TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/20 99/01/0231

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Veröffentlicht am 20.10.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §11 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des am 26. Jänner 1993 geborenen A F, vertreten durch S F, beide in Wien, vertreten durch Dr. Rainer Roniger, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gusshausstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Oktober 1998, Zl. 205.144/0-IV/29/98, betreffend Erstreckung von Asyl (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mutter des Beschwerdeführers stellte nach der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage mit Schreiben vom 3. Juli 1998 einen Antrag auf Gewährung von Asyl und beantragte unter anderem die Ausdehnung des Verfahrens auf den Beschwerdeführer.

Das Bundesasylamt wies den Asylerstreckungsantrag mit Bescheid vom 13. August 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) ab. Begründend wurde ausgeführt, der Asylantrag der Mutter sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. Juli 1998 gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden. Da somit zum Entscheidungszeitpunkt keine Asylgewährung eines im § 10 Abs. 2 AsylG angeführten Angehörigen vorliege, sei der Asylerstreckungsantrag abzuweisen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Behörde erster Instanz habe in ihrem Bescheid zwar zutreffend ausgeführt, dass der Asylantrag der Mutter mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. August 1998 gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden sei, die Behörde habe jedoch mit demselben Bescheid vom 12. August 1998 gemäß § 8 AsylG von Amts wegen festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mutter in die Bundesrepublik Jugoslawien nicht zulässig sei und habe diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrages verbunden. Er stellte den Antrag, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. August 1998 zur Gänze aufzuheben und bescheidmäßig festzustellen, dass seine Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG unzulässig sei.

Der unabhängige Bundesasylsenat wies die Berufung mit Bescheid vom 1. Oktober 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 AsylG ab. In der Begründung führte der unabhängige Bundesasylsenat aus, der Beschwerdeführer sei Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien und habe am 3. Juli 1998 durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag gemäß § 10 Abs. 1 AsylG auf Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährleisteten Asyls gestellt. Das Bundesasylamt habe diesen Asylerstreckungsantrag mit Bescheid vom 13. August 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Asyl durch Erstreckung könne lediglich dann gewährt werden, wenn der diesbezügliche Antrag zulässig sei, einem der in § 10 Abs. 2 AsylG genannten Angehörigen des Asylwerbers auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt worden sei und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 MRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich sei. Die Voraussetzung für die Asylerstreckung sei im Falle des Beschwerdeführers nicht erfüllt. Der Asylantrag der Mutter sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. August 1998 gemäß § 7 AsylG "rechtskräftig abgewiesen" worden. Da der Mutter der Asylerstreckungswerberin sohin kein Asyl in Österreich gewährt worden sei, liege die gemäß § 10 Abs. 1 AsylG geforderte Voraussetzung, nämlich die einen Angehörigen im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG betreffende Asylgewährung, nicht vor, sodass dem Asylwerber folglich auch durch Erstreckung kein Asyl habe gewährt werden können. Dem Berufungsvorbringen betreffend die aktuelle Situation im Kosovo sei entgegenzuhalten, dass ein derartiges Vorbringen in einem Verfahren gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 AsylG nicht berücksichtigt werden könne. Zum Antrag auf bescheidmäßige Feststellung, dass eine Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG unzulässig sei, sei "festzuhalten", dass bei Entscheidungen über eine Asylerstreckung eine Non-refoulement-Prüfung gesetzlich nicht vorgesehen ist. Die Fremdenbehörden hätten jedoch darauf Bedacht zu nehmen, dass die dem Beschwerdeführer aus Art. 8 MRK im Hinblick auf die rechtskräftige positive Entscheidung gemäß § 8 AsylG (Refoulementverbot) hinsichtlich der Mutter erfließenden Rechte gewahrt würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die §§ 3, 10 und 11 AsylG lauten (auszugsweise):

"Asylantrag

§ 3. (1) Fremde, die in Österreich Schutz vor Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) suchen, begehren mit einem Asylantrag die Gewährung von Asyl. Ein gesonderter Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft ist nicht zulässig.

...

Asylerstreckungsantrag

§ 10. (1) Fremde begehren mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl.

(2) Asylerstreckungsanträge können frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.

Asylerstreckung

§ 11. (1) Die Behörde hat auf Grund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

(2) Fremde, die einen Asylerstreckungsantrag eingebracht haben, können im Verfahren über den Asylantrag ihres Angehörigen aus eigenem alles vorbringen, was ihnen für dieses Verfahren maßgeblich erscheint. Wird der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen, so gelten die der Sache nach damit verbundenen Asylerstreckungsanträge, sofern der Betroffene nach Belehrung über die Folgen nicht ausdrücklich darauf verzichtet, als Asylanträge. Die Behörde hat über diese Anträge unverzüglich zu entscheiden; im Falle eines Verzichtes sind Asylanträge dieser Fremden innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft der die Asylerstreckungsanträge abweisenden Entscheidung unzulässig.

(3) Bringen Fremde einen Asylerstreckungsantrag während eines bereits anhängigen Verfahrens gemäß § 7 ein, ist mit der Erledigung dieses Antrages zuzuwarten, bis die Entscheidung über ihren Asylantrag ergangen ist. Asyl durch Erstreckung darf ihnen erst gewährt werden, wenn ihr Asylantrag rechtskräftig zurückgewiesen oder abgewiesen wurde.

(4) Bescheide, mit denen Angehörigen durch Erstreckung Asyl gewährt wurde, treten außer Kraft und Asylerstreckungsanträge werden gegenstandslos, wenn den Angehörigen gemäß § 7 Asyl gewährt wird."

Der Beschwerdeführer weist zu Recht darauf hin, dass in der albanischen Fassung des Spruches des angefochtenen Bescheides ein anderer Vorname aufscheint als derjenige des Beschwerdeführers. Damit zeigt der Beschwerdeführer zwar im Hinblick auf § 29 Abs. 1 AsylG, wonach Bescheide ua. den Spruch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten haben, einen Verfahrensfehler der belangten Behörde auf, es ist allerdings, wie schon die Einbringung der Beschwerde erkennen lässt, nicht ersichtlich, in welcher Weise der Beschwerdeführer, der auf der ersten Seite der Bescheidausfertigung dreimal mit ihrem richtigen Vornamen angesprochen wird, durch die (offenkundig) irrtümliche Erwähung eines anderen Vornamens (desjenigen seiner Schwester) in der albanischen Fassung an einer effektiven Wahrung seiner rechtlichen Interessen gehindert worden wäre.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Abweisung eines Asylerstreckungsantrages unzulässig, solange nicht der Asylantrag desjenigen Angehörigen, dessen (gewährtes) Asyl auf den Erstreckungswerber erstreckt werden soll, rechtskräftig abgewiesen worden ist. (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/01/0402 und 98/01/0555). Im vorliegenden Fall bleibt die Feststellung der belangten Behörde, der Asylantrag der Mutter des Beschwerdeführers sei (rechtskräftig) abgewiesen worden, unbestritten.

Auf der Basis dieser unbestrittenen Bescheidfeststellung kann allerdings die Rechtsansicht der belangten Behörde, eine Erstreckung des Asyls sei mangels Asylgewährung im Falle der Mutter der Beschwerdeführerin nicht zulässig, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. in diesem Zusammenhang die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/01/0555, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 99/01/0219 (betreffend die Schwester des Beschwerdeführers), auf deren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde hätte Feststellungen darüber unterlassen, ob seinem Vater Asyl gewährt worden sei, zeigt er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf, weil er nicht einmal behauptet, dass dem Vater - mit der Möglichkeit der Anknüpfung daran durch den verfahrensgegenständlichen Asylantrag - Asyl gewährt worden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich schließlich auch nicht veranlasst, der Anregung des Beschwerdeführers zu folgen, ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Teile des § 11 AsylG zu beantragen. Zwar trifft es zu, dass im Falle einer Abweisung eines Asylantrages gemäß § 7 AsylG eine Umdeutung von Erstreckungsanträgen in (eigene) Asylanträge - anders als bei Zurückweisung als unzulässig oder bei Abweisung als offensichtlich unbegründet - in § 11 Abs. 2 AsylG nicht vorgesehen ist. Damit ist allerdings keine unsachliche Benachteiligung solcher Erstreckungswerber zu erblicken. Während sich nämlich Erstreckungswerber im Falle der Zurückweisung oder der Abweisung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet sofort zu entscheiden haben, ob sie die Umdeutung des Erstreckungsantrages in einen eigenen Asylantrag akzeptieren sollen, was nur Erfolg verspricht, wenn sie umgehend eigene Asylgründe gelten machen können, oder ob sie auf die Umdeutung verzichten sollen, womit gemäß § 11 Abs. 2 AsylG eine Antragssperre für eigene Asylanträge verbunden ist, sind Erstreckungswerber wie der Beschwerdeführer in der Lage, parallel zu ihrem Erstreckungsverfahren jederzeit selbst Asylanträge zu stellen.

Da somit weder die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorliegt noch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem Bescheid zu Grunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen bestehen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999010231.X00

Im RIS seit

22.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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