er beabsichtigt habe, ein Mädchen zu heiraten. Deren Familie sei aber nicht einverstanden gewesen. Sie seien vier Jahre im selben College gewesen und hätten eines Tages heimlich heiraten wollen. Die Familie des Mädchens habe dies erfahren und sie beide brutal geschlagen. Das Mädchen sei auf der Stelle verstorben und er sei ins Spital gebracht worden. Dies sei alles im Jahr 2008 passiert.

Zu seinen Ausreisegründen befragt legte der BF dar, dass er einmal geschlagen worden sei und Angst hätte, nochmals geschlagen zu werden. In seinem Kopf sei viel Blut gewesen. Er sei drei Tage behandelt und das Blut durch die Nase abgesaugt worden. Er befürchte weitere Angriffe.

Nachgefragt zu Details gab der BF unter anderem zu Protokoll, dass dieser Vorfall im Jahr 2008 gewesen sei. Er und seine Freundin seien geschlagen worden, wobei seine Freundin ihren Verletzungen erlegen sei. Sie seien geschlagen worden, weil seine Freundin Schiitin gewesen und er Sunnit sei. Ihre Familie sei nicht einverstanden gewesen. Sie seien vier Jahre befreundet gewesen. Sie seien bei der Polizei gewesen. Der Vater des Mädchens sei "Vorleser" der Richter und deswegen habe die Polizei nichts unternommen. Die Familie des Mädchens sei viel reicher als seine Familie. In Pakistan höre man nur auf die Leute, die reich seien. Als Kompromiss habe man der Familie des Mädchens Geld und Grundstücke angeboten, was abgelehnt worden sei, da es sich um die einzige Tochter gehandelt habe und man ihn umbringen wolle. Er selbst hätte mit niemandem gesprochen. Sein Vater und sein Onkel hätten dies aushandeln wollen. Die Verhandlungen seien jedes Mal gewesen, wenn er in Pakistan gewesen sei. Das Geld für den Kompromiss hätte seine Familie durch den Verkauf ihres Grundstücks aufbringen wollen. Sie hätten in Sialkot standesamtlich heiraten wollen. Vier seiner Freunde seien anwesend gewesen. Er wisse nicht, ob seine Freundin auch jemanden mitgehabt habe. Sie seien etwa 15 Minuten vom Standesamt entfernt angegriffen worden. Seine Freunde seien nicht dabei gewesen. Diese hätten am Gericht warten sollen. Er und seine Freundin seien mit dem Motorrad zum Standesamt unterwegs gewesen. Es sei sehr viel Stau gewesen und plötzlich seien drei Brüder seiner Freundin bei ihnen gewesen. Es habe ihnen niemand geholfen, weil die Brüder gesagt hätten, es solle sich niemand einmischen, weil es um ihre Schwester gehen würde. Den Aufenthaltsort habe vielleicht ein Freund von ihm an die Brüder mitgeteilt. Er habe nie erwogen, an einen anderen Ort in seinem Heimatland zu ziehen, um den Problemen zu entgehen. Seine Gegner fänden es immer heraus. Er sei zweimal in Karachi aufhältig gewesen. Seine Freunde hätten dies den Gegnern erzählt. Manche seiner Freunde würden auch die Brüder unterstützen. Die Brüder würden ihnen vielleicht Geld geben. Er sei in Karachi nicht bedroht worden. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

Des Weiteren wurden mit dem BF abschließend die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen erörtert und zur Abgabe einer Stellungnahme ausgefolgt (AS 46, 55 und 57).

Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers langte bis zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde nicht ein.

4. Mit E-Mail vom 20.03.2018 brachte der BF einen Laborbefund bezüglich seiner Blutwerte in Vorlage (AS 49 - 53).

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 13.04.2018 (AS 65 - 153) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt und im Rahmen einer Eventualbegründung wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bei Glaubhaftunterstellung seines Vorbringens die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative offen stünde. Des Weiteren wurde begründend dargelegt, warum nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

6. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2018 (AS 157, 158) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

7. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 16.05.2018 (AS 175 - 195) in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

7.1. Zunächst wurde das bisherige Vorbringen wiederholt und erstmals erwähnt, dass er aufgrund diverser Drohungen und Ankündigungen gegenüber seiner Familie davon ausgehe, dass seine Gegner ihre Kontakte genutzt hätten und - unter falschen Angaben - eine Anzeige gegen ihn bei der Polizei eingebracht hätten. Daher drohe ihm auch Verfolgung seitens des pakistanischen Staates, welche mit einem unfairen Strafverfahren sowie unmenschlichen Haftbedingungen einhergehen würde. Der BF könne - abgesehen von der zu erwartenden Verfolgung durch den Staat selbst - aufgrund des Einflusses seiner Verfolger und des mangelhaft funktionierenden Polizeiapparates keinen staatlichen Schutz erwarten.

7.2. In weiterer Folge wurde moniert, dass seitens des Bundesamtes die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG nicht erfüllt worden seien.

Bezüglich des Namens wolle der BF neuerlich anmerken, dass dieser "XXXX" laute, zumal "XXXX" die Volksgruppenzugehörigkeit sei und es sich beim Namen "XXXX" um einen typischen pakistanischen Nach- und nicht Vornamen handle. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei der falschen Namensführung um einen einfachen Schreib- bzw. Übersetzungsfehler aus der polizeilichen Erstbefragung handle.

Des Weiteren seien die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen unvollständig, zum Teil veraltet und würden sich nicht ausreichend mit dem konkreten Fluchtvorbringen des BF befassen. In diesem Zusammenhang wurde auszugsweise auf mehrere Länderberichte zur mangelnden Schutzfähigkeit der pakistanischen Behörden bzw. zu Folter und unmenschlicher Behandlung durch pakistanische Sicherheitskräfte, zur allgemeinen Sicherheitslage und zur Meldeverpflichtung in Pakistan (AS 178 - 189) verwiesen.

7.3. Das BFA habe den Antrag des BF abgewiesen, weil sie diesen als unglaubwürdig erachte. Diese Feststellung basiere auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung und einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung und verletze § 60 AVG.

Der BF habe entgegen der Ansicht des BFA sein Vorbringen lebensnah gestaltet und über die drohende Verfolgung und über die Erlebnisse in Pakistan frei gesprochen.

Die belangte Behörde werfe dem BF vor, dass er - weil er auf einer Namensänderung bestehen würde - nicht davor zurückschrecken würde, vor der Behörde falsche und unwahre Angaben zu machen. Die falsche Namensführung sei - wie bereits dargelegt - offensichtlich durch Schreib- bzw. Übersetzungsfehler entstanden und sei der Vorwurf gegenüber dem BF nicht gerechtfertigt.

Hinsichtlich der vom BFA ins Treffen geführten Emotionslosigkeit wurde moniert, dass dabei nicht auf die Gesellschaftsstruktur und allgemeine Lebenserfahrung von Menschen in Pakistan eingegangen und von westeuropäischen Verhaltensmustern ausgegangen worden sei. Der von Laien erwartete emotionale Ausdruck beim Erzählen lebensbedrohlicher und gewaltsamer Ereignisse könne aufgrund der Aufspaltung kognitiver und emotionaler Aspekte ausbleiben. Beobachtbar könne eine extrem distanzierte Erzählweise sein. Ebenso könne es zu von außen als inadäquat erlebtem emotionalem Ausdruck kommen.

Insoweit es für das BFA nicht plausibel und nicht nachvollziehbar sei, dass dem BF und seiner Verlobten von Passanten bei der gegen sie erfolgten Attacke nicht geholfen worden sei, sei dem zu entgegnen, dass es in Pakistan üblich sei, dass private Streitigkeiten unter den betroffenen Familien selbst "geregelt" werden. Der BF sei bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen worden, woraufhin er mehrere Tage im Krankenhaus verbringen habe müssen und wovon er sichtbare Narben davongetragen habe.

Es sei richtig, dass die Familie des Mädchens zur schiitischen Minderheit gehöre und diese üblicherweise von staatlicher Seite eher benachteiligt als bevorzugt werde. Im Falle der Verfolger gelte dies jedoch nicht, da der Vater dieser Familie äußerst wohlhabend sei (u. a. aufgrund der geschäftlichen Tätigkeiten in Australien) und sich dadurch ein hohes Standing in der lokalen Politikszene und wichtige Kontakte geknüpft habe. Wie die im gesamten Land herrschende Korruption verdeutliche, sei Geld das wichtigste Mittel, um in Pakistan Ziele bzw. Macht zu erreichen. Vor diesem Hintergrund sei es auch nachvollziehbar, dass der BF von seinen Freunden gegen Geld an die Familie des Mädchens verraten worden sei.

Wenn der BF angegeben habe, nicht zu wissen, ob Gäste von seiner Verlobten bei der Hochzeit anwesend sein würden, so wolle er dazu erklärend angeben, dass er zwar gewusst habe, dass Freundinnen zur Hochzeit eingeladen worden waren, nicht jedoch wer diese gewesen seien bzw. habe er diese nicht gekannt.

Darüber hinaus sei die Sicherheitslage in Pakistan allgemein als sehr angespannt zu beurteilen. Zu den gemeldeten Gewaltakten gehören Terroranschläge, Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Kämpfern, Vorfälle ethnisch/ politisch bedingter Gewalt, religiös bedingte Auseinandersetzungen und Gewalt zwischen Gemeinschaften. Eine Rückkehr des BF nach Punjab sei somit keinesfalls zumutbar, da sein Leben dort schon allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage in Gefahr wäre.

7.4. Dem BF drohe in Pakistan Verfolgung aus religiösen Gründen, da die Familie seiner schiitischen Verlobten eine Hochzeit mit ihm - einem Sunniten - nicht akzeptiert habe. Fallbezogen sei davon auszugehen, dass der BF keinen ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden könne. Soweit das BFA eine innerstaatliche Fluchtalternative annehme, sei Folgendes entgegenzuhalten. Abgesehen vom Umstand, dass die Verfolger äußerst einflussreich seien und ihre guten Kontakte zu staatlichen Organen nützen können und wollen, sei aufgrund der von diesen mit hoher Wahrscheinlichkeit eingebrachten Anzeige von einer staatlichen Verfolgung auszugehen. Darüber hinaus wäre der BF auch gesetzlich dazu verpflichtet, sich als Mieter einer Wohnung bei einer Polizeistation unter Vorlage der ID-Karte registrieren zu lassen, wodurch er sich wiederum der Gefahr einer Verfolgung durch die pakistanische Polizei aussetzen würde.

7.5. Was Spruchpunkt II. betrifft, so hätten die privaten Verfolger in der Vergangenheit bewiesen, dass sie nicht vor Gewalt zurückschrecken. Die von ihnen ausgehende Gefahr sei nach wie vor aktuell, weshalb eine Rückkehr des BF nach Pakistan ein reales Risiko einer Verletzung seiner ihm nach der EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde. Davon abgesehen sei bei einem Aufgriff durch die pakistanische Polizei mit körperlichen Misshandlungen und verheerenden Haftbedingungen zu rechnen. Würde der BF nach Pakistan abgeschoben werden, bestünde daher die hohe Wahrscheinlichkeit, dass er sich der Polizei nicht entziehen könnte und daher festgenommen und in der Folge einer unmenschlichen Behandlung unterworfen wäre. Zudem würde der BF im Falle einer Rückkehr nach Pakistan allein aufgrund der Sicherheits- und Versorgungslage in eine ausweglose Situation geraten.

7.6. Der BF sei um eine positive Integration in Österreich bemüht.

7.7. Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wurde ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts beantragt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zwingend geboten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Rechtsprechung des VfGH betreffend Art. 47 GRC zur Zahl U 466/11 und U 1836/11 vom 14.03.2012 verwiesen. Im gegenständlichen Fall liegt der unionsrechtliche Bezug - der zur Anwendung des Art. 47 GRC führt - in der Rückkehr-RL, der Qualifikations-RL und der Verfahrens-RL. Daher kommen die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK - unter Maßgabe des Art. 47 GRC - im Beschwerdeverfahren zur Anwendung. Diesbezüglich verlangte der EGMR in der jüngsten Entscheidung Denk gegen Österreich, 05.12.2013, 23396/09, zwingend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn die Rechtssache erstmals von einem Gericht entschieden wird und die Durchführung ausdrücklich beantragt wird (vgl. Denk gegen Österreich Rz 18).

7.8. Abschließend wurde beantragt,

-

die hier angefochtene Entscheidung zu beheben und dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen;

-

hilfsweise die hier angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt II. zu beheben und dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren;

-

hilfsweise die hier angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis V. aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben und für auf Dauer unzulässig erklärt und dem BF ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde und

-

hilfsweise den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

7.9. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

8. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Ghumman an und ist sunnitischen Glaubens.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat und seinem Wohnort, sowie des Umstandes, dass der Antragsteller zwei für Pakistan gebräuchliche Sprache spricht sowie aufgrund seiner Kenntnisse über Pakistan ist festzustellen, dass es sich bei ihm um einen pakistanischen Staatsangehörigen handelt.

Seine Eltern, zwei Brüder und fünf Schwestern leben nach wie vor ohne erkennbare Schwierigkeiten in Pakistan.

Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund (Bedrohung und Verfolgung durch eine schiitische Familie wegen der beabsichtigten Eheschließung mit deren Tochter) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Selbst wenn man sein gesamtes Vorbringen als wahr unterstellen und daher annehmen würde, dass der BF durch eine schiitische Familie wegen der beabsichtigten Eheschließung mit deren Tochter bedroht und verfolgt worden war, muss diesbezüglich festgestellt werden, dass sein Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde (siehe rechtliche Würdigung zur Schutzfähigkeit und -willigkeit des pakistanischen Staates und zur Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative), zumal der Beschwerdeführer bei einer Bedrohung der behaupteten Art durch Privatpersonen wirksamen Schutz bei den zuständigen Behörden des Herkunftsstaates in Anspruch nehmen könnte. Ferner könnte der Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch nehmen und wäre dem BF jedenfalls auch eine Rückkehr nach Islamabad möglich und zumutbar. Es wären dort die existentiellen Lebensgrundlagen des Beschwerdeführers angesichts einer finanziellen Unterstützung durch seine im Distrikt Sialkot lebenden Familienmitglieder (Eltern und sieben Geschwister) - etwa durch Überweisungen - oder durch Aufnahme einer eigenen beruflichen Tätigkeit gesichert. In den Städten leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben. Auch besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen (AA 30.5.2016). Die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, gilt als vergleichsweise sicher. Islamabad erlitt lediglich einen Anschlag mit einem Toten im Jahr 2016 (PIPS 1.2017). Im Jahr 2015 war es von 3 Anschlägen mit 4 Toten betroffen (PIPS 3.1.2016), weshalb hier von einer stabilen Sicherheitslage auszugehen ist. Diese Stadt ist für den Beschwerdeführer auch direkt erreichbar.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung. Laut eigenen Angaben leidet er aufgrund von Blutdruckproblemen an Kopf- und Herzschmerzen. Aktuelle ärztliche bzw. medizinische Befunde, welche eine Behandlung in Österreich erforderlich erscheinen lassen, hat der BF jedoch nunmehr nicht in Vorlage gebracht.

Der BF lebte bis zu seiner Ausreise überwiegend im Distrikt Sialkot im Nordosten der pakistanischen Provinz Punjab an einer gemeinsamen Adresse mit seinen Eltern. Der BF hat in Pakistan zwölf Jahre die (Grund-)schule und anschließend auf Zypern ein College besucht. Der BF hielt sich dort von Jänner 2009 bis Mai 2014 und von Juli 2014 bis Juli 2015 in Saudi-Arabien bei einem Cousin auf. Der BF verließ Pakistan im September 2015 und reiste Mitte Oktober 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. In Österreich halten sich keine Verwandten des BF auf. Der BF befindet sich in der Grundversorgung und lebt von staatlicher Unterstützung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF selbsterhaltungsfähig ist und über umfassende Deutschkenntnisse verfügt. Der BF besuchte kurze Zeit einen Deutschkurs. Bislang wurden aber weder eine Bestätigung über einen Deutschkursbesuch, noch eine Bestätigung über eine diesbezüglich erfolgreich abgelegte Prüfung in Vorlage gebracht. Er knüpfte soziale Kontakte. Unterstützungserklärungen wurden nicht vorgelegt. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen. Der Beschwerdeführer spricht Punjabi und Urdu.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Pakistan festzustellen ist.

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 20.12.2017: Anschlag auf Bethel Memorial Methodist Church, Quetta, 17.12.2017 (Abschnitt 1 / relevant für Abschnitt 3.7 und Abschnitt 16.3)

In einem Anschlag auf die Bethel Methodist Memorial Kirche kamen am Sonntag, den 17.12.2017, in Quetta neun Menschen ums Leben (BBC 18.12.2017; vgl. The Guardian 17.12.2017; Dawn 17.12.2017; The Nation 18.12.2017; Reuters 17.12.2017); ein Dutzende weitere wurden verletzt (BBC 18.12.2017). Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Anschlag (The Nation 18.12.2017). Mindestens zwei Selbstmordattentäter griffen die Kirche während der Sonntagsmesse, an der sich ca. 400 Menschen beteiligten, an (Dawn 17.12.2017).

Polizisten, die zur Sicherheit, am Eingang stationiert waren, konnten die Attentäter aufhalten und so ein größeres Ausmaß an Opfern verhindern (Dawn 17.12.2017; vgl. BBC 18.12.2017; The Guardian 17.12.2017; The Nation17.12.2017). Beamte der Provinzregierung lobten das rasche Eingreifen der Sicherheitskräfte (The Nation 17.12.2017). Die Bethel Memorial Church, die in Quetta's Hochsicherheitszone gelegen ist, war schon in der Vergangenheit Ziel eines Terroranschlages geworden, im Zuge dessen die Sicherheitsvorkehrungen an der Kirche verstärkt worden waren (Dawn 17.12.2017).

Quellen:

-

BBC (18.12.2017): Deadly attack on Methodist church in Pakistan, http://www.bbc.com/news/world-asia-42383436, Zugriff 20.12.2017

-

Dawn (17.12.2017): 9 killed in suicide attack on Quetta's Bethel Memorial Methodist Church, https://www.dawn.com/news/1377184, Zugriff 20.12.2017

-

The Guardian (17.12.2017):

https://www.theguardian.com/world/2017/dec/17/pakistani-christians-suicide-bomb-attack-quetta-church, Zugriff 20.12.2017

-

The Nation (18.12.2017): IS bombers kill nine at Quetta church, http://nation.com.pk/18-Dec-2017/is-bombers-kill-nine-at-quetta-church, Zugriff 20.12.2017

-

Reuters (17.12.2017): Suicide bombers attack church in Pakistan's Quetta before Christmas, killing nine, https://www.reuters.com/article/us-pakistan-attack/suicide-bombers-attack-church-in-pakistans-quetta-before-christmas-killing-nine-idUSKBN1EB08E, Zugriff 20.12.2017

KI vom 07.12.2017: Tehreek-i Labbaika Ya Rasool Allah (TLY) Proteste, Faizabad Verkehrsknotenpunkt, Islamabad; Rücktritt Justizminister Zahid Hamid (Abschnitt 1/ relevant für Abschnitt 2 Politische Lage und Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Anfang November initiierte die Bewegung Tehreek-i Labbaika Ya Rasool Allah (TLY) ein Sit-in am hoch frequentierten Faizabad Verkehrsknoten in Islamabad, aus Protest gegen eine in der pakistanischen Wahlordnung vorgenommene Änderung des Amtseides für Parlamentarier (Dawn 3.12. 2017; vgl. Guardian 27.11.2017). Laut Demonstranten handelte es sich bei der Änderung um eine Verwässerung der sogenannten "Khatm-e Nubuwwat" Klausel, die die Endgültigkeit des Prophetentums Mohammads festlegt. Dies soll laut TLY zugunsten der Ahmadiyya vorgenommen worden sein (Aljazeera, 27.11.2017; vgl. Kleine Zeitung 27.11.2017). Laut Regierung und Parlament handelte es sich jedoch nur um einen Schreibfehler (Dawn 5.10.2017; vgl. Standard 27.11.2017). Obwohl dieser schon im Oktober korrigiert und die Änderung zurück genommen worden war (Dawn, 5.10.2017), forderten die Demonstranten am Faizabad Knoten den Rücktritt des Justizministers Zahid Hamid, der für die Gesetzesänderung verantwortlich gemacht wurde (Die Zeit 27.11.2017; vgl. Kleine Zeitung 27.11.2017).

Das Sit-in legte drei Wochen lang eine der Hauptverkehrsadern Islamabads lahm (Kleine Zeitung 27.11.2017). Als die Regierung am 25.11.2017 zur Räumung des Verkehrsknotens schritt, kam es zu Ausschreitungen. Die Polizei setzte Tränengas, Gummigeschosse und Wasserwerfer ein (Aljazeera, 26.11.2017; vgl. BBC 25.11.2017; Standard 27.11.2017 und Kleine Zeitung 27.11.2017). Demonstranten griffen daraufhin die Sicherheitskräfte mit Steinen, Stöcken und Metallstangen an und zündeten Autos und Reifen an (Aljazeera, 26.11. vgl. Standard 27.11.2017; Kleine Zeitung, 27.11.). Im Zuge der Ausschreitungen wurden mindestens 6 Menschen getötet und über 200 verletzt (Guardian 27.11.2017; vgl. Standard 27.11.2017). Aus Angst vor einer weiteren Eskalation wurde die Polizeiaktion abgebrochen (Kleine Zeitung 27.11.2017; vgl. Die Zeit 27.11.2017). In Solidarität mit den Demonstranten weiteten sich die Proteste auf andere Teile Islamabads bzw. auf andere Städte Pakistans aus, unter anderem auf Lahore, Hyderabad, Karachi, Peshawar und Quetta (Dawn 26.11.2017; vgl. BBC 25.11.2017). Nachdem die Polizei den Faizabad Verkehrsknoten nicht räumen konnte, bat die Regierung noch am selben Tag (25.11.2017) das Militär einzugreifen (BBC 25.11.2017; vgl. Dawn 25.11.2017; Die Zeit 27.11.2017).

Die staatliche Aufsichtsbehörde über elektronische Medien (PEMRA) untersagte Live-Berichterstattung über den Sicherheitseinsatz (Dawn 26.11.2017). Soziale Medien, wie Facebook und Twitter, wurden 37 Stunden lang landesweit ausgesetzt (The Nation 27.11.2017; vgl. auch Samaa' 27.11.2017). Die Behörden schalteten zeitweise auch private Nachrichtensender ab (BBC 25.11.). Nach Verhandlungen zwischen dem Militär und der TYL, akzeptierte die Regierung am 27.11.2017 eine Liste von Forderungen der TLY (Dawn 28.11.2017). Justizminister Zahid Hamid erklärte seinen Rücktritt (NDTV 27.11.2017; vgl. Guardian 27.11.2017 und Aljazeera 27.11.2017).

Laut der Abmachung zwischen Demonstranten und Regierung würden alle im Zuge der Proteste verhafteten Demonstranten innerhalb von drei Tagen freigelassen werden (Aljazeera, 27.11. vgl. Dawn, 28.11.). Die Regierung verpflichtete sich auch zu einer Untersuchung der gewalttätigen Vorfälle vom 25.11.2017 (Dawn 28.11.2017)

[Anmerkung der Staatendokumentation: Keine konkreten Informationen zur Freilassung der Demonstraten konnte bis dato gefunden werden; sollten neuere Erkenntnisse zu Tage treten, werden diese in einem Zusatz vermerkt.]

Quellen:

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Aljazeera (26.11.2017): Pakistan calls in army to end anti-blasphemy protests,

http://www.aljazeera.com/news/2017/11/pakistan-police-clash-anti-blasphemy-protesters-171125152436525.html, Zugriff 6.12.2017

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Aljazeera (27.11.2017): Pakistan minister resigns, ending Islamabad standoff,

http://www.aljazeera.com/news/2017/11/pakistan-minister-resigns-protester-stand-171127071421060.html, Zugriff 6.12.2017

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BBC (25.11.2017): Pakistan army called on to stop 'blasphemy' clashes in Islamabad, http://www.bbc.com/news/world-asia-42124446, Zugriff 6.12.12017

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Dawn (5.10.2017): NA passes bill to restore Khatm-i Naboowat declaration to original form in Elections Act 2017, https://www.dawn.com/news/1361873, Zugriff 6.12.2017

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Dawn (25.11.2017): Govt orders military deployment in Islamabad after day-long operation against protesters, https://www.dawn.com/news/1372614, Zugriff 6.12.2017

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Dawn (26.11.2017): Life remains paralysed as sit-ins continue across country in solidarity with Faizabad protesters, https://www.dawn.com/news/1373000, Zugriff 6.12.2017

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Dawn (26.11.2017): Pemra guidelines for media houses in wake of Faizabad crackdown, https://www.dawn.com/news/1373003/, Zugriff 6.12.2017

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Dawn (28.11.2017): List of demands put forward by TLY and accepted by govt for ending the Faizabad protest, https://www.dawn.com/news/1373197, Zugriff 6.12.2017

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Dawn (3.12.2017): Who is Khadim Hussain Rizvi?, https://www.dawn.com/news/1374182/who-is-khadim-hussain-rizvi, Zugriff 6.12.2017

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The Guardian (27.11.2017): Pakistani law minister quits after weeks of anti-blasphemy protests, https://www.theguardian.com/world/2017/nov/27/pakistani-law-minister-quits-zahid-hamid, Zugriff 6.12.2017

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Kleine Zeitung (27.11.2017): Proteste in Pakistan enden mit Rücktritt von Justizminister,

http://www.kleinezeitung.at/politik/aussenpolitik/5328003/Zahid-Hamid_Proteste-in-Pakistan-enden-mit-Ruecktritt-von, Zugriff 6.12.2017

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The Nation (27.11.2017): Activists assail blanket ban on social media,

http://nation.com.pk/27-Nov-2017/activists-assail-blanket-ban-on-social-media, Zugriff 6.12.2017

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NDTV (27.11.2017): Pakistan Minister Resigns after violent Islamist protests,

https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-law-minister-zahid-hamid-resigns-after-violent-islamist-protests-1780419, Zugriff 6.12.2017

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Samaa TV (27.11.2017): All you need to know about the nation-wide internet disruptions during dharna, https://www.samaa.tv/social-buzz/2017/11/need-know-nation-wide-internet-disruptions-dharna/, Zugriff 6.12.2017

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Der Standard (27.11.2017): Krawall und Proteste: Pakistan in der Islamisten Klemme,

https://derstandard.at/2000068519745/Krawall-und-Diplomatenprotest-Pakistan-in-der-Islamisten-Klemme, Zugriff 6.12.2017

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Die Zeit (27.11.2017): Islamisten zwingen Justizminister zum Rücktritt,

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-11/pakistan-zahid-hamid-justizminister-ruecktritt-islamisten, Zugriff 6.12.2017

KI vom 2.8.2017: Shahid Khaqan Abbasi, neuer Premierminister (Abschnitt 1 / relevant für Abschnitt 2 Politische Lage)

Das pakistanische Parlament hat einen Nachfolger für den abgesetzten Premierminister Nawaz Sharif gewählt. Vom Parlament, in dem Sharifs Partei, Pakistan Muslim League-N (PML-N) über eine Mehrheit verfügt, wurde Shahid Khaqan Abbasi zum neuen Regierungschef bestimmt (tagesschau.de 1.8.2017).

Khaqan Abbasi wurde am 1.8.2017 von den Abgeordneten der Nationalversammlung zum Premierminister ernannt und von Präsident Mamnoon Hussain vereidigt (DAWN 1.8.2017b).

Der neue Premierminister gilt als loyaler Gefolgsmann des wegen Korruptionsverdachts abgesetzten, ehemaligen Premierminister Nawaz Sharif. Für diesen saß Khaqan Abbasi nach dem Putsch von General Pervez Musharraf im Jahre 1999, in welchem Sharif gestürzt wurde, für zwei Jahre im Gefängnis ein (NYT 1.8.2017).

Abbasi, ein Elektro-Ingenieur mit einem Master-Abschluss der George Washington University, bekleidete in Nawaz Sharifs dritter Amtszeit die Position des Ministers für Erdöl und natürliche Ressourcen (DAWN 1.8.2017a).

Es wird davon ausgegangen, dass Abbasi das Amt hält, bis Sharifs Bruder Shehbaz Sharif, er ist Ministerpräsident der Provinz Punjab, in der bevorstehenden Wahl einen Sitz im Parlament gewinnt und Premierminister werden kann (NYT 1.8.2017).

Vom Korruptionsskandal um die Familie seines Bruders ist Shehbaz Sharif bislang nicht betroffen (arte.tv 31.7.2017).

Quellen:

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arte.tv (31.7.2017): Pakistans Parlament bestimmt Nachfolger für abgesetzten Premierminister,

http://info.arte.tv/de/afp/Neuigkeiten/pakistans-parlament-bestimmt-nachfolger-fuer-abgesetzten-premierminister, Zugriff 2.8.2017

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DAWN (1.8.2017a): Meet the new prime minister, https://www.dawn.com/news/1348954/meet-the-new-prime-minister, Zugriff 2.8.2017

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DAWN (1.8.2017b): Shahid Khaqan Abbasi sworn in as prime minister of Pakistan, https://www.dawn.com/news/1348953, Zugriff 2.8.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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