Entscheidungsdatum
27.09.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W212 2204806-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung des Österreichischen Generalkonsulates Istanbul vom 24.06.2018, Zl. Istanbul 6K/KONS/2556/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulates Istanbul vom 25.04.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Syriens und stellte am 13.12.2017 am Österreichischen Generalkonsulat Istanbul einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG). Begründend führte sie aus, dass Ihrem Vater XXXX, geb. XXXX, StA Syrien, mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 13.10.2016, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei.
2. Am 23.03.2018 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG bekannt, dass im gegenständlichen Fall die Gewährung eines Schutzstatus nicht wahrscheinlich sei, da die Bezugsperson weniger als drei Jahre über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfüge.
3. Mit Schreiben vom 26.03.2018, wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde auf die beiliegende Mitteilung des BFA verwiesen. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
4. Am 03.04.2018 übermittelte die Beschwerdeführerin im Wege ihrer gewillkürten Vertretung eine Stellungnahme. Darin wird vorgebracht, dass die Antragstellung wissentlich schon vor Ablauf der in § 35 Abs. 2 AsylG verankerten dreijährigen Frist erfolge, die Einreise aber dennoch zu gewähren bzw. die Anträge inhaltlich zu prüfen seien. Hätte die Antragstellerin die Frist von drei Jahren abgewartet, wäre sie zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits volljährig und somit keine Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG mehr. Die Entscheidung verletze das Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK. Der Familienzusammenführung von Flüchtlingen werde hierbei besonderes Augenmerk geschenkt, sodass regelmäßig vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände gesprochen werden könne. Insbesondere stelle der EGMR fest, dass die Familienzusammenführung ein essentielles Recht von Flüchtlingen und ein fundamentales Element zur Fortführung eines normalen Lebens darstelle. Es obliege daher den Mitgliedsstaaten, ein flexibles, rasches und effektives Verfahren zu schaffen, um dieses Recht zu garantieren. Dabei habe der EGMR eine Verfahrensdauer von dreieinhalb Jahren als übermäßig betrachtet. Das Unionsrecht sei nach der Einführung eines europaweit einheitlichen Status des subsidiär Schutzberechtigten durch die Status-Richtlinie dazu übergegangen, die zwei Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten einander anzugleichen. Mit dem BGBL. I. NR. 24/2016, sei für das Einreiseverfahren gemäß § 35 AsylG unter anderem die angesprochene Frist von drei Jahren sowie das Erfordernis des Nachweises der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 AsylG festgelegt worden. Während hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 35 Abs. 4 Z. 3 AsylG eine Ausnahmeregelung in Hinblick auf das Recht auf Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK geschaffen worden sei, gelte die Wartefrist ausnahmslos in sämtlichen Konstellationen. Dies erscheine in Hinblick auf das vorhin Dargelegte verfassungswidrig. Die Zusammenführung von subsidiär Schutzberechtigten werde dadurch generell um drei Jahre verzögert, was den Forderungen des EGMR nach einer raschen und effektiven Verfahrensführung widerspreche. Im gegenständlichen Fall würde durch die Abweisung des Einreiseantrages die Familienzusammenführung auf Dauer verunmöglicht, da nicht die Möglichkeit besteht, nach Ablauf der dreijährigen Wartefrist einen neuerlichen Einreiseantrag gemäß § 35 AsylG einzubringen. Dies stelle einen Eingriff in das Recht der Antragstellerin und ihrer Eltern auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar, der so schwer wiegt, dass er das öffentliche Interesse am wirtschaftlichen Wohl des Landes überwiegt und somit einen Verstoß gegen Artikel 8 EMRK darstellt. Aus Art. 14 EMRK sowie Art. 1 Abs. 1 BVG Rassendiskriminierung sei ein Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander ableitbar. In diesem Kontext falle insbesondere der Unterschied zu Asylberechtigten auf, welche sich in einer durchaus ähnlichen Lage befänden, für welche die "Wartefrist" jedoch nicht bestehe. Der Verweis darauf, dass die RL 2003/86/EG auf subsidiär Schutzberechtigte keine Anwendung fände, vermöge diese Differenzierung nicht ausreichend zu begründen. Ebenso eklatant sei der Unterschied gegenüber unrechtmäßig eingereisten Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten, über deren Antrag auf Gewährung desselben Schutzstatus ohne Wartefrist entschieden würde und welche sohin bessergestellt wären, als jene Personen, die unter Beachtung des Einreiseverfahrens ins Bundesgebiet gelangen. Auch in Bezug auf sonstige in Österreich aufhältige Drittstaatsangehörige sei ein sofortiger Familiennachzug möglich (§§ 46, 69 NAG, § 62 AsylG). Die verfassungskonforme Interpretation des § 35 Abs. 2 AsylG könne also nur darin bestehen, dass die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs 4 Z 3 auch auf die Wartefrist von drei Jahren anwendbar sei. Andernfalls müsse die Wortfolge "frühestens drei Jahre" des § 35 Abs. 2 AsylG als verfassungswidrig aufgehoben werden.
5. In einer weiteren Stellungnahme vom 05.04.2018 führte das BFA aus, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde. Die zugrundeliegenden Gesetzesbestimmungen seien nach ho. Rechtsansicht als ausjudiziert anzusehen und finde sich die Rechtsauslegung des gewillkürten Vertreters sich nicht in den anzuwendenden Bestimmungen wieder. Aufgrund des Umstandes, dass die Antragstellerin laut Aktenlage im gemeinsamen Haushalt mit ihrer leiblichen Mutter lebe, die keinen Antrag gemäß § 35 AsylG eingebracht habe, sei auch keine Verletzung des Artikel 8 EMRK in der Art zu unterstellen, dass die Möglichkeit der in eventu beantragten Einreise aus humanitären Gesichtspunkten zur Anwendung kommen würde.
6. Mit Bescheid des Österreichischen Generalkonsulates Istanbul vom 25.04.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bezugsperson in Österreich subsidiärer Schutz rechtskräftig mit 16.11.2016 zuerkannt worden sei und die Voraussetzungen gemäß § 35 Abs. 2 AsylG nicht vorlägen. Nach Eingang der Stellungnahme vom 04.04.2018 wäre das BFA nochmals befasst worden und hätte an seiner Beurteilung festgehalten.
7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 23.05.2018 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde bemängelt, dass das Bundesamt an der negativen Prognose festgehalten habe, ohne auf die Argumente in der Stellungnahme einzugehen. Nach der dort herrschenden Rechtsansicht seien die relevanten Gesetzesbestimmungen als ausjudiziert anzusehen, wurde seitens der belangten Behörde jedoch kein einziges Judikat genannt, welches sich mit der Rechtsfrage befasse, ob in Bezug auf die dreijährige Wartefrist bei der Familienzusammenführung von subsidiär Schutzberechtigten, die durch die Novelle 2016 (BGBl. I Nr. 24/2016) eingeführt wurde, humanitäre Erwägungen bezüglich Artikel 8 EMRK zu treffen seien. Ebenso ungeklärt sei die Frage, ob die massive Ungleichbehandlung von subsidiär Schutzberechtigten und Asylberechtigten beim Familiennachzug mit Artikel 14 EMRK und Artikel I Abs. 1 BVG-Rassendiskriminierung konform sei.
Was die Argumentation betreffe, dass die Antragstellerin mit ihrer leiblichen Mutter im gemeinsamen Haushalt lebe, sei diese nicht nachvollziehbar, da zum einen auch zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem leiblichen Vater ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK bestehe und zum anderen auch die Mutter sowie die minderjährige Schwester der Beschwerdeführerin die Einreise nach Österreich beantragen werden, nachdem die dreijährige Wartefrist im Oktober 2019 abgelaufen sein wird.
8. Mit Schreiben vom 25.05.2018 wurde der Beschwerdeführerin ein Verbesserungsauftrag übermittelt, wonach mit 17.05.2018 eine Novelle des Konsulargebührengesetzes in Kraft getreten sei und nunmehr auch im vorliegenden Fall die Gebühr von € 200,- zu entrichten sei, andernfalls die Beschwerde ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen werde.
9. In einer Stellungnahme vom 15.06.2018 hält die Beschwerdeführerin fest, dass die vorliegende Beschwerde als von der Konsulargebührenbefreiung erfasst anzusehen sei, in eventu jedoch der Antrag gestellt werde, die Beschwerde an das BVwG weiterzuleiten, in eventu der Antragstellerin die Gebühr im Rahmen der Prozesskostenhilfe gemäß Art 47 GRC zu erlassen bzw. die Gebühr mittels Abgabenbescheid festzusetzen.
10. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.07.2018, Zl. Istanbul-GK/KONS/2556/2017, wies das Österreichische Generalkonsulat Istanbul die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des BFA durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt hätte und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen sei. Auch sei die Stellungnahme der Beschwerdeführer in ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden. Als allein tragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des BFA die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.
Der klare Wortlaut des § 35 Abs. 2 AsylG verbiete die gewünschte verfassungskonforme Interpretation.
Bei der Argumentation der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Familienzusammenführungsrichtlinie sei daran zu erinnern, dass diese auf subsidiär Schutzberechtigte keine Anwendung finde. Auch eine Verletzung des Gleichheitsgebotes des Art. 14 EMRK sowie Art. 1 Abs. 1 BVG-Rassendiskriminierung sei nicht zu sehen, weil der Gesetzgeber an sachlich begründete Unterschiede anknüpfe.
11. Am 08.08.2018 wurde beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
12. Mit einem am 03.09.2018 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stellte am 13.12.2017 beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG, wobei als Bezugsperson der Vater der Beschwerdeführerin XXXX, geb. XXXX, StA Syrien genannt wurde.
Der Bezugsperson wurde nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2016, rechtskräftig seit 16.11.2016, der Status eines subsidiär Schutzberechtigten, befristet bis 14.10.2017, zuerkannt. Gegenüber der Bezugsperson ist kein Aberkennungsverfahren anhängig. Die befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.10.2017 in der Folge bis zum 13.10.2019 verlängert.
Nach Antragstellung wurde der Beschwerdeführerin in der Aufforderung zur Stellungnahme vom 26.03.2018 mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes nicht wahrscheinlich sei, da die Bezugsperson weniger als drei Jahre über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfüge. Diese negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes wurde nach neuerlicher Prüfung des Sachverhaltes auf Grundlage einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin aufrechterhalten.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin in Zusammenhang mit den von ihr vorgelegten Urkunden und aus dem Akt des Österreichischen Generalkonsulates Istanbul.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. § 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018:
"(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."
§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
...
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im dortigen Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH vom 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH vom 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152 und VwGH vom 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Fall einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu diesen Ausführungen BVwG vom 12.01.2016, W184 2112510 u.a.).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (vgl. VwGH vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist. Dies aus folgenden Gründen:
3.3. Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG gestellt und als Bezugsperson der in Österreich subsidiär Schutzberechtigte XXXX, geb. XXXX, StA Syrien, als Vater der Beschwerdeführerin genannt. Der Bezugsperson war in Österreich am 14.10.2016, rechtskräftig seit 16.11.2016, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden.
Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 13.12.2017 eingebracht. Die in § 35 Abs. 2 AsylG (idF BGBl. I Nr. 56/2018) vorgesehene Frist von drei Jahren seit Rechtskraft der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson ist noch nicht abgelaufen; daher ist die Abweisung des Antrages auf Erteilung eines Einreisetitels zu Recht erfolgt.
Da die Behörde ein mängelfreies Ermittlungsverfahren geführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den in Österreich befindlichen Vater nicht wahrscheinlich ist, und da weiters auch aktuell keine andere Bezugsperson in Betracht kommt, von der die Beschwerdeführerin einen Schutzstatus ableiten könnten, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.
3.3.1. Wenn in der Stellungnahme vom 03.04.2018 dahingehend argumentiert wird, dass die durch BGBl. I Nr. 24/2016 in § 35 Abs. 2 AsylG eingeführte dreijährige Frist, welche zwischen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson und Stellung eines Einreiseantrages mindestens verstrichen sein muss, im Sinne einer "verfassungskonformen Interpretation" so zu lesen wäre, als von einer zwingenden Erfüllung dieses Erfordernis dann abzusehen sei, wenn den privaten und familiären Interessen der beteiligten Personen höheres Gewicht beizumessen wäre, und dies im vorliegenden Fall dringend geboten wäre, da die Antragstellerin, würde sie die Frist von drei Jahren abwarten, zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits volljährig und somit keine Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG mehr sein, steht diese Argumentation im Gegensatz zum klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung, zumal in Bezug auf die dreijährige Frist eine Ausnahmebestimmung durch den Gesetzgeber gerade eben nicht normiert wurde, weshalb diesbezüglich von einer zwingenden Voraussetzung für die Stellung eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels auszugehen ist.
Bereits vor der mit 01.06.2016 in Kraft getretenen Novellierung waren Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 35 Abs. 2 AsylG (idF BGBl. I Nr. 68/2013) erst nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des in Österreich den Antrag des subsidiär Schutzberechtigten innehabenden Fremden antragslegitimiert und hat der Verfassungsgerichtshof in Bezug auf die dem Grunde nach vergleichbare Rechtslage in der Vergangenheit keinen Anlass zur Einleitung eines Gesetzprüfungsverfahrens erkannt. Zuletzt hat der Gesetzgeber die Anwendung des Familienverfahrens nicht erweitert, sondern vielmehr zunehmend bewusst eingeschränkt, weshalb auch vor diesem Hintergrund kein Raum für eine ergänzende Interpretation erblickt werden kann.
3.3.2. Im Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ist gegenständlich im Übrigen auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG ist, worüber die Botschaft - wie unter Punkt II.3.2. des gegenständlichen Erkenntnisses ausführlich begründet - in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung im gegenständlichen Fall nicht vorliegen.
Wenn die Verweigerung eines Einreiseantrages in den Schutzbereich des Privat- oder Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sie sich auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der Europäischen Menschenrechtskonvention in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.
Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. EGMR vom 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. Die Verweigerung eines Visums, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, kann nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 328/07 sowie VwGH vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 und vom 22.01.2013, Zl. 2011/18/0012).
Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa einem Asylberechtigten und auch einem subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).
Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt, verbürgt. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass der Europäische Gerichtshof in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen ist, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen." Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
3.3.3. Die Behörde hat im Verfahren auch nicht Bestimmungen der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung verletzt, da dieser Rechtsakt auf Verfahren betreffend den Nachzug von Familienangehörigen subsidiär Schutzberechtigter nach seinem Art. 3 Abs. 2 keine Anwendung findet. Die in § 35 AsylG normierte Differenzierung von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen des Familiennachzugs findet vor diesem Hintergrund eine sachliche Rechtfertigung (vgl. Erläuterungen zur RV 996 BlgNR 25. GP 5). Allfällige Bestrebungen einer Angleichung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an jenen des Asylberechtigten im Unionsrecht führen jedenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung,
3.4. Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.5. Was die mit 17.05.2018 in Kraft getretene Bestimmung des § 15 Abs 5 KGG betrifft, ist festzuhalten, dass das Generalkonsulat Istanbul unter Außerachtlassung dieser Bestimmung eine Beschwerdevorentscheidung in der Sache getroffen und das Verfahren nach Einbringung eines Vorlageantrages an das BVwG weitergeleitet hat. Eine Behebung der Beschwerdevorentscheidung aus abgabenrechtlichen Gründen erweist sich jedoch vor dem Hintergrund des § 10 Abs. 2 KGG als unzulässig, weswegen hiergerichtlich in der Sache zu entscheiden war.
3.6. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Antragszeitpunkt, Beschwerdevorentscheidung, Einreisetitel, Frist,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W212.2204806.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.11.2018