TE Vwgh Beschluss 2018/4/19 Ra 2017/15/0039

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Veröffentlicht am 19.04.2018
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §167 Abs2;
EStG 1988 §27 Abs1 Z1 lita;
EStG 1988 §93 Abs2 Z1 lita;
KStG 1988 §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamts Feldkirch in 6800 Feldkirch, Reichstraße 154, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 22. Februar 2017, Zl. RV/1100644/2016, betreffend Kapitalertragsteuer 2004 bis 2010 sowie 1-6/2011 sowie Säumniszuschläge (mitbeteiligte Partei: A in T/L, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis behob das Bundesfinanzgericht an den Mitbeteiligten A gerichtete Bescheide des Finanzamts betreffend Kapitalertragsteuer für die Jahre 2004 bis 2010 sowie 1-6/2011 samt Säumniszuschlägen zu diesen Abgaben ersatzlos. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2 Zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt verwies das Bundesfinanzgericht eingangs auf sein Erkenntnis vom 21. Februar 2017 (vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2017/15/0041). Jenes Erkenntnis betrifft eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Fürstentum Liechtenstein (in der Folge als X FL bezeichnet). Diese ist (durch Verschmelzung) Rechtsnachfolgerin einer österreichischen GmbH (in der Folge als X GmbH bezeichnet). Der Mitbeteiligte dieses Verfahrens (A) war sowohl Gesellschafter als auch Geschäftsführer der X GmbH (und auch Mitglied des Verwaltungsrates der X FL).

3 Das Bundesfinanzgericht führte im nunmehr angefochtenen Erkenntnis weiters aus, im Erkenntnis vom 21. Februar 2017 sei die grenzüberschreitende Kooperation von miteinander verbundenen Gesellschaften (X FL und X GmbH) auf der Ebene der österreichischen Gesellschaft (X GmbH) zu beurteilen gewesen. Im hier vorliegenden Fall seien die identen Vorgänge bezogen auf der Ebene des Gesellschafters A (des Mitbeteiligten dieses Verfahrens) zu beurteilen.

4 Bereits auf Ebene der Gesellschaft habe das Bundesfinanzgericht das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung verneint. Die strittigen Aufwendungen ("Key-Account-Zahlungen" der X GmbH an die X FL) seien dem Grunde nach Betriebsausgaben, sie seien somit nicht sozietär, sondern betrieblich veranlasst. Hinzu komme, dass es nicht möglich gewesen sei, begründete Feststellungen betreffend die Vorteilsgewährungsabsicht der auszahlenden Gesellschaft zu treffen, wobei es unbestritten sei, dass der Mitbeteiligte in einem Naheverhältnis zur auszahlenden Gesellschaft gestanden sei.

5 Das Finanzamt habe auf Ebene der Körperschaft inzwischen eingeräumt, dass die operativ tätige liechtensteinische Gesellschaft (X FL) mit der X GmbH einen Kooperationsvertrag abgeschlossen und auf dessen Basis in erheblichem Umfang Leistungen im Zusammenhang mit dem von dieser mit Y abgeschlossenen Marketingvertrag erbracht und abgerechnet habe. Dies habe dazu geführt, dass das Finanzamt im Rahmen der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom 14. April 2015 beträchtliche Betriebsausgaben auf der Ebene der Gesellschaft anerkannt habe.

6 Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass von der X FL Kosten getragen worden seien, die im Zusammenhang mit dem für die X GmbH durchgeführten "Key Accounting" gestanden seien. 7 Indem das Finanzamt selbst (zumindest zum Teil)

Aufwendungen als Betriebsausgaben nach Anerkennung eines Leistungsaustausches zwischen der X GmbH und der X FL anerkannt habe, habe es zumindest insoweit eine sozietäre Veranlassung verneint. Fehle eine sozietäre Veranlassung, handle es sich um keine verdeckte Ausschüttung. Eine Betriebsausgabe könne nicht durch Vorteilsausgleichs-Überlegungen in eine Ausschüttung uminterpretiert werden.

8 Bei den vom Mitbeteiligten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb deklarierten Bezügen von der liechtensteinischen S Anstalt handle es sich entgegen der Auffassung der Außenprüfung nicht um Rückflüsse aus den als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizierenden "Key Account"-Zahlungen der X GmbH an die X FL. Da die "Key Account"-Zahlungen der X GmbH als grundsätzlich betrieblich veranlasst zu werten seien, seien die Zuflüsse von der S Anstalt erst nach dem Zufluss der "Key Account"-Zahlungen in Liechtenstein und rechtlich gesehen unabhängig von diesen erwirtschaftet bzw. generiert worden. Diese Zuflüsse könnten jedenfalls nicht als verdeckte Gewinnausschüttung der X GmbH an ihren Anteilseigner gewertet werden.

9 Da sohin keine Gewinnausschüttungen der X GmbH an den Mitbeteiligten, sondern betrieblich veranlasste Zahlungen der X GmbH an die X FL vorgelegen seien, sei die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer an den Mitbeteiligten gesetzlich nicht gedeckt. Die Bescheide des Finanzamts seien daher aufzuheben gewesen.

10 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts. Nach Einleitung des Vorverfahrens hat der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung eingebracht.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Zur Zulässigkeit der Revision führt das Finanzamt zunächst jenes Vorbringen an, das es auch in der Revision gegen die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts betreffend die X FL erstattet hat (vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2017/15/0041). Weiters macht das Finanzamt geltend, das Bundesfinanzgericht unterlasse Feststellungen zum Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung im Umfang der vom Bundesfinanzgericht vorgenommenen Korrektur der Verrechnungspreise (Reduktion von 25% der Entgelte der Y auf 17%). Jener Betrag, der sich aus der Korrektur der Verrechnungspreise ergebe, könne jedenfalls dem Fremdvergleich nicht standhalten; dieser Betrag habe seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis.

15 Eine der Voraussetzungen für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Ausschüttung ist eine subjektive, auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft, die - im Rahmen der Beweiswürdigung - aus den Umständen erschließbar sein kann (vgl. VwGH 24.7.2007, 2007/14/0013;

26.4.2017, Ra 2015/13/0049; 1.6.2017, Ra 2016/15/0059, je mwN;

vgl. auch - zum subjektiven Element des "Bereichernwollens" - VwGH 23.4.2014, 2010/13/0139, mwN).

16 Das Bundesfinanzgericht führte im angefochtenen Erkenntnis aus, es sei nicht möglich, begründete Feststellungen betreffend die Vorteilsgewährungsabsicht der auszahlenden Gesellschaft zu treffen. Im verwiesenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. Februar 2017 (dort zu Punkt II.F.13) wurde hiezu näher ausgeführt, eine Vorteilsgewährungsabsicht könne im konkreten Fall nicht nachgewiesen und auch nicht - wie sonst bzw. grundsätzlich üblich - aus objektiven Gesichtspunkten und Umständen erschlossen werden. Der X GmbH sei die Fremdunüblichkeit der Zahlungen nicht offenkundig bzw. nicht bewusst gewesen und diese habe ihr auch nicht bewusst sein müssen. Die Grundstruktur der Aufgabenauslagerung samt den steuerlichen Auswirkungen sei der Finanzverwaltung zeitnah bekannt gegeben worden und sei von dieser nach zunächst wohl bloß oberflächlicher Prüfung anerkannt worden. In der Folge seien diese Fragen mitsamt den steuerlichen Auswirkungen zweimal Gegenstand von Außenprüfungen gewesen, die in diesem Punkt keine Beanstandung ergeben hätten. Damit habe die X GmbH der begründeten Überzeugung sein dürfen, dass mit diesen Zahlungen keine sozietär veranlassten Vorteile gewährt würden.

17 Die Darlegungen des Bundesfinanzgerichts im angefochtenen Erkenntnis im Zusammenhang mit dem verwiesenen Erkenntnis sind dahin zu interpretieren, dass das Bundesfinanzgericht die Feststellung getroffen hat, dass die strittigen Zahlungen ohne Zuwendungsabsicht geleistet worden sind. Diese Feststellung wird in der Revision nicht bekämpft. Die Annahme einer verdeckten Ausschüttung scheidet damit schon deswegen aus.

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen, von denen die Revision abhängt. Die Revision war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. April 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150039.L00

Im RIS seit

23.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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