TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/26 2000/14/0054

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Veröffentlicht am 26.04.2000
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §246;
BAO §78;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der G in L, vertreten durch Hager, Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz/Urfahr, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 8. Februar 2000, Zl. RV 863/1-10/2000, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Einräumung der Parteistellung und Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen, angefochtenen Bescheid wurde bei einer GmbH sowohl eine Lohnsteuerprüfung durch die Abgabenbehörde als auch eine Beitragsprüfung durch die Beschwerdeführerin, eine Sozialversicherungsträgerin, durchgeführt.

In der Folge erließ das Finanzamt gegenüber der GmbH einen Haftungs- und Abgabenbescheid, mit welchem diese als Arbeitgeber für Lohnabgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) in Anspruch genommen wurde.

Auch die Beschwerdeführerin erließ Beitragsnachverrechnungsbescheide.

Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes gab dieses einer gegen den Bescheid über die Vorschreibung der Lohnabgaben erhobenen Berufung Folge.

Einer gegen die Beitragsverrechnungsbescheide erhobenen Berufung der GmbH gab der Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung gleichfalls Folge, wobei begründend insbesondere ausgeführt wurde, zur Beurteilung der Lohnsteuerfreiheit sei ausschließlich die Finanzbehörde zuständig. Deren Entscheidung stelle für das Beitragsverfahren eine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG dar, da § 49 Abs 3 Z 1 ASVG auf die Bestimmung des § 26 EStG 1988 verweise. Der Landeshauptmann sei an die präjudizielle Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes gebunden, eine selbstständige Beurteilung und Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage sei ihm verwehrt.

In weiterer Folge teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt mit, sie habe von der stattgebenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Kenntnis erlangt. Da die in dieser Entscheidung getroffene steuerliche Beurteilung auf Grund des Verweises in § 49 Abs 3 ASVG "die Vorfrage für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung darstelle", erachte sich die Beschwerdeführerin durch die getroffene Berufungsvorentscheidung in ihrer subjektiven Rechtssphäre verletzt, weshalb die "Einräumung der Parteistellung durch rechtsmittelfähige Zusendung der Berufungsvorentscheidung zum Haftungs- und Abgabenbescheid" beantragt und "in eventu bereits jetzt gemäß § 276 BAO ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz" gestellt werde.

Das Finanzamt wies diese Anträge zurück und führte in der Begründung aus, dass der Haftungs- und Abgabenbescheid seinem Inhalt nach allein für die Abgabenschuldnerin bestimmt und daher ausschließlich an diese ergangen sei. Zur Einbringung einer Berufung sei gemäß § 246 Abs 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen sei. Zur Einbringung einer Berufung gegen Feststellungsbescheide und Grundsteuermessbescheide sei ferner jeder befugt, gegen den diese Bescheide gemäß § 191 Abs 3 und 4 und gemäß § 194 Abs 5 wirkten (§ 246 Abs 2 BAO). Der Haftungs- und Abgabenbescheid sei allein an die Abgabenschuldnerin ergangen. Dieser Bescheid sei auch kein Feststellungs- oder Grundsteuermessbescheid, sodass dieser auch nicht im Sinn des § 246 Abs 2 BAO gegenüber der Beschwerdeführerin wirke. Zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungs- und Abgabenbescheid sei daher nur die Abgabenschuldnerin berechtigt gewesen. Einer Berufung, über die noch nicht rechtskräftig entschieden sei, könne gemäß § 257 Abs 1 BAO beitreten, wer nach den Abgabenvorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtiger in Betracht komme. Dies treffe im gegenständlichen Fall auf die Beschwerdeführerin nicht zu, weshalb ein Berufungsbeitritt nicht in Betracht komme. Zur Einbringung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz sei gemäß § 276 Abs 1 dritter Satz BAO der Berufungswerber und ferner jeder befugt, dem gegenüber die Berufungsvorentscheidung wirke. Da eine Berufungsvorentscheidung einer Berufungsentscheidung gleich zu setzen sei, wirke sie gegen die gleichen Personen wie der angefochtene Bescheid und alle diese Personen, denen gegenüber durch Zustellung Bescheidverbindlichkeit eingetreten sei, seien antragsberechtigt. Die Frage, wem gegenüber die Berufungsvorentscheidung wirke, sei dabei nach den oben zitierten § 191 Abs 3 und 4 und § 195 Abs 5 BAO zu beurteilen (Stoll, BAO-Kommentar, 2715). Auch zur Stellung des Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz sei daher nur die Abgabenschuldnerin berechtigt gewesen. Gegen die in der gegenständlichen Eingabe geäußerte Rechtsansicht, die steuerliche Beurteilung der gewährten Diäten stelle auf Grund des Verweises in § 49 Abs 3 ASVG (auf § 26 EStG) eine Vorfrage für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dar, spreche schon die Bestimmung des § 49 Abs 4 ASVG. Demnach könne der Hauptverband feststellen, ob und inwieweit Bezüge im Sinn des § 49 Abs 3 Z 1 nicht als Entgelt im Sinn des Abs. 1 gelten. Derartige Feststellungen seien in der Fachzeitschrift "Soziale Sicherheit" zu verlautbaren und für alle Sozialversicherungsträger und Behörden verbindlich. Eine Parteistellung der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Lohnsteuerverfahren könne aber auch nicht aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 BAO abgeleitet werden. Demnach hätten andere (als die in § 78 Abs. 1 und 2 BAO genannten) Personen die Rechtsstellung einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie beziehe. Keiner dieser beiden Fälle liege hier vor. Bloß wirtschaftliche Interessen begründeten keine Parteistellung. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Beitragsverfahren (hier im Einspruchsverfahren vor dem Landeshauptmann, in dem ihr gemäß § 413 Abs. 2 ASVG Parteistellung zukomme) offenkundig ihren Rechtsstandpunkt nicht durchzusetzen vermochte, könne nicht dazu führen, ihr im Abgabenverfahren einen weiteren Rechtszug zu eröffnen. Es könne daher auch keine Rede davon sein, die stattgebende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes wirke "unmittelbar gegen die Feststellung der Kasse laut Bescheid vom

...". Ob die in Rede stehenden Diäten zur Beitragsgrundlage im Sinn

des § 44 Abs 1 ASVG gehörten, sei ausschließlich im Beitragsverfahren zu klären.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen den Zurückweisungsbescheid erhobene Berufung abgewiesen. Begründend verwies die belangte Behörde zunächst auf die ausführliche Begründung des Zurückweisungsbescheides. In der Folge erörterte die belangte Behörde die Problematik der Vorfragenbeurteilung im Sinn des § 38 AVG, die ihrer Ansicht nach sowohl von der Beschwerdeführerin als auch vom Landeshauptmann grundlegend verkannt worden sei. Im Wesentlichen wies die belangte Behörde diesbezüglich darauf hin, dass gegenständlich keine Bindungswirkung gegeben sei, weil "in der Praxis" Bescheide der Finanzverwaltung, in deren Spruch über die Frage der Einkommen- bzw. Lohnsteuerpflicht von Diäten im Sinn des § 26 Z 4 EStG 1988 abgesprochen würde, nicht erlassen würden, weshalb diese Frage von der jeweiligen Kasse im Beitragsverfahren selbstständig zu beurteilen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin tritt den zum Teil in Verweisung auf den erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Ausführungen im angefochtenen Bescheid, weshalb ihr Parteistellung gegenständlich nicht habe eingeräumt werden können, nicht entgegen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, dass sich aus den für die Beurteilung der Frage der Parteistellung der Beschwerdeführerin gegenständlich heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung eine Parteistellung der Beschwerdeführerin nicht ableiten lässt. Da es daher schon deshalb nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Beschwerdeführerin keine Parteistellung im Haftungs- bzw. Abgabenverfahren der GmbH zuerkannt hat, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der allein beschwerdegegenständlichen Frage, ob die belangte Behörde auch hinsichtlich der "Vorfragenproblematik" die Rechtslage richtig beurteilt hat.

Da die Beschwerdeführerin somit nicht Partei des angeführten Verfahrens war, war es auch nicht rechtswidrig, dass im angefochtenen Bescheid die Zurückweisung des "in eventu" erhobenen Antrages auf Entscheidung über die Berufung (der GmbH) durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz bestätigt wurde.

In dem in der Beschwerde überdies als verletzt behaupteten Recht auf "Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß" konnte die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid schon deshalb nicht verletzt werden, weil eine derartige Vorschreibung nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides war.

Mit ihrem Vorbringen, die Verweigerung der Parteistellung im gegenständlichen Fall sei ein wesentlicher Verfahrensmangel, weil die Beschwerdeführerin, wäre ihr Parteistellung eingeräumt worden, entsprechende Beweisanträge und Stellungnahmen hätte erstatten können, was dazu geführt hätte, dass die Anträge der GmbH abgewiesen worden wären, verkennt die Beschwerdeführerin, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Anträge der GmbH, sondern die der Beschwerdeführerin waren. Es ist daher schon deshalb der Vorwurf einer diesbezüglichen Verletzung von Verfahrensvorschriften verfehlt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs.1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. April 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000140054.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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