TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/3 95/19/1937

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Veröffentlicht am 03.10.1996
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
23/01 Konkursordnung;
23/02 Anfechtungsordnung Ausgleichsordnung;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AnfO §1;
AnfO §2;
AufG 1992 §5 Abs1;
GmbHG §54;
GmbHG §74;
GmbHG §82;
GmbHG §83;
KO §27;
KO §28;
KStG 1988;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. November 1995, Zl. 303.720/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. November 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 14. März 1995 auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Angaben des Steuerberaters dieser Gesellschaft hinsichtlich der Eigenentnahmen des Beschwerdeführers seien widersprüchlich. Mit Schreiben vom 29. Juni 1995 seien Eigenentnahmen von monatlich S 10.000,--, mit Schreiben vom 26. Juli 1995 für den Zeitraum Jänner bis Juli 1995 solche von S 112.700,-- bestätigt worden. Der Beschwerdeführer habe es verabsäumt, Unterlagen vorzulegen, aus denen ein Unternehmensgewinn der Gesellschaft abzuleiten sei. Aus einer Auskunft des Finanzamtes für Körperschaftssteuern gehe hervor, daß vollstreckbare und uneinbringliche Abgabenforderungen gegen die Gesellschaft in der Höhe von S 64.491,-- bestünden. Aus all diesen Gründen sei der Unterhalt des Beschwerdeführers durch Zahlungen seitens der Gesellschaft für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert.

Unterlagen über "sonstige derzeitige Einkünfte" habe der Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Er sei bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit Beiträgen in der Höhe von S 7.594,87 im Rückstand. Aus diesem Grund sei die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen.

Bei der Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK sei festzustellen, daß, obwohl "ein Familienbezug zu Österreich" bestehe, die öffentlichen Interessen, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen, überwögen; "dies deshalb wegen der Beispielswirkung auf andere Fremde".

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt. Nur dadurch kommt er seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/1466, 1467, 1479). Der Beschwerdeführer hat sich in seinem Bewilligungsantrag auf den Bezug von "Gehalt als Geschäftsführer und Gesellschafter" berufen.

Über den Bezug von Geschäftsführergehalt liegt keine Bestätigung der Gesellschaft vor. Deren Steuerberater attestiert lediglich "Eigenentnahmen", die offenbar aus seiner Gesellschafterstellung resultieren. "Eigenentnahmen" sind nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Gemäß § 82 GmbHG können die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ihre Stammeinlage nicht zurückfordern; es dürfen daher an sie nur Bilanzgewinne ausgeschüttet sowie Rückzahlungen von Stammeinlagen nach den Bestimmungen über die Kapitalherabsetzung (§§ 54 ff GmbHG) und von allfälligen Nachschüssen nur unter Einhaltung des § 74 GmbHG vorgenommen werden. Eigenentnahmen, die nach dem Vorgesagten unzulässig sind, unterliegen gemäß § 83 GmbHG der Rückforderung durch die Gesellschaft und sind daher keine zur Sicherung des Unterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG geeignete Mittel.

Aus der bloßen Existenz der gegenständlichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die nach dem Körperschaftssteuerbescheid für das Jahr 1990 (dies ist der einzige die Gesellschaft betreffende Steuerbescheid, den der Beschwerdeführer vorgelegt hat) einen Verlust von S 370.834,-- erwirtschaftete (vgl. S. 17 des Verwaltungsaktes), läßt sich nicht ableiten, daß diese während der Geltungsdauer der Bewilligung Gewinn in solcher Höhe erwirtschaften und ausschütten werde, daß hiedurch ausreichende tatsächlich zur Verfügung stehende eigene Mittel belegt wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1049).

Die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde läßt auch die Feststellung der belangten Behörde, ein (bevorstehender) Unternehmensgewinn der Gesellschaft sei aus der Aktenlage nicht ableitbar, unbekämpft. Für das Vorliegen anderer Tatbestände, die eine Rückgewährung der Stammeinlage erlauben würden, bestehen ebensowenig Anhaltspunkte, wie dafür, daß der Beschwerdeführer der Gesellschaft Leistungen im Sinne des § 82 Abs. 4 GmbHG erbringen würde, für die ihm eine Vergütung ungeachtet der Erzielung eines Reingewinnes der Gesellschaft zustünde.

Von Ansprüchen des Beschwerdeführers gegen die Gesellschaft als deren Gesellschafter sind solche, die ihm als deren Geschäftsführer zustehen könnten, zu unterscheiden. Sie sind geeignet, den Lebensunterhalt des Fremden unabhängig von der Erzielung eines Bilanzgewinnes durch die Gesellschaft schon dann zu sichern, wenn diese voraussichtlich für die Dauer der Bewilligung über ausreichende Mittel zur Erfüllung dieser Ansprüche verfügt, ohne daß die Gefahr einer Rückforderung solcher Zahlungen als Folge einer Anfechtung nach §§ 28 ff KO oder §§ 2 ff AnfO besteht. Anfechtungsgefährdete Zahlungen wären demgegenüber zur Sicherung des Unterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG nicht geeignet.

In diesem Zusammenhang kommt der - vom Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpften - Feststellung der belangten Behörde, es bestünde zu Lasten der Gesellschaft beim Finanzamt für Körperschaftssteuern ein vollstreckbarer und uneinbringlicher Abgabenrückstand von S 64.491,--, entscheidende Bedeutung zu. Nach dieser Feststellung ist es nämlich ausgeschlossen, daß die Gesellschaft auch nur über irgendwelche Mittel verfügt, die sie in die Lage versetzen könnten, allfällige Forderungen des Beschwerdeführers aus dem Titel des Geschäftsführergehaltes zu erfüllen.

Gegen die Annahme der belangten Behörde, der Unterhalt des Beschwerdeführers könne durch Zahlungen der Gesellschaft nicht gesichert werden, bestehen daher beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken.

Zutreffend verweist der Beschwerdeführer darauf, daß er sich in seiner Berufung auch auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Ausmaß von etwa S 10.000,-- pro Monat berufen hat. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen auch insofern auseinandergesetzt, als sie ausführte, der Beschwerdeführer habe es unterlassen, Unterlagen vorzulegen, aus denen aktuelle Einkünfte (auch) aus diesem Titel hervorgingen. Diese Begründung der belangten Behörde ist zutreffend. Der Beschwerdeführer hat zwar dargelegt, im Jahr 1992 aus Vermietung und Verpachtung Einkünfte von S 42.009,-- erzielt zu haben (vgl. S. 22 des Verwaltungsaktes). Unterlagen, aus denen die voraussichtliche Erzielung solcher Einkünfte in der nunmehr behaupteten Höhe für das Jahr 1995 hervorgingen, wurden jedoch nicht dargetan. Das Beschwerdevorbringen, das Schreiben der X-Wirtschaftstreuhand GmbH vom 29. Juni 1995 (vgl. S. 33 des Verwaltungsaktes), mit dem Eigenentnahmen des Beschwerdeführers von S 10.000,-- monatlich aus der Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestätigt wurden, habe sich in Wahrheit auf den Bezug eigener Einkünfte des Beschwerdeführers aus Vermietung und Verpachtung bezogen, unterliegt - ebenso wie die Vorlage des diesbezüglichen Schreibens dieser Wirtschaftstreuhandgesellschaft vom 24. November 1995 - dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Selbst wenn der Beschwerdeführer an der Vorlage aktueller Bilanzen gehindert gewesen sein sollte, wäre er doch gehalten gewesen, den Bezug aktueller Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch andere Urkunden (Vorlage der Mietverträge bzw. Nachweis der Überweisung der Bestandszinse durch die Mieter) zu bescheinigen (vgl. zur Obliegenheit des Fremden, initiativ Urkunden zum Nachweis von Einkünften aus unselbständiger Arbeit vorzulegen, das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 96/19/0857).

Ungeachtet dessen ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einer auf den Versagungsgrund des nicht gesicherten Lebensunterhaltes gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Bewilligungswerbers derart geboten, daß eine Versagung der Bewilligung nur zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen öffentlichen Interessen notwendig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/0686 bis 0691).

Der Beschwerdeführer hat bereits in der Berufung vorgebracht, er halte sich mit seiner Gattin und seinen beiden Kindern schon seit acht Jahren in Österreich auf und habe bislang ohne jeglichen Anstand Aufenthaltsbewilligungen erhalten. Im angefochtenen Bescheid wird nun zwar der Aufenthalt der Familie des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erwähnt, Feststellungen über dessen Dauer, Rechtmäßigkeit und über das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers und seiner Familie in Österreich wurden jedoch nicht getroffen, weil die belangte Behörde ihrem Bescheid rechtsirrtümlich die Auffassung zugrundelegte, auch bei Einbeziehung der behaupteten intensiven privaten und familiären Interessen in Österreich in ihre Güterabwägung zu keinem anderen Ergebnis gelangen zu können.

Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. An Stempelgebührenaufwand waren lediglich S 240,-- für die Einbringung der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung sowie S 30,-- für die Vorlage des angefochtenen Bescheides zuzusprechen. Die Bestätigung vom 26. Juli 1995 ist in den Verwaltungsakten enthalten, jene vom 24. November 1995 unterlag dem Neuerungsverbot.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995191937.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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