TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/21 97/19/1262

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Veröffentlicht am 21.12.1999
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
23/01 Konkursordnung;
23/02 Anfechtungsordnung Ausgleichsordnung;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AnfO §1;
AnfO §2;
AufG 1992 §5 Abs1;
GmbHG §82;
KO §27;
KO §28;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/19/1263

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde 1.) der am 12. März 1950 geborenen DM, sowie 2.) des am 16. Jänner 1982 geborenen GM, dieser vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 5. Mai 1997,

1.) Zl. 119.611/3-III/11/96 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin), sowie 2.) Zl. 119.611/4-III/11/96 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers. Die Beschwerdeführer beantragten jeweils über die österreichische Botschaft in Moskau mit am 6. Oktober 1995 bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz eingelangten Anträgen die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Die Erstbeschwerdeführerin gab als Aufenthaltszweck den der selbstständigen Tätigkeit als Kauffrau und als sonstigen Aufenthaltszweck den der "Führung einer eigenen Firma" an. Hinsichtlich der ihr in Österreich zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel verwies sie auf eine auf einem Konto erliegende Summe von ca. $ 48.000,-- und auf die Bestätigung des Wirtschaftstreuhänders. Der Zweitbeschwerdeführer gab als Aufenthaltszweck den des Schulbesuches an und verwies hinsichtlich des Lebensunterhaltes auf den Erwerb seiner Eltern.

Aus den Unterlagen, die dem Antrag der Erstbeschwerdeführerin und ihres Ehegatten, der ebenfalls einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt hatte, beigelegt waren, geht u.a. hervor, dass die Erstbeschwerdeführerin und ihr Ehegatte Geschäftsführer und Gesellschafter der LGM Handelsges.m.b.H waren; erst im dem dem Eröffnungsjahr der Gesellschaftsaktivitäten folgenden Jahr wurde nach dem Inhalt einer Bestätigung des Wirtschaftstreuhänders vom 27. Juni 1995 mit einem Gewinn dieser Gesellschaft in der Höhe von ca. S 60.000,-- gerechnet. Eine weitere, mit 12. Jänner 1995 datierte Antragsbeilage stellt eine für die LGM Handelges.m.b.H ausgestellte Bestätigung dar, wonach deren Konto derzeit einen Saldo von ungefähr $ 15.000,-- zu ihren Gunsten aufweise.

Der Landeshauptmann von Wien wies jeweils mit Bescheid vom 8. Februar 1996 die Anträge der Beschwerdeführer ab. Den abweisenden Bescheid bezüglich der Erstbeschwerdeführerin stützte er auf § 4 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG), beim Zweitbeschwerdeführer auf § 4 Abs. 3 AufG.

Die Beschwerdeführer beriefen und wiesen darauf hin, dass die Erstbeschwerdeführerin als Schlüsselkraft zu betrachten sei, weil sie besondere Kenntnisse im Hinblick auf den russischen und georgischen Markt besitze und daher in der Lage sei, Handelskontakte für österreichische Firmen zu knüpfen, die ansonsten nicht zustande gekommen wären. Hinsichtlich der von der Erstbeschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehegatten betriebenen Gesellschaft wurden in der Berufung verschiedene von dieser abgeschlossene Verträge und Rechnungen aus den Jahren 1995 und 1996 vorgelegt.

Sowohl die weitere Stellungnahme der Erstbeschwerdeführerin vom 4. Juli 1996 als auch vom 19. August 1996 dienten der rechtlichen Argumentation, dass die Erstbeschwerdeführerin als Schlüsselkraft anzusehen sei.

Mit dem nunmehr erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit den §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 AufG ab. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen begründete die belangte Behörde zum Einen, warum sie im vorliegenden Fall zu einer Ermessensübung gemäß § 4 Abs. 1 AufG berechtigt sei und nach welchen Kriterien sie davon Gebrauch mache. So führte die belangte Behörde an, durch die gesetzlich normierten Schranken der Zuwanderung (Quotenregelung) habe die erkennende Behörde bei ihren Entscheidungen, wenn kein Rechtsanspruch bestehe, im Einzelfall auf besonders berücksichtigungswürdige Konstellationen zu achten. Es sei aber festgestellt worden, dass die vorgebrachte Geschäftstätigkeit der Firma der Erstbeschwerdeführerin bisher keine Grundlage für einen Aufenthalt ihrer Person geboten habe. Im Besonderen sei eine Zukunftsprognose über die wirtschaftliche Weiter- und Fortentwicklung der Firma als Grundlage für einen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlich. Auf Grund der vorgelegten Unterlagen über die bisherigen Geschäftsaktivitäten sei ein öffentliches Interesse aber nicht erkennbar.

Die belangte Behörde führte weiters aus, die im Verfahren vorgelegten Unterlagen zeigten keinerlei gesicherten Unterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG, wie auch dieser zukünftig unter den derzeitigen Verhältnissen nicht zu erwarten sein werde. Die Angaben der Erstbeschwerdeführerin bezüglich der Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen entbehrten jeder Grundlage und könnten somit nur als Schutzbehauptung gesehen werden, um das private Interesse an einem Aufenthalt in Österreich zu rechtfertigen. Schließlich sei auch bei der Abwägung im Sinne des Art. 8 MRK dem öffentlichen Interesse Priorität vor den privaten Interessen der Erstbeschwerdeführerin einzuräumen.

Hinsichtlich der Abweisung der Berufung des Zweitbeschwerdeführers mit dem zweitangefochtenen Bescheid stützte sich die belangte Behörde auf die §§ 4 Abs. 1 und 3, sowie 5 Abs. 1 AufG. Die belangte Behörde führte aus, der Zweitbeschwerdeführer habe seinen Antrag auf den Aufenthaltszweck als Schüler gestützt, von der erkennenden Behörde sei auch der Aufenthaltszweck Familienzusammenführung mit Fremden geprüft worden, weil die Eltern ebenfalls Anträge auf Aufenthaltsbewilligungen eingebracht hätten. Ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung habe aber nicht abgeleitet werden können. Weil die Eltern bisher kein Aufenthaltsrecht hätten, habe auch dem Beschwerdeführer durch die wirtschaftliche Abhängigkeit und im Hinblick auf die Familienfreiheit ein solches nicht gewährt werden können. In den weiteren Ausführungen im zweitangefochtenen Bescheid findet sich ebenfalls eine (wortgleiche) Darstellung dahin, dass die im Verfahren vorgelegten Unterlagen auch keinerlei gesicherten Unterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG gezeigt hätten und ein solcher auch nicht zu erwarten sei. Auch im Fall des Zweitbeschwerdeführers wurde bei der Abwägung im Sinne des Art. 8 MRK den öffentlichen Interessen Priorität vor seinen privaten Interessen eingeräumt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auf Grund ihres rechtlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerdeführer noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügten, weshalb auf die Beschwerdefälle die Bestimmung des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 keine Anwendung finden.

Die §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 AufG lauteten:

"§ 4. (1) Eine Bewilligung kann Fremden unter Beachtung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Auf die Verlängerung von Bewilligungen finden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung.

...

§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

Die belangte Behörde stützte sich hinsichtlich der Abweisung der zu Grunde liegenden Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sowohl auf § 4 Abs. 1 als auch auf § 5 Abs. 1 AufG (wegen des nicht gesicherten Unterhaltes).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller von sich aus (initiativ) zu belegen, dass er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt. Nur dadurch kommt er seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, dass kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559 bis 2561 m.w.N.). Aufforderungen seitens der Behörde an den Antragsteller, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebenso wenig geboten wie die Durchführung entsprechender amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0355 und andere). Von den diesbezüglichen Angaben des Fremden kann die Behörde selbst dann ausgehen, wenn sie erstmals den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG heranzieht.

Die Erstbeschwerdeführerin machte geltend, Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Gesellschaft zu sein und legte während des Verfahrens verschiedene Unterlagen über die von ihr und ihrem Ehegatten geführten Gesellschaft (Gesellschaftervertrag, von der Gesellschaft abgeschlossene Verträge, Rechnungen an die Gesellschaft, Gehaltszahlung an eine weitere Geschäftsführerin) vor. Daraus ergibt sich aber lediglich, dass die Erstbeschwerdeführerin die Hälfte der Stammeinlage bar in die Gesellschaftskasse einbezahlt zu hat. Aus den vorgelegten Unterlagen lassen sich aber keine Schlüsse dahingehend ziehen, welche Unterhaltsmittel der Erstbeschwerdeführerin tatsächlich zur Verfügung stehen, zumal auch das von ihr im Antrag genannte Guthaben von ca. $ 48.000,-- nicht belegt wird.

Die Erstbeschwerdeführerin gibt an, einerseits Geschäftsführerin der Gesellschaft, andererseits deren Gesellschafterin zu sein. Sie hat aber weder hinsichtlich der einen noch der anderen Funktion mit ihren Angaben im Verwaltungsverfahren darlegen können, über ausreichende Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu verfügen. Als Gesellschafterin könnten ihr Einnahmen aus dem Unternehmensgewinn der Gesellschaft zufließen. Diesbezüglich findet sich in den Verwaltungsakten lediglich ein Kontoauszug der Gesellschaft, der ein Guthaben in der Höhe von ungefähr $ 15.000,-- zu ihren Gunsten aufweist, ohne dass sich eine nähere Erläuterung zur Art dieses Guthabens findet. Es ist daher mangels einer entsprechenden Behauptung nicht davon auszugehen, dass es sich dabei um den Unternehmensgewinn der Gesellschaft handelt. Für das Vorliegen eines Tatbestandes, der eine Rückgewährung der Stammeinlage erlauben würde, bestehen ebenso wenig Anhaltspunkte, wie dafür, dass die Beschwerdeführerin der Gesellschaft Leistungen im Sinne des § 82 Abs. 4 GmbHG erbringen würde, für die ihr eine Vergütung ungeachtet der Erzielung des Reingewinnes der Gesellschaft zustünde. Aus der bloßen Existenz der gegenständlichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, lässt sich aber nicht ableiten, dass diese während der Geltungsdauer der Bewilligung Gewinn in solcher Höhe erwirtschaften und ausschütten werde, dass hiedurch ausreichende tatsächlich zur Verfügung stehende eigene Mittel belegt wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1049). Dies geht auch aus der Bestätigung des Wirtschaftstreuhänders vom 27. Juni 1995 nicht hervor, der erst im nach dem Eröffnungsjahr folgenden Jahr der Geschäftstätigkeit einen wahrscheinlichen Gewinn von S 60.000,-

prognostizierte. Aus der Aktenlage ist daher nicht ableitbar, dass die Erstbeschwerdeführerin als Gesellschafterin Einkünfte zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in Anspruch nehmen könnte.

Über den Bezug eines Geschäftsführergehaltes liegt weder eine ziffernmäßige Angabe über die Höhe dieses Bezuges noch eine Bestätigung der Gesellschaft vor. Ein derartiger Bezug wäre grundsätzlich geeignet, den Lebensunterhalt des Fremden unabhängig von der Erzielung eines Bilanzgewinnes durch die Gesellschaft schon dann zu sichern, wenn diese voraussichtlich für die Dauer der Bewilligung über ausreichende Mittel zur Erfüllung dieser Ansprüche verfügt, ohne dass die Gefahr einer Rückforderung solcher Zahlungen als Folge einer Anfechtung nach §§ 28 ff KO oder §§ 2 ff AnfO besteht. Anfechtungsgefährdete Zahlungen wären demgegenüber zur Sicherung des Unterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG nicht geeignet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1996, Zl. 95/19/1937). Dadurch, dass - wie oben dargestellt - keine Angaben über die Liquidität der Gesellschaft erstattet wurden und die Erstbeschwerdeführerin weder eine Bezugsbestätigung durch die Gesellschaft noch sonstige Belege hinsichtlich ihres Geschäftsführergehaltes vorgelegt hat, hat sie ihrer Obliegenheit zur initiativen Darlegung ihrer Unterhaltsmittel nicht entsprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zl. 96/19/2042).

Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG deshalb als verwirklicht erachtete, weil der Erstbeschwerdeführerin der Nachweis, dass die ihr zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel für den beantragten Aufenthalt in Österreich ausreichend seien, nicht gelungen war.

Der Zweitbeschwerdeführer berief sich hinsichtlich seiner Unterhaltsmittel auf das Einkommen seiner unterhaltspflichtigen Eltern. Weitere Nachweise, etwa über ein seinem Vater zur Verfügung stehendes Einkommen, legte er nicht vor; hinsichtlich der Einkommenssituation seiner Mutter wird auf das Obgesagte verwiesen. Konnten jedoch die Eltern des Beschwerdeführers keinen Nachweis für die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zum Lebensunterhalt erbringen, so kann der belangten Behörde nicht entgegengetreteten werden, wenn sie davon ausging, dass auch im Fall des Zweitbeschwerdeführers der Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG mangels ausreichenden Unterhaltes verwirklicht war.

Weil bereits der Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG zu Recht als verwirklicht angesehen wurde, erübrigte sich ein Eingehen auf den Abweisungsgrund des § 4 Abs. 1 AufG.

Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191262.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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