TE OGH 2018/10/15 8Nc16/18x

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Veröffentlicht am 15.10.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr.

 Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. C***** R*****, vertreten durch Dr. Michael Prager, Rechtsanwalt in Wien, wegen 14.875 EUR sA und Räumung, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt vor dem Bezirksgericht Fünfhaus vom Beklagten offenen Mietzins und Räumung einer in 1140 Wien gelegenen Wohnung.

Der Beklagte bestreitet.

Der Beklagte beantragt unter Hinweis auf zwei Schadenersatzprozesse, welche er zum einen gegen den Klagevertreter vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien, zum anderen gegen eine Zeugin vor dem Bezirksgericht Fünfhaus anstrengt, sowie unter Hinweis auf seine derzeitige Strafhaft in der Justizanstalt Graz-Karlau die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Graz-West.

Die Klägerin sprach sich gegen eine Delegierung aus.

Das Erstgericht legte den Akt dem Obersten Gerichtshof mit dem Bemerken vor, keinen Anlass für eine Delegierung zu sehen, zumal der Beklagte auch im Wege der Videokonferenz einvernommen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden, wobei Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen dem Obersten Gerichtshofe vorbehalten sind. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS-Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (RIS-Justiz RS0046333). Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324 ua).

Der Umstand, dass eine Partei in einem anderen Ort als dem Gerichtsort eine Strafhaft verbüßt, kann allenfalls ihre Vernehmung als Partei vor einem Rechtshilfegericht oder – wie vom Erstgericht zutreffend bemerkt – nach § 277 ZPO mittels sogenannter Videokonferenz rechtfertigen, nicht aber eine Delegierung (vgl 7 Nc 17/03i = RIS-Justiz RS0046540 [T26]). Dass eine Partei gegen einen Zeugen oder den rechtsfreundlichen Vertreter ihres Gegners Schadenersatzansprüche verfolgt, kann eine Delegierung schon im Ansatz nicht rechtfertigen.

Damit war der Delegierungsantrag abzuweisen.

Textnummer

E123129

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0080NC00016.18X.1015.000

Im RIS seit

29.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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