TE OGH 2018/8/14 3Ob131/18p

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Veröffentlicht am 14.08.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W***** AG, *****, vertreten durch Lercher & Hofmann Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichteten Parteien 1. H***** A*****, vertreten durch MMag. Dr. Mario Fluch, Rechtsanwalt in Feldkirch, 2. C***** M*****, wegen 275.000 EUR sA, über den Revisionsrekurs der erstverpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 27. Februar 2018, GZ 3 R 42/18a-39, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bezau vom 15. Jänner 2018, GZ 6 E 996/16x-34, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 275.000 EUR die Zwangsverwaltung mehrerer Liegenschaften. Deren Anmerkung im Grundbuch erfolgte am 30. November 2016. Mit Beschluss vom 11. Jänner 2017 wurde Dr. M***** S***** zum Zwangsverwalter bestellt.

Auf den Liegenschaften ist zugunsten der S***** (im Folgenden: Bank) jeweils ein Simultanpfandrecht im Höchstbetrag von 1.100.000 EUR einverleibt, dem der Vorrang gegenüber der betriebenen Forderung zukommt. In der entsprechenden Pfandurkunde vom 1. September 2011 erklärte der Erstverpflichtete als damaliger Eigentümer aller Liegenschaften, allfällige bestehende und zukünftige Forderungen aus Vermietung und sonstiger Nutzungsüberlassung des Pfandgegenstands oder Teilen davon zur Sicherstellung der Bank abzutreten.

Im März 2017 vermietete der Erstverpflichtete die Teilfläche einer der von der Zwangsverwaltung betroffenen Liegenschaften an eine GmbH. Der Mietvertrag wurde vom Zwangsverwalter genehmigt und mitunterfertigt. Ebenfalls im März 2017 schloss der Erstverpflichtete einen Pachtvertrag mit einer natürlichen Person über landwirtschaftliche Gebäude samt Flächen der von der Zwangsverwaltung betroffenen Liegenschaften. Im Oktober 2017 erklärte der Zwangsverwalter, diesem Pachtvertrag unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass der Pachtzins nicht an die Bank abgetreten werde/sei.

Mit Beschluss vom 15. Jänner 2018 stellte das Erstgericht die Zwangsverwaltung bezüglich der dem Erstverpflichteten gehörenden Liegenschaften amtswegig ein und bezog sich dabei auf die im Jahr 2011 erfolgte Abtretung zur Sicherstellung der zukünftigen Bestandzinsforderung durch den Erstverpflichteten: Eine Abtretung künftiger Forderungen sei zulässig. Nach § 119 Abs 4 EO idF EO-Novelle 2008 fielen zedierte Bestandzinsforderungen auch für eine nach Einleitung der Zwangsverwaltung fallende Zinsperiode ungeachtet einer bücherlichen Anmerkung nicht in die Zwangsverwaltungsmasse. Die Miet- und Pachtzinse bezüglich der im März 2017 geschlossenen Bestandverträge seien somit wirksam an die Bank abgetreten worden. Mangels erwartbarer Erträgnisse sei die Zwangsverwaltung daher einzustellen.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss aufgrund des Rekurses der betreibenden Partei dahin ab, dass es ihn ersatzlos behob und dem Erstgericht die Fortsetzung des Exekutionsverfahrens auftrug. Es ging zwar davon aus, dass Forderungen, über die der Verpflichtete vor der Anmerkung der Zwangsverwaltung verfügt, seit der EO-Novelle 2008 nicht in die Zwangsverwaltungsmasse fielen. Nach Anmerkung der Zwangsverwaltung fällige Bestandzinse würden nach der geltenden Fassung des § 119 Abs 4 EO daher dann nicht in die Masse fallen, wenn der Verpflichtete darüber vor diesem Zeitpunkt (etwa durch Sicherungszession) verfügt habe. Auch eine Sicherungszession zukünftiger Forderungen sei anerkannt. Eine solche komme aber nur unter Einhaltung der für die Pfandrechtsbegründung vorgeschriebenen Publizitätsform rechtswirksam zustande. Der für die Wirksamkeit der Sicherungszession erforderlichen Publizitätsakt habe hier frühestens im Zusammenhang mit dem Abschluss der Bestandverträge zu erfolgen, also vor dem maßgeblichen Zeitpunkt nicht gesetzt werden können. Damit sei – entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts – mit Erträgnissen aus der Zwangsverwaltung zu rechnen, weshalb die Voraussetzungen § 129 Abs 2 EO nicht gegeben seien.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung nach der EO-Novelle 2008 zu den Wirkungen einer Abtretung zukünftiger Bestandzinsforderungen vor Anmerkung der Einleitung eines Zwangsverwaltungsverfahren (iSd § 119 Abs 4 EO) zulässig sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Erstverpflichteten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Einstellungsbeschlusses. Im Wesentlichen stützt sich die Argumentation des Erstverpflichteten auf die Behauptung, dass mit der Verständigung beider Drittschuldner ein entsprechender Modus für die Abtretung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ungeachtet des nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig, weil der Rechtsmittelwerber die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage gar nicht als unrichtig gelöst geltend macht und auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage releviert (RIS-Justiz RS0048272 [T1, T3]).

Bei der Sicherungszession wird die Forderungsabtretung zum Unterschied von der Vollzession nicht schon mit der Willenseinigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar wirksam, die Wirksamkeit der Sicherungszession bedarf vielmehr der Einhaltung eines besonderen Modus, der sich mit dem für die Forderungsverpfändung vorgesehenen deckt (RIS-Justiz RS0032565 [T2]). Die Rechtsprechung anerkennt die Drittschuldnerverständigung als tauglichen Modus zur Übertragung der sicherungsweise abgetretenen Forderung auf den Zessionar (vgl RIS-Justiz RS0121560, RS0032577). Die Wirksamkeit einer Sicherungszession tritt erst im Zeitpunkt ein, zu dem der Modus gesetzt wurde (RIS-Justiz RS0032577). Nach gesicherter Rechtsprechung im Insolvenzverfahren wird ein Absonderungsrecht durch eine Sicherungszession daher nur dann wirksam begründet, wenn die erforderliche Publizitätsform vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesetzt wurde (RIS-Justiz RS0032577). Wenn das Rekursgericht zur insoweit vergleichbaren Rechtslage bei der Zwangsverwaltung in Anknüpfung an den klaren Gesetzeswortlaut des § 119 Abs 1 Satz 1 EO auf den Zeitpunkt der Anmerkung der Zwangsverwaltung Ende 2016 abstellt (vgl auch RIS-Justiz RS0002852), bedarf dies keiner Korrektur; ist doch wegen der erst im März 2017 abgeschlossenen Bestandverträge ein (wirksamer) Publizitätsakt vor der Anmerkung der Zwangsverwaltung denkunmöglich und wird vom Rechtsmittelwerber auch gar nicht behauptet.

Der betreibenden Partei gebühren keine Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung, weil das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – einseitig ist. Wegen der amtswegig erfolgten Einstellung liegt hier auch kein Rechtsmittelverfahren über einen Antrag auf Einstellung der Exekution vor (vgl § 65 Abs 3 Z 2 EO). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Fachsenats ist eine dennoch erstattete Revisionsrekursbeantwortung mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0118686 [T11]); sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und ist daher nicht zu honorieren (RIS-Justiz RS0118686 [T12]).

Textnummer

E122547

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00131.18P.0814.000

Im RIS seit

03.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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