TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/6 I416 1427652-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2018
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Entscheidungsdatum

06.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §46a Abs3 Z1
FPG §46a Abs3 Z3
FPG §46a Abs4

Spruch

I416 1427652-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. XXXX (alias XXXX), StA. Tunesien (alias Guinea-Bissau), vertreten durch den Migrantinnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2017, Zl. 589949406-160389161, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Ladungsbescheid vom 22.04.2013 wurde der Beschwerdeführer zur Klärung seiner Identität zu Erlangung eines Heimreisezertifikates von der Behörde geladen. Dieser Ladung kam der Beschwerdeführer ohne Angabe von Gründen nicht nach und konnte der daraufhin erlassene Festnahmeauftrag nicht vollzogen werden, da der Beschwerdeführer untertauchte. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer Schwerpunktkontrolle erst wieder am 14.03.2016 von Organen der Sicherheitsbehörde aufgegriffen und in Schubhaft genommen, aus der er am 08.06.2016 entlassen wurde.

2. Am 14.10.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a FPG. Mit Schreiben vom 28.12.2016 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis und teilte mit, dass eine Abweisung seines Antrages beabsichtigt sei, da er seine Identität bewusst zu verschleiern suche und kein Interesse zeige seine wahre Identität bekannt zu geben.

3. Mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 11.01.2017 teilte der Beschwerdeführer mit, dass es ihm nicht zumutbar sei, mit den Behörden des Landes, aus dem er geflüchtet sei, zusammenzuarbeiten. Der Beschwerdeführer habe stets konsistente und wahrheitsgemäße Angaben zu seiner Identität gemacht, auch die erforderliche Mitwirkung sei gegeben, eine Abschiebung sei aber offenbar dennoch nicht erfolgt, weshalb diese wohl faktisch unmöglich sei.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.04.2017, Zl. 589949406-160389161, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete "gemäß § 46a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 3 Ziffer 1 und 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" ab.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin im Wesentlichen inhaltlich falsche Entscheidung und falsche Auslegung der gesetzlichen Grundlagen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde die Rechtslage verkannt habe, die gesetzlichen Voraussetzungen einer Duldung seien erfüllt. Der Beschwerdeführer habe seine Identität nicht verschleiert, zudem genüge für die Ausstellung einer Duldungskarte bereits eine Verfahrensidentität. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die Abschiebung aus vom Beschwerdeführer zu vertretenden Gründen nicht möglich gewesen wäre. Eine mangelnde Reaktion und Bearbeitung der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates sei nicht vom Beschwerdeführer zu vertreten.

6. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 17.05.2017 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Tunesien und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht nicht fest.

Die beiden Asylverfahren des Beschwerdeführers wurden mit den Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 16.07.2012, Zl. B10 427.652-1/2012/3E sowie vom 28.02.2013, Zl. B11 427.652-2/2012/4E, rechtskräftig negativ entschieden. Der darin jeweils ausgesprochenen Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tunesien und der damit verbundenen Ausreiseverpflichtung kam der Beschwerdeführer aber nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer stellte am 14.10.2016 einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte. Mit Bescheid vom 17.11.2016 trug das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer unter Androhung von Zwangsmaßnahmen gemäß § 46 Abs. 2a FPG auf, binnen einer gesetzten Frist mit der "zuständigen ausländischen Behörde (seines) Herkunftsstaates (Botschaft, Konsulat) Kontakt aufzunehmen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken". Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.12.2016, Zl. I413 1427652-3/3E, als unbegründet abgewiesen. Infolge der dagegen erhobenen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis mit Erkenntnis vom 14.11.2017, Zl. Ra 2017/21/0102, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil es nicht zulässig sei, dem Fremden unter Androhung von Zwangsmaßnahmen aufzuerlegen, außerhalb einer behördlichen Amtshandlung aus Eigenem bei der ausländischen (Vertretungs-)Behörde die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes zu erwirken.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine identitätsbezeugenden Dokumente. Der Beschwerdeführer ist mit einem gefälschten italienischen Reisepass illegal ins Bundesgebiet eingereist und unter dieser Identität einer unerlaubten Beschäftigung im Bundesgebiet nachgegangen.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer seine Identität verschleiert hat. Es wird festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz angegebenen Identitätsdaten XXXX, geb. am XXXX unrichtig sind.

Fest steht, dass der Beschwerdeführer einem Ladungsbescheid vom 22.04.2013 zur Klärung seiner Identität im Hinblick auf die Erlangung eines Heimreisezertifikats ohne Angabe von Gründen nicht befolgt hat und im Anschluss daran untergetaucht ist und dadurch die Erlangung eines Ersatzreisedokuments vereitelt hat.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist oder dass er versucht hat, unter Angabe seiner richtigen Identitätsdaten die Ausstellung eines Reisepasses bei der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates zu beantragen. Der Beschwerdeführer hat die persönliche Kontaktaufnahme mit der Botschaft abgelehnt und

Nachdem die Anträge des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen wurden, wäre es ihm jedoch zumutbar, sich zur Erlangung entsprechender Dokumente mit der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates in Verbindung zu setzen.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes vom 16.07.2012, Zl. B10 427.652-1/2012/3E sowie vom 28.02.2013, Zl. B11 427.652-2/2012/4E, sowie in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. I413 1427652-3.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine Identität verschleiert hat, stützt sich auf den angefochtenen Bescheid und ergibt sich daraus, dass die belangte Behörde am 18.03.2016 mit den vom Beschwerdeführer angegebenen Identitätsdaten bei seiner Vertretungsbehörde ein Ersatzreisedokument anforderte, seitens der Botschaft der Republik Tunesien mit Schreiben vom 31.05.2016 aber mitgeteilt wurde, dass die Person des Beschwerdeführers nach Überprüfung der übermittelten Unterlagen der zuständigen tunesischen Behörde unbekannt sei. Da aber unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer tunesischer Staatsangehöriger ist, ist davon auszugehen, dass dieser seine Identitätsdaten nicht wahrheitsgemäß angegeben hat.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer sich jemals aus Eigenem um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 32/2018, lauten:

Gemäß § 46 Abs 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

Gemäß Abs 3 leg cit liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

Gemäß Abs 4 leg cit hat das Bundesamt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

1.1. Eingangs ist festzuhalten, dass es nach dem Ergehen einer Ausweisung allein an dem betroffenen Fremden gelegen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und von sich aus alle dazu notwendigen, vorbereitenden Maßnahmen zu setzen (vgl § 46 Abs 2 FPG). Schließlich handelt es sich bei einer Rückkehrentscheidung um einen höchstpersönlich wirkenden Leistungsbescheid, der den Bescheidadressaten - allenfalls unter Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG (Paritionsfrist) - zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet.

Da somit nur der Fremde selbst als Bescheidadressat diese Leistungspflicht erfüllen kann, muss er sich, sofern er über kein gültiges Reisedokument verfügt, rechtzeitig um die Ausstellung eines solchen bemühen.

1.2. Eine Abschiebung von ausreisepflichtigen Fremden - sprich: eine zwangsweise Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung - ist ausschließlich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG vorgesehen, nämlich (u.a.) wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2).

Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 FPG hat die belangte Behörde also die Abschiebung des Fremden zu veranlassen und nur wenn der Fremde über kein Reisedokument verfügt und die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden kann, hat die belangte Behörde darüber hinaus gemäß Abs 2 leg cit bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.

1.3. Aus dem Wortlaut des § 46a Abs 1 Z 3 FPG in Verbindung mit einer teleologisch-systematischen Betrachtungsweise ergibt sich somit Folgendes:

Wird gegen einen Fremden eine rechtskräftige Ausweisung erlassen und seine Abschiebung für zulässig erklärt, liegen die Voraussetzungen für eine Duldung des Aufenthaltes dieses Fremden jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser Fremde seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu VwGH 09.12.2014, G 160/2014 ua; G 171/2014 ua, zur Unmöglichkeit einer [freiwilligen] Ausreise). Der Aufenthalt eines ausreisepflichtigen Fremden im Bundesgebiet ist überdies dann nicht zu dulden, wenn dieser seine Mitwirkungspflicht nach § 46 Abs 2 FPG verletzt hat, weil er an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments nicht im erforderlichen Umfang mitgewirkt hat.

1.4. Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet das, dass dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen ist, zumal nicht festgestellt werden konnte, dass er sich jemals aus Eigenem bei der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hätte.

Das Gesetz setzt als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.

Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist (insoweit ist auf die Erläuterungen zu § 76 Abs. 3 Z 1a zu verweisen).

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren keinen Nachweis darüber erbracht, dass er zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes auf elektronischem oder postalischem Weg mit der tunesischen Botschaft Kontakt aufgenommen hat. Auch hat er keinen Nachweis darüber vorgelegt, dass er mit seiner Familie in Tunesien, mit der er laut eigenen Angaben regelmäßig telefoniert, Kontakt aufgenommen hat, um sich entsprechende Dokumente und Unterlagen auf postalischem Wege schicken zu lassen, bzw. hat er im Verfahren auch nicht nachvollziehbar dargelegt, warum es ihm nicht möglich war, sich entsprechende Dokumente aus Tunesien zu beschaffen. Sohin ist der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen und hat er offensichtlich auch keine Anstrengungen unternommen hat, mit seiner Familie in Tunesien Kontakt aufzunehmen, um sich entsprechende Unterlagen schicken zu lassen.

Die Ausführung des Beschwerdeführers, es könne allenfalls zu einer mangelnden Reaktion oder Bearbeitung der betreffenden Vertretungsbehörde kommen, ist spekulativ, weshalb sich eine Auseinandersetzung damit erübrigt.

Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität unentschuldigt nicht befolgt hat. Darüber hinaus verschleiert der Beschwerdeführer offenkundig seine Identität, zumal zwar unbestritten ist, dass er tunesischer Staatsangehöriger ist, die bekanntgegebenen Identitätsdaten den tunesischen Behörden aber unbekannt sind. Durch die Verschleierung seiner Identität hat der Beschwerdeführer die Erlangung eines Ersatzreisedokuments bislang vereitelt. Damit liegen gemäß § 46a Abs 3 FPG vom Beschwerdeführer zu vertretende Abschiebungshindernisse vor.

Nachdem die Anträge des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz jeweils als unbegründet abgewiesen wurden, wäre es ihm wie belangte Behörde zur Recht ausgeführt hat jedoch zumutbar, sich zur Erlangung entsprechender Dokumente mit der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates in Verbindung zu setzen.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, wäre es dem Beschwerdeführer auch zumutbar gewesen, sich an die Caritas oder den Verein Menschenrechte Österreich zu wenden, die unterstützte freiwillige Rückkehr in Anspruch zu nehmen und zu versuchen, mit Unterstützung dieser Organisationen die Ausstellung entsprechender Dokumente zu erwirken.

Auch sonst lässt sich der Beschwerde kein Grund entnehmen, warum ihm eine - freiwillige - Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht möglich gewesen wäre.

Die Voraussetzung des § 46a Abs 1 Z 3 FPG für eine Duldung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nämlich dass seine Abschiebung "aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint", ist daher nicht erfüllt.

Wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 46a Abs 4 iVm Abs 1 Z 1 und 3 FPG abgewiesen hat, ist dazu festzuhalten, dass der Erlassung des angefochtenen Bescheides zwei Asylverfahren vorangegangen sind, welche jeweils rechtskräftig negativ entschieden wurden und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tunesien ausgewiesen wurde. Damit gehen die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgebrachten Umstände, welche einer Abschiebung entgegenstünden, ins Leere, weil eine neuerliche Auseinandersetzung mit diesem Thema im Verfahren zur Ausstellung einer Duldungskarte dem Gedanken der Rechtskraft zuwiderlaufen und es einem ehemaligen Asylwerber ermöglichen würde, sein bereits rechtskräftig entschiedenes Asylverfahren wieder aufzurollen (vgl VwGH 28.08.2014, 2013/21/0218, wonach die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung eines Fremden in seinen Herkunftsstaat im Rahmen eines Verfahrens auf internationalen Schutz zu klären ist).

Da die Voraussetzungen für eine Duldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG nicht vorliegen und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 46a Abs 1 Z 1 FPG bereits im Asylverfahren abgeklärt wurde, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Antragsbegehren, Duldung, mangelnder Anknüpfungspunkt,
Mitwirkungspflicht, Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I416.1427652.4.00

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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