TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/25 W157 2187226-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2018
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Entscheidungsdatum

25.04.2018

Norm

AVG §74 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
KOG §36
KOG §39
ORF-G §3 Abs1
ORF-G §36 Abs1 Z1 lita
ORF-G §36 Abs1 Z1 litb
ORF-G §36 Abs1 Z1 litc
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs6
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2
VwGVG §35 Abs3
VwGVG §35 Abs4

Spruch

W157 2186115-1/4E

W157 2187226-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER als Vorsitzende und den Richter Mag. Eduard Hartwig PAULUS sowie den Richter Mag. Walter TOLAR als Beisitzer über die Beschwerden von XXXX gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 30.01.2018, XXXX , sowie gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

A)

I. beschlossen:

a. Die Maßnahmenbeschwerde vom 12.02.2018 wird als unzulässig zurückgewiesen.

b. Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 08.10.2017 erhob XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) "Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-G" gegen die vom Österreichischen Rundfunk (ORF) durchgeführte "Informationskampagne zur HD-Umstellung". Im Wesentlichen behauptete er eine Schädigung seiner Person dadurch, dass die Informationskampagne Einfluss auf die bevorstehende Entscheidung gemäß Spruchpunkt 4.3.15. des Bescheids der KommAustria vom 20.11.2015, XXXX , habe, nämlich die Verlängerung der Möglichkeit des Einsatzes eines Zugangsberechtigungssystems, abhängig u.a. von den erreichten Nutzerzahlen.

2. Mit Bescheid vom 30.01.2018, XXXX , wies die KommAustria (im Folgenden: belangte Behörde) die o.a. Beschwerde gemäß §§ 35, 36 Abs. Z 1 ORF-G wegen mangelnder Beschwerdelegitimation als unzulässig zurück. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerdelegitimation auf § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G stütze. Gemäß dieser Bestimmung sei für die Beschwerdelegitimation wesentlich, dass eine Person unmittelbar geschädigt zu sein behaupte, wobei eine "unmittelbare Schädigung" nach ständiger Spruchpraxis des Bundeskommunikationssenats (BKS) neben materieller auch eine immaterielle Schädigung umfasse, die zumindest im Bereich der Möglichkeit liegen müsse (BKS 18.10.2010, GZ. 611.929/0002-BKS/2010). Immaterielle Schäden begründeten nur dann eine Beschwerdelegitimation, wenn der Schaden aus der Rechtsordnung unmittelbar ableitbare rechtliche Interessen betreffe, denen der Gesetzgeber Rechtsschutz zuerkenne (BKS 18.07.2007, GZ. 611.929/0006-BKS/2007). Der Spruchpunkt 4.3.15. des Bescheides der belangten Behörde vom 20.11.2015, GZ. XXXX , sehe lediglich vor, dass bei Erfüllung der in dem Spruchpunkt genannten Voraussetzungen die Zulassungsinhaberin Österreichische Rundfunksender GmbH & Co KG den Einsatz ihres Zugangsberechtigungssystems um zwei Jahre verlängern könne; die Bestimmung räume Nutzern keine wie auch immer gearteten subjektiven Rechte ein. Insofern sei nicht erkennbar, dass sich aus der Bestimmung im genannten Bescheid eine rechtlich geschützte Position des Beschwerdeführers ergebe. Daher behaupte der Beschwerdeführer keine Schädigung im Sinne des § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G. Eine Beschwerdelegitimation gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b und c ORF-G liege ebenfalls nicht vor und werde auch nicht vorgebracht. Ergänzend merkte die belangte Behörde an, dass sie den Sachverhalt hinsichtlich der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage einer allfälligen Schleichwerbung von Amts wegen in Prüfung gezogen habe.

3. Mit Schriftsatz vom 12.02.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 15.02.2018, erhob der Beschwerdeführer "[g]egen die von der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) im Bescheid XXXX erlassenen Maßnahmen [...] Beschwerde gemäß Art. [...] 130 Abs. 1 Z 2 B-VG". Der Beschwerdeführer moniert, die in dem genannten Bescheid erlassenen "Maßnahmen" seien rechtswidrig, da sie unzureichend seien. Es gehe nicht um rechtswidrig erlassene, sondern um rechtswidrig unterlassene Maßnahmen. Begründend wird auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass der Inhalt des angefochtenen Bescheids "über Anfangsverdachte unterschiedlicher Rechtsverstöße, welche den gesetzmäßigen Wirkungsbereich der KommAustria betreffen", informiere. Die belangte Behörde habe "auch in Bezug auf den Anfangsverdacht von Wirtschaftsdelikten (hier ,schwerer gewerbsmäßiger Betrug')" von Amts wegen zu prüfen. Die belangte Behörde sei dem Antrag, "die Verbreitung der aktuellen und betrügerischen ,Informationskampagne' zur Umstellung sofort zu stoppen" nicht gefolgt, obwohl eine Schadensbegrenzung zeitlich noch möglich gewesen sei. Auch sonst würdige der angefochtene Bescheid in keiner Weise die vorgetragenen Verdachtsmomente. Dem Antrag "den ORF an[zu]weisen, zur Beweissicherung alle Beiträge der bisherigen Informationskampagnen aus allen Bundesländern vollständig vorzulegen, auch Radiobeiträge" sei die belangte Behörde ebenfalls nicht gefolgt, womit sie es unterlasse, die ihr übertragene Befehls- und Zwangsgewalt zur Unterstützung der bevorstehenden Ermittlungsverfahren anzuwenden. Die belangte Behörde wende sich gegen das rechtsstaatliche Interesse an einer Aufklärung von Straftaten und behindere aktiv die Arbeit der Ermittlungsbehörden; sie mache sich selbst strafbar. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge die belangte Behörde anweisen, "eine Prüfung von Amts wegen durchzuführen bzgl. des wirtschaftsrechtlichen Anfangsverdachts schwerer gewerbsmäßiger Betrug gegen den ORF und seine Tochterunternehmen"; es möge die belangte Behörde "[...] ggf. auch zur Einleitung von Ermittlungsverfahren verpflichten". Weiters beantragte der Beschwerdeführer, das Bundesverwaltungsgericht möge die belangte Behörde anweisen, "die Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 30,- an den Beschwerdeführer auf sein Konto [...] zurückzuerstatten. [...]".

4. Mit einem weiteren Schriftsatz vom selben Tag brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gegen den Bescheid vom 30.01.2018, GZ. XXXX , ein. In der Begründung führt der Beschwerdeführer aus, die Zurückweisung in Bezug auf Teilaspekte der Beschwerde sei unzulässig. Weiters sei die konkrete Begründung des Bescheids unzureichend und daher rechtswidrig. Seine rechtlich geschützte Position ergebe sich aus dem Bescheid XXXX , zumal mit Einstellung der Simulcast-Phase bis spätestens 01.08.2019 (Spruchpunkt 4.1.6.) und einem weiterem zweijährigem Einsatz des Zugangsberechtigungssystems (Spruchpunkt 4.3.15.) die terrestrischen Fernsehprogramme des ORF ausschließlich im verschlüsselten HD-Angebot von simpliTV ausgestrahlt würden. Diese Signale würden jedoch nicht den Vorgaben des Versorgungsauftrags gemäß § 3 Abs. 1 ORF-G entsprechen. Nach Beendigung der Simulcast-Phase gehe es bei der Entscheidung in Spruchpunkt 4.3.15. auch darum, ob eine gesetzeskonforme Versorgung mit den terrestrischen Fernsehprogrammen des ORF vorliege. Dies gehöre zu den rechtlichen Interessen, denen der Gesetzgeber Rechtschutz zuerkenne, und liege die Beschwerdelegitimation im Sinne von § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G zweifelsfrei vor. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, den "1. Spruch des Bescheides XXXX " aufzuheben und die KommAustria zur erneuten, inhaltlichen sowie priorisierten Bearbeitung der Beschwerde anzuweisen.

5. Die belangte Behörde legte die Akten betreffend die Bescheidbeschwerde mit Schriftsatz vom 21.02.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vor. Sie führte im Vorlageschreiben aus, von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen zu haben und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 08.10.2017 eine "Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit a ORF-G" gegen den Österreichischen Rundfunk (ORF) wegen der von diesem durchgeführten Informationskampagne betreffend Umstellung der terrestrischen Verbreitung der Programme des ORF von DVB-T auf DVB-T2 bzw. die nunmehrige HD-Verbreitung aller ORF-Programme bei der belangten Behörde ein. Er führte wörtlich aus:

"Von den Beschwerdepunkten ist der Beschwerdeführer unmittelbar betroffen, weil diese Einfluss auf die bevorstehende Entscheidung gem. dem Spruch 4.3.15 des RTR Bescheids XXXX haben."

Spruchpunkt 4.3.15. des Bescheids der belangten Behörde vom 20.11.2015, GZ. XXXX , mit dem der Österreichischen Rundfunksender GmbH & Co KG die Zulassung zum Betrieb einer bundesweiten terrestrischen Multiplex-Plattform mit zwei Bedeckungen ("MUX A/B") erteilt wurde, lautet: "Gemäß § 25 Abs. 2 Z 10 AMD-G iVm § 3 Abs. 1 Z 4 lit. g MUX-AG-V 2014 wird der Einsatz eines Zugangsberechtigungssystems auf der Multiplex-Plattform ,MUX A/B' bis 01.02.2019 befristet. Bei Überschreiten einer Nutzerzahl von 150.000 registrierten Haushalten kann über Antrag des Multiplex-Betreibers bei entsprechender, nachgewiesener Nachfrage der auf ,MUX A/B' verbreiteten Rundfunkveranstalter der Einsatz eines Zugangsberechtigungssystems um weitere zwei Jahre verlängert werden."

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Standort des Beschwerdeführers terrestrisch nicht im Sinne von § 3 Abs. 1 ORF-G mit den Programmen des ORF versorgt wird.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass seitens der belangten Behörde gegen den Beschwerdeführer ein Befehl erteilt oder Zwang ausgeübt und damit unmittelbar in seine subjektiven Rechte eingegriffen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid, in welchem auch der Spruchpunkt

4.3.15. des Bescheids der belangten Behörde vom 20.11.2015, GZ. XXXX wiedergegeben ist.

Eine aktuell nicht gegebene terrestrische Versorgung des Standortes des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 ORF-G wurde von diesem nicht behauptet. Auch sonst wurde vom Beschwerdeführer eine unmittelbare Schädigung durch eine Verletzung von Bestimmungen des ORF-Gesetzes nicht substantiiert behauptet.

Die Feststellung zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten "Maßnahmen" beruht auf dessen Angaben in der bezughabenden Beschwerde, mit der nicht einem von Verwaltungsorganen erteilten Befehl oder ausgeübten Zwang, sondern dem Bescheid vom 30.01.2018, GZ. XXXX , entgegengetreten wurde. Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde selbst ausgeführt, er erhebe Beschwerde "[g]egen die von der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) im Bescheid XXXX erlassenen Maßnahmen" bzw. gehe es "nicht um rechtswidrig erlassene, sondern um rechtswidrig unterlassene Maßnahmen".

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Kognitionsbefugnis:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3); gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4 (Z 4).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist (im Wesentlichen gleichlautend Art. 135 Abs. 1 B-VG sowie § 2 VwGVG). Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 36 KOG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist (§ 9 Abs. 2 VwGVG), durch Senat entscheidet.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs. 2 leg.cit.).

Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I.:

3.2.1. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - d.h. ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein ausdrücklicher Befolgungsanspruch nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (VwGH 27.02.2013, 2012/17/0430, mwN).

Da vom Beschwerdeführer - entgegen der Bezeichnung des Rechtsmittels als "Beschwerde gemäß Art. [...] 130 Abs. 1 Z 2 B-VG" gegen von der KommAustria erlassene "Maßnahmen" - kein Eingriff in seine subjektiven Rechte durch einen von Verwaltungsorganen erteilten Befehl oder ausgeübten Zwang ins Treffen geführt und demzufolge auch keine (rechtswidrige) Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt behauptet wurde, war diese Beschwerde zurückzuweisen.

3.2.2. Zu dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Eingabegebühr ("Beschwerdegebühr"):

§ 35 VwGVG lautet auszugsweise:

"Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

[...]"

Da es sich bei Eingabegebühren nicht um Aufwand im Sinne von § 35 Abs. 1 VwGVG handelt, war der Antrag auf Rückerstattung der Eingabegebühr mangels gesetzlicher Grundlage (vgl. auch § 74 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG) als unzulässig zurückzuweisen.

Im Übrigen ist im vorliegenden Verfahren gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG die belangte Behörde die obsiegende Partei und hätte allenfalls Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen.

3.3. Zu Spruchpunkt II.:

3.3.1. Im Beschwerdefall maßgebliche Rechtsvorschriften:

§ 36 ORF-G lautet wie folgt:

"Rechtsaufsicht

§ 36. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet neben den anderen in diesem Bundesgesetz und im KommAustria-Gesetz genannten Fällen - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der Bestimmungen des 5a. Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilten Auflagen

1. auf Grund von Beschwerden

a. einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;

b. eines die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von dieser befreiten Rundfunkteilnehmers im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes, sofern die Beschwerde von mindestens 120 solchen Personen oder Personen, die mit einem die Rundfunkgebühr entrichtenden oder mit einem von dieser Gebühr befreiten Rundfunkteilnehmer im gemeinsamen Haushalt wohnen, unterstützt wird sowie

c. eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden.

2. auf Antrag

a. des Bundes oder eines Landes;

b. des Publikumsrates;

c. von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Stiftungsrates;

d. des Vereins für Konsumenteninformation oder einer gesetzlichen Interessenvertretung, soweit in Fernsehprogrammen eine Verletzung der Bestimmungen der § 13 Abs. 1, 2, 3, 4 erster Satz, 5 und 6, § 14 Abs. 1, und 5 vorletzter und letzter Satz, oder der §§ 15, 16 und 17 Abs. 1 bis 3 behauptet wird;

e. soweit eine Verletzung der in lit. d genannten Bestimmungen in Fernsehprogrammen behauptet wird, auch einer der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften von der Europäischen Kommission gemäß Artikel 4 Abs. 3 der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. Nr. L 166 vom 11.6.1998

S. 51, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/123/EG, ABl. Nr. L 376 vom 27.12.2006 S. 36, veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, sofern

1. die von dieser Einrichtung geschützten Interessen in diesem Mitgliedstaat beeinträchtigt werden und

2. der in der Veröffentlichung angegebene Zweck der Einrichtung die Antragstellung rechtfertigt.

3. von Amts wegen

a. soweit der begründete Verdacht besteht, dass gemäß § 3 Abs. 5 Z 2 bereitgestellte Angebote oder gemäß § 3 Abs. 8 veranstaltete Programme nicht dem durch die §§ 4b bis 4f und die Angebotskonzepte (§ 5a), einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilter Auflagen, gezogenen Rahmen entsprechen;

b. auf Grundlage von Prüfungsberichten gemäß § 40 Abs. 6, soweit der begründete Verdacht einer Verletzung der Bestimmungen der §§ 8a, 31 Abs. 17a, 31c und 39 bis 39b besteht.

(2) Die Unterstützung einer Beschwerde gemäß Abs. 1 Z 1 lit. b ist durch eine Unterschriftenliste nachzuweisen, aus der die Identität der Personen, die die Beschwerde unterstützen, festgestellt werden kann.

(3) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, Anträge sind innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, einzubringen. Offensichtlich unbegründete Beschwerden und Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

(4) Der Österreichische Rundfunk hat von allen seinen Sendungen und Online-Angeboten Aufzeichnungen herzustellen und diese mindestens zehn Wochen aufzubewahren. Im Falle einer Aufforderung der Regulierungsbehörde hat er dieser die gewünschten Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Überdies hat er jeder Person, die daran ein rechtliches Interesse darzutun vermag, Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren."

Gemäß § 39 Abs. 2 KOG kommt dem Generaldirektor des ORF oder einem von ihm bestellten Vertreter im Verfahren vor der KommAustria und vor dem Bundesverwaltungsgericht, soweit es sich um ein Verfahren auf Grund der Bestimmungen des ORF-G handelt, jedenfalls Parteistellung zur Wahrung der Rechte des ORF zu.

3.3.2. Zum Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht im Falle einer Bescheidbeschwerde gegen einen zurückweisenden Bescheid:

Gegenstand des bekämpften Bescheides ist die Zurückweisung der Beschwerde des Beschwerdeführers vom 08.10.2017 gemäß §§ 35, 36 Abs. 1 Z 1 ORF-G: Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, ist das Verwaltungsgericht in jenen Fällen, in denen die Behörde in erster Instanz einen Antrag zurückgewiesen hat, lediglich befugt, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist. Dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (vgl. z.B. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; 26.02.2015, Ra 2014/22/0152 und 0153; 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084). Ohne Zweifel ist diese Aussage des Verwaltungsgerichtshofs zur Beschränkung des Gegenstandes eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch auf jene Fälle zu übertragen, in denen die Behörde in erster Instanz eine Beschwerde (in diesem Fall: gestützt auf Bestimmungen des ORF-G) zurückgewiesen hat.

Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags durch die belangte Behörde zu Recht erfolgt ist.

3.3.3. Als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-G ist die Behauptung einer Rechtsverletzung gefordert, die den Umständen nach zumindest im Bereich des Möglichen liegen und weiters den Beschwerdeführer unmittelbar schädigen muss (VwGH 21.12.2004, 2004/04/0208, mwH).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid mit Hinweisen auf die Judikatur des Bundeskommunikationssenats ausgeführt, dass eine Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit a ORF-G nicht vorliege, weil Spruchpunkt 4.3.15. des Bescheids der belangten Behörde vom 20.11.2015, GZ. XXXX , Nutzern keine wie immer gearteten subjektiven Rechte einräume. Es sei insofern nicht erkennbar, dass sich aus der Bestimmung im genannten Bescheid eine rechtlich geschützte Position des Beschwerdeführers ergebe, weshalb eine Schädigung im Sinne des § 36 Abs. 1 Z 1 lit a ORF-G nicht vorliege.

Auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist der belangten Behörde nichts entgegenzusetzen, wenn diese meint, dass sich aus Spruchpunkt 4.3.15. des genannten Bescheids, der vorsieht, dass bei Erfüllung bestimmter im Spruchpunkt genannter Voraussetzungen die Zulassungsinhaberin Österreichische Rundfunksender GmbH & Co KG den Einsatz ihres Zugangsberechtigungssystems um zwei Jahre verlängern kann, keine rechtlich geschützte Position des Beschwerdeführers ergibt.

Soweit der Beschwerdeführer in gegenständlicher Beschwerde vorbringt, mit Einstellung der Simulcast-Phase und einer Verlängerung des Einsatzes eines Zugangsberechtigungssystems um weitere zwei Jahre (Spruchpunkt 4.3.15.) würden die terrestrischen Fernsehprogramme des ORF - entgegen den Vorgaben des Versorgungsauftrags gemäß § 3 Abs. 1 ORF-G - ausschließlich im verschlüsselten HD-Angebot von simpliTV ausgestrahlt werden, ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei der Simulcast-Phase im Sinne von Spruchpunkt 4.1.6. des Bescheids der belangten Behörde vom 20.11.2015 um die befristete parallele, zeitgleiche Ausstrahlung am selben Ort des Bundesgebietes von einzelnen Programmen in DVB-T und DVB-T2 über die Multiplex-Plattformen MUX A bis MUX F handelt (§ 2 Z 4 MUX-AG-V 2014). Die Programme ORFeins und ORF 2 sind entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers allerdings auch nach dem Ende der Simulcast-Phase über DVB-T2 - unverschlüsselt - empfangbar (vgl. auch die Auflage in Spruchpunkt 4.3.7.).

Da der Beschwerdeführer nicht vorgebracht hat, Programme des Österreichischen Rundfunks nicht in dem in § 3 ORF-G geregelten Umfang empfangen zu können, ist auf die ins Treffen geführte Verletzung des Versorgungsauftrags durch den Einsatz eines Zugangsberechtigungssystems nicht weiter einzugehen. Der Beschwerdeführer hat im Ergebnis auch in diesem Zusammenhang nicht behauptet, durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein.

Zu dem Beschwerdevorbringen, die Zurückweisung in Bezug auf Teilaspekte der Beschwerde sei generell unzulässig, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass mit dem angefochtenen Bescheid das verfahrenseinleitende Anbringen des Beschwerdeführers zur Gänze als unzulässig zurückgewiesen wurde. Die Prüfung des Sachverhaltes hinsichtlich einer allfälligen Schleichwerbung wurde von der KommAustria von Amts wegen und nicht aufgrund einer Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G eingeleitet. Dies geht auch aus dem angefochtenen Bescheid hervor.

Für eine Schädigung im Sinne des § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G des Beschwerdeführers sind daher keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen. Weil darüber hinaus auch keine Beschwerdelegitimation gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b und c ORF-G gegeben ist (und vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht wurde), liegt im gegenständlichen Verfahren keine Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers vor und war die Zurückweisung der verfahrenseinleitenden Beschwerde des Beschwerdeführers vom 08.10.2017 durch die belangte Behörde im Recht begründet.

3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte aus folgenden Erwägungen abgesehen werden: Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall waren ausschließlich Rechtsfragen zu beantworten, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534) sowie ausführlich VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117; vgl. auch zur Rechtslage nach der Änderung des VwGVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 24/2017: VwGH 29.06.2017, Ra 2017/04/0040).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da der gegenständliche Fall nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Gesetzeslage erschien im entscheidungswesentlichen Zusammenhang insgesamt klar und eindeutig, und die vorliegende Entscheidung folgte der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung (zur Unzulässigkeit einer Revision aus diesem Grunde vgl. VwGH 27.08.2014, Ra 2014/05/0007 mwN).

Schlagworte

Befehls- und Zwangsgewalt, Beschwerdelegimitation, Beschwerderecht,
Eingabengebühr, Ersatz, Kognitionsbefugnis, Maßnahmenbeschwerde,
Parteistellung, rechtliches Interesse, Rechtsschutzinteresse,
Rückerstattung, Schaden, subjektive Rechte, Versorgungsauftrag des
ORF, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W157.2187226.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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