TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/24 LVwG-AV-1062/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

BAO §4 Abs1
KanalG NÖ 1977 §5 Abs2
KanalG NÖ 1977 §12 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde des Herrn A und der Frau B, beide vertreten durch die C Rechtsanwalt Gesellschaft m.b.H. in ***, ***, gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 28. Juli 2017, ohne Zahl, mit dem die Berufung gegen den Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Gemeinde *** vom 3. Februar 2016, Kundennummer ***, betreffend Vorschreibung einer jährlichen Kanalbenützungsgebühr für die Benützung des öffentlichen Kanals mit Wirkung ab 1. Jänner 2016 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, zu Recht:

1.  Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.  Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt und bisheriges Verfahren:

Herr A und Frau B (in der Folge: Beschwerdeführer) sind grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft mit der topografischen Anschrift ***, *** (Grundstück Nr. .***, EZ ***, KG ***), auf welcher ein Wohngebäude errichtet ist.

Mit Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Gemeinde *** vom 3. Februar 2016, Kundenummer ***, wurde Herrn A und Frau B für die Liegenschaft in ***, ***, die Kanalbenützungsgebühr für die Benützung des öffentlichen Kanals (Fäkalkanal) ab 1. Jänner 2016 im Jahresbetrag von € 1.118,29 (zuzüglich Umsatzsteuer) vorgeschrieben. Der Abgabenberechnung wurden eine Berechnungsfläche von 376,53 m² sowie der vom Gemeinderat verordnete Einheitssatz von € 2,9700 zugrunde gelegt. Ausgeführt wurde, dass ein um 10% erhöhter Tarif zur Anwendung komme, da Regenwässer eingeleitet würden. Dieser Bescheid wurde am 2. Jänner 2017 zugestellt.

Gegen diesen Abgabenbescheid erhoben die Beschwerdeführer mit einem – am 26. Jänner 2017 bei der Behörde eingelangten – Schreiben fristgerecht das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründeten diese damit, dass die mit diesem Abgabenbescheid vorgeschriebene Erhöhung der Gebühr für die Einleitung der Regenwässer im Ausmaß von 10% (= die Erhöhung des Einheitssatzes von 2,70 auf 2,97) zu Unrecht bestehe, da die Abfuhr der Oberflächenwässer von ihrem Grundstück nicht in einen öffentlichen, sondern in ihren eigenen Kanal und in der Folge in den ***, erfolge. Es sei ein Vertrag mit dem Bundesland Niederösterreich vom 24.8.1970 auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, wonach das Bundesland Niederösterreich „Landesstraßenverwaltung“ gestatte, die Landesstraße *** zufolge Querung in km *** Parzelle Nr. *** (Öffentliches Gut), KG ***, zufolge Errichtung eines Rohrkanals zur Ableitung von Oberflächenwasser für einen anderen als ihren bestimmungsgemäßen Zweck zu benützen. Es wurde der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides gestellt.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 28. Juli 2017, ohne Zahl, wurde die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Rahmen einer Erhebung der technischen Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft Amstetten am 19.2.2014 festgestellt worden sei, dass die Abwasserbeseitigungsanlage entleert und gereinigt und zum Regenwasserspeicher umfunktioniert worden sei. Der ehemalige Kläranlagenablauf existiere weiterhin und werde zur Ableitung der Überwässer des Regenwasserspeichers in die gemeindeeigene Straßenkanalisation auf Grundstück Nr. ***, KG ***, welche in die *** münde, genutzt. Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten beabsichtige, das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechts mit Bescheid festzustellen. Sollte für die Einbindung des Auslaufbauwerks der ehemaligen Kläranlage in die gemeindeeigene Kanalisation auf Grundstück ***, KG *** keine Zustimmungserklärung bzw. kein Grundbenützungsübereinkommen mit der Gemeinde *** vorliegen, sei beabsichtigt, die Einstellung der Ableitung der Überwässer der zum Regenwasserspeicher umfunktionierten 3-Kammer-Kläranlage in den Kanal der Gemeinde *** als letztmalige Vorkehrung gemäß § 29 WRG 1959 im Erlöschensbescheid vorzuschreiben.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (Wasserrechtsbehörde) vom 31. März 2015, ***, sei den Berufungswerbern mitgeteilt worden, dass die mit Bescheid der BH Amstetten vom 16.12.1970, ZL. ***, Herrn D und Frau B erteilte wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer 3-Kammer-Kläranlage auf Grundstück Nr. .***, KG ***, und Einleitung der mechanisch gereinigten Abwässer über eine Straßenkanalisation in die *** gelöscht werden soll.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2015 hätten die Berufungswerber an die Gemeinde *** das Ansuchen um Anschluss an den Regenwasserkanal und Einleitung der Oberflächenwässer der Liegenschaft *** in den öffentlichen Regenwasserkanal der Gemeinde gestellt, welche Einleitung in den Regenwasserkanal bewilligt worden sei.

Die Bewilligung der Ableitung der Oberflächenwässer in den öffentlichen Kanal bilde die Rechtsgrundlage für den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 29. Juli 2015, Zl. *** betreffend Erlöschen des Wasserrechtes.

Mit der Gemeinde *** sei kein Vertrag über die Benutzung bzw. Verlegung eines Ablaufrohres abgeschlossen worden und bestehe daher mit dieser kein Vertragsverhältnis über den Bestand einer Kanalleitung über öffentliches Gut (Gemeindestraße).

Der E habe mit gutachterlicher Stellungnahme vom 13. März 2017 festgestellt, dass die Oberflächenwässer der Liegenschaft ***, Grundstücksnummer .***, EZ ***, KG ***, über den öffentlichen Kanal der Gemeinde *** entsorgt werden.

Mit Schreiben vom 14. August 2017 erhoben die – nunmehr rechtsanwaltlich vertretenen - Beschwerdeführer gegen diesen Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründeten diese im Wesentlichen wie ihre Berufungsschrift.

Die Oberflächenwässer des auf Grundstück .*** befindlichen Gebäudes würden schon seit 130 Jahren (teilweise) über eine eigene Rohrleitung in die *** entwässert, wobei diesbezüglich ein Gestattungsvertrag vorliege. Die Begründung der angefochtenen Berufungsentscheidung, soweit sie sich auf Sachverhalte nach dem Wasserrechtsgesetz beziehe, sei insoweit rechtlich verfehlt. Aus der Begründung der Berufungsentscheidung gehe hervor, dass ausschließlich Fragen einer Oberflächenwässerentsorgung bzw. Regenwässer angesprochen seien und gehe auch aus dem Ergebnis des Lokalaugenscheins durch E hervor, dass in den Regenwassereinlaufschacht zur Entsorgung der Oberflächenwässer der Straße zwei Rohre vom Grundstück der Beschwerdeführer einmündeten und in weiterer Folge dieses Regenwasser in die *** abgeleitet würde. Somit handle es sich eindeutig um keine Fäkalwässer, wohingegen sich der Abgabenbescheid vom 3.2.2016 auf einen „Fäkalkanal ab 1.1.2016“ beziehe und ausdrücklich eine Gebühr für Schmutzwasserentsorgung vorschreibe. Die Begründung dieses Bescheides stelle auf eine Schmutzwasserberechnungsfläche ab. Indem die Oberflächenwässer jedoch in keinen Schmutzwasserkanal (Fäkalkanal) abgeleitet würden, sei der Abgabenbescheid vom 3.2.2016 jedenfalls rechtswidrig.

Im NÖ Kanalgesetz werde unterschieden, ob das Kanalsystem als Trennsystem mit Trennung von Schmutzwässern und Oberflächenwässern oder als Mischsystem geführt werde, wobei es für diese beiden Tatbestände unterschiedliche Berechnungsgrundlagen gäbe. Dies alles werde im angefochtenen Bescheid und auch in der Berufungsentscheidung nicht aufgeklärt und behafte daher die Bescheide mit Rechtswidrigkeit.

Es sei weiters rechtswidrig, dass nicht erkennbar sei, auf welche Kanalabgabenordnung sich der Bescheid stütze, welche bebauten Flächen beim Objekt der Beschwerdeführer (teilweise) tatsächlich in diesen Oberflächensammelschacht der Straßenentwässerung entsorgt werden. E sei nicht rechtskonform als nicht amtlicher Sachverständiger bestellt worden, sodass es sich bei seinen Ausführungen um eine private Äußerung handle. Wenn er davon ausgehe, dass es sich bei der Leitung, in welche die Regenwässer vom Grundstück A und B eingeleitet würden, um einen öffentlichen Kanal der Gemeinde *** handle, nehme er damit eine Rechtsbeurteilung vor, welche jedoch der Behörde obliege. Die Leitung sei von der seinerzeitigen Landesstraßenverwaltung errichtet worden, indem zum Zeitpunkt der Errichtung dieser Anlage eine Landesstraße vorlag und sei nicht ausgeführt, wo und wie festgelegt worden sei, dass es sich um eine öffentliche Kanalanlage der Gemeinde handle. Der Gestattungsvertrag aus dem Jahre 1970, der es den Beschwerdeführern bzw. ihrem Rechtsvorgänger gestattete, durch eben diese Landesstraße *** mit der damaligen Parzellenbezeichnung *** (nunmehr Grundstück Nr. ***) einen Rohrkanal zur Ableitung von Oberflächenwässern zu errichten, gelte nach wie vor.

Nur deshalb, weil später diese Landesstraße offenbar zu öffentlichem Gut der Gemeinde *** wurde, sei diese Straßenentwässerung nicht Bestandteil der öffentlichen Kanalanlage der Gemeinde *** geworden, zumindest begründe sich aus einer solchen Straßenentwässerung nicht die Möglichkeit der Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühren.

Es werde der Antrag auf ersatzlose Behebung der Gemeindebescheide, in eventu Aufhebung und Zurückverweisung gestellt.

Mit Schreiben vom 30. August 2017 legte die Gemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer des Grundstückes Nr. .***, KG ***, welches die topographische Anschrift ***, ***, aufweist.

In der Gemeinde *** existiert sowohl ein öffentlicher Schmutzwasserkanal als auch ein öffentlicher Regenwasserkanal.

Die Oberflächenwässer der Liegenschaft der Beschwerdeführer werden – zumindest teilweise – über den bestehenden, auf Gemeindegrund gelegenen Regenwassereinlaufschacht, in welchen sowohl Oberflächenwässer von der Straße einlaufen als auch zwei Rohre von der Liegenschaft der Beschwerdeführer einmünden, in weiterer Folge über ein bestehendes Ableitungsrohr, welches unter der Gemeindestraße durchführt und über einen Schacht (R30) sowie ein Auslaufbauwerk an der ***böschung in die *** eingeleitet.

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…“

(Quelle: Bestandslageplan mit handschriftlichen Notizen des E - Abgabenakt der belangten Behörde)

Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen (siehe oben) nicht entgegentritt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 166. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

§ 177. (1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die für Gutachten der erforderlichen Art öffentlich bestellten Sachverständigen beizuziehen.

§ 179. (1) Die Vorschriften des § 76 finden auf die Sachverständigen sinngemäß Anwendung.

(2) Sachverständige können von den Parteien abgelehnt werden, wenn diese Umstände glaubhaft machen, die die Unbefangenheit oder Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel stellen.

§ 182. (1) Zur Aufklärung der Sache kann die Abgabenbehörde auch einen Augenschein, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen, vornehmen.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.2. NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230-9:

§ 5. (1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.

(2) Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfrachtbezogenen Gebührenanteiles. Dieser wird nur dann berücksichtigt, wenn die eingebrachte Schmutzfracht den Grenzwert von 100 Berechnungs-EGW überschreitet. Werden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutzwässer und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelangt in diesem Fall ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung.

(3) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. Angeschlossene Kellergeschoße werden jedoch dann berücksichtigt, wenn eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ausgenommen Lagerräume, die mit einem Unternehmen im selben Gebäude in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlussverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.

§ 12. (3) Die Abgabenschuld für die Kanalbenützungsgebühr entsteht mit dem Monatsersten des Monats, in dem erstmalig die Benützung des Kanals möglich ist oder die Abfuhr der Fäkalien erfolgt. Wird eine Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so entsteht die Kanalbenützungsgebühr mit dem Monatsersten des Monats in dem der Anschluß an den Kanal möglich ist. Diese Gebühren sind, soferne der Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung nichts anderes bestimmt, im vorhinein in vierteljährlichen Teilzahlungen, und zwar jeweils bis zum 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober, zu entrichten.

§ 14. (1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:

a) die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4);

b) die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);

c) Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit. b festgesetzten Gebühren;

d) die Kosten für die Behebung von Kanalverstopfungen (§ 17 Abs. 5) und der Behebung von Schäden auf fremden Liegenschaften (§ 18 Abs. 1).

(2) Der Abgabenbescheid hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung als Abgabenbescheid;

b) den Grund der Ausstellung;

c) bei der Fäkalienabfuhr die Zahl der jährlichen Einsammlungen;

d) die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe;

e) den Fälligkeitstermin, im Falle des Abs. 1 lit.b und c die Fälligkeitstermine und die Höhe der jeweiligen Teilbeträge;

f) die Rechtsmittelbelehrung und

g) den Tag der Ausfertigung.

(3) Die in der Abgabenentscheidung festgesetzte Kanalbenützungsgebühr oder Fäkalienabfuhrgebühr ist so lange zu entrichten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht.

(4) Der Abgabenbescheid nach Abs. 1 lit. c ist insbesondere auf Grund einer im § 13 Abs. 1 genannten Veränderung, ferner bei Änderung der Einheitssätze, bei der Fäkalienabfuhr auch bei Änderung des Einsammlungsplanes zu erlassen.

2.3. Kanalgebührenordnung des Gemeinderates der Gemeinde *** betreffend Erhebung von Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren vom 16.12.2015, in Kraft getreten am 1.1.2016:

§ 5 Kanalbenützungsgebühren für den Schmutz- und den Regenwasserkanal

1.   Die Kanalbenützungsgebühren sind nach den Bestimmungen des § 5 NÖ Kanalgesetzes 1977 in der jeweils geltenden Fassung zu berechnen.

2.   Zur Berechnung der laufenden Gebühren für die Benützung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalbenützungsgebühr) wird

a)   beim Schmutzwasserkanal der Einheitssatz für die Schmutzwasseranlage mit € 2,70 für das gesamte Gemeindegebiet

b)   beim Regenwasserkanal der Einheitssatz für die Regenwasserentsorgung mit € 0,50 für das Gemeindegebiet festgesetzt.

3.   Zur Berechnung der schmutzfrachtbezogenen Anteile wird der spezifische Jahresaufwand mit € 60,-- festgesetzt.

2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1.

In der Sache selbst ist eingangs festzuhalten, dass sich das Beschwerdevorbringen auf die Frage reduzieren lässt, ob dem Grunde nach die Anwendung des um 10% erhöhten Einheitssatzes für die Einleitung des Regenwassers ab 1. Jänner 2016 vorgeschrieben werden durfte, da nach Auffassung der Beschwerdeführer keine Einleitung von Niederschlagswässern in den öffentlichen Kanal der Gemeinde erfolge, da es sich vielmehr um Einleitung von Niederschlagswässern über einen eigenen – unter der Gemeindestraße verlaufenden – Kanal in den *** handle, worüber die Beschwerdeführer einen Vertrag über die Benützung einer Landesstraße für einen anderen als den bestimmungsgemäßen Zeck mit dem Bundesland Niederösterreich geschlossen hätten.

3.1.2.

Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.

3.1.3.

Gegenstand des Abgabenbescheides vom 3. Februar 2016, Kundennummer ***, ist die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr (Schmutzwasserentsorgung und Einleitung von Regenwässern) gewesen. Dem in § 5 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 normierten Abgabentatbestand zufolge ist für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Festsetzung von Abgaben nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (vgl. VwGH vom 10. Dezember 2008, Zl. 2005/17/0055, und vom 7. Oktober 2005, Zl. 2005/17/0168).

Hinsichtlich der Kanalbenützungsgebühr ergibt sich der Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld aus § 12 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 als lex spezialis zu § 4 Abs.1 BAO. Die Abgabenschuld ist dabei nach der Rechtslage im Entstehungszeitpunkt der Schuld zu beurteilen (vgl. VwGH vom 23. Mai 1990, Zl. 90/17/0126, und vom 26. April 1996, Zl. 95/17/0452).

3.1.4.

Im Rahmen der Kanalabgabenordnung der Gemeinde *** in der Fassung vom 16. Dezember 2015 sind Gebühren für die Einleitung von Abwässern in den öffentlichen Schmutzwasserkanal sowie in den öffentlichen Regenwasserkanal vorgesehen. Diesen Überlegungen folgt, dass infolge der Erhöhung des Einheitssatzes mit Wirkung ab 1. Jänner 2016 auf dieser Basis ein neuer Abgabenbescheid (ebenfalls mit Wirkung ab 1. Jänner 2016) zu erlassen war. Die Erlassung des Abgabenbescheides vom 3. Februar 2016 (mit Wirkung ab 1. Jänner 2016) erfolgte somit grundsätzlich zu Recht.

Unbestritten ist im Gegenstand, dass auf öffentlichem Gut vor dem Grundstück Nr. .*** KG *** ein Oberflächenwassereinlaufschacht situiert ist und eine Rohrleitung von diesem Einlaufschacht quer unter der Gemeindestraße über einen weiteren Schacht R30 zum Auslaufbauwerk an der ***böschung bis zum nahe gelegenen *** (ein öffentliches Gewässer) verläuft.

Zu klären ist damit jedenfalls die Rechtsfrage, ob es sich bei diesem Einlaufbauwerk samt Rohrleitungen sowie Auslaufbauwerk um einen öffentlichen Kanal handelt oder nicht. Der Begriff der „Kanalisation“ ist in der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die allgemeine Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließgewässer und öffentliche Kanalisationen (AAAEV), BGBl. Nr. 186/1996, näher definiert:

Unter einer Kanalisation ist demnach grundsätzlich eine gemäß § 32 Wasserrechtsgesetz 1959 bewilligungspflichtige Anlage zur Sammlung und kontrollierten, schadlosen Ableitung von Abwasser, Mischwasser oder Niederschlagswasser zu verstehen (§ 1 Abs. 3 Z. 12 AAEV).

Kanalbenützungsgebühren können auch nur dann eingehoben werden, wenn ein Kanal (im oben erläuterten Sinn) öffentlich im Sinne des § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 ist. Öffentlich ist ein Kanal, der von einer Gemeinde (bzw. von einem Gemeindeverband) betrieben und erhalten wird bzw. an dem der Gemeinde ein Verfügungsrecht zukommt. Ein Verfügungsrecht wird der Gemeinde jedenfalls dann zukommen, wenn sich die Anlage in ihrem Eigentum befindet.

Es sind daher im gegenständlichen Fall zunächst die Eigentumsverhältnisse an dem vor dem Grundstück Nr. .*** KG *** befindlichen Einlaufbauwerk, dem unter der Gemeindestraße bestehenden Regenwasserrohr sowie dem Schacht R30 und dem Auslaufbauwerk zu klären. Ungeachtet der Frage, von wem bzw. auf wessen Kosten eine bauliche Anlage errichtet wurde, gilt der Grundsatz „superficies solo cedit“ nach § 418 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch), d.h. dass das Eigentum an der baulichen Anlage, gleich ob ober- oder unterirdisch, dem Eigentum am Grundstück folgt, da das Bauwerk einen unselbständigen Bestandteil des Grundstückes bildet.

Demnach steht das Eigentumsrecht an dem Einlaufbauwerk sowie dem Regenwasserrohr dem Eigentümer des Grundstückes, auf welchem sich diese Baulichkeiten befinden, also im gegenständlichen Fall der Gemeinde *** als Eigentümerin der Gemeindestraße zu. Ausnahmen von dem genannten Grundsatz sind möglich; ob eine solche Ausnahme vorliegt, hat aber jene Partei, die sich darauf beruft, zu behaupten und zu beweisen, verbleibende Unklarheiten gehen zu ihren Lasten (vgl. die Urteile des OGH, 1 Ob 513/93 vom 22. März 1993, 4Ob 144/93 vom 12. Jänner 1994 u.a.). So könnte das Eigentum an einer baulichen Anlage zwischen Bauführer und Grundeigentümer vom allgemeinen Grundsatz abweichend vertraglich geregelt worden sein. Hinweise dafür sind aber im konkreten Abgabenverfahren bisher nicht aufgetaucht bzw. wäre das Vorliegen einer solchen vertraglichen Ausnahme im gegenständlichen Fall von den Beschwerdeführern zu beweisen.

Mangels entsprechender Hinweise, die das Gegenteil erweisen, kann also davon ausgegangen werden, dass das Verfügungsrecht über das fragliche Regenwasserrohr im öffentlichen Gut (entsprechend der allgemeinen Regel „superficies solo cedit“) der Gemeinde *** zukommt.

Indem es sich hierbei um eine nach § 32 WRG 1959 bewilligungspflichtige Anlage handelt, kann demnach bei diesem im öffentlichen Gut verlaufenden Regenwasserrohr und dem im öffentlichen Gut situierten Einlauf- sowie Auslaufbauwerk von einem öffentlichen Kanal gesprochen werden (Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 1. April 1999, 9-W-82134, wurde der Gemeinde *** die wasserrechtliche Bewilligung für die Ausleitung von Oberflächenwässern aus der öffentlichen Kanalisation erteilt.)

Der faktische Anschluss der Liegenschaft an den öffentlichen Regenwasserkanal ergibt sich aus der Aktenlage, die Beschwerdeführer haben die – zumindest teilweise – Einleitung der auf ihrem Grundstück anfallenden Niederschlagswässer über das verfahrensgegenständliche Einlaufbauwerk in das verfahrensgegenständliche Regenwasserrohr über das Auslaufbauwerk in den *** nicht in Abrede gestellt.

An der Qualifikation dieser Anlage als öffentlicher Regenwasserkanal, Einleitung der Oberflächenwässer von der Liegenschaft der Beschwerdeführer in diesen und folglich Erfüllung des Abgabentatbestandes „Kanalbenützungsgebühr für Regenwasserentsorgung“ vermag der Abschluss eines Vertrages mit dem Bundesland Niederösterreich über die Benützung der(damaligen) Landesstraße für einen anderen als ihren bestimmungsgemäßen Gebrauch jedenfalls nichts zu ändern.

Die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung einer Gebühr für die Schmutzwasserentsorgung sowie die dafür herangezogene Berechnungsfläche wurde von den Beschwerdeführern zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt.

Infolge Einleitung von Schmutzwässern in den Schmutzwasserkanal sowie von Oberflächenwässern in den Regenwasserkanal haben die Abgabenbehörden der Gemeinde *** rechtsrichtig den um 10% erhöhten Einheitssatz zur Anwendung gebracht. Wenn die Beschwerdeführer ins Treffen führen, dass es relevant sei, ob das Kanalsystem als Trennsystem mit Trennung von Schmutz- und Oberflächenwässern oder als Mischsystem geführt werde, wobei es für diese beiden Tatbestände unterschiedliche Berechnungsgrundlagen gäbe, so ist dem entgegen zu halten, dass entsprechend § 5 Abs. 2 NÖ Kanalgesetz 1977 für den Fall, dass von einer Liegenschaft Schmutz- und Niederschlagswässer eingeleitet werden, ein um 10% erhöhter Einheitssatz zur Anwendung kommt, unabhängig davon, ob das Kanalsystem getrennt als Schmutz- und Regenwasserkanal oder als Mischsystem geführt wird.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgericht aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Kanalbenützungsgebühr; Schmutzwasserkanal; Regenwasserkanal; Abgabenschuld;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1062.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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