TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/31 LVwG-S-2670/001-2017

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Veröffentlicht am 31.08.2018
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Entscheidungsdatum

31.08.2018

Norm

ASVG §33 Abs1
ASVG §111 Abs1 Z1
VStG 1991 §44a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seine Richterin

HR Mag. Baar über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch Herrn B, Rechtsanwalt in ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 5. Oktober 2017, Zl. ***, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß folgendes Verhalten angelastet:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:                               

Zeit:

01.07.2016 bis zumindest 21.11.2016

Ort:

C LTD & CO KG, ***,
***


Tatbeschreibung:
Sie haben als geweberechtlicher Geschäftsführer der Firma E LTD mit Sitz in ***, ***, zu verantworten, dass die genannte Firma nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, von 01.07.2016 bis zumindest 21.11.2016 um 09.53 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde.
Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigte ordnungsgemäß vor Arbeitsantritt als vollversicherte Person anzumelden. Frau D war nur geringfügig beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet, ihr Beschäftigungsausmaß ging jedoch über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus.

Frau D, geboren am *** arbeitet jede Woche 3-4 Tage von cirka
06.30 Uhr bis 12 Uhr im Lokal "***" in *** in der *** als Reinigungskraft und als Kellnerin, dies seit zumindest 01.07.2016.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 111 Abs.1 Z 1 iVm § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)


Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

€ 730,00

112 Stunden

§ 111 Abs.2 ASVG

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro

                 73,00

                                                           Gesamtbetrag:

                 803,00

Vertreten durch Herrn B, Rechtsanwalt in ***, hat der Beschuldigte gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben. Er macht geltend, entgegen der Tatbeschreibung sei Dienstgeberin der im Spruch genannten Frau D nicht die Delta E LTD, sondern die C LTD & Co KG gewesen, wobei es sich um zwei unterschiedliche Rechtssubjekte handle. Der Beschwerdeführer sei zwar gewerberechtlichen Geschäftsführer der C LTD & Co KG (dies jedoch erst seit 02.09.2016 und somit erst nach dem im Straferkenntnis angeführten Tatzeitraum), nicht jedoch der E LTD. Weiters habe Frau D lediglich an drei Tagen pro Woche für ca. drei Stunden gearbeitet, wie sie bereits bei der ersten Einvernahme angegeben habe. Den Beschuldigten treffe als gewerberechtlicher Geschäftsführer auch keine Verantwortung hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Tat, da er weder nach außen zur Vertretung berufenes Organ des Unternehmens noch zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei. Er beantrage daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens.

Das Finanzamt *** als weitere Verfahrenspartei hat in seiner hiezu abgegebenen Stellungnahme ausgeführt, dass die begangene Verwaltungsübertretung als erwiesen angesehen werde und der Beschuldigte auch entsprechend zu bestrafen sei.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (vollversicherte und teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Im vorliegenden Fall stellt sich die für das angelastete Meldevergehen wesentliche Rechtsfrage, ob der angefochtene Tatvorwurf den Erfordernissen des § 44a VStG entspricht.

Dazu hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 1. Juli 2014, 2013/08/0246, Folgendes ausgesprochen:

§ 33 ASVG unterscheidet zwischen der Meldung krankenversicherter Personen in seinem Abs 1 und der Meldung bloß geringfügig Beschäftigter in seinem Abs 2. Bestraft die Behörde daher wegen Übertretung des § 33 Abs 1 ASVG (Nichtmeldung krankenversicherter Personen), so hat sie in der Begründung die Krankenversicherungspflicht der Beschäftigung, dh einen Entgeltanspruch, der die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, darzutun. Nach diesen Grundsätzen bedeutet dies zumindest die Feststellung eines solchen Umfanges der Arbeitsverpflichtung, dass daraus (oder aus den lohnrelevanten Vorschriften des Kollektivvertrages; Hinweis E 27. Jänner 1990, 89/08/0031) verlässlich auf einen die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Anspruchslohn geschlossen werden darf. Gelingt ihr dies nicht, dann käme nur ein Schuldspruch nach § 33 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG in Betracht [...] Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde in Hinblick die Beschäftigung der [...] eine Strafe wegen Übertretung des
§ 33 Abs. 1 ASVG verhängt, jedoch die Krankenversicherungspflicht der Beschäftigung, das heißt einen Entgeltanspruch, der die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, nicht dargetan. Es fehlen Feststellungen zum Umfang der Tätigkeit der [...], aus denen (oder aus den lohnrelevanten Vorschriften des Kollektivvertrages) verlässlich auf einen die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Anspruchslohn geschlossen werden könnte [...]. Ohne einen solchen Nachweis kommt aber nur ein Schuldspruch nach § 33 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG in Betracht.“

Im zitierten Erkenntnis verweist der VwGH im hier relevanten Zusammenhang auf seine Entscheidung vom 20.03.2014, 2012/08/0024, in dem er Folgendes ausführt:

„Die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente eines ordnungsgemäß begründeten Bescheides bestehen erstens in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, zweitens in der Beweiswürdigung und drittens in der rechtlichen Beurteilung [...]. Die bloße Zitierung von Beweisergebnissen wie zB von Zeugenaussagen ist weder erforderlich noch hinreichend, eine Aufzählung aufgenommener Beweise mag zweckmäßig sein. Lässt ein Bescheid die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides schon aus diesem Grund [...].“

Daraus erhellt, dass das ASVG hinsichtlich der melderelevanten Umstände ausschließlich auf den Entgeltanspruch abstellt.

Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer lediglich die – isoliert betrachtet nicht strafrelevante – falsche Angabe des Beschäftigungsausmaßes (mit neun statt 16 bis 22 Wochenstunden) angelastet, ohne dass dieser Tatvorwurf in nachvollziehbarer Weise mit einer sich allein aus diesem unterschiedlichen Beschäftigungsausmaß verlässlich ergebenden unterschiedlichen Versicherungspflicht verbunden worden wäre; insbesondere war ein die Vollversicherungspflicht begründender Entgeltanspruch im gesamten Verwaltungsstrafverfahren niemals Gegenstand einer Verfolgungshandlung.

Darüber hinaus handelt es sich beim gegenständlichen Tatvorwurf einer falschen Meldung zur Sozialversicherung – im Unterschied zu einer unterlassenen Meldung – um ein Begehungsdelikt (VwGH 25.06.2013, 2012/08/0300), bei dem die Verjährungsfrist mit dem Einlangen dieser Meldung beim Versicherungsträger beginnt. Auch diese Tathandlung – nämlich die Übermittlung der vermeintlich falschen Meldung an den Versicherungsträger – war weder Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung noch dem Gebot des § 44a VStG entsprechend konkretisiertes Element des angefochtenen Tatvorwurfs.

Da somit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine vollständige und richtige Tatanlastung nicht erfolgt ist, war aufgrund eingetretener Verfolgungsverjährung die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens zu verfügen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Sozialversicherungsrecht; Verwaltungsstrafe; Anmeldung; Pflichtversicherung; Geringfügigkeit; Verfahrensrecht; Verfolgungsverjährung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2670.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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