TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/22 W201 2007171-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.08.2018

Norm

BSVG §2 Abs1 Z1
BSVG §3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W201 2007171-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 30.01.2014, ZI: XXXX , betreffend Vorschreibung von Beiträgen zur Unfallversicherung nach dem BSVG in der Höhe von 16,82 Euro zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 30.1.2014 stellte die Sozialversicherung der Bauern (im Folgenden: belangte Behörde) im Spruchteil 1 fest, dass die Beschwerdeführerin vom 01.01.2011 an bis laufend in der Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert sei. Im Spruchteil 2 des Bescheides wurde für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2012 für die nach zu zahlenden Beitrag Beiträge zur Unfallversicherung ein Beitragszuschlag in der Höhe von Euro 16,82 festgesetzt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe laut schriftlichem Pachtvertrag vom 01.01.2011 von Ihrer Mutter, XXXX , seit 01.01.2011 zwei Grundstücke im Ausmaß von 0,7444 ha gepachtet. Hinsichtlich des Auwaldes im Ausmaß von 0,4731 ha liege keine forstwirtschaftliche Erwerbstätigkeit vor, da die Beschwerdeführerin laut ihrer Meldung vom 22.10.2012 im Auwald keine Arbeiten verrichte und von ihr auch keine Verwertung des Holzes erfolge. Der ermittelte Einheitswert für die Pachtfläche in der Katastralgemeinde XXXX , Grundstücknummer XXXX , im Ausmaß von 0,2713 ha betrage Euro 400,00. Im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 14.08.2012, einlangend bei der belangten Behörde am 22.10.2012, habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sich etliche Obstbäume, Sträucher und Blumen auf dem Grundstück befänden und das Gras (Mähgut) liegen bleibe. Mit Schreiben vom 13.12.2012 habe die belangte Behörde bezüglich der Obstbäume eine Ermittlung eingeleitet. Die Beantwortung vom 15.1.2013, mit einer Ergänzung vom 13.12.2012 habe ergeben, dass auf der Parzelle 522/4 auf einer Fläche von 0,1400 ha 15 Obstbäume stünden. Das geerntete Obst würde für den eigenen Verzehr verwendet.

Zur Feststellung, ob eine Pflichtversicherung nach dem BSVG vorliege, sei am 22.07.2013 von einem Mitarbeiter der belangten Behörde gemeinsam mit der Mutter der Beschwerdeführerin auf der Parzelle XXXX eine Besichtigung vor Ort vorgenommen worden. Im Zuge dieser Besichtigung sei festgestellt worden, dass sich auf der Parzelle insgesamt 38 verschiedene Obstbäume und zwar Marillen-, Weichsel-, Zwetschgen-, Kirschen-, Apfel-und Birnbäume befänden. Fast alle Obstbäume seien ca. 40-50 Jahre alt, wobei ein Marillenbaum erst im Frühjahr 2013 gesetzt worden sei. Laut den Feststellungen des Erhebungsbediensteten würden zwar nicht alle Bäume Früchte bzw. nur wenig Frucht tragen, der Ertrag der Obstbäume insgesamt betrage jedoch rund 47 Kübel Obst. Die Obstbäume stünden verstreut auf der Parzelle, das Obst werde von der Mutter der Beschwerdeführerin geerntet und zum eigenen Verzehr (Kuchen, Tiefkühltruhe) verwendet. Die geernteten Früchte würden von der Mutter der Beschwerdeführerin auch zu Marmelade verarbeitet. Laut der Meldung der Beschwerdeführerin vom 16.10.2013 bekäme sie die fertige Marmelade von ihrer Mutter.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, Voraussetzung für die Versicherungspflicht sei ab 01.01.2011 die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes auf eigene Rechnung und Gefahr. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Betrieb der Land-und Forstwirtschaft im Sinne des Landarbeitsgesetzes dann gegeben, wenn innerhalb einer organisatorischen Einheit eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft allein oder mit Arbeitskräften, mithilfe von technischen oder immateriellen Mitteln, die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse in der Land-und forstwirtschaftlichen Produktion fortgesetzt verfolge. Das Vorliegen eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft müsse auch dann angenommen werden, wenn eine Land-und forstwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn entwickelt werde, ohne dass hierbei eine Gewinnerzielung beabsichtigt oder möglich sei (VwGH Zl. 2636/79), oder wenn die Tätigkeit bloß als Hobby betrieben werde (VwGH Zl. 2001/08/0201).

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes bestehe für die Beschwerdeführerin als Pächterin der Parzelle 522/4 seit 1.1.2011 Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem BSVG. Da die erstmalige Meldung über das Vorhandensein von Obstbäumen am 22.10.2012 erstattet worden sei, sei für die Zeit vom 1.1.2011 bis 30.6.2012 ein Beitragszuschlag gemäß § 34 Abs. 1 BSVG in der Höhe von Euro 16,82 zu verhängen.

2. Mit E-Mail vom 28.2.2014 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Sie führte aus, keinen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, der Garten werde von ihr nicht landwirtschaftlich genutzt und auch nicht bewirtschaftet. Sie führe auch keine Tätigkeiten wie Spritzen, Schneiden der Bäume oder Obsternte durch. Das Grundstück werde gepflegt, da es sich im bebauten Gebiet befinde. Der Rasen werde gemäht, der Garten sei jedoch eine Brache. Sie habe von Landwirtschaft keine Ahnung, sei Büroangestellte und benutze den Garten nur zum Grillen, Sonnenbaden und Relaxen. Von den Bäumen werde nichts geerntet und auch nichts verarbeitet, auch keine Marmelade gekocht. Die Beschwerdeführerin beantragte die Feststellung, dass keine Unfallversicherung vorliege.

3. Die belangte Behörde übermittelte am 17.04.2014 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 22.7.2013 wurde durch die belangte Behörde eine Brachebesichtigung auf dem gepachteten Grundstück der Beschwerdeführerin im Beisein der Mutter der Beschwerdeführerin durchgeführt. Laut der von der Mutter der Beschwerdeführerin unterfertigten Niederschrift über diese Besichtigung befindet sich auf dem Grundstück eine Anzahl von insgesamt 38 Obstbäumen. Der Ertrag von diesen Bäumen beträgt insgesamt 47 Kübel Obst. Laut Niederschrift wird das Obst zum eigenen Verzehr (Kuchen, Marmelade, Tiefkühltruhe) genützt der Rest kommt auf den Komposthaufen. Das Grundstück hat ein Ausmaß von 2713 m², die Differenzfläche auf 3921 m² wurde an zwei Personen verkauft, welche darauf ein Einfamilienhaus errichtet haben.

Mit Brachefeststellung vom 07.08.2013 wurde das Ausmaß der landwirtschaftlichen Fläche mit 0,246 ha, das Ausmaß der forstwirtschaftlichen Fläche mit 0,3404 ha festgesetzt. Weiters ist auf dem Formular vermerkt, dass laut Besichtigung 38 Obstbäumen auf der Fläche stehen, das Obst werde geerntet und verarbeitet.

Im Rahmen des Verfahrens legte die Beschwerdeführerin den Pachtvertrag betreffend die strittigen Grundstücke vor. Laut Pachtvertrag vom 01.01.2012 sind die Obstbäume und-Sträucher, die sich auf den verpachteten Gründen befinden mit verpachtet. Das Nutzungsrecht des Pächters (Beschwerdeführerin) an den Obstbäumen und-Sträuchern beschränkt sich auf die Ernte der Früchte. Abgestorbene, durch Naturereignisse vernichtete Obstbäume und-Sträucher, darf der Pächter entfernen und das Holz in Eigennutzung übernehmen. Dem Pächter obliegt sowohl die Pflege und Hege als auch der laufende Ersatz der Bäume und Sträucher. Die Pflege, Hege und der laufende Ersatz hat nach den geltenden Erfahrungen und unter Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen (Pflanzenschutzgesetz) zu erfolgen. Bei Pachtende hat der Pächter einen Bestand an Obstbäumen und Sträuchern zu übergeben, der dem bei Pachtübernahme entspricht. Einen Mehr-oder Minderbestand haben die Vertragspartner am Pachtende mit Entgelt auszugleichen.

2. Beweiswürdigung:

Die Ausführungen zum Verfahrensgang und den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Wie aus den vorliegenden Unterlagen hervorgeht, hat die Beschwerdeführerin von ihrer Mutter eine Grundfläche von 0,7404 ha mit einem Einheitswert von Euro 550,00 gepachtet. Auf dieser Fläche stehen 38 Obstbäume, deren Ertrag, rund 47 Kübel Obst, geerntet und verarbeitet wird. Laut Pachtvertrag ist der Beschwerdeführerin ein Nutzungsrecht eingeräumt. So kann sie die Früchte der vorhandenen Obstbäume und -Sträucher ernten. Die Beschwerdeführerin ist aber als Pächterin andererseits dazu verpflichtet, den Pachtgrund zu pflegen und laufend Bäume und Sträucher zu ersetzen. Diese vertraglichen Vereinbarungen stehen im offensichtlichen Widerspruch zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie das Grundstück ausschließlich für Freizeitzwecke nütze und lediglich die Grundstückpflege durchführe, da sich dieses im verbauten Gebiet befinde. Auch die glaubhaften Angaben der Mutter der Beschwerdeführerin im Rahmen der Brachebesichtigung am 22.07.2013 stehen dem Beschwerdevorbringen entgegen. So gab die Mutter der Beschwerdeführerin, XXXX , an, das Obst werde zum eigenen Verzehr (Kuchen, Marmelade, Tiefkühltruhe) verwendet.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahren

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 182 BSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes. Gemäß § 182 Z 7 BSVG ist § 414 Abs. 2 ASVG jedoch nicht anzuwenden, sodass gegenständlich EinzelrichterInnenzuständigkeit vorliegt.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde Rechtliche Grundlagen:

Die in diesem Fall zur Anwendung kommenden gesetzlichen Bestimmungen des Bauernsozialversicherungsgesetzes (BSVG), BGBl. Nr. 559/1978 idgF. lauten wie folgt:

§ 3. (1) In der Unfallversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, pflichtversichert:

1. die im § 2 Abs. 1 Z 1 und 1a bezeichneten Personen;

2. die nachstehend bezeichneten Familienangehörigen einer in Z 1 bezeichneten Person, wenn sie in diesem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb tätig sind: der/die Ehegatte/Ehegattin oder der/die eingetragene Partner/Partnerin, die Kinder, Enkel, Wahl-, Stief- und Schwiegerkinder und die Eltern, Großeltern, Wahl-, Stief- und Schwiegereltern sowie die Geschwister, soferne diese nicht auf Grund der Beschäftigung im Betrieb einer Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz unterliegen.

(2) Die Pflichtversicherung gemäß Abs. 1, mit Ausnahme der im § 2 Abs. 1 Z 1a bezeichneten Personen, besteht nur, wenn es sich um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb handelt, dessen zuletzt im Sinne des § 25 des Bewertungsgesetzes festgestellter Einheitswert den Betrag von 150 € erreicht oder übersteigt oder für den ein Einheitswert aus anderen als den Gründen des § 25 Z 1 des Bewertungsgesetzes nicht festgestellt wird. Handelt es sich um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, dessen Einheitswert den Betrag von 150 € nicht erreicht, so besteht die Pflichtversicherung für die betreffenden Personen, vorausgesetzt, daß sie aus dem Ertrag des Betriebes überwiegend ihren Lebensunterhalt bestreiten. Der Ermittlung des Einheitswertes ist zugrunde zu legen:

a) bei Verpachtung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche ein um den anteilsmäßigen Ertragswert der verpachteten Fläche verminderter Einheitswert;

b) bei Zupachtung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche in den Fällen des § 23 Abs. 3 dritter Satz ein um den anteiligen Ertragswert der gepachteten Fläche erhöhter Einheitswert, in allen übrigen Fällen ein um zwei Drittel des anteiligen Ertragswertes der gepachteten Flächen erhöhter Einheitswert;

c) bei Erwerb oder Veräußerung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche (Übertragung von Eigentumsanteilen an einer solchen), wenn gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 lit. a des Bewertungsgesetzes der Einheitswert nicht neu festgestellt wird, ein um den anteilsmäßigen Ertragswert dieser Flächen (des Eigentumsanteiles) erhöhter bzw. verminderter Einheitswert;

d) im Falle der gesetzlichen Vermutung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 der anteilsmäßige Ertragswert der Waldfläche.

Änderungen des Einheitswertes gemäß lit. a, b und c sowie durch sonstige Flächenänderungen werden mit dem ersten Tag des Kalendermonates wirksam, der der Änderung folgt. Sonstige Änderungen des Einheitswertes werden mit dem ersten Tag des Kalendervierteljahres wirksam, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde erster Instanz folgt.

Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 BSVG sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach dem BSVG Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984 führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird, pflichtversichert.

Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Im vorliegenden Fall ist zur Beurteilung, wann beim Obstbau eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung vorliegt, auf die zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Danach kann eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung nicht angenommen werden, wenn die Früchte nur fallweise reifen und deren Zahl bzw. Menge gerade ausreicht, um an Ort und Stelle verzehrt zu werden. Ist aber die Grenze zur Geringfügigkeit der geernteten Menge überschritten, entspricht die Menge somit nicht nur dem Ertrag von "Naschbäumen", liegt der Obstbau auf der Linie einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Das gilt bei Überschreiten der genannten Grenze selbst dann, wenn der Obstbau ausschließlich für den Eigenbedarf erfolgt (vgl. VwGH 12.03.2018, Ra 2017/08/0041; 21.02.2007, 2005/08/0131; 19.12.2007, 2006/08/0335, jeweils mwN).

Entscheidend für die Frage, ob insoweit die Grenze zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung überschritten wird, ist somit nicht die - aufgrund der vorhandenen Anzahl an Bäumen - mögliche Erntemenge, sondern die tatsächlich geerntete Menge. Ob ein Betrieb im Sinne des Sozialversicherungsrechtes vorliegt, hängt nämlich davon ab, welche Zwecke der Liegenschaftsbesitzer anstrebt und auch tatsächlich verfolgt. Diese Zwecke können nicht nur die landwirtschaftliche Nutzung der Liegenschaft, sondern etwa eine selbst gewählte Beschränkung der Nutzung - etwa auf eine Erholungswirkung - sein. Bei einer betrieblichen Tätigkeit kommt es darauf an, mit Betriebsmitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse der landwirtschaftlichen Produktion zu verfolgen. Entscheidend ist, ob die Person, um deren Versicherungspflicht es geht, tatsächlich bereits Handlungen gesetzt hat, die sich als eine landwirtschaftliche Nutzung darstellen oder die zumindest eine Prognoseentscheidung rechtfertigen, dass sie aus Erträgen des Grundbesitzes künftig wirtschaftlichen Nutzen ziehen werde (vgl. VwGH 25.6.2013, 2011/08/0085, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat ein Überschreiten der Grenze der Geringfügigkeit der geernteten Menge - somit einer Menge, die gerade ausreicht, um an Ort und Stelle verzehrt zu werden (Ertrag von "Naschbäumen") - etwa auch bereits bei einem durchschnittlichen Ertrag von insgesamt elf (vgl. VwGH 7.8.2002, 99/08/0043) bzw. sieben Obstbäumen (vgl. VwGH 21.2.2007, 2005/08/0131) angenommen.

Im gegenständlichen Fall wurde festgestellt, dass sich auf der verfahrensgegenständlichen Fläche 38 verschiedene Obstbäume befinden, die einen Ertrag von rund 47 Kübeln Obst liefern. Diese Obstmenge übersteigt die vom Verwaltungsgerichtshof angegebene "Menge, die gerade ausreicht, um an Ort und Stelle verzehrt zu werden (Ertrag von‚ 'Naschbäumen')" deutlich und wird daher auch durch die Mutter der Beschwerdeführerin verarbeitet. Die Vereinbarungen im Pachtvertrag, die eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin enthalten, die derzeit vorhandene Anzahl an Obstbäumen und- Sträuchern aufrecht zu erhalten belegt darüber hinaus, dass durchaus die Absicht verfolgt wird, aus den Erträgen des Grundbesitzes hinkünftig auch wirtschaftlichen Nutzen ziehen zu können.

Den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis kann mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass durch die landwirtschaftliche Nutzung der Liegenschaft eine geerntete Menge erzielt wird, die im Sinn der genannten Rechtsprechung über der Grenze zur Geringfügigkeit (Ertrag von "Naschbäumen") liegt, sodass eine die Pflichtversicherung begründende landwirtschaftliche Bewirtschaftung vorliegt.

Die Höhe des Beitragszuschlages wurde von der Beschwerdeführerin nicht in das Beschwerdevorbringen miteinbezogen.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht jedoch von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis aufseine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at airj erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 29.Apri! 2015, ZI. Ro 20015/08/0005. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Geringfügigkeitsgrenze, landwirtschaftliche Tätigkeit,
Unfallversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W201.2007171.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten