TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/15 W161 2168920-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.05.2018
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Entscheidungsdatum

15.05.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W161 2168920-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft XXXX vom 04.08.2017, Zl. XXXX-OB/KONS/1454/2017, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX, geb. XXXX, StA Syrien, vertreten durch XXXX, Österreichisches Rotes Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft XXXX vom 05.05.2017 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist syrische Staatsangehörige und stellte am 30.03.2017 persönlich bei der Österreichischen Botschaft XXXX (im Folgenden: "ÖB XXXX") unter Vorlage zahlreicher Urkunden einen Antrag auf die Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs.1 AsylG 2005. Begründend führte sie an, sie sei mit dem in Österreich subsidiär Schutzberechtigten XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, verheiratet.

1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 11.01.2017 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) aus, dass betreffend die antragstellende Partei die Gewährung des Status eines Asylberechtigten der subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Es sei anzunehmen, dass kein aufrechtes Familienleben mit der Bezugsperson bestanden habe.

In der Stellungnahme wird dazu ausgeführt, im vorliegenden Fall hätten sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne von § 35 Abs. 5 AsylG) Familienverhältnisses ergeben, weil sich aus dem Ermittlungsverfahren bzw. den niederschriftlichen Angaben ergebe, dass das Familienleben der Antragstellerin und der Bezugsperson nicht im Herkunftsstaat bestanden habe bzw. eine Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens nicht habe nachgewiesen werden können.

Die Eheschließung zwischenXXXX und XXXX sei von XXXX weder in der Erstbefragung noch in der Niederschrift zum Antrag auf Asyl erwähnt worden. Laut Erstbefragung sei die Bezugsperson nicht verheiratet und bei der Nachfrage der Familienangehörigen im Herkunftsland sei die nunmehrige Beschwerdeführerin nicht erwähnt worden bzw. sei von der Bezugsperson angegeben worden, nicht verheiratet zu sein. Erst in der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.06.2016 habe die Bezugsperson die Eheschließung mit XXXX angegeben. Laut Aussage sei die Ehe nur nach islamischem Recht geschlossen worden und gäbe es keine staatlichen Dokumente. Auch sei ein laufender Kontakt zwischen den Eheleuten derzeit nicht ersichtlich. Daher sei ein aufrechtes Familienleben im Herkunftsstaat in Zweifel zu ziehen.

1.3. Mit Schreiben vom 11.01.2017, wurde der Antragstellerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Stellungnahme des BFA wurde ebenfalls übermittelt.

1.4. Dem Ansuchen der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf Fristverlängerung wurde nicht zugestimmt.

1.5. Erst nach Ablauf der eingeräumten Frist langte am 24.01.2017 eine Stellungnahme der Antragstellerin bei der ÖB XXXX ein. Die Antragstellerin und die Bezugsperson hätten am XXXX in XXXX geheiratet, und dort im gemeinsamen Haushalt bis zur Flucht der Bezugsperson im Juni 2014 gelebt. Die Antragstellerin habe nach der Flucht des Ehemannes noch etwa acht Monate in XXXX gelebt und sei dann selbst in die Türkei geflüchtet, wo sie heute noch lebe. Nach Status-Zuerkennung an den Ehemann habe die Antragstellerin am 30.03.2016 den gegenständlichen Einreiseantrag gestellt. Die Bezugsperson sei im Einreiseverfahren nicht einvernommen worden. In der Aufforderung zur Stellungnahme werde nicht im Geringsten konkretisiert, wodurch die Angabe, es habe kein gemeinsames Familienleben bestanden, untermauert werde. Es habe sehr wohl ein gemeinsames Familienleben bestanden, weshalb der Antragstellerin als Ehefrau gemäß § 35 Abs. 5 AsylG die Einreise zu gewähren sei.

Beiliegend übermittelte die Antragstellerin eine Heiratsbestätigungs-Erklärung des Sharia- Gerichtes in XXXX, Syrien.

1.5. Die Bezugsperson gab in ihrem Asylverfahren in der Erstbefragung am 23.08.2014 zu ihrem Familienstand an wie folgt:

" Ich habe bislang keine Ehe geschlossen (ledig)."

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 05.11.2014 gab XXXX unter anderem an, er habe zu Hause in XXXX noch seine Eltern und seine Schwester XXXX. Eine Ehefrau wird in der Niederschrift von ihm nicht erwähnt.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltunsgericht am 30.06.2016 gabXXXX über Befragen nach seinem Familienstand an:

"Ich bin verheiratet, ich habe nur islamisch geheiratet und habe keine staatlichen Dokumente. Ich weiß nicht, warum in der Erstbefragung steht, dass ich nicht verheiratet bin. Meine Frau heißt XXXX, geb. XXXX. Ich lege die Kopie ihres Reisepasses vor, sie befindet sich in der Türkei momentan. "

1.6. In der Mitteilung vom 04.05.2017 teilte das Bundesamt mit, nach Prüfung der Sachlage sei die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten und Asylberechtigten nicht wahrscheinlich, da eine rechtsgültige Ehe nicht habe nachgewiesen werden können.

Die Ehe zwischen der Antragstellerin und der Bezugsperson sei keine gültige Ehe, da diese zum Zeitpunkt der Ausreise der Bezugsperson nicht registriert gewesen wäre und somit nicht gültig sei. Zudem würden sich zwischen den Angaben der Bezugsperson und den vorgelegten Dokumenten Widersprüche zur Heirat ergeben. Auf Grund der im Einreiseverfahren vorgelegten Heiratsbestätigung, mit der die Eintragung der Ehe mit XXXX stattgefunden habe und der Antragstellung der Bezugsperson amXXXX sei selbst nach syrischem Recht nicht von einer gültigen Ehe auszugehen. Laut Art. 38 des syrischen Zivilrechts müsse jede Eheschließung behördlich registriert werden. Nach syrischem Recht würden somit rein traditionelle Eheschließungen nicht anerkannt. Somit sei die Antragstellerin keine Familienangehörige im Sinn des vierten Hauptstücks des Asylgesetzes 2005. Zudem habe die Bezugsperson im Asylverfahren weder eine Eheschließung noch eine Ehefrau in den Einvernahmen beim Bundesamt angegeben. Erst in der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2015 beim Bundesverwaltungsgericht sei die Antragstellerin auf Nachfrage erwähnt worden. Zudem werde in der Heiratsbestätigung das Datum des Heiratsvertrages mit XXXXfestgelegt. Dieses Datum sei widersprüchlich zu der Angabe der Bezugsperson sich zwischen April 2011 und Juni 2014 versteckt aufgehalten zu haben. Im Übrigen werde auf die bereits erfolgte Stellungnahme vom 11.01.2017 verwiesen.

1.7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.05.2017, wies die ÖB XXXX den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm §35 AsylG 2005 ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, das Bundesamt habe mitgeteilt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz nicht wahrscheinlich sei. Eine rechtskräftige Ehe habe nicht nachgewiesen werden können.

1.8. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingelangte Beschwerde wegen formeller und materieller Rechtswidrigkeit. Begründend wurde zunächst das bisherige Vorbringen wiederholt. In der Folge wird ausgeführt, im Bescheid werde das Recht auf Parteiangehör verletzt und sei gegen das Überraschungsverbot verstoßen worden. In der Aufforderung zur Stellungnahme sei als Grund für die beabsichtigte Ablehnung angegeben worden, dass davon ausgegangen werde, dass ein aufrechtes Familienleben nicht bestanden hätte. Nunmehr werde der Grund der Abweisung dahingehend abgeändert, dass eine rechtsgültige Ehe nicht habe nachgewiesen werden können. Dies werde in der ergänzenden Stellungnahme des Bundesamtes vom 04.05.2017 dahingehend konkretisiert, als die Registrierung der Ehe erst später erfolgt wäre und traditionell geschlossene Ehen in Syrien nicht anerkannt würden. Von einem nicht aufrechten Familienleben sei hingegen keine Rede mehr. Im vorliegenden Fall sei die Ehe am XXXX geschlossen worden, jedoch erst nach der Ausreise der Bezugsperson am XXXX gerichtlich bewilligt worden. Da es sich bei der Registrierung der Ehe nicht um die Eheschließung selbst handle, könne der Beschwerdeführerin auch keine "Stellvertreter-Ehe" unterstellt werden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung selbst wären beide Ehepartner anwesend gewesen. Somit widerspreche die geschlossene Ehe auch nicht dem Grundsatz des ordre public.

1.9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.08.2017 wies die ÖB XXXX die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt habe und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei.

Auch seien die samt kurzen - englischsprachigem - Begleitschreiben von der Beschwerdeführerin am 10.04.2016 übermittelten Dokumente dem BFA ordnungsgemäß zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt worden und erst in der Folge Bescheidmässig abgesprochen worden.

Als alleintragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.

Laut Artikel 38 des syrischen Zivilrechts (Nummer 376/1975) müsse jede Eheschließung behördlich registriert werden. Traditionelle Eheschließungen werden nicht anerkannt. Unstrittig sei, dass die Registrierung der Ehe im Nachhinein und in Abwesenheit der Bezugsperson erfolgt sei.

Für die tatsächliche Eheschließung am XXXX in XXXX liege kein Beweis vor. Es sei lediglich eine Heiratsurkunde mit Registrierdatum XXXX dem Antrag beigelegt worden, worin eine Eheschließung am XXXX bestätigt werde. Da die Registratur am XXXX stattgefunden habe, als die Bezugsperson bereist in Österreich gelebt hätte, sei die Eheschließung nicht rechtsgültig. Darüber hinaus habe die Bezugsperson bei der Asylantragstellung und Erstbefragung trotz Nachfrage angegeben, nicht verheiratet zu sein. Auf Grund der angeführten Widersprüche und mangels Vorlage relevanter und unbedenklicher Beweismittel sei keineswegs von einem Nachweis im Sinne eines vollen Beweises das Familienverhältnisses auszugehen.

1.10. Am 08.08.2017 brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag ein. Zur Begründung wurde auf die bisherigen Ausführungen verwiesen.

1.11. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 24.08.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 30.03.2017 persönlich bei der Österreichischen Botschaft XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson gab sie XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, an, welcher ihr Ehemann sei. Dem Antrag angeschlossen waren diverse Urkunden.

Der Bezugsperson XXXX wurde in Österreich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.06.2016 zu GZ W 170 2017191-1/14E der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Nach Antragstellung wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen sei, da kein aufrechtes Familienverhältnis bestanden habe.

Diese Einschätzung wurde auch nach Einbringung einer Stellungnahme der Antragstellerin aufrecht erhalten und darauf verwiesen, dass eine rechtskräftige Ehe nicht habe nachgewiesen werden können.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der Österreichischen Botschaft XXXX und wurden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 145/2017 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[....]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[....]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[....]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz internationales Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. § 9 Abs. 3 IPRG regelt, dass das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5 IPRG) ist unbeachtlich. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig. (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem SchariaGelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 und vom 05.05.2017 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

3.3. Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, da die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte und seit 22.08.2014 aufhältige vermeintliche Ehemann XXXX angegeben. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel am tatsächlichen Rechtsbestand des angegebenen Familienverhältnisses.

Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin hat diese mit der Bezugsperson XXXX am XXXX traditionell nach muslimischem Recht die Ehe geschlossen. Am XXXX hätten die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson die offizielle zivilrechtliche Registrierung der Ehe vollzogen. Die Bezugsperson sei im Juni 2014 geflüchtet. Nach der Flucht des Ehemannes habe die Antragstellerin noch etwa acht Monate in XXXX gelebt und sei dann selbst in die Türkei geflüchtet.

Unter Zugrundelegung dieses Vorbringens ergebe sich etwa Februar 2015 als Zeitpunkt der Flucht der nunmehrigen Beschwerdeführerin in die Türkei.

Zum Nachweis für die behauptete Registrierung der Eheschließung legte die Beschwerdeführerin eine "Heiratsbestätigungs-Erklärung" des Sharia-Gerichtes vor.

Die wesentliche Übersetzung dieser "Urkunde" lautet wie folgt:

"Am XXXX sind vor uns:

Herr XXXX Sohn des XXXX und der XXXX, geboren inXXXX am 1989,

Anmeldeort: XXXX Nr. 107

Frau XXXX, Tochter des XXXX und der XXXX, geboren in XXXXam 1993,

Anmeldeort: XXXX (früher XXXX) Nr. 415,

erschienen.

Und sie wurden von:

Herrn XXXX, geboren 1961, Anmeldeort: XXXXNr. 200

Herrn XXXX, geboren XXXX, Anmeldeort: XXXX Nr. 39.

Herr XXXX, und FrauXXXXwurden verheiratet und ihr Heiratsvertrag wurde am XXXX abgeschlossen, welcher die Mitgiften wie folgt festgelegt hat: sofortige Mitgift 5.00.000,00 (fünfhunderttausend) syrische Pfund bezahlt, und eine spätere Mitgift: 5.00.000,00 (fünfhunderttausend) syrische Pfund. Bei Tod oder Scheidung fällig. Das Ehe-Verhältnis besteht laut Angaben bis heute. Die Frau ist schwanger im dritten Monat gemäß Arztbericht Nr. 15/2465699 vom 15.11.2015.

Die Eheleute haben beantragt, das zu registrieren und die Heirat bestätigen zu lassen, und die erwähnten vorstellenden Herren haben die Echtheit der Angaben der Eheleute und das Fortbestehen des Ehe-Verhältnisses bezeugt.

Nach Einsicht in allen vorgelegten Unterlagen und auf Grund der erwähnten Angaben konnte die Beständigkeit des Ehe-Verhältnisses zwischen den Eheleuten zum erwähnten Datum am XXXX festgestellt werden."

Demnach wären die nunmehrige Beschwerdeführerin und der von ihr als Bezugsperson genannte XXXX am XXXX persönlich vor dem Sharia-Gericht in XXXX/Syrien erschienen und hätten beantragt ihre traditionelle Eheschließung vom XXXX bestätigen zu lassen.

Am XXXX befand sich die Bezugsperson schon lange in Österreich und legt man die Angaben der Beschwerdeführerin zu Grunde diese selbst bereits in der Türkei.

Die Echtheit und Richtigkeit der vorgelegten Urkunde muss somit mehr als angezweifelt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei der vorgelegten Urkunde im besten Fall um eine echte Urkunde unwahren Inhalts handelt.

Der weiters vorgelegte Familienregisterauszug aus dem Personenstandsregister der syrisch-arabischen Staatsbürger, wurde am XXXX beglaubigt und ist daraus nur der Familienstand "verheiratet" zu ersehen. Diese Eintragung wurde, wenn es sich überhaupt un eine echte Urkunde handelt, offenbar auf Grundlage der vorgelegten Heiratsbestätigungs-Erklärung ausgestellt.

Zur angeblich am XXXX erfolgten traditionellen Eheschließung wurden keine Dokumente vorgelegt.

Das zum Nachweis der Eheschließung vorgelegte Dokument ist somit nicht geeignet, eine Eheschließung der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson vor dessen Einreise nach Österreich zu bezeugen. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der beantragten Eintragung jedenfalls bereits in Österreich, die Beschwerdeführerin wie dargelegt nach eigenen Angaben auch bereits in der Türkei.

Unter Berücksichtigung der Angaben der Bezugsperson in seinem Asylverfahren, wonach er sowohl bei der Erstbefragung als auch in der niederschriftlichen Einvernahme angegeben hat, ledig zu sein und eine Ehefrau nicht erwähnte, muss die im Verfahren behauptete Eheschließung bezweifelt werden. Die dazu gemachten Angaben sind nicht glaubwürdig, die dazu vorgelegten Urkunden nicht geeignet, einen Beweis für eine Eheschließung zu geben.

Der volle Beweis einer Eheschließung vor der Ausreise der Bezugsperson konnte somit seitens der Beschwerdeführerin nicht erbracht werden.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird. Die Regelung der Ausübung der Eheschließungsfreiheit muss durch Gesetz erfolgen. Anerkannte Ehehindernisse sind beispielsweise Blutsverwandtschaft, Geschäftsfähigkeit und auch die fehlende freie Zustimmung. Im Hinblick auf die Eheschließungsfreiheit bzw. die essentiell notwendige freie Zustimmung zur Eingehung einer Ehe ist die gleichzeigte Anwesenheit beider Partner unabdingbar. Die freie Zustimmung zur Eheschließung ist im Fall einer Stellvertretung nicht gewährleistet.

Der Ansicht der Vertretungsbehörde, wonach im vorliegenden Fall gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses bestehen, kann nicht entgegengetreten werden. Auf Grund der aufgezeigten Widersprüche und Ungereimtheiten geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die behauptete Ehe vor der Einreise der Bezugsperson in Österreich nicht bestanden hat.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des eines Antrages auf internationalen Schutz oder des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführerin in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

3.4. Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).

Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Im gegenständlichen Verfahren wurden Ausführungen, wonach zwischen der Antragstellerin und der Bezugsperson ein schützenswertes Familienleben bestanden habe, nicht glaubwürdig und nachvollziehbar dargelegt. Das Vorliegen eines iSd Art. 8 EMRK schützenswerten Familienlebens ist somit weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren, noch auch aus dem sonstigen Akteninhalt selbst ableitbar und kann somit auch durch das Bundesverwaltungsgericht nicht als in diesem Sinne ergänzend als schützenswert erkannt werden.

Die Vertretungsbehörden im Ausland wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff).

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Ausreise, Ehe, Einreisetitel, Gültigkeit, Nachweismangel,
österreichische Botschaft, Registrierung, Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W161.2168920.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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