TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/9 94/11/0207

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Veröffentlicht am 09.08.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §9 Abs3;
VStG §9 Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/11/0208

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerden des E in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 19. Mai 1994, Zl. VwSen-220520/7/Ga/La, betreffend Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes (hg. Zl. 94/11/0207) und Zl. VwSen-220519/7/Ga/La, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (hg. Zl. 94/11/0208), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den - wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen - Beschwerden und den ihr angeschlossenen Ausfertigungen des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit diesen Bescheiden der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, fünf Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes und zwei Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes begangen zu haben. Über ihn wurden insgesamt sieben Geldstrafen in der Höhe zwischen S 6.000,-- und S 2.000,-- verhängt.

In seinen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerden macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht in Ansehung aller Übertretungen geltend, er sei zu Unrecht bestraft worden, weil er eine verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs. 3 und 4 VStG bestellt habe.

Die Bestellungsurkunde vom 2. Jänner 1989, auf die er sich bereits in den Verwaltungsstrafverfahren berufen hat, hat folgenden Wortlaut:

    "Bestellung zur Büroleitung ab Jänner 1989

Als Inhaber der Großschlächterei in ... bestelle ich Frau M ...

Sch ... zur verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen

Beauftragten sowie auch dem Finanzamt gegenüber, für mein Büro, das sind alle Tätigkeiten im Rahmen meines Unternehmens.

Die Verantwortung betrifft sämtlichen Schriftverkehr sowie der termingerechten Beantwortungen oder Berufungen gegenüber Behörden. Sie ist auch von sich aus berechtigt, sich des Rechtsvertreters sowie Kanzlei Dr. K ... zur Beratung von Sachen zur weiteren Bearbeitung weiterzugeben.

Sie ist aber auch verpflichtet von der Firma aus, sich einen oben genannten Rechtsvertreter zu bedienen, wenn sie selber nicht mehr Herr der Lage ist.)

Sie verpflichtet sich obendrein, sich auch Ihrem Wissen und Gewissen ordnungsgemäß zu leiten und die Grundlage für die Buchhaltung sowie für den Steuerberater zu ordnen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 92/11/0258, (welches im übrigen einen anderen Arbeitnehmer des Beschwerdeführers betroffen hat) ausgesprochen, daß der räumliche und sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, klar abzugrenzen sei. Erfolge eine solche klare Abgrenzung nicht, so liege keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Die Verwaltungsstrafbehörden sollten der Aufgaben enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen sei. Jedenfalls sollte vermieden werden, daß Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstünden und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bliebe.

Werden diese Grundsätze auf die vorliegende Bestellungsurkunde übertragen, so kann auch dieser die Wirkung nicht zuerkannt werden, daß damit eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in Ansehung der gegenständlichen Verstöße gegen arbeitnehmerschutzrechtliche Bestimmungen bewirkt worden wäre. Der Inhalt der von der in Rede stehenden Arbeitnehmerin übernommenen Verpflichtungen ist in diesem Punkt unklar. Wie immer sie zu verstehen sein mag, kann sie im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen. Entweder ist in der Überschrift "Bestellung zur Büroleitung" und in der Wendung "für mein Büro" eine Einschränkung des Verantwortungsbereiches zu erblicken, sodaß nur im Bürobetrieb gesetzte Verstöße gegen Verwaltungsstrafbestimmungen von der Bestellung erfaßt wären (wobei dahinstehen kann, ob dies eine klare Abgrenzung des räumlichen und sachlichen Bereiches des Unternehmens im Sinne des § 9 Abs. 3 VStG darstellte). Wenn hingegen die damit im Widerspruch zu stehen scheinende Wendung "das sind alle Tätigkeiten im Rahmen meines Unternehmens" im Vordergrund stünde, fehlte es überhaupt an einer Abgrenzung eines Teilbereiches des Unternehmens, die aber für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten durch eine physische Person nach § 9 Abs. 3 VStG erforderlich wäre.

Daraus folgt, daß die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden zu Recht der Bestellungsurkunde vom 2. Jänner 1989 für die vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren die Relevanz abgesprochen hat.

Der vom Beschwerdeführer hervorgehobene Umstand, daß wegen derselben Verstöße gegen die (von ihm als verantwortliche Beauftragte bezeichnete) Arbeitnehmerin Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden seien, vermag ihm ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil dies seine Rechtssphäre nicht berüht. Dasselbe gilt für den weiteren Umstand, daß die Arbeitnehmerin in dem gegen sie geführten Verwaltungsstrafverfahren erklärt habe, für die gegenständlichen Verstöße verantwortlich zu sein, lag doch auch nach dem oben Gesagten zum Zeitpunkt der Verstöße keine rechtswirksame Übertragung der Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 3 VStG vor.

Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht gegeben sind, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994110207.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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