TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/4 W165 2128459-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2018
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Entscheidungsdatum

04.05.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W165 2128459-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der österreichischen Botschaft Damaskus vom 01.06.2016, Zl. Damaskus-OB/KONS/0913/2016, aufgrund des Vorlageantrages der XXXX, geb.XXXX, StA Syrien, vertreten durch RA Dr. Lennart BINDER LL.M., Rochusgasse 2/12, 1030 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 25.04.2016, GZ: Damaskus-ÖB/KONS/0788/2016, zu Recht erkannt.

A)

Die Beschwerde wird gem. 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Am 16.09.2015 brachte die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine Staatsangehörige Syriens, bei der Österreichischen Botschaft Damaskus in Syrien (in der Folge: ÖB Damaskus), einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann der BF angegeben, den diese in Syrien in beider Anwesenheit "regulär" geheiratet haben will.

Dem Antrag waren diverse Unterlagen in englischer Sprache (in Kopie) angeschlossen. Ua Auszüge aus dem syrischen Personenstandsregister zur BF und zur Bezugsperson, eine Heiratsurkunde des syrischen Innenministeriums vom 11.03.2014, der zufolge die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson (Datum des Ehevertrages: 02.03.2014) am 10.03.2014 unter der Nr. 178 in Hama registriert worden sei sowie eine traditionelle Heiratsurkunde des syrischen Justizministeriums, "Religious Court in Hama" vom 02.03.2014, der zufolge die Ehe der BF mit der Bezugsperson am 26.09.2013 geschlossen worden und der Ehevertrag am 02.03.2014 in persönlicher Anwesenheit der BF und der Bezugsperson vor dem Gericht geschlossen worden sei.

Der Bezugsperson, einem Staatsangehörigen Syriens, wurde nach Asylantragstellung am 16.01.2015 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 26.02.2015, Zl. 1050.185.403-150056823, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Nach Weiterleitung des Antrages auf Einreiseerlaubnis an das BFA durch die ÖB Damaskus mit Schreiben vom 02.10.2015, erstattete das BFA am 17.03.2016 eine Stellungnahme und teilte der ÖB Damaskus gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status eines Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend hierfür wurde im Beiblatt zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose angeführt, dass die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da es sich um eine Stellvertreterehe handle, welche mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbar sei. Eine Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson habe nicht festgestellt werden können, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des vierten Hauptstücks des AsylG 2005 sei (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005).

Mit Schreiben vom 21.03.2016, von der BF übernommen am 29.03.2016, teilte die ÖB Damaskus der BF mit, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da es sich um eine mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbare Stellvertreterehe handle. Die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson könne nicht festgestellt werden, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des vierten Hauptstückes des AsylG 2005 sei (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005). Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzulehnen sei. Der BF wurde Gelegenheit gegeben, die angeführten Ablehnungsgründe innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

Mit E-Mail vom 03.04.2016 übermittelte der bevollmächtigte Vertreter der BF eine Stellungnahme an die ÖB Damaskus: Die Ehe der BF mit der Bezugsperson sei keine Stellvertreterehe. Die BF und die Bezugsperson hätten regulär in Syrien geheiratet, beide Personen seien bei der Eheschließung persönlich anwesend gewesen und die Zeremonie habe in einer Weise stattgefunden, wie diese auch nach der österreichischen Rechtsordnung üblich sei. Lediglich die Beglaubigung der Registrierung der Ehe habe erst zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als die Bezugsperson bereits in Österreich gewesen sei. Dem Schreiben waren zwei handschriftliche Schriftstücke in arabischer Sprache angeschlossen.

Zu der mit Schreiben der ÖB Damaskus vom 06.04.2016 an das BFA weitergeleiteten Stellungnahme der BF erstattete das BFA eine Rückmeldung, mit der die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrechterhalten wurde: Laut der der ÖB Damaskus vorgelegten Heiratsurkunde im Original, ausgestellt am 02.03.2014 in Hama, sei festgestellt worden, dass die Eheschließung am 26.09.2013 stattgefunden und der Ehevertrag am 02.03.2014 unterzeichnet worden sei. Die Bezugsperson sei zum besagten Datum nicht mehr in Syrien aufhältig gewesen. Lediglich der Bruder der Bezugsperson habe die Heiratsurkunde unterzeichnet, eine Vollmacht des Bruders sei nicht vorgelegt worden. Dass sich die Bezugsperson zum angeblichen Datum der Eheschließung (26.09.2013) nicht mehr in Syrien aufgehalten habe, gehe klar aus der am 16.03.2016 mit der Bezugsperson durchgeführten Befragung hervor. Demnach habe die Bezugsperson angegeben, entweder am 08.09.2013 oder 10.09.2013 aus Syrien ausgereist zu sein. Zur nunmehr plötzlich - nach Erhalt der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose - (in arabischer Sprache) vorgelegten handschriftlichen "Bestätigung über eine Ehe" sei festzuhalten, dass eine Kopie eines handschriftlich ausgefüllten Formulares, welchem überhaupt kein Beweiswert zukomme, ohnehin nicht als gerichtliche Heiratsurkunde anzusehen sei. Demnach solle die Ehe bereits am 05.04.2013 geschlossen worden sein, es sei hierin also ein anderes Datum angeführt worden als jenes in der offiziellen Heiratsurkunde. Die Bezugsperson wiederum habe in ihrer Befragung am 16.03.2016 angegeben, am 07.04.2016 geheiratet zu haben, ein Datum, das in keinem der vorgelegten Schriftstücke erwähnt werde. Es sei daher davon auszugehen, dass dieses Datum von der Bezugsperson lediglich zur Verschleierung genannt worden sei, da diese zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht mehr in Syrien gewesen sei. Des Weiteren sei eine Heiratseintragung vorgelegt worden, wonach die Ehe in der Provinz Hama am 10.03.2014 unter der Nr. 178 eingetragen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Bezugsperson laut eigener Aussage im Irak befunden. Da die Bezugsperson Syrien spätestens am 10.09.2013 verlassen habe, könne auch kein Eheleben bestanden haben. Die traditionelle Eheschließung sei am 26.09.2013, die Registrierung am 02.03.2014 erfolgt, beides Daten, die nach dem Ausreisedatum der Bezugsperson aus Syrien liegen würden. Auf Grund der zahlreich aufgezeigten Ungereimtheiten sowie der widersprüchlichen Angaben, könne das Vorbringen über die erfolgte traditionelle Eheschließung nur als Schutzbehauptung und folglich als unglaubwürdig betrachtet werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid der ÖB Damaskus vom 25.04.2016 wurde der Einreiseantrag gem. § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da es sich um eine mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbare Stellvertreterehe handle. Die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson könne nicht festgestellt werden, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des vierten Hauptstückes des AsylG 2005 sei (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005). Die Stellungnahme der BF vom 03.04.2016 habe deren Vorbringen nicht unter Beweis stellen können.

Gegen den Bescheid richtet sich die am 17.05.2016 eingebrachte Beschwerde, mit welcher der Bescheid auf Grund Rechtswidrigkeit des Inhaltes zur Gänze angefochten wurde. Die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson sei, wie aus der vorgelegten (nunmehr abermals vorgelegten) Heiratsurkunde hervorgehe, in Syrien geschlossen worden. Es sei ein gemeinsames Familienleben geführt worden, lediglich die Registrierung der Ehe sei erst nach der Flucht der Bezugsperson nach Österreich am 10.03.2014 erfolgt. Die Heirat habe am 05.04.2013, die Registrierung am 11.03.2014 stattgefunden. Selbst wenn es sich um eine Stellvertreterehe handeln würde, was nicht der Fall sei, wäre diese gültig, da maßgeblich das Recht des Staates sei, in welchem geheiratet worden sei.

Der Beschwerde wurden die bereits vorgelegten Urkunden in englischer bzw. arabischer Sprache angeschlossen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 01.06.2016 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 VwGVG als unbegründet ab:

Das BFA habe der Behörde nach Erhalt der Antragsunterlagen mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson, angeblicher Ehemann der BF, als nicht wahrscheinlich einzustufen sei. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da es sich um eine mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbare Stellvertreterehe handle. Die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson könne nicht festgestellt werden, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des vierten Hauptstückes des AsylG 2005 sei (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005). Daraus habe sich ergeben, dass der Antrag der BF auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzulehnen wäre. Mit Schreiben der Behörde vom 21.03.2016, zugestellt am 29.03.2016, sei der BF Gelegenheit gegeben worden, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Bedenken durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen. Die BF habe mit Schreiben vom 03.04.2016 Stellung genommen und festgehalten, dass die Ehe mit der Bezugsperson keine Stellvertreterehe sei. Sie und die Bezugsperson hätten regulär in Syrien geheiratet, wären auch beide bei der Eheschließung persönlich anwesend gewesen und habe die Zeremonie in einer auch nach der österreichischen Rechtsordnung üblichen Weise stattgefunden. Lediglich die Beglaubigung der Registrierung der Ehe sei erst zu einem Zeitpunkt erfolgt als die Bezugsperson schon in Österreich gewesen sei. Der Stellungnahme seien diverse Dokumente beigelegt gewesen, die dies beweisen hätten sollen. Das BFA habe nach Erhalt der Stellungnahme und deren Prüfung mitgeteilt, dass das Vorbringen keine Änderung der ursprünglichen Wahrscheinlichkeitsprognose bewirke. Gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Es sei ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bindungswirkung in diesem Verfahren, dass die Nachprüfung der Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA durch die österreichische Vertretungsbehörde nicht in Betracht komme. Danach unterliege die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des BFA nur einer Überprüfung durch das BVwG, sofern gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG 2005 Beschwerde erhoben werde. Wenn in der Beschwerde vorgebracht werde, dass entgegen der Anschauung des BFA keine Stellvertreterehe vorliegen solle, so sei dies eine Beweisfrage, die im vorliegenden Fall negativ für die BF beurteilt worden sei. Wenn weiters vorgebracht werde, dass selbst wenn es sich um eine Stellvertreterehe handeln sollte, diese dennoch gültig wäre, so werde verkannt, dass Stellvertreterehen gemäß § 6 IPRG dem ordre public widersprechen würden.

Mit Schriftsatz vom 02.06.2016 brachte die BF einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ohne weitere Ausführungen ein.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres, vom 17.06.2016, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 21.06.2016, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 08.10.2016 legte die BF undatierte Fotos zu einer Hochzeitszeremonie vor, die belegen würden, dass bereits in Syrien ein Familienleben geführt worden sei.

Am 10.04.2018 forderte das Bundesverwaltungsgericht das Einvernahmeprotokoll der Bezugsperson im Einreiseverfahren der BF sowie allenfalls vorhandene Übersetzungen der im Verfahren in englischer und arabischer Sprache vorgelegten Dokumente beim BFA an.

Mit E-Mail vom 10.04.2018 übermittelte das BFA das Einvernahmeprotokoll der Bezugsperson im Einreiseverfahren vom 16.03.2016. Diesem ist Folgendes zu entnehmen:

LA: Wann haben Sie Syrien verlassen?

VP: Entweder 08. oder 10.09.2013.

...

LA: Wann haben Sie Ihre Frau zuletzt gesehen?

VP: Am 05.09.2013, ungefähr.

...

LA: Wo waren Sie im März 2014?

VP: In Arbil, Irak.

LA: Wann haben Sie geheiratet?

VP: Nach der Scharia haben wir am 07.04.2013 in Hama geheiratet.

LA: Die von Ihrer behaupteten Ehefrau bei der Botschaft vorgelegte Eheregistrierung des Justizministeriums in Hama vom 02.03.2014 besagt, dass Sie an jenem Tag persönlich anwesend waren. Was sagen Sie dazu?

VP: Wir haben auf dem Scharia am 07.04.2013 geheiratet. Wir haben diese Ehe registriert beim Justizministerium durch meinen Bruder am 03.04.2014. Ich war nicht mehr in Syrien.

Dem Schreiben des BFA war ein weiteres Dokument in arabischer Sprache angeschlossen. Übersetzungen dieses Dokumentes, sowie Übersetzungen der bereits beim BVwG vorhandenen Dokumente in die deutsche Sprache waren nicht angeschlossen und sollen laut Rückfrage beim BFA (Frau Schön) nicht vorhanden sein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF, eine Staatsangehörige Syriens, brachte am 16.09.2015 bei der ÖB Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann der BF genannt, den die BF in Syrien in beider Anwesenheit geheiratet haben will. Ein Eheschließungsdatum wurde nicht genannt.

Dem Antrag war ein Eheschließungszertifikat des syrischen Innenministeriums vom 11.03.2014 angeschlossen, wonach der Ehevertrag vom 02.03.2014 am 10.03.2014 in Hama registriert worden sei. Dem Antrag war weiters eine traditionelle Eheschließungsurkunde des syrischen Justizministeriums, "Religious Court" in Hama, vom 02.03.2014 angeschlossen, der zufolge die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson am 26.09.2013 geschlossen und der Ehevertrag am 02.03.2014 in Anwesenheit der BF und der Bezugsperson geschlossen worden sei (beides in englischer Sprache).

Die Bezugsperson hat Syrien spätestens am 10.09.2013 verlassen und ihre angebliche Ehefrau ungefähr am 05.09.2013 zuletzt gesehen. Zum Zeitpunkt der staatlichen Registrierung der Eheschließung (02.03.2014) befand sich die Bezugsperson im Irak. Die staatliche Registrierung der Eheschließung am 02.03.2014 erfolgte in Abwesenheit der Bezugsperson durch deren Bruder.

Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des BFA vom 26.02.105, Zl. 1050.185.403-150056823, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Der Einreiseantrag samt Unterlagen wurde seitens der ÖB Damaskus dem BFA übermittelt. In einer Stellungnahme der ÖB Damaskus teilte das BFA mit, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen sei. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da es sich um eine mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbare Stellvertreterehe handle. Eine Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson habe nicht festgestellt werden können, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des vierten Hauptstückes des AsylG 2005 sei (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005).

Die BF brachte durch ihren bevollmächtigten Vertreter mit E-Mail vom 03.04.2016 eine Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ein und hielt fest, dass es sich bei der Ehe der BF mit der Bezugsperson um keine Stellvertreterehe handle. Die Bezugsperson und die BF hätten regulär in Syrien geheiratet. Beide seien bei der Eheschließung persönlich anwesend gewesen und die Zeremonie habe in einer auch in der österreichischen Rechtsordnung üblichen Weise stattgefunden. Lediglich die Beglaubigung der Registrierung der Ehe sei erst zu einem Zeitpunkt erfolgt als die Bezugsperson bereits in Österreich gewesen sei.

Die Stellungnahme der BF vom 03.04.2016 wurde durch die ÖB Damaskus an das BFA weitergeleitet.

Das BFA hielt an seiner negativen Wahrscheinlichkeitsprognose fest.

Mit Bescheid der ÖB Damaskus vom 25.04.2016 wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels abgewiesen.

Die gegen den Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung der ÖB Damaskus vom 01.06.2016 als unbegründet abgewiesen.

Der am 02.06.2016 eingebrachte Vorlageantrag wurde dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres samt Verwaltungsakt am 21.06.2016 vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht holte am 18.04.2018 die Niederschrift über die Einvernahme der Bezugsperson im Einreiseverfahren der BF vom 16.03.2016 ein, worin die Bezugsperson angab, Syrien am 08.09.2013 oder 10.09.2013 verlassen, ihre "Frau" zuletzt ungefähr am 05.09.2013 gesehen, sich im März 2014 in Arbil, Irak, befunden, traditionell am 07.04.2013 geheiratet und diese Ehe durch ihren Bruder am 03.04.2014 beim syrischen Justizministerium registrieren lassen zu haben. Sie sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Syrien gewesen.

Die BF konnte eine Familienangehörigeneigenschaft zur Bezugsperson im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht nachweisen.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt der ÖB Damaskus, insbesondere aus den vorgelegten Unterlagen und dem amtswegig beigeschafften Einvernahmeprotokoll der Bezugsperson im Einreiseverfahren der BF.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF des FrÄG 2017, BGBl I Nr. 145/2017 lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt der Vertretungsbehörde keine eigene Prüfungskompetenz zu (VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, da die Prognose des BFA aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist.

Gemäß § 16 Abs. 2 IPR-G ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig. (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

Jede in Syrien geschlossene Ehe bedarf sohin der Eintragung in das Zivilregister, um rechtliche Folgen auszulösen. Erst durch die Registrierung der Ehe durch die entsprechende Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt. Gemäß Art 30 des Dekrets Nr 26 aus 2007 über den zivilen Status gelten Ehen erst als rechtsgültig und daher durchsetzbar, wenn sie im Zivilregister eingetragen worden sind.

Daraus folgt, dass vor der staatlichen Registrierung einer traditionell geschlossenen Ehe keine rechtsgültige Eheschließung vorliegt. Es kann sohin nur der behördlichen Registrierung der Ehe Bedeutung zugemessen werden, bei der jedoch gegenständlich nicht beide Ehepartner anwesend waren.

Die staatliche Registrierung der Eheschließung der BF mit der Bezugsperson durch das syrische Innenministerium erfolgte am 10.03.2014, die Ausstellung des Eheschließungszertifikates wurde am 11.03.2014 vorgenommen, als Datum des Eheschließungsvertrages wird darin der 02.03.2014 genannt. Die staatliche Registrierung der Eheschließung erfolgte somit in Abwesenheit der Bezugsperson durch deren Bruder, wie die Bezugsperson in ihrer Einvernahme selbst ausdrücklich angegeben hat. Die Bezugsperson befand sich laut eigener Angabe zum damaligen Zeitpunkt nämlich nicht mehr in Syrien, sondern im Irak, hatte Syrien bereits spätestens am 10.09.2013 verlassen und ihre "Ehefrau" zuletzt ungefähr am 05.09.2013 gesehen.

Die gegenständliche in Abwesenheit der Bezugsperson unter Einsatz eines Vertreters (Bruders der Bezugsperson) registrierte Eheschließung widerspricht als "Stellvertreterehe" den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung (ordre public, § 6 IPR-Gesetz) und kann daher auch aus diesem Grund in Österreich keinen Rechtsbestand haben. In diesem Sinne hat auch der Verwaltungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis vom 19.09.2017, Ra 2016/20/0068, die Beurteilung, dass eine "Ferntrauung" dem ordre republic widerspricht, nicht beanstandet.

Was die vorgelegte traditionelle Heiratsurkunde betrifft - der jedoch im Hinblick auf das Gesagte ohne staatliche Registrierung der Eheschließung ohnehin keine Rechtsverbindlichkeit zukommen kann - ist anzumerken, dass darin der 26.09.2013 als Eheschließungsdatum und der 02.03.2014 als Datum des Abschlusses des Ehevertrages angeführt werden. Die Bezugsperson gab demgegenüber in ihrer Einvernahme im Einreiseverfahren der BF an, am 07.04.2013 traditionell geheiratet zu haben. Weiters, dass sie Syrien bereits am 08.09.2013 oder am 10.09.2013 - somit vor dem in der traditionellen Heiratsurkunde angegebenen Datum - verlassen und ihre "Ehefrau" zuletzt ungefähr am 05.09.2013 gesehen hat. Die BF selbst weiß überhaupt kein Datum einer behaupteten traditionellen Eheschließung zu nennen, sondern bringt lediglich wiederholt vor, dass sie und die Bezugsperson regulär in Syrien in einer auch nach der österreichischen Rechtsordnung üblichen Zeremonie geheiratet hätten und beide dabei persönlich anwesend gewesen wären. Hinzu kommt, dass laut religiöser Heiratsurkunde die BF und die - zum damaligen Zeitpunkt im Irak befindliche - Bezugsperson am 02.03.2014 persönlich vor dem "Religious Court in Hama" erschienen sein sollen, um dem Ehevertrag abzuschließen. Dies vermag die Glaubwürdigkeit des insgesamt als unglaubwürdig zu bezeichnenden, mit zahlreichen Ungereimtheiten behafteten Vorbringens zur traditionellen Eheschließung jedenfalls nicht zu erhöhen. Auf eine - offenbar nach Erhalt der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA - in arabischer Sprache vorgelegte handschriftliche "Bestätigung über eine Ehe", worin mit dem 05.04.2013 wiederum ein anderes, in keiner der vorgelegten Urkunden genanntes Eheschließungsdatum aufscheint, braucht nicht mehr näher eingegangen zu werden.

Der Auffassung der Vertretungsbehörde, dass Familienangehörigeneigenschaft zwischen der BF und der Bezugsperson nicht besteht, ist somit im Ergebnis beizupflichten. Die Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt des erkennende Gerichtes maßgeblichen Fassung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 in der Fassung des FrÄG 2017, die anders als die Vorgängerbestimmung, die von der Vertretungsbehörde anzuwenden war, nicht mehr auf das Bestehen der Ehe bereits im Herkunftsstaat, sondern auf das Bestehen der Ehe vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten abstellt, bedeutet daher im Ergebnis der von der Vertretungsbehörde zu Recht verneinten Angehörigeneigenschaft der BF keine Änderung.

In Anbetracht dessen, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Ausreise, Ehe, Einreisetitel, Gültigkeit, Nachweismangel,
österreichische Botschaft, Registrierung, Stellvertreter, Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W165.2128459.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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