TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/10 LVwG-S-415/001-2018, LVwG-AV-580/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.2018
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Entscheidungsdatum

10.07.2018

Norm

StVO 1960 §20 Abs2
KFG 1967 §103 Abs2
FSG 1997 §7 Abs1
FSG 1997 §7 Abs3 Z4
FSG 1997 §24 Abs1
FSG 1997 §26 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen

1.   das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 15. Jänner 2018, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) und dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), sowie

2.   den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 2. Mai 2018, Zl. ***, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung,

nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 15. Jänner 2018, ***, wird insofern stattgegeben, als die von der Behörde festgesetzten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) wie folgt herabgesetzt werden:

a.   Spruchpunkt 1.: 600,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 280 Stunden)

b.   Spruchpunkt 2.: 800,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 160 Stunden)

2.   Die Kosten des verwaltungsstrafbehördlichen Verfahrens werden mit 140,-- Euro neu festgesetzt.

3.   Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 2. Mai 2018, Zl. ***, wird als unbegründet abgewiesen.

4.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kostenbeitrag) beträgt daher 1.540,-- Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.

Entscheidungsgründe:

1.   Feststellungen:

1.1.  Am 11. Juni 2017 lenkte der Beschwerdeführer gegen 14:12 Uhr im Ortsgebiet, Gemeindegebiet ***, ***, auf der Landesstraße *** nächst Strkm. ***, in Fahrtrichtung ***, das auf ihn zugelassene Motorrad mit dem Kennzeichen ***.

Der Beschwerdeführer fuhr (nach Abzug von 8 km/h Messtoleranz) mit einer Geschwindigkeit von 134 km/h. Er überschritt die in diesem Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h somit um 84 km/h. Diese Geschwindigkeitsübertretung wurde mit einem mobilen Radargerät festgestellt.

1.2.  Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 25. Juli 2017, ***, wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Auskunft darüber zu erteilen, wer das oben genannte Kraftfahrzeug zum oben genannten Zeitpunkt am oben genannten Ort gelenkt habe.

Dieses Schreiben wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 27. Juli 2017 ab dem 28. Juli 2017 beim zuständigen Postamt hinterlegt. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt.

Das Schreiben vom 25. Juli 2017 wurde der Bezirkshauptmannschaft Tulln am 17. August 2017 mit dem Vermerk „Nicht behoben Unclaimed“ zurückgestellt.

Bei einer Vorsprache bei der belangten Behörde am 3. November 2017 gab der Beschwerdeführer – in Reaktion auf eine zuvor ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung“ – an, dass zum in Frage stehenden Zeitpunkt nicht er, sondern eine andere Person sein Motorrad gelenkt habe. Der Beschwerdeführer legte zur Untermauerung dieser Verantwortung die Kopie eines albanischen Führerscheins vor.

1.3.  Nach Abtretung der Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 29a VStG mit Schreiben vom 14. September 2017 durch die Bezirkshauptmannschaft Tulln legte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 15. Jänner 2018, ***, Folgendes zur Last:

„Sie haben als Fahrzeuglenker bzw. Zulassungsbesitzer folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:            1. 11.06.2017, 14:12 Uhr

2. siehe Tatbeschreibung

Ort:             1. Gemeindegebiet ***, ***, auf der Landesstraße *** nächst Strkm. ***, Fahrtrichtung *** (Mobiles Radar, Ortsgebiet)

2. Bezirkshauptmannschaft Tulln, ***, ***

Fahrzeug: *** (Österreich), Motorrad

Tatbeschreibung:

1. Im Ortsgebiet schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren. 134 km/h gefahrene Geschwindigkeit nach Abzug von 8 km/h Messtoleranz.

2. Als Zulassungsbesitzer der BH Tulln über deren schriftliche Anfrage vom 25.7.2017 nicht innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung am 27.7.2017 (Hinterlegung) darüber Auskunft erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug am 11.06.2017 um 14:12 Uhr im Gemeindegebiet ***, ***, auf der Landesstraße *** nächst Strkm. ***, Fahrtrichtung *** gelenkt hat. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1. § 20 Abs.2 StVO 1960, § 99 Abs.2e StVO 1960

zu 2. § 103 Abs.2, § 134 Abs.1 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von             falls diese uneinbringlich ist,      Gemäß

                              Ersatzfreiheitsstrafe von

zu 1.      800,00           369 Stunden                               § 99 Abs.2e StVO 1960

zu 2.      1.600,00        322 Stunden                               § 134 Abs.1 KFG 1967

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der
Strafe, mindestens jedoch 10 Euro                                                                                                   240,00

                                                    Gesamtbetrag:                               2.640,00

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde begründend aus, dass sie von einem Nettoeinkommen in der Höhe von 1.400 Euro bei Sorgepflichten für eine Person und keinem nennenswerten Vermögen ausgehe.

1.4.  Mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. Mai 2018, ***, entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer seine Lenkberechtigung für die Klassen AM und B auf die Dauer von drei Monaten ab Zustellung dieses Bescheides, wobei sie begründend auf den Vorfall vom 11. Juni 2017 um 14:12 Uhr und das eben zitierte Straferkenntnis verwies.

1.5.  Gegen dieses Straferkenntnis und diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden.

1.6.  Der Beschwerdeführer erhält Notstandshilfe im Ausmaß von 28,14 Euro täglich. Er ist sorgepflichtig für vier minderjährige Kinder, geboren in den Jahren 2003, 2008, 2013 und 2017, wobei für zwei dieser Kinder (geboren 2003 und 2008) Unterhaltsvorschüsse gemäß § 3, 4 Z 1 UVG gewährt werden. Er wies zum Tatzeitpunkt eine Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des § 52 lit. 10a StVO 1960 auf (rechtskräftig am 17. Dezember 2014), welche auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht getilgt ist, sowie zwei weitere, gegenständlich nicht einschlägige Verwaltungsvormerkungen auf.

2.   Beweiswürdigung:

2.1.  Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2018, in welcher Beweis erhoben wurde durch (Verzicht auf) Verlesung der vorgelegten Verwaltungs(straf)akten sowie Einvernahme des Beschwerdeführers und der Zeugin C. Die Feststellungen sind – soweit im Folgenden nicht gesonderte Ausführungen erfolgen – unstrittig; insbesondere hat der Beschwerdeführer nicht bestritten, dass das Motorrad am Tattag mit der oben ersichtlichen Geschwindigkeit im Ortsgebiet „geblitzt“ wurde.

2.2.  Zum Lenken des Motorrades durch den Beschwerdeführer:

Wie aus der Tatbeschreibung ersichtlich gründete die Feststellung der Geschwindigkeitsübertretung durch das auf den Beschwerdeführer zugelassene Motorrad auf einem mittels mobilen Radars aufgenommenem Foto. Das Foto zeigt eine auf diesem Motorrad sitzende Person von hinten. Eine an den Beschwerdeführer übermittelte Lenkerauskunft vom 25. Juli 2017 blieb unbehoben und unbeantwortet. Nach einer „Aufforderung zur Rechtfertigung“ vom 18. September 2017 sprach der Beschwerdeführer am 3. November 2017 bei der belangten Behörde vor und gab an, dass „Herr D, geb. *** mein Motorrad zu einer ‚Probefahrt‘ zur Verfügung gehabt“ habe. Bei dieser Vorsprache legte der Beschwerdeführer eine Kopie eines auf diese Person lautenden albanischen Führerscheins vor, wobei er gleichzeitig angab, den „Lenker nicht persönlich zu kennen“ und dessen Adresse „nicht zur Verfügung“ stehe.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich schenkt der Verantwortung des Beschwerdeführers jedoch keinen Glauben:

Zunächst ist auffällig, dass der Beschwerdeführer – entgegen seiner diesbezüglichen Verpflichtung gemäß § 103 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967 – keinerlei Aufzeichnungen betreffend die Adresse des angeblichen Probefahrers führte. Auch das – nach Aussage des Beschwerdeführers: Wiener – Kennzeichen des Kraftfahrzeuges, mit welchem der Probefahrer gemeinsam mit einem Freund, zum Beschwerdeführer gekommen sein soll, hat sich der Beschwerdeführer nicht notiert (vgl. Verhandlungsschrift Seite 5) und kann sich an dieses Kraftfahrzeug auch nicht mehr genau erinnern, sondern führte lediglich aus, dass es „möglicherweise ein Kombi“ gewesen sei (vgl. Verhandlungsschrift Seite 5). Die Telefonnummer, von welcher der „albanische Kaufinteressent“ den Beschwerdeführer aus zur Vereinbarung der Probefahrt kontaktiert haben soll, hat der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt bekannt gegeben, was – so die Version des Beschwerdeführers stattgefunden hat – nicht nachvollziehbar ist, selbst wenn es diese Nummer „im Nachhinein auch nicht mehr gegeben hat“, wäre doch über diese Telefonnummer allenfalls die Ausforschung des „Probefahrers“ denkbar gewesen.

Ferner gab der Beschwerdeführer an, dass er in seinem Freundeskreis erzählt habe, dass er das Motorrad verkaufen wolle und daraufhin ein Freund mit der Frage an ihn herangetreten sei, ob er die Nummer des Beschwerdeführers an den angeblichen Probefahrer weitergeben könne (Verhandlungsschrift Seite 2). Allerdings könne er nicht mehr rekonstruieren, welcher seiner Freunde ihn diesbezüglich kontaktiert habe (Verhandlungsschrift Seite 2), dies obwohl – nach Aussage des Beschwerdeführers –lediglich fünf bis sieben Probefahrten durchgeführt, wobei jeweils die „Vermittlung“ des jeweiligen Kaufinteressenten via einen Freund erfolgt sein soll (Verhandlungsschrift Seite 3). Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang nicht einmal angegeben, irgendwelche Bemühungen unternommen zu haben, den Freund ausfindig zu machen, welcher ihm den angeblichen Probefahrer vermittelt hat; dies obwohl er am 3. November 2017 – also nicht einmal vier Monate nach dem Tattag und insofern zeitnah – persönlich in der Angelegenheit bei der belangten Behörde vorsprach, er zu diesem Zeitpunkt bereits vom gegen ihn erhobenen Vorwurf einer massiven Geschwindigkeitsüberschreitung wusste und – seiner eigenen Version nach – lediglich fünf bis sieben Probefahrten durchgeführt wurden, also maximal eine derartige Anzahl an zu kontaktierenden Freunden in Frage käme. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hält es – träfe die Version des Beschwerdeführers zu – für ausgeschlossen, dass es bei einer derart geringen Anzahl von angeblichen Probefahrten dem Beschwerdeführer nicht im Ansatz möglich sein sollte, den Namen jenes Freundes oder Bekannten zu rekonstruieren, welcher ihm den angeblichen „Probefahrer“ vermittelt hat, der den verfahrensgegenständlichen Vorfall ausgelöst haben soll.

Der angebliche Probefahrer war überdies niemals in Österreich gemeldet (vgl. Beilage ./2 der Verhandlungsschrift) und hat der Beschwerdeführer das Motorrad, welches er im Juni 2017 noch verkaufen wollte, nach wie vor in seinem Eigentum, da es „kaputt“ ist (Verhandlungsschrift Seite 2).

Aus der Gemengelage dieser Ungereimtheiten der Version des Beschwerdeführers heraus kommt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zum Schluss, dass er selbst das Motorrad zum infrage stehenden Zeitpunkt gelenkt hat und die Version betreffend eine angebliche Probefahrt samt Vorlage der Kopie (irgend)eines albanischen Führerscheines – samt der damit einhergehenden Verdächtigung dieser Person – lediglich eine Schutzbehauptung darstellt. Insofern passt es auch ins Bild, dass die Zeugin C der Ansicht war, der Beschwerdeführer habe seine Beschimpfungen im Amtsgebäude der belangten Behörde gegen den Sachbearbeiter des angefochtenen Straferkenntnisses gerichtet, wenngleich einzuräumen ist, dass die Zeugin dies nur vermutete (Verhandlungsschrift Seite 7 und 8; Aktenvermerk vom 31. Jänner 2018).

2.3.  Zur Hinterlegungsanzeige:

Der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den der Gegenbeweis zulässig ist. Der Beschwerdeführer hat jedoch lediglich behauptet, er habe von der Post keine Verständigung erhalten, was (allein) nicht geeignet ist, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen.

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.  Zur Beschwerde gegen das Straferkenntnis:

3.1.1.  Zu Spruchpunkt 1 (Geschwindigkeitsübertretung):

Nach den Feststellungen lenkte der Beschwerdeführer sein Motorrad zum oben ersichtlichen Tatzeitpunkt im Ortsgebiet mit einer Geschwindigkeit von 134 km/h.

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.

Der Beschwerdeführer hat somit eine Übertretung des §§ 20 Abs. 2 iVm 99 Abs. 2e StVO 1960 begangen und zu verantworten (vgl. § 5 Abs. 1 VStG).

3.1.2.  Gemäß § 99 Abs. 2e StVO 1960 begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h überschreitet.

Gemäß § 19 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die übertretene Rechtsnorm betreffend eine Geschwindigkeitsbeschränkung soll ua. die Verkehrssicherheit schützen und dadurch insbesondere ein erhöhtes Unfallrisiko vermieden werden. Gerade Geschwindigkeitsüberschreitungen sind immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle, weshalb die Bedeutung des durch die übertretene Rechtsnorm geschützten Rechtsgutes als hoch einzuschätzen ist.

Nach dem insofern rechtskräftigen Tatvorwurf wurde die mit 80 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit durch eine mit Radargerät gemessene Geschwindigkeit um 84 km/h überschritten und dadurch erheblich gegen den Schutzzweck der übertretenen Bestimmung verstoßen. Sonstige nachteilige Folgen der Tat sind nicht hervorgekommen.

Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen. Erschwerend war demgegenüber die rechtskräftige Bestrafung wegen einer Übertretung des § 52 Z 10a StVO 1960 zu werten. Erschwerend war überdies zu werten, dass der Beschwerdeführer die eine besonders massive Überschreitung der strafsatzbestimmenden Geschwindigkeitsgrenze, die zulässigerweise im Rahmen der Strafbemessung nach § 99 Abs. 2e StVO 1960 berücksichtigt werden könnte (hier also der um 40 km/h erhöhten zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als das Doppelte), zu verantworten hat (vgl. VwGH vom 6. Juli 2015, Ra 2015/02/0042). Beide Erschwerungsgründe hat die belangte Behörde zu Unrecht unberücksichtigt gelassen.

Die belangte Behörde ist von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.400 Euro bei Sorgepflichten für eine Person ausgegangen, wobei der Beschwerdeführer lediglich Notstandshilfe im Ausmaß von 28,14 Euro täglich bezieht und für vier Kinder sorgepflichtig ist, wobei hinsichtlich zweier Kinder seitens der Republik Österreich Unterhaltsvorschüsse gewährt werden.

Nach dem Vorgesagten sowie unter Berücksichtigung des Strafrahmens, insbesondere der deutlich ungünstigeren persönlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei als von der belangten Behörde angenommen, ist die von der belangten Behörde verhängte Strafe (sowie die Ersatzfreiheitsstrafe) auf das im Spruch genannte Ausmaß herabzusetzen, um eine tat-, täter und schuldangemessene Bestrafung zu erreichen.

Eine weitere Herabsetzung der Strafe kommt nicht in Betracht, weil nicht nur auf die beschwerdeführende Partei selbst spezialpräventiv eingewirkt werden soll, sondern durch Strafen auch andere Normadressaten von der Begehung gleich gelagerter strafbarer Handlungen abgehalten werden sollen („Generalprävention“; zur Zulässigkeit der Berücksichtigung spezial- und generalpräventiver Überlegungen bei der Strafzumessung vgl. zB schon VwGH vom 15. Mai 1990, 89/02/0093; zur Generalprävention überdies VwGH vom 10. April 2013, 2013/08/0041).

3.1.3.  Zu Spruchpunkt 2. (Nichterteilung der Lenkerauskunft):

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 begeht, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Auf Grund der nicht rechtzeitigen – und in der Folge unrichtigen – Erteilung einer Lenkerauskunft hat der Beschwerdeführer eine Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG begangen und zu verantworten, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe bis zu 5000 Euro (vgl. § 134 KFG) zu verhängen war.

§ 103 Abs. 2 KFG 1967 schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die in Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (zB VwGH vom 22. März 2000, 99/03/0434). Es ist allerdings im Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 zu beachten, dass es beim Unrechtsgehalt dieser Verwaltungsübertretung nicht auf das „Grunddelikt“ ankommt (zB VwGH vom 29. Jänner 2003, 2000/03/0358).

Zu beachten ist gegenständlich, dass der Beschwerdeführer die Lenkerauskunft offenkundig deshalb verspätet (und in der Folge unrichtig) beantwortet hat, um seine Lenkereigenschaft zu verschleiern.

Dieser Umstand in Zusammenschau mit dem Strafrahmen, dem zuvor zu den persönlichen Verhältnissen Erörterten sowie des Nichtvorliegend von Erschwerungs- und Milderungsgründen zu diesem Spruchpunkt sind zusammengefasst dahingehend zu beurteilen, dass die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe (und die Ersatzfreiheitsstrafe) auf das im Spruch genannte Ausmaß herabzusetzen ist, wobei eine weitere Herabsetzung aus den zuvor genannten Gründen nicht in Betracht kommt.

3.1.4.  Kosten

Aufgrund der Herabsetzung der Strafhöhen war gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG iVm § 38 VwGVG auch der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde neu festzusetzen.

Da der Beschwerde gegen das Straferkenntnis somit zu beiden Spruchpunkten teilweise Folge gegeben wurde, waren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

3.2.  Zum Bescheid betreffend Entziehung der Lenkberechtigung:

Gemäß § 7 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 4 des Führerscheingesetzes (FSG) gilt es als die Verkehrsunzuverlässigkeit auslösende „bestimmte Tatsache“, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

Gemäß §§ 24 Abs. 1 iVm 26 Abs. 3 Z 3 FSG hat die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung drei Monate zu betragen, wenn die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h überschritten worden ist.

Bei Vorliegen der in § 26 Abs. 3 FSG umschriebenen Voraussetzungen ist eine Entziehung der Lenkberechtigung für den jeweils vorgesehenen fixen Zeitraum auszusprechen. Für ein Unterschreiten der gesetzlich vorgegebenen Mindestentziehungsdauer fehlt eine gesetzliche Grundlage (vgl. VwGH vom 20. September 2017, Ra 2015/11/0100).

Auf Grund der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h war die belangte Behörde gemäß § 26 Abs. 3 Z 3 FSG verpflichtet, dem Beschwerdeführer seine Lenkberechtigung für die Dauer von drei Monaten zu entziehen.

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 2. Mai 2018 ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.3.  Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da gegenständlich lediglich Fragen der Beweiswürdigung vorliegen, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. allgemein zB VwGH vom 24. Mai 2018, Ra 2018/19/0245, sowie betreffend den Rückschein als „öffentliche Urkunde“ VwGH vom 23. November 2016, 2013/05/0175). Im Übrigen stützt sich die Entscheidung auf die zitierte Rechtsprechung bzw. ist die Rechtslage eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 1. August 2017, Ra 2015/06/0087). Die gegenständlich vorgenommene Ermessensübung erfolgte im Sinne des Gesetzes (vgl. zur Strafbemessung als Ermessensentscheidung und zur Einschränkung des VwGH auf die Frage, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint, etwa VwGH vom 18. Juni 2014, Ro 2014/09/0043).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Auskunftspflicht; Geschwindigkeit; Entziehung; Lenkberechtigung; Verwaltungsstrafe;

Anmerkung

VwGH 17.09.2018, Ra 2018/11/0180-3, Zurückweisung
VwGH 27.11.2018, Ra 2018/02/0267-3, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.415.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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