TE OGH 2018/3/21 7Ob40/18k

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Veröffentlicht am 21.03.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** M***** GmbH, *****, vertreten durch Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und deren Nebenintervenientin P***** GmbH, *****, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei M***** L***** GmbH, *****, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, und deren Nebenintervenientin A***** GmbH, *****, vertreten durch Mahringer Steinwender Bestebner Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen 53.108,40 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 10. Jänner 2018, GZ 4 R 169/17f-42, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bedürfen zu ihrer Geltung der Einbeziehung in den Vertrag und sind nur anzuwenden, wenn sie durch einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext oder zumindest stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht wurden (1 Ob 278/98h mwN; RIS-Justiz RS0014506 [T19]). Bei der Beurteilung der Frage, ob AGB schlüssig zum Vertragsinhalt werden, ist ein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0014506 [T7]). Unter welchen Umständen von einer langjährigen Geschäftsbeziehung gesprochen werden kann, nach der AGB allenfalls als schlüssig vereinbart gelten können, richtet sich nach den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls, denen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (6 Ob 60/04y).

         1.2. Die AGB der Beklagten waren den Lieferscheinen nicht angeschlossen, sondern nur über eine dort genannte Internetadresse abrufbar und betitelten sich als „Bedingungen für langfristige Geschäfte“. Die Lieferungen der Beklagten erfolgten zwar von April 2014 bis Mai 2015 mehrmals monatlich, betrafen aber einen einzelnen Geschäftsfall. Dass davor schon eine länger währende Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen bestanden hätte, steht nicht fest. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage allein aufgrund der Übermittlung der Lieferscheine eine schlüssige Vereinbarung der AGB der Beklagten (beinhaltend einen der Eigenschaftsbeschreibung des Produkts widersprechenden Gewährleistungsausschluss) verneinte, dann hält sich diese Beurteilung im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0014506 [insb T14]) und ist daher nicht korrekturbedürftig. Die von der Klägerin dagegen ins Treffen geführten Entscheidungen betrafen anders gelagerte Sachverhalte (7 Ob 590/82 [drei vorangegangene Geschäftsfälle im Transportwesen]; 3 Ob 587/52 [fünf oder sechs vorangegangene gleichartige Geschäfte]; 6 Ob 60/04y [Ladeaufträge in langjähriger Geschäftsbeziehung]) oder lassen die Frage der schlüssigen Vereinbarung der AGB sogar offen (1 Ob 278/98h).

         2.1. Das Berufungsgericht ist der ständigen Rechtsprechung gefolgt, wonach bei der Beurteilung der Frage, ob ein (stillschweigender/schlüssiger) Verzicht auf ein Recht vorliegt, besondere Vorsicht geboten ist und dies nur dann angenommen werden darf, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass ein solcher Verzicht ernstlich gewollt ist (vgl RIS-Justiz RS0014190).

         2.2. Das Berufungsgericht war dabei der Ansicht, dass die (sinngemäße) Äußerung, je nachdem ob der Lack „normgerecht“ sei oder nicht, seien die Kosten der Neulackierung von der einen oder anderen Seite zu tragen, gerade keinen Verzicht auf Gewährleistungs- und/oder Schadenersatzansprüche darstelle, sondern die Haftung an der Verantwortung für den vorgelegenen Mangel festmache. Dabei handelt es sich jedenfalls um kein unvertretbares Auslegungsergebnis, sodass sich insoweit auch keine erhebliche Rechtsfrage stellt (vgl RIS-Justiz RS0044298 [insb T22]).

         3. Gemäß § 922 Abs 1 ABGB leistet, wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, Gewähr dafür, dass sie dem Vertrag entspricht. Er haftet also dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, dass sie seiner Beschreibung, einer Probe oder einem Muster entspricht und dass sie der Natur des Geschäfts oder der getroffenen Verabredung gemäß verwendet werden kann. Ob eine Eigenschaft im Sinn des Gesetzes als gewöhnlich vorausgesetzt anzusehen ist, ist an der Verkehrsauffassung zu messen (RIS-Justiz RS0114333). Die von der Beklagten in Anspruch genommene ÖNorm war nicht vereinbart. Was demgegenüber unter der von der Beklagten angekündigten Produkteigenschaft „im Dunkeln vergilbungsarm“ nach der einschlägigen Verkehrsauffassung zu verstehen ist, hat das Erstgericht festgestellt. Dem hat das gelieferte Produkt nicht entsprochen, weshalb sich die Annahme eines vorgelegenen Mangels als nicht korrekturbedürftig erweist.

         4. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E121361

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00040.18K.0321.000

Im RIS seit

11.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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