TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/21 405-7/532/1/9-2018

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Veröffentlicht am 21.03.2018
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Entscheidungsdatum

21.03.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
60/01 Arbeitsvertragsrecht

Norm

VStG §9
AschG 1994 §130 Abs1 Z15

Text

 

5020 Salzburg / Wasserfeldstraße 30

Telefon: +43 662 8042-0* / Fax: +43 662 8042-3893

E-Mail: post@lvwg-salzburg.gv.at

 

DVR 0078182

 

 

 

 

 

Ort, Datum:

Salzburg, 21.03.2018

Zahl:

405-7/532/1/9-2018

Betreff:

Dr. Dr. AB AA, LL;

Übertretung gemäß ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - Beschwerde

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Dr. Johann Schlager über die Beschwerde des Herrn Dr. Dr. AB AA, LL, vertreten durch die AE & AF Rechtsanwälte GmbH, GG, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 08.11.2017, Zahl xxxxx,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 50 VwGVG iVm § 9 Abs 1 VStG, § 4 Abs 3 Arbeitsstättenverordnung iVm § 130 Abs 1 Z 15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, wobei aber der Tatvorwurf im angefochtenen Straferkenntnis statt „Organ der Dr. Dr. AA GmbH“ zu lauten hat: „Organ der EE FF Ges.m.b.H.“.

II.    Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 240 zu leisten.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„Herr Dr. Dr. AB AA, geb. AC, hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zur Vertretung nach außen berufene Organ der Dr. Dr. AA GmbH als Arbeitgeberin mit Sitz in LL, für diese zu verantworten, dass, wie ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 5. Aufsichtsbezirk bei einer Kontrolle der Arbeitsstätte in FF am 6.2.2017 festgestellt hat, bei der Außenstiege, die mehr als vier Stufen hat und breiter als 1,2 m ist, nur an der von unten betrachtet rechten Seite ein fester Handlauf angebracht ist, obwohl bei Stiegen mit mehr als vier Stufen und einer Siegenbreite von mehr als 1,2 m an bei den Seiten der Stiege feste Handläufe anzubringen sind.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 4 Abs. 3 Arbeitsstättenverordnung - AStV, BGBl. II Nr. 368/1998 i.d.F. BGBl. II Nr. 324/2014 i.V.m. § 130 Abs. 1 Z. 15 Arbeitnehmerlnnenschutzgesetz - ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl. I Nr. 60/2015

Wegen dieser Verwaltungsübertretung werden über Sie folgende Strafen verhängt:

1.200 Euro gemäß § 130 Abs. 1 Z. 15, erster Strafrahmen Arbeitnehmerlnnenschutzgesetz; falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen.

Weitere Verfügungen (z.B.: Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft) : keine;

Die ggst. Gesellschaft haftet gemäß § 9 Abs. 7 Verwaltungsstrafgesetz 1991 für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Ferner haben Sie gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Im gegenständlichen Fall beträgt somit der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 120 Euro.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.320 Euro.

Die bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe verhängte Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt 2 Tage.“

Dagegen wurde von Dr. Dr. AB AA, LL, vertreten durch die AE & AF Rechtsanwälte GmbH, GG, mit Eingabe vom 12.12.2017 folgende Beschwerde eingebracht:

„1. Beschwerdegegenstand

Gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Salzburg, Strafamt, zu Gz xxxxx vom 08.11.2017, zugestellt am 14.11.2017, wird binnen offener Frist gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 und Art 132 Abs 1 Z1 B-VG nachstehende

BESCHWERDE

an das Landesverwaltungsgericht Salzburg erhoben.

Das Straferkenntnis wird in seinem gesamten Inhalt angefochten.

Geltend gemacht wird der Beschwerdegrund der materiellen und formellen Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides.

Zur Zulässigkeit der Beschwerde wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Adressat des Straferkenntnisses ist und durch dieses in seinen subjektiven Rechten berührt wird. Der Beschwerdeführer ist somit zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde legitimiert.

Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 14.11.2017 zugestellt. Die Beschwerde ist daher rechtzeitig erhoben.

2. Sachverhalt

Dem Beschwerdewerber wird vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Dr. Dr. AA GmbH als Arbeitsgeberin mit dem Sitz in LL, zu verantworten, dass in der Arbeitsstätte in FF, bei einer Außenstiege, die mehr als vier Stufen hat und breiter als 1,2 m ist, nur an der von unten betrachtet rechten Seite ein fest Handlauf angebracht ist, obwohl bei Stiegen mit mehr als vier Stufen und einer Stiegenbreite von mehr als 1,2 m an beiden Seiten der Stiege feste Handläufe anzubringen sind.

Dies würde einen Verstoß gegen § 4 Abs 3 Arbeitsstättenverordnung - AStV darstellen, weshalb eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.200,00 - falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen - zzgl EUR 120,00 Verfahrenskosten, sohin ein Gesamtbetrag von EUR 1320,00, verhängt wurde.

In Folge wurden die Rechtfertigung des Beschwerdeführers vom 09.03.2017 sowie die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats vom 20.03.2017 sowie die von der belangten Behörde herangezogenen Rechtsvorschriften wiedergegeben.

Begründend führte die Behörde aus, dass die Behörde zuständig ist und die Verantwortlichkeit der bestellten verantwortlichen Beauftragten zum Einen wegen der vermeintlich widersprüchlichen Bestellurkunde und zum anderen aus der allgemeinen Lebenserfahrung, weil diese außerordentliche Bestellungen wie den Einbau eines zweiten Handlaufes ohne Zustimmung des Arbeitsgebers nicht einbauen dürften, als nicht gegeben erachtet werde. Weiter führte die belangte Behörde aus, dass der Argumentation des Arbeitsinspektorats in Bezug auf das betroffene Unternehmen gefolgt werde, zumal der Beschwerdeführer Geschäftsführer sowohl der Dr. Dr. AA GmbH als auch der EE FF GmbH ist.

Hinsichtlich der Bemessung der Strafhöhe ging die belangte Behörde beim Beschwerdeführer als ehemaligem handelsrechtlichen Geschäftsführer von durchschnittlichen Vermögensverhältnissen aus und hielt weiters fest, dass dem Schutzzweck der Norm, nämlich den Arbeitnehmer vor Gefährdung von Gesundheit und Leben zu schützen, zuwidergehandelt worden sei.

3. Beschwerdegründe

3.1 Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerdeführers

Festzuhalten ist, dass die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats vom 20.03.2017 nicht dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist. Ebenso wenig wurden ihm die in dieser Stellungnahme erwähnten Beilagen übermittelt. Der Beschwerdeführer hatte daher keine Gelegenheit, sich zu den Ergebnissen der seitens der Behörde eingeleiteten Beweisaufnahme zu äußern.

Stattdessen hat die belangte Behörde ohne Anhörung des Beschwerdeführers sogleich das gegenständliche Straferkenntnis erlassen und die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats ihrer Entscheidung nicht nur zu Grunde gelegt, sondern ist dieser uneingeschränkt gefolgt und hat das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

Damit hat die belangte Behörde die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers beschnitten und ihn in seinem Recht angehört zu werden, verletzt.

Hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer angehört, hätte er nämlich insbesondere wie folgt vorgebracht:

3.1.1 Zur örtlichen Unzuständigkeit

Nach stRSP (vgl nur VwGH vom 18.05.1994, 92/03/0083) wird ein Unternehmen am Ort seiner Niederlassung betrieben. Dies ist hier der Fall. Beim EE FF handelt es sich, wie bereits in der Rechtfertigung ausgeführt, um keine Arbeitsstätte, sondern um die Sonderkrankenanstalt EE FF. Da die Übertretung, nämlich das Fehlen eines zweiten Handlaufes, auch nach den Ausführungen des Arbeitsinspektorats in FF, begangen worden ist, ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem Sprengel eingetreten, in dem die belangte Behörde keine Zuständigkeit hat.

Zudem ist aktenkundig, dass für das EE FF ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung liegt der Tatort in Fallkonstellationen hinsichtlich einer vom Beauftragten zu verantwortenden Verwaltungsübertretung nicht am Sitz der (zentralen) Unternehmensleitung (vgl VwGH 29.01.2004, 2003/11/0277; 09.06.1995, 95/02/0228), sondern richtet sich die örtliche Zuständigkeit der Behörde nach dem Dienstort des verantwortlichen Beauftragten (vgl Raschauer in Raschauer/Wessely (Hrsg), Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz Aufl. 2 (2016) zu § 27 VStG, Seite 400, mwN) der im gegenständlichen Fall zweifelsohne in FF liegt.

Dies verkennt das Arbeitsinspektorat, in dem es Rechtsprechung des VwGH zitiert, die ich auf das VStG 1950 bezieht.

An der örtlichen Unzuständigkeit der belangten Behörde vermag dies nichts zu ändern; diese ist im vorliegenden Fall gegeben.

3.1.2 Unzutreffende Feststellung des betroffenen Unternehmens

Wie das Arbeitsinspektorat nunmehr selbst anerkennt, wird im Impressum der EE FF die EE FF Ges.m.b.H. mit dem Sitz in LL angegeben.

Das Arbeitsinspektorat stellt sich auch nicht mehr gegen die Tatsache, dass die vorgeworfene Übertretung in der Sonderkrankenanstalt EE FF, also einer Einrichtung, die von einer anderen juristischen Person betrieben wird, stattgefunden hat, sondern versucht durch den Verweis auf das Impressum der Dr. Dr. AA GmbH von diesem Umstand abzulenken.

Dieser Versuch hat aber schon angesichts der Tatsache, dass die Dr. Dr. AA GmbH nicht Arbeitgeberin der Arbeitnehmerinnen des EE FF ist und es sich bei den Arbeitnehmerinnen des EE FF nicht um Arbeitnehmerinnen der Dr. Dr. AA GmbH iSd § 26 Abs 1 AZG handelt, weil diese nicht im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses für die Dr. Dr. AA GmbH tätig sind, zu scheitern.

Dass sich das Arbeitsinspektorat mit dieser Tatsache gar nicht auseinandersetzt, untermauert, dass diesem Umstand auch nichts entgegen gesetzt werden kann. Hätte sich das Arbeitsinspektorat nämlich abgesehen vom untauglichen Verweis auf das Impressum der Dr. Dr. AA GmbH und einem Hinweis auf einen fehlenden Handlauf mit den rechtlichen Gegebenheiten auseinandergesetzt, hätte es zugestehen müssen, dass die Dr. Dr. AA GmbH keine Pflichten nach der AStV gegenüber den Arbeitnehmerinnen der EE FF Ges.m.b.H. treffen können. Es handelt sich um zwei verschiedene juristische Personen; das für die EE FF Ges.m.b.H gesetzte bzw unterlassene Verhalten ist der Dr. Dr. AA GmbH nicht zurechenbar.

3.1.3 Bestellung einer verantwortlichen Beauftragten

Gemäß § 9 Abs 4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Das Arbeitsinspektorat verneint zu Unrecht das Vorliegen einer Anordnungsbefugnis der verantwortlichen Beauftragten, übersieht dabei aber, dass nur das gänzliche Fehlen der Anordnungsbefugnis, nicht aber die Verpflichtung, betriebsinterne Anweisungen zu befolgen, eine wirksame Bestellung verhindern würde. Wäre es der verantwortlichen Beauftragten, etwa bei Übersteigen des ihr gesetzten Dispositionsrahmens oder einer ihr eingeräumten Organisationsbefugnis nicht möglich, einen rechtswidrigen Zustand abzustellen, so wäre es an ihr gelegen, über diesen Umstand ihren Auftraggeber bzw das nach außen vertretungsbefugte Organ zu informieren und/oder ihre Zustimmung zur Bestellung zurückzuziehen (Raschauer/Nessely, Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz,

2. Auflage, Rz 15 zu § 9 VStG).

Da die belangte Behörde dem Beschwerdeführer weder die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats noch andere Beweisergebnisse, insbesondere ein Protokoll über die Einvernahme der verantwortlichen Beauftragten, zur Stellungnahme übermittelt hat, ist es dem Beschwerdeführer vor Erlass des angefochtenen Straferkenntnisses nicht möglich gewesen, darzulegen, dass die verantwortliche Beauftragte einerseits über die nötige Anordnungsbefugnis verfügt hat bzw andererseits ein etwaiges Fehlen derselben nicht eingewandt hat. Dass die Zustimmung zur Bestellung nicht zurückgezogen wurde, ist angesichts der nach wie vor beim Arbeitsinspektorat aufrechten Bestellung aktenkundig.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsinspektorates ist die Bestellurkunde zur verantwortlichen Beauftragten (Beilage ./4) auch keineswegs unschlüssig: Im Kopf dieses Formulars mag zwar die Dr. Dr. AA GmbH als Arbeitgeberin angeführt sein, die wesentlichen Teile des Formulars sind jedoch hinreichend deutlich bezeichnet und wurde das Formular unter Beifügung eines Stempels auch von der tatsächlichen Arbeitgeberin gefertigt. Aufgrund der gewählten Formulierungen kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass Frau AS PP Arbeitnehmerin der EE FF Ges.m.b.H ist. Zudem liegt der belangten Behörde der zwischen der verantwortlichen Beauftragten, AS PP, und der EE FF Ges.m.b.H abgeschlossene Dienstvertrag (Beilage ./3) vor, sodass auch aus diesem Grund kein Zweifel daran bestehen kann, dass die EE FF Ges.m.b.H Arbeitgeberin von Frau AS PP ist. Angesichts dieser Tatsachen handelt es sich beim im Kopf der Beilage ./4 angeführten Arbeitgeberin schlicht um einen Fehler und kann dieser dem Beschwerdeführer, nach dem allgemeinen Grundsatz „falsa demonstratio non nocet", nicht zum Nachteil gereichen.

3.1.4 Conclusio

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer weder die Beweisergebnisse noch die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats zur Äußerung übermittelt und dadurch den verfassungsrechtlich determinierten Grundsatz auf rechtliches Gehör verletzt. Es liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor und ist das gegenständliche Straferkenntnis aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit behaftet.

3.2 Verfahrens- und Begründungsmangel

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich das gegenständliche Straferkenntnis in weiten Teilen darin erschöpft, die Rechtfertigung des Beschwerdeführers sowie die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats wortwörtlich wiederzugeben, ohne jedoch auf die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers im Näheren einzugehen. Vielmehr legt die belangte Behörde in ihrer Begründung nahezu ausschließlich die Ausführungen des Arbeitsinspektorats ungeprüft zu Grunde.

Insbesondere hat die belangte Behörde - soweit ersichtlich - keine Zeugen oder Auskunftspersonen einvernommen, um die Ausführungen des Arbeitsinspektorats zu prüfen.

Die belangte Behörde hat es daher unterlassen, Beweise anderer Art aufzunehmen, obwohl dies jedenfalls unerlässlich gewesen wäre. Hätte sie dies getan, dann wäre sie nämlich auch zwangsläufig zu der Erkenntnis gelangt, dass die Dr. Dr. AA GmbH nicht Arbeitgeberin der in der EE FF G.m.b.H. beschäftigten Arbeitnehmerinnen ist.

Dass die belangte Behörde zur Entscheidung, das angefochtene Straferkenntnis zu fällen, gelangt ist, liegt daher nicht etwa daran, dass dem Beschwerdeführer ein verwaltungsrechtswidriges Verhalten mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen worden ist, sondern darin, dass die belangte Behörde augenscheinlich überhaupt keine Ermittlungstätigkeiten angestellt hat.

Auch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 26.06.1978, 695/77 verstärkter Senat, VwGH 30.07.1992, 88/17/0169) bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 46 AVG) nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niedergelegte Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt.

Gemäß § 25 Abs 2 VStG sind von der Behörde die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Außerdem folgt aus der Offizialmaxime, dass die Behörde dem Beschuldigten die Tat nachzuweisen und nicht er seine Unschuld zu beweisen hat (VwGH 13.2.1975, 249/74). Aus der Offizialmaxime folgt weiters, dass eine Bestrafung nur zulässig ist, wenn die Behörde dem Täter die Verwaltungsübertretung zweifelsfrei nachweisen kann; im Zweifel hat die Bestrafung daher zu unterbleiben (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 468).

Gemäß dem Grundsatz der Amtswegigkeit, sowie der materiellen Wahrheitsfindung, hat die Behörde den Sachverhalt von sich aus lückenlos aufzuklären.

Insofern wird das gegenständlich Straferkenntnis jedenfalls auf Grund wesentlicher Verfahrensverstöße und unrichtiger Beweiswürdigung angefochten.

3.3 Unrichtige rechtliche Beurteilung iZm Unzuständigkeit der Behörde

Abgesehen davon, dass die belangte Behörde zu Unrecht ihre örtliche Zuständigkeit bejaht hat, ist auch die Begründung verfehlt. Auf Seite 6 des Straferkenntnisses führt die belangte Behörde nämlich aus, dass sich in Angelegenheiten des Arbeitsrechts nach § 27 VStG die örtliche Zuständigkeit der Behörde nach dem Unternehmenssitz richte, und bejaht ihre Zuständigkeit, weil der Sitz der Dr. Dr. AA GmbH in LL liegt. Um die Dr. Dr. AA GmbH geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht, sondern um eine behauptete Übertretung in der EE FF, deren Rechtsträgerin die EE FF Ges.m.b.H ist.

Insofern liegt auch hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage ein Begründungsmangel vor und ist das angefochtene Straferkenntnis auch aus diesem Grund aufzuheben.

Ungeachtet dessen ist aber auch die rechtliche Beurteilung verfehlt.

Nach stRSP (vgl nur VwGH vom 18.05.1994, 92/03/0083) wird ein Unternehmen am Ort seiner Niederlassung betrieben. Dies ist hier der Fall. Beim EE FF handelt es sich, wie bereits in der Rechtfertigung ausgeführt, um keine Arbeitsstätte, sondern um die Sonderkrankenanstalt EE FF. Da die Übertretung, nämlich das Fehlen eines zweiten Handlaufes, auch nach den Ausführungen des Arbeitsinspektorats in FF begangen worden ist, ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem Sprengel eingetreten, für den die belangte Behörde nicht zuständig ist.

Darüber hinaus ist für das EE FF ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung liegt der Tatort in Fallkonstellationen hinsichtlich einer vom Beauftragten zu verantwortenden Verwaltungsübertretung nicht am Sitz der (zentralen) Unternehmensleitung (vgl VwGH 29.01.2004, 2003/11/0277; 09.06.1995, 95/02/0228), sondern richtet sich die örtliche Zuständigkeit der Behörde nach dem Dienstort des verantwortlichen Beauftragten (vgl Raschauer in Raschauer/Wessely (Hrsg), Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz Aufl. 2 (2016) zu § 27 VStG, Seite 400, mwN) der im gegenständlichen Fall zweifelsohne in FF liegt.

Die belangte Behörde ist daher unzuständig.

3.4 Unzutreffende Feststellung des betroffenen Unternehmens

Die belangte Behörde schließt sich unreflektiert den Ausführungen des Arbeitsinspektorats an, verkennt dabei aber, dass selbst dieses eine Haftung der Dr. Dr. AA GmbH in Zweifel zieht.

Weiters führt die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus, dass die Dr. Dr. AA GmbH Arbeitgeberin der Arbeitnehmerinnen des EE FF sei, ohne jedoch die Arbeitgebereigenschaft geprüft und beurteilt zu haben.

Fakt ist, dass die vorgeworfene Übertretung in der Sonderkrankenanstalt EE FF, also einer Einrichtung, die von einer anderen juristischen Person als der Dr. Dr. AA GmbH betrieben wird, stattgefunden hat.

Fakt ist weiters, dass die Dr. Dr. AA GmbH nicht Arbeitgeberin der Arbeitnehmerinnen des EE FF ist und es sich bei den Arbeitnehmerinnen des EE FF nicht um Arbeitnehmerinnen der Dr. Dr. AA GmbH iSd § 26 Abs 1 AZG handelt, weil diese nicht im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses für die Dr. Dr. AA GmbH tätig sind. Beispielhaft kann der Dienstvertrag der verantwortlichen Beauftragten, Frau AS PP (geb. VV) herangezogen werden, aus dem diese Tatsache hervorgeht.

Dass sich die belangte Behörde mit dieser Tatsache gar nicht auseinandersetzt hat, untermauert, dass ein Feststellungs- und Begründungsmangel vorliegt. Hätte die belangte Behörde die Arbeitgebereigenschaft geprüft, wäre sie nämlich zu der Erkenntnis gelangt, dass die Dr. Dr. AA GmbH keine Pflichten nach dem AZG gegenüber den Arbeitnehmerinnen der EE FF Ges.m.b.H. treffen können. Es handelt sich um zwei verschiedene juristische Personen; das für die EE FF Ges.m.b.H gesetzte bzw unterlassene Verhalten ist der Dr. Dr. AA GmbH nicht zurechenbar.

Insofern liegt auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor.

Entgegen der offenkundigen Ansicht der belangten Behörde macht es schon allein aufgrund der Solidarhaftung der Gesellschaft trotz Personalidentität und selber Geschäftsadresse einen Unterschied, ob der Beschwerdeführer als Organ der Dr. Dr. AA GmbH oder als Organ der EE FF Ges.m.b.H. bestraft wird. Dies ist keineswegs gleichgültig, zumal eine derartige "Gleichgültigkeit" zwangsläufig zum Unterlaufen der § 44a und § 9 Abs 7 VStG führen würde.

Das angefochtene Straferkenntnis ist daher schon aus diesem Grund als rechtswidrig aufzuheben und das gegen den Beschwerdeführer geführte Verfahren einzustellen.

3.5 Eine verantwortliche Beauftragte wurde rechtswirksam bestellt

Auch hinsichtlich der Verneinung der Bestellung einer verantwortlichen Beauftragten ist die belangte Behörde ungeprüft der Stellungnahme des Arbeitsinspektorats gefolgt und hat den Sachverhalt daher unrichtig rechtlich beurteilt.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde entspricht die Bestellung von Frau AS PP zur verantwortlichen Beauftragten nämlich den Voraussetzungen des § 9 VStG.

Frau AS PP wurde mit der Führung des gegenständlichen Betriebes beauftragt und hat als leitende Angestellte nicht nur Leitungsbefugnis in Personalangelegenheiten, sondern ist insbesondere auch für die Einhaltung behördlicher Bescheide und der anzuwendenden Gesetze, insbesondere der ASchG, zuständig sowie betreffend die ihr übertragenen Kompetenzen anordnungsbefugt.

Insbesondere wurde sie ausdrücklich befugt, die entsprechenden Anordnungen zur Einhaltung des Arbeitsinspektionsgesetzes sowie der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu erteilen.

Darüber hinaus ist Frau AS PP als Verwaltungsleiterin Mitglied der kollegialen Führung der Sonderkrankenanstalt (vgl § 16a Abs 1 iVm § 22 Abs 1 NÖ KAG) und obliegen ihr kraft gesetzlicher Anordnung (§ 16a Abs 2 NÖ KAG) alle Entscheidungen in wirtschaftlichen, administrativen und technischen Angelegenheiten der Krankenanstalt. Diese Befugnisse kommen ihr auch aufgrund der geltenden, von der Sanitätsbehörde für den Krankenanstaltenbetrieb genehmigten Anstaltsordnung (vgl Pkt 3.4.) zu.

Die Bestellung von Frau AS PP erfolgte im örtlichen Zuständigkeitsbereich der EE FF Ges.m.b.H und insbesondere für den sachlichen Zuständigkeitsbereich "Einhaltung des Arbeitsinspektionsgesetzes" und „Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften".

Frau AS PP ist sohin seit 05.10.2015 für alle Belange im Zusammenhang mit der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen, sohin auch des KA-AZG, rechtswirksam als verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 VStG bestellt worden und verfügt auch über die nötige Anordnungsbefugnis.

Aus all diesen Gründen zeugt die Begründung der belangten Behörde von der Tatsache, dass diese keine eigenen Ermittlungshandlungen angestellt und sich nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat. Hätte sie dies getan, dann wäre sie nämlich auch zu der Erkenntnis gelangt, dass es für einen Leiter eines Betriebs keineswegs außerhalb der Lebenserfahrung liegt, dass er die Herstellung eines zweiten Handlaufes beauftragen kann. Im Übrigen wäre es bei gehöriger Ermittlung des Sachverhaltes auch möglich gewesen, zu eruieren, ob Frau AS PP diese Entscheidungsbefugnis zukommt und hätte es daher der Heranziehung von Erfahrungssätzen gar nicht bedurft.

Es liegen ein Begründungsmangel sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor.

Die Bestellung von Frau Dir. AS PP zur verantwortlichen Beauftragten ist somit mit 15.10.2015 rechtswirksam erfolgt und bewirkt dies für die nach der Bestellung gesetzte Verwaltungsrechtsverstöße einen Wechsel in der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit (VwGH 25.10.1994, 94/07/0027), die die verwaltungsstrafrechtliche Haftung nach außen vertretungsbefugter Organe, sohin des Beschwerdeführers, ausschließt.

Das gegen den Beschwerdeführer geführte Verfahren ist daher auch aus diesem Grund einzustellen.

3.6 Strafbemessung

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Strafbemessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Im Verwaltungsstrafverfahren sind weiters die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden:

Danach ist als Grundlage für die Bemessung der Strafe auf die Schuld des Täters Bedacht zu nehmen, gemäß § 32 Abs 2 StGB auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartenden Folgen der Tat, wobei vor allem zu berücksichtigen ist, inwieweit die Übertretung auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte (Schrank, Arbeitszeitgesetze Kommentar I, Rz 42 zu § 28 AZG).

Im vorliegenden Fall begründet die belangte Behörde die Strafhöhe mit einem Verstoß gegen den Schutzzweck der Norm, der im Schutz der Arbeitnehmer vor Gefährdung von Gesundheit und Leben liegt. Die belangte Behörde übersieht dabei aber nicht nur, dass die Dr. Dr. AA GmbH nicht Arbeitgeberin ist und daher weder sie noch ihren handelsrechtlichen Geschäftsführer Verantwortung für die Arbeitnehmerinnen der Sonderkrankenanstalt EE FF treffen. Sie würdigt nicht, dass der zweite Handlauf inzwischen hergestellt worden ist, was jedenfalls als Milderungsgrund zu werten gewesen wäre.

Vor diesem Hintergrund ist die Strafe zu hoch bemessen und auf ein angemessenes Maß herabzusetzen.

4. Anträge

Der Beschwerdeführer stellt daher nachfolgende

ANTRÄGE.

das Landesverwaltungsgericht Salzburg möge

a. gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen;

b. das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 VStG einstellen;

in eventu

c. die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabsetzen.“

Dazu hat am 7.März 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung folgenden Inhalts stattgefunden:

Nach Aufruf zur Sache und Bezeichnung des Verhandlungsgegenstandes wird die mündliche Verhandlung eröffnet.

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers verweist auf das bisherige Vorbringen und bringt ergänzend Folgendes vor:

Zum Verfahren betreffend den Handlauf verweist der Beschwerdeführer darauf, dass die Dr. Dr. AA GmbH weder das Sanatorium in FF betrieben hat noch diese Liegenschaft im Eigentum der Dr. Dr. AA GmbH stand. Die Betreiberin war die EE FF Ges.m.b.H. Die Eigentümerin der Liegenschaft war die EE FF GmbH. Die Dr. Dr. AA GmbH war bloß Gesellschafterin der Ges.m.b.H. Es fehlt somit jegliche Grundlage Herrn Dr. Dr. AA als Geschäftsführer der Dr. Dr. AA GmbH zu belangen.

Beweis: Einvernahme des Dr. Dr. AA, Offenes Grundbuch und Offenes Firmenbuch.

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates hält seine Strafanträge aufrecht und verweist auf diese.

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bringt ergänzend Folgendes vor:

Zu den Verfahren, in welchen der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Dr. Dr. AA GmbH bestraft worden ist wird noch vorgebracht, dass diese von keinem einzigen Dienstnehmer im EE FF Dienstgeberin war.

Auf die Frage des Arbeitsinspektors an Herrn Dr. Dr. AA, ob die gestempelte Arbeitszeit für die Entgeltfortzahlung verwendet wird, führt der Beschwerdeführer Folgendes aus:

Darauf kann ich zurzeit keine Antwort geben. Die Lohnverrechnung erfolgt in der Kanzlei des Wirtschaftsprüfers Mag. WW.

Nach Zeugenbelehrung und Wahrheitserinnerung führt die Zeugin Frau AS PP über Befragen durch den Richter Folgendes aus:

Zum Zeitpunkt 06.02.2017 war Herr Dr. Dr. AB AA mein Dienstgeber. Das EE FF ist eine eigene Ges.m.b.H. Mein Dienstgeber war zu diesem Zeitpunkt die EE Ges.m.b.H. Ich denke schon, dass dies auf meinem Dienstvertrag so draufsteht; ich müsste aber nachschauen. Ich war in dieser Ges.m.b.H. Verwaltungsdirektorin. Ich habe mich um die Verwaltung des Hauses gekümmert. Ich habe den Handlauf deshalb nicht anbringen lassen, weil mir gar nicht bewusst war, dass dieser gefehlt hat. Um diesen anbringen zu dürfen hätte ich Rücksprache halten müssen. Ich hätte drei verschiedene Angebote einholen müssen. Diese Angebote hätten dann an den Einkauf und auch an unser Management. weitergeleitet werden müssen. Das Okay wäre entweder vom Einkauf gekommen, vom Management oder von Herrn Dr. Dr. AA selbst. Die Urkunde betreffend der verantwortlichen Beauftragten nach § 9 VStG habe ich unterschrieben und zwar am ersten Tag, an dem ich meinen Dienst angetreten hatte. Aus dieser Unterschrift habe ich geschlossen, dass ich damit verantwortlich bin, dass die Aufnahme von Dienstnehmern korrekt erfolgt. Zum Beispiel, dass sie den Arbeitsantritt erst durchführen, wenn diese ordentlich angemeldet worden sind.

Ich bin noch bis 15.3. dieses Jahres in dieser Firma beschäftigt. Die Firma heißt aber jetzt SS Med Zentrum FF GmbH.

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates weist darauf hin, dass die Vernehmung der Zeugin AS PP klar ergeben hat, dass sie keine maßgeblichen Führungsaufgaben im EE FF innehatte und somit auch nicht als verantwortliche Beauftragte iS von § 9 VStG zu betrachten ist; dies auch in Verbindung mit § 23 ArbIG.

Über Befragen durch den Beschwerdeführervertreter führt Herr Dr.Dr. AA Folgendes aus:

Ich möchte klarstellen, dass Frau Dr. AS PP selbstverständlich selbständig den Handlauf oder vergleichbare Dinge ankaufen durfte. Die Rückfrage betreffend die Einkaufsabteilung bezog sich nur auf Preisverhandlungen. Die Rückspracheverpflichtung mit der Abteilung bezog sich auf die technische Ausführung. Die Entscheidung, einen Handlauf zu bestellen konnte sie selbstverständlich selbständig fällen.

Schlussäußerung des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers:

Betreffend das Verfahren mit dem Handlauf verweise ich darauf, dass Frau AS PP Verwaltungsdirektorin im Betrieb EE FF war. Es schadet rechtlich nicht, wenn sie verpflichtet ist über das Management Abrechnung durchzuführen oder über den Einkauf Angebote einholen zu müssen. Dies ist ein üblicher Vorgang in einem solchen Unternehmen.

Bezüglich der Vorwürfe betreffend die Verletzungen des Arbeitszeitgesetzes verweise ich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.November 2017, Zahl Ra 2017/11/0243-2005 betreffend den Sparkonzern. Die Verpflichtung zur Einholung von Angeboten hindert nicht daran, dass Frau AS PP den Handlauf hätte bestellen dürfen bzw anbringen lassen dürfen.

Schlussäußerung des Vertreters des Arbeitsinspektorates Salzburg:

Ich verweise auf die Aussagen der Frau AS PP. Sie musste bereits bei geringem Bestellumfang (Handlauf) eine Rückfrage zum Beschwerdeführer halten. Aufgrunddessen wird eine maßgebliche Führungsaufgabe bezweifelt.

Laut Zeugenangaben teilte Frau AS PP mit, dass sie nur für die Einstellung von neuen Mitarbeitern zuständig war.

Auf eine mündliche Verkündung der Erkenntnisse wird verzichtet.“

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu festgestellt und erwogen:

Nachstehender

Sachverhalt

wird als erwiesen festgestellt und dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde gelegt:

Herr Dr. Dr. AB AA, geb. am AC, ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Dr. Dr. AA GmbH mit Sitz in LL.

Herr Dr. Dr. AB AA, geb. am AC, war zum Tatzeitpunkt am 06.02.2017 auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma EE FF Ges.m.b.H. mit der Geschäftsanschrift in LL.

Am 06.02.2017 wurde vom Arbeitsinspektor Herrn YY QQ bei einer Überprüfung im Betrieb „EE FF Ges.m.b.H., FF“, festgestellt, dass bei einer Außenstiege mit mehr als vier Stufen, welche eine Stiegenbreite von weit mehr als 1,2 m aufgewiesen hat nur an einer Seite der Stiege ein fester Handlauf angebracht war.

Als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 VStG wurde für die Einhaltung der übertretenen Arbeitnehmerschutzvorschriften gemäß § 23 ArbeitsIG Frau AS VV (nunmehr verheiratet AS PP), wohnhaft in TH, gemeldet. Frau AS PP war in diesem Betrieb Verwaltungsdirektorin und hat sich um die Verwaltung des Hauses gekümmert. Um den Handlauf anbringen zu müssen, hätte sie Rücksprachen halten müssen. Sie hätte drei verschiedene Angebote einholen müssen. Diese Angebote hätten dann an den Einkauf und auch an das Management der EE FF Ges.m.b.H. weitergeleitet werden müssen. Das Okay zum Einkauf wäre entweder vom Management oder von Herrn Dr. Dr. AA selbst gekommen. Die Beschwerdeführerin selbst hat aus der Unterfertigung der Urkunde betreffend der Bestellung nach § 9 VStG geschlossen, dass sie damit dafür verantwortlich ist, dass die Aufnahme von Dienstnehmern korrekt erfolgt.

Rechtlich ist dazu Folgendes auszuführen:

Gemäß § 4 Abs 3 Arbeitsstättenverordnung ist bei Stiegen mit mehr als vier Stufen ein fester Handlauf anzubringen. Bei Stiegen mit mehr als vier Stufen und einer Stiegenbreite von mehr als 1,2 m sind an beiden Seiten der Stiege feste Handläufe anzubringen. Die Handläufe sind so zu gestalten, dass sich Arbeitnehmer/innen nicht verletzen und nicht mit der Kleidung hängenbleiben können.

Gemäß § 130 Abs 1 Z 15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB Zahl 98/09/0231 vom 12.01.1999) ergibt sich, dass eine eindeutige und zu keinen Zweifeln Anlass gebende Umschreibung des Verantwortungsbereiches eines bestellten Beauftragten nach § 9 VStG nur dann vorliegt, wenn für die, in räumlicher, sachlicher und allenfalls auch zeitlicher Hinsicht abgegrenzte, verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit immer nur eine von vornherein feststehende Person in Betracht kommt und diese Verantwortlichkeit möglichst klar zu definieren ist. Dies ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn aufgrund überlappender Verantwortungsbereiche wiederum mehrere Personen nebeneinander und wiederum auch kumulativ für einen bestimmten Verstoß gegen eine Verwaltungsvorschrift bestraft werden können (siehe dazu auch VwGH vom 14.12.2007, Zahl 2007/02/090 sowie vom 21.02.1993, Zahl 94/11/0207). Aus dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich weiters, dass der Verantwortungsbereich eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 7 Abs 1 Arbeitsvertragsrechts- Anpassungsgesetz iVm § 9 Abs 2 und 3 VStG möglichst klar zu definieren ist.

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt und dem ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren ergibt sich auch für das Landesverwaltungsgericht Salzburg, dass die Verantwortlichkeit der Frau AS VV (jetzt PP) als bestellte verantwortliche Beauftragte als nicht wirksam erachtet wird. Frau AS PP hat nämlich vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg bei Ihrer Einvernahme selber ausgeführt, dass ihr die Bestellung gemäß § 9 VStG nicht bewusst geworden ist, sondern sie sich nur dafür verantwortlich gesehen hatte, dass ArbeitnehmerInnen ihren Dienst im Sanatorium erst dann antreten, nachdem eine ordentliche Anmeldung erfolgt war.

Des Weiteren hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass bei Anschaffungen wie der Einbau des verfahrensgegenständlichen Handlaufes dazu erst Zustimmungen einzuholen waren. Dazu ergibt sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die einem verantwortlichen Beauftragten eingeräumte Anordnungsbefugnis nur dann entsprechend iS von § 9 Abs 4 VStG ist, wenn sie ihm ermöglicht, die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften sicherzustellen. Der verantwortliche Beauftragte muss durch die ihm eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit in der Lage sein, die Verwaltungsvorschriften einzuhalten. Die bloße Möglichkeit, den Arbeitgeber bzw das zur Vertretung nach außen berufene Organ des Arbeitgebers von der drohenden oder unvermeidlichen Verletzung von Verwaltungsvorschriften zu informieren, stellt keine Anordnungsbefugnis iS von § 9 Abs 4 VStG dar (VwGH 12.06.1992, Sammlung 13652 A).

Demnach war zum Zeitpunkt des 07.02.2017 der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die EE FF Ges.m.b.H. für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften in diesem Betrieb zuständig. Dass dem Beschuldigten seine strafrechtliche Verantwortlichkeit iS von § 9 VStG als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Dr. Dr. AA GmbH und nicht als handelsrechtlicher Geschäftsführer der EE FF Ges.m.b.H. zum maßgeblichen Tatzeitpunkt vorgeworfen wurde, hat auf die Tauglichkeit der Verfolgungshandlung keinen Einfluss. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg war nicht nur berechtigt sondern auch verpflichtet, die unrichtige Bezeichnung des Arbeitgebers durch die Erstbehörde in ihrem Straferkenntnis durch Angabe des Zutreffenden richtigzustellen, woraus auch die Richtigstellung der Bezeichnung der Organstellung des Beschwerdeführers, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die EE FF Ges.m.b.H. vorzunehmen war (siehe dazu VwGH 13.12.1994, 94/11/0283, 0284).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung und in Anbetracht der Sachverhaltsfeststellungen war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wegen der angelasteten Übertretung kann gemäß § 130 Abs 1 Z 15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz eine Geldstrafe von € 166 bis € 8.324, im Wiederholungsfall bis € 16.659 verhängt werden. Die vorliegende Geldstrafe in der Höhe von € 1.200 liegt im unteren Bereich des Strafrahmens und ist diese keinesfalls als überhöht zu betrachten. Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes sind mit einem schweren Unrechtsgehalt behaftet, sollen doch diese Vorschriften die Gefahr von schweren bis tödlichen Verletzungen von Arbeitnehmern verhindern (vgl VwGH 30.10.2006, 2006/02/0248). Der Milderungsgrund der strafrechtlichen Unbescholtenheit wurde von der belangten Behörde bereits berücksichtigt. Andere mildernde oder besondere straferschwerende Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Beschwerdeführer keine Angaben gemacht, sodass von geordneten und durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen war.

Unter Berücksichtigung der angeführten Kriterien entspricht die von der belangten Behörde verhängte Strafe, die im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt, sohin den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG. Sie war aus spezialpräventiven Gründen erforderlich, um dem Beschuldigten das Unrecht der Tat vor Augen zu führen und ihn in Zukunft vor ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Die Strafhöhe erscheint auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich, um hinkünftig derartige Übertretungen wirksam zurückzudrängen.

Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erweist sich die Beschwerde des Beschuldigten als unbegründet und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierten Gesetzesstellen.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten, Verantwortungsbereich, Zustimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.7.532.1.9.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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