TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/24 LVwG-AV-1034/001-2016

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Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

FSG 1997 §7
FSG 1997 §24 Abs3
FSG 1997 §26 Abs2a
StVO 1960 §46 Abs4 lita

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Krausböck als Einzelrichterin über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwältin in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 15.09.2016,

Zl. ***, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Anordnung einer begleitenden Maßnahme und Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nach dem Führerscheingesetz 1967 - FSG, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG als unbegründet abgewiesen.

 

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit dem Bescheid vom 12.07.2016, Zl. ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen den Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen AM, B, BE auf die Dauer von 6 Monaten ab Zustellung des Bescheides entzogen, angeordnet, dass sich der Beschwerdeführer innerhalb der festgesetzten Entziehungszeit einer Nachschulung zu unterziehen habe und die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Klassen AM, B, BE innerhalb der festgesetzten Entziehungszeit angeordnet.


Dagegen hat der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin Vorstellung erhoben.

Mit dem bekämpften Bescheid vom 15.09.2016, Zl. ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen der Vorstellung keine Folge gegeben, die Entziehungsdauer im vollen Umfang bestätigt, die begleitenden Maßnahmen voll aufrecht erhalten sowie die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

Dagegen hat die ausgewiesene Rechtsvertreterin fristgerecht Beschwerde erhoben. Den Antrag auf Behebung des Bescheides, in eventu nach Behebung des Bescheides die Rechtsache zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuweisen, in eventu die angeordneten begleitenden Maßnahmen ersatzlos zu streichen, begründet die Rechtsvertreterin im Wesentlichen damit, dass die Behörde gemäß § 7 Abs. 4 FSG eine Wertung der angeführten Tatsachen vornehmen hätte müssen und dabei zum Urteil kommen hätte müssen, dass keine besonders gefährlichen Verhältnisse vorgelegen seien, da der Beschwerdeführer lediglich über eine Strecke von 70 m in Schritttempo gegen die Fahrtrichtung gefahren sei und sein Arbeitskollege entgegenkommende Fahrzeuge „abgewunken“ habe.

Bei einer teleologischen Auslegung des § 26 Abs. 2 FSG müsse man zur Auffassung gelangen, dass dieser gleichheitswidrig sei, zumal ungleiche Sachverhalte gleich behandelt werden würden. Ein Lenker, welcher über mehrere Kilometer eine stark befahrene Autobahn entgegen der Fahrtrichtung befahre, würde gleich bestraft, wie der Beschuldigte.

Unbestritten und aktenkundig nachweisbar liegt nachfolgender Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde:

Mit der Strafverfügung vom 05.08.2016 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Bruck - Mürzzuschlag, GZ. ***, den Beschwerdeführer für schuldig am 21.06.2016, um 17:05 Uhr, im Gemeindegebiet von ***, ***, ***, StrKm ***, Rampe B, Rampenkilometer von ca. *** bis *** als Lenker des PKWs mit dem behördlichen Kennzeichen *** die Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung befahren zu haben, obwohl sich dies aus den Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen nicht ergeben habe.

Die Verwaltungsstrafbehörde legte dem Beschwerdeführer deswegen die Übertretung des § 46 Abs. 4 lit.a StVO zur Last und verhängte gemäß

§ 99 Abs. 2 lit.c StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 365 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen und sechs Stunden.

Gegenständliche Strafverfügung ist in Rechtskraft erwachsen und die festgesetzte Geldstrafe am 18.08.2016 bezahlt worden.

Dazu wurde erwogen wie folgt:


Rechtlich ergibt sich daraus:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.       die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird oder

2.       sich wegen der erleichternden Umständen, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sich, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, sowie jedenfalls Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 90 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 100 km/h, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und diese Übertretungen mit technischen Messgeräten festgestellt wurden, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

Gemäß § 26 Abs. 2a FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 3 genannten Übertretung die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate zu betragen, sofern nicht gemäß Abs. 2 eine längere Entziehungsdauer auszusprechen ist. Eine nach Ablauf von zwei Jahren seit der letzten Übertretung begangene derartige Übertretung gilt als erstmalig begangen.

Gemäß § 46 Abs. 4 lit. a StVO ist es auf der Autobahn verboten eine Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung zu befahren, sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt.

An die rechtskräftige Bestrafung im Sinne der zitierten Strafverfügung besteht gemäß den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.03.2016,

Ra 2016/11/0025, Ra 2014/11/0027 und vom 30.06.1998, 98/11/0134 u.a. eine Bindungswirkung, sodass insoweit von der Rechtswidrigkeit des gesetzten Fahrverhaltens auszugehen ist.

Beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass das von ihm gesetzte Verhalten nicht besonders gefährlich gewesen sei und daher bei der gesetzeskonformen Wertung die Behörde zu einem anderen Ergebnis kommen hätte müssen, so kann dem nicht gefolgt werden. Zu Recht hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen darauf hingewiesen, dass mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.10.2015, Ra 2015/11/0068, aufgrund der Vorschrift des § 26 Abs. 2a FSG keine Wertung vorzunehmen ist, sondern jedenfalls ein Entzug der Lenkberechtigung auf die Dauer von sechs Monaten zu erfolgen hat, wenn die Autobahn auf welche Weise auch immer gegen die Fahrtrichtung befahren wird. Meint die Rechtsvertreterin es könne nicht sein, dass das Verhalten des Beschwerdeführers und einer Person, die auf dem ersten Fahrstreifen rückwärtsfährt und damit ein höheres Gefahrenpotential schaffe, gleich bestraft werde, wie der Beschwerdeführer, so ist diese Sorge unbegründet. Die im Sinne des § 26 Abs. 2a festgesetzten Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung von sechs Monaten ist eine Mindestentziehungszeit, bleibt es der Behörde in schwerwiegenderen Fällen unbenommen, die Dauer der Entziehung entsprechend zu erhöhen.

Gemäß § 24 Abs. 3 FSG kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.   wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.   wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3.   wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

Im Sinne der zitierten Rechtsnormen kann die Behörde bei verkehrsauffälligen Lenkern von Kraftfahrzeugen eine Nachschulung anordnen mit dem Ziel dem Lenker ein normgerechtes sicherheitsbewusstes und rücksichtsvolles Fahrverhalten nahezubringen, damit die Sicherheit auf den öffentlichen Straßen, insbesondere auf den Autobahnen, gewährleisten wird und durch mit dem amtsärztliche Gutachten sicherzustellen, dass die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken eines Kraftfahrzeuges gegeben ist.

Aufgrund des gesetzten Fahrverhaltens bestehen berechtigte Zweifel an der gesundheitlichen Eignung ein Kraftfahrzeug verlässlich zu lenken, sodass auch die entsprechende Anordnung nach der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sich als berechtigt erweist, insbesondere deswegen, weil sich der Beschwerdeführer der Schwere seiner Übertretung und der Gefährlichkeit seines Handelns nicht bewusst ist, wie seinem Vorbringen in dem er die Übertretung zu verniedlicht versucht, zu entnehmen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Lenkberechtigung; Entziehung; Verkehrszuverlässigkeit; Nachschulung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1034.001.2016

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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