TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/14 LVwG-AV-614/001-2018

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Veröffentlicht am 14.09.2018
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Entscheidungsdatum

14.09.2018

Norm

SHG NÖ 2000 §37
SHG NÖ 2000 §38
ASVG §330a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Einzelrichter Dr. Becksteiner über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch Herrn B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 11.05.2018, Zl. ***, betreffend Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 25.10.2017, ***, für Frau C bewilligten Sozialhilfe für Hilfe bei stationärer Pflege im Zeitraum vom 01.10.2017 bis 02.12.2017 in der Höhe von € 2.831,68 zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verfahren eingestellt.

2.   Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wird für nicht zulässig erklärt.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§§ 38, 78 Abs. 11 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 – NÖ SHG

§§ 330a, 707a Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

Mit dem vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bekämpften Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Mödling den nunmehrigen Beschwerdeführer verpflichtet, die Kosten der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 25.10.2017, ***, bewilligten Sozialhilfe für Hilfe bei stationärer Pflege für Frau C (Mutter des Beschwerdeführers) für den Zeitraum vom 01.10.2017 bis 02.12.2017 in der Gesamthöhe von € 2.831,68 dem Land Nieder-österreich zu ersetzen.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass Frau C im genannten Zeitraum Hilfe bei stationärer Pflege erhalten habe und die in diesem Zeitraum aufgelaufenen nichtverjährten Sozialhilfekosten von € 2.831,68 aus 80 % Kosten-beitrag von Pension und Pflegegeld der AUVA in der Höhe von € 2.660,06 (Zeitraum 01.10.2017 bis 31.10.2017) und 80 % Kostenbeitrag von Pension und Pflegegeld (Zeitraum vom 01.12.2017 bis 02.12.2017) in der Höhe von € 171,62 resultierten. Laut Einantwortungsbeschluss des BG Mödling vom 19.03.2018 sei dem Beschwerdeführer der Nachlass von Frau C eingeantwortet worden. In rechtlicher Hinsicht wurde die Ersatzforderung auf die §§ 37 Abs. 1 Z 2 und 38 Abs. 4 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 gestützt.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf gänzliche Behebung des bekämpften Bescheides. Begründet wurde die Beschwerde zunächst damit, dass die aufgewendeten Sozialhilfekosten bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses zu ersetzen wären (laut Begründung des bekämpften Bescheides). Wie aber die Behörde selbst festgestellt habe, betrage der Wert des Nachlasses lediglich € 2.221,33. Damit sei der vorgeschriebene Betrag jedenfalls überhöht und unzulässig.

Des Weiteren sei nicht nachvollziehbar, wie die Behörde die Beträge von € 2.660,06 und € 171,61 ermittelt habe.

Letzten Endes wird auf die Bestimmungen der §§ 330a und 707a Abs. 2 ASVG verwiesen, wonach ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeein-richtungen aufgenommene Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/innen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig sei und auch laufende Verfahren einzustellen wären.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat wie folgt erwogen:

Unbestritten hat Frau C (Mutter des Beschwerdeführers) im Zeitraum 01.10.2017 bis 02.12.2017 Hilfe bei stationärer Pflege auf Grund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 25.10.2017, ***, erhalten.

Eine Feststellung darüber, ob – und zutreffendenfalls in welcher Höhe – grundsätz-lich ersatzpflichtige Sozialhilfekosten aufgelaufen sind oder nicht, erübrigt sich auf Grund folgender rechtlicher Überlegungen:

Nach § 37 Abs. 1 NÖ SHG haben für Kosten von Sozialhilfemaßnahmen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Ersatz zu leisten: der Hilfeempfänger (Z 1), die Erben des Hilfeempfängers (Z 2), die unterhaltspflichtigen Angehörigen des Hilfeempfängers (Z 3) und Personen, denen gegenüber der Hilfeempfänger Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung der Sozialhilfe erforderlich gemacht hat (Z 4).

Im gegenständlichen Fall richtet sich die Ersatzforderung an den Sohn der Hilfeempfängerin in dessen Eigenschaft als Erben. Damit kommt für eine allfällige Ersatzpflicht § 37 Abs. 1 Z 1 jedenfalls nicht in Betracht. Ebenso nicht in Betracht kommen § 37 Abs. 1 Z 3 und 4 leg.cit., da auf Grund der ursprünglichen Einkommenshöhe (Pensionshöhe) eine Unterhaltspflicht des erblichen Sohnes nicht vorlag und derartiges von der Bezirkshauptmannschaft Mödling auch gar nicht behauptet wurde. Ebenso liegen keinerlei Hinweise auf das Zutreffen der Voraussetzungen gemäß Z 4 vor.

Zu prüfen ist daher lediglich eine allfällige Kostenersatzpflicht gestützt auf § 37 Abs. 1 Z 2 NÖ SHG.

Vorweg ist überdies zu berücksichtigen, dass nach § 38 Abs. 1 NÖ SHG der Hilfeempfänger zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet ist, wenn er zu hinreichendem Einkommen gelangt oder nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen hatte. Damit ist unzweifelhaft klargestellt, dass nach dieser rückwirkend seit 01.01.2018 in Kraft befindlichen Bestimmung der Hilfeempfänger nur ersatzpflichtig ist bei hinreichendem Einkommen, nicht jedoch bei hinreichendem Vermögen. Die Vorgängerbestimmung hingegen statuierte noch eine Ersatzpflicht bei hinreichendem Einkommen als auch bei hinreichendem Vermögen.

Nach § 38 Abs. 4 NÖ SHG geht die Verbindlichkeit zum Ersatz der Kosten von Leistungen nach Abs. 1 gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Empfängers der Hilfe über. Die Erben des Hilfeempfängers haften jedoch für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Sie können gegen Ersatzforderungen nicht einwenden, dass von dem Sozialhilfe-empfänger gemäß Abs. 3 der Ersatz nicht verlangt hätte werden dürfen.

Dies bedeutet zunächst, dass – isoliert nach den Bestimmungen des NÖ SHG betrachtet – eine Ersatzpflicht gegenüber dem Hilfeempfänger wegen ausreichendem Einkommen auf den Erben übergeht. Diese Bestimmung des § 38 Abs. 4 NÖ SHG wird jedoch durch die Bundesverfassungsbestimmung des § 330a ASVG dahingehend überlagert, dass nach der letztgenannten Bestimmung ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/innen und Geschenknehmer/innen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig ist. Diese Bestimmung ist nach § 707a Abs. 2 ASVG mit 01.01.2018 in Kraft getreten, ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen.

§ 330a ASVG schränkt somit ebenfalls den Regress auf Vermögen aus, nicht jedoch auf Einkommen.

Damit ist die Frage zu klären, ob der dem Beschwerdeführer eingeantwortete Reinnachlass in der Höhe von € 2.221,33 (!) für den Beschwerdeführer als Einkommen oder als Vermögen anzusehen ist, da von der Klärung dieser Frage die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit des Regresses abhängt.

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich stellt die Einantwortung eines Nachlasses zumindest im Regelfall für den Erben einen Vermögenszufluss und nicht einen Einkommenszufluss dar. Dies ergibt sich alleine schon aus dem Begriff des Nachlasses, da dieser die vermögenswerten Rechte und Pflichten umfasst, soweit diese vererblich sind. Zum gleichen Ergebnis gelangt man durch Heranziehung von § 78 Abs. 11 NÖ SHG, welcher am 24.08.2018 rückwirkend per 01.01.2018 in Kraft trat. Nach dieser Bestimmung sind alle am 01. Jänner 2018 laufenden Verfahren über den Kostenersatz von Sozialhilfemaßnahmen, welche auf das Vermögen des Hilfe suchenden Menschen oder jener beteiligten Personen, welche vom Hilfe Suchenden Vermögen erhalten haben (z.B. Erben, Geschenk-nehmer), gerichtet sind, einzustellen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden. Damit ist klargestellt, dass die Einantwortung eines Nachlasses einen Vermögenszufluss und keinen Einkommenszufluss darstellt und ein Regress darauf unzulässig ist.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf

§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der bekämpfte Bescheid zu beheben war.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung nicht von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt, ebenso wenig ist von fehlender oder divergierender Judikatur auszugehen. Somit ist nur die außerordentliche Revision zulässig.

Schlagworte

Sozialrecht; Sozialhilfe; Pflegeregress; Nachlass; Vermögen; Einkommen;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.614.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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