TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/7 W185 2130708-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.03.2018
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Entscheidungsdatum

07.03.2018

Norm

AsylG 2005 §5
AVG §38
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
VwGVG §17

Spruch

W185 2130708-1/35E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA Mag. Ronald FRÜHWIRTH, Grieskai 48, 8020 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2016, Zl. 1099398308-152015104,

1. beschlossen:

A)

Das mit hg. Beschluss vom 17.07.2017 gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ausgesetzte Verfahren wird fortgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Syrien, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 15.12.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Eine EURODAC-Abfrage ergab eine Treffermeldung der Kategorie "2" mit

Griechenland (GR2 ... 08.12.2015).

Am 17.12.2015 wurde der Beschwerdeführer von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab hierbei zusammengefasst an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Er habe weder in Österreich noch in einem anderen EU-Land Familienangehörige. Zu seiner konkreten Reiseroute befragt, führte der Beschwerdeführer aus, seine Heimat Ende Oktober 2014 mittels Flugzeuges verlassen zu haben. Sein Reiseziel sei die Türkei gewesen. Von dort aus sei der Beschwerdeführer dann über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gekommen. Ab Griechenland sei die Reiseroute "von den Behörden (Polizei/Militär) organisiert" worden. Außer in Österreich habe er nirgends um Asyl angesucht. Er wolle nun in Österreich bleiben, da dies das einzige "zivilisierte" Land sei.

Am 17.12.2015 wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesamt gemäß § 28 Abs 2 AsylG mitgeteilt, dass Konsultationen mit Slowenien und Kroatien geführt würden und demgemäß die 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen gegenständlich nicht mehr gelte (AS 45).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) richtete - unter Darlegung der vom Beschwerdeführer angegebenen Reiseroute - am 14.03.2016 ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an Kroatien.

Mit Schreiben vom 25.05.2016 teilte die österreichische Dublin-Behörde Kroatien mit, dass auf Grund der nicht fristgerecht erfolgten Antwort gemäß Artikel 22 Absatz 7 der Dublin III-VO Verfristung eingetreten und Kroatien nunmehr (beginnend mit 15.05.2016) zuständig für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens sei.

Am 07.07.2016 kam es, nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit eines Rechtsberaters, zu einer Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Zu seinem Gesundheitszustand und zu seiner familiären Situation befragt, gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, gesund zu sein und in Österreich weder Familienangehörige noch Verwandte zu haben. Auch lebe er nicht in einer Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Auch sonst bestünden keine Bindungen zu Österreich. Über Vorhalt der beabsichtigten Überstellung nach Kroatien erklärte der Beschwerdeführer, dort nur auf der Durchreise (etwa ein bis zwei Stunden) gewesen zu sein. Die Behandlung sei sehr schlecht gewesen; die Polizei habe "die Menge beleidigt und geschlagen". Auch er selbst sei "geschubst und beleidigt" worden. Nach Kroatien zurückkehren wolle er nicht.

In einer am 07.07.2016 dem Bundesamt per Fax übermittelten Stellungnahme wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Kroatien keine Zuständigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO zukomme. Es werde beantragt, das Verfahren des Beschwerdeführers in Österreich zuzulassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Kroatien zur Prüfung des Antrags zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Kroatien wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Zu Kroatien werden folgende Feststellungen getroffen:

(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 27.10.2015, zuletzt aktualisiert am 18.01.2016).

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 18.1.2016, Aktuelle Entwicklungen (relevant für Abschnitt 6/Versorgung)

Mit Stand 17.1.2016, 21.20 Uhr, lag die Zahl der seit Mitternacht eingereisten Migranten in Kroatien bei 878. Im Temporary Admission Center in Slavonski Brod befanden sich zeitgleich 29 Personen. Am Tag davor (Samstag), waren zwischen Mitternacht und 21.30 Uhr 2.666 Personen eingereist und am Freitag 2.493. Damit lag am 17.1. die Zahl der seit Beginn der "Migrationskrise" nach Kroatien eingereisten Migranten bei 594.992 (MUP 17.1.2016).

Von 1.-7.Jänner 2015 kamen 19.709 Menschen aus Syrien, Afghanistan und Irak im Winterempfangszentrum Slavonski Brod in Kroatien an. Täglich bringen 3 Züge Migranten aus Sid (Serbien) nach Slavonski Brod (Kroatien) und weiter nach Dobova (Slowenien). Am 1. Jänner führte die kroatische Polizei ein Limit von 940 Personen pro Zug aus Sid ein (UNHCR 7.1.2016). Diese Limitierung bedeutet, dass in der Regel nur 3.600 Personen in 24 Stunden durch Kroatien reisen. Wird die Zahl überschritten, werden diese in Slavonski Brod untergebracht oder mit Bussen zur slowenischen Grenze transportiert (UNHCR 31.12.2015).

Quellen:

-

MUP - Ministry of Interior (17.1.2016): Reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/219696.aspx, Zugriff 18.1.2016

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (7.1.2016): Europe's Refugee Emergency Response; Update #17; 1 - 7 January 2016, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1452761265_unhcrupdate17-europe.pdf, Zugriff 15.1.2016

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (31.12.2015): Europe's Refugee Emergency Response; Update #16; 18 - 31 December 2015, per E-Mail

KI vom 4.12.2015, Unterbringung Migranten, Zahlen (relevant für Abschnitt 6/Versorgung)

Mit Stand 3. Dezember beträgt die Zahl der seit Beginn der "Migrationskrise" nach Kroatien eingereisten Migranten 466.082. Am 3.12. selbst sind 2.197 Migranten aus Serbien in Kroatien eingetroffen. Im Temporary Admission Center in Slavonski Brod befanden sich am Abend desselben Tages 1.106 Personen (MUP 3.12.2015).

Ab 18.11.2015 begannen die Länder entlang der sogenannten Balkan-Route (Slowenien, Serbien, Kroatien und Mazedonien), den Strom der Migranten zu selektieren und nicht mehr alle Flüchtlinge über ihre Grenzen zu lassen. Nur mehr Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan dürften einreisen, jedoch keine Wirtschaftsmigranten mehr. Grund für die Entscheidung war, dass Slowenien damit begonnen hatte, zwischen Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsmigranten zu unterscheiden. In Mazedonien, dem ersten Land der Balkan-Route nach Griechenland, haben die Behörden folglich mit der Aufstellung eines Drahthindernisses in der südlichen Grenzstadt Gevgelija begonnen, um den Flüchtlingsstrom aus Griechenland zu kanalisieren (Kurier 19.11.2015). In Gevgelija werden Syrer und Iraker so gut es geht von den Angehörigen anderer Nationen getrennt und dürfen weiterreisen. Die anderen müssen in Griechenland bleiben. UNHCR hat auf beiden Seiten der Grenzen Infrastruktur aufgebaut, um die Menschen zu betreuen. Die Stimmung bei den Gruppen, die nicht weiterreisen dürfen, ist aber entsprechend schlecht (DS 4.12.2015).

Quellen:

-

DS - Der Standard (4.12.2015): An der Grenze zu Mazedonien: Nicht nach vor und nicht zurück,

http://derstandard.at/2000026913465/An-der-Grenze-zwischen-Griechenland-und-MazedonienNicht-nach-vor-und, Zugriff 4.12.2015

-

MUP - Ministry of Interior (3.12.2015): Reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/219696.aspx, Zugriff 4.12.2015

-

Kurier (19.11.2015): Balkanländer beschränken Einreise drastisch, http://kurier.at/politik/ausland/fluechtlinge-balkanlaender-beschraenken-einreise-drastisch/164.940.548, Zugriff 3.12.2015

2. Allgemeines zum Asylverfahren

 

Antragsteller 2014

Kroatien

460

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 19.3.2015)

Erstinstanzliche Entscheidungen 2014

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründe

NEGATIV

 

235

15

10

-

210

Die Daten werden

auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 19.3.2015)

 

Antragsteller 1.Qu. 2015

Antragsteller 2.Qu. 2015

Kroatien

65

35

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 18.9.2015a)

Erstinstanzliche Entscheidungen

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründe

NEGATIV

1. Qu. 2015

40

10

5

0

25

2. Qu. 2015

35

5

0

0

30

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 18.9.2015c)

Für das erstinstanzliche Asylverfahren zuständig ist der Service for Aliens and Asylum des kroatischen Innenministeriums. Ihm unterstehen die Asylabteilung und das Aufnahmezentrum für Asylwerber. Den Willen einen Asylantrag zu stellen, kann ein Fremder bei jeder Polizeidienststelle äußern. Zum Einbringen des Antrags wird der Antragsteller an das Aufnahmezentrum für Asylwerber verwiesen, versehen mit einer verbindlichen Frist, bis wann er dies zu erledigen hat. Die Reisekosten werden übernommen. Wer die Frist verletzt, gilt als illegaler Migrant. Nach Einbringen des Asylantrags hat die Asylabteilung des Innenministeriums so bald als möglich einen Interviewtermin festzulegen und binnen 6 Monaten zu einer Entscheidung zu gelangen. Zuerst wird die Dublin-Zuständigkeit geprüft. Wenn die Voraussetzungen für internationalen Schutz nicht gegeben sind, wird automatisch die Anwendbarkeit von subsidiärem Schutz geprüft. Bei offensichtlich unbegründeten Anträgen oder solchen, die sehr wahrscheinlich positiv beurteilt werden, ist ein beschleunigtes Verfahren anwendbar. Der größte Unterschied zum ordentlichen Verfahren sind aber lediglich die Beschwerdefristen. Gesetzlich vorgesehen ist auch ein max. 28-tägiges Grenzverfahren bzw. Transitzonenverfahren - aufgrund mangelnder Unterbringungskapazitäten an den Grenzen, werden diese jedoch praktisch nicht angewendet (AIDA 5.3.2015).

Beschwerde

Gegen Entscheidungen der Asylbehörde ist Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht möglich. Im ordentlichen Verfahren beträgt die Beschwerdefrist 30 Tage. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist eine weitere Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof möglich. Auch diese hat aufschiebende Wirkung. Wenn grundlegende Rechte verletzt wurden, ist theoretisch noch eine Verfassungsbeschwerde möglich, praktisch ist das den meisten ASt. aber nicht möglich, da sie dafür einen Aufenthaltstitel nach dem Fremdenrecht erlangen müssten, wofür sie meist die Voraussetzungen nicht erfüllen würden. Im beschleunigten Verfahren ist Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht binnen 8 Tagen möglich und das Gericht soll binnen 15 Tagen entscheiden. Im (theoretischen) Grenzverfahren würde die Beschwerdefrist 5 Tage betragen, das Gericht hätte binnen 5 Tagen zu entscheiden. Aufschiebende Wirkung der Beschwerde ist auch in den beiden Sonderverfahren gegeben. Kostenlose Rechtsberatung und -vertretung gibt es nur in der Beschwerdephase, wenn der Beschwerdeführer diese beantragt (AIDA 5.3.2015).

Folgeanträge

Es gibt im Gesetz keine Definition eines Folgeantrags, es sind also unbegrenzt (Folge-) Anträge möglich. Mit der Folgeantragstellung sind auch keine reduzierten Rechte verbunden. Wird nach einer rechtskräftig negativen Entscheidung ein Folgeantrag gestellt, der keine neuen Elemente enthält, wird dieser zurückgewiesen. Für Beschwerden betreffend Folgeanträge gelten dieselben Regeln wie im ordentlichen Verfahren. Folgeanträge haben auch aufschiebende Wirkung (AIDA 5.3.2015).

Laut UNHCR ist das kroatische Asylsystem generell fair und effektiv, hat aber einige Unzulänglichkeiten, wie den Mangel an Sprachkursen für anerkannte Flüchtlinge USDOS 25.6.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf, Zugriff 22.10.2015

-

Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015, http://ec.europa.eu/eurostat/documents/4168041/6742650/KS-QA-15-003-EN-N.pdf/b7786ec9-1ad6-4720-8a1d-430fcfc55018, Zugriff 22.10.2015

-

Eurostat (18.9.2015a): Statistics Explained. File:Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q2 2014 - Q2 2015.png,

http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q2_2014_%E2%80%93_Q2_2015.png, Zugriff 2.10.2015

-

Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 2.10.2015

-

Eurostat (18.9.2015c): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 2.10.2015

-

USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014,

https://www.ecoi.net/local_link/306352/443627_de.html, Zugriff 22.10.2015

3. Dublin-Rückkehrer

Personen, die unter der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren, haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn ein Rückkehrer Kroatien vor dem Ende seines ursprünglichen Verfahrens verlassen hat und das Verfahren daher suspendiert wurde, muss er, wenn er dies wünscht, bei Rückkehr neuerlich einen Asylantrag stellen (AIDA 5.3.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf, Zugriff 22.10.2015

4. Non-Refoulement

Gemäß Art. 6 des Asylgesetzes ist es verboten einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in ein Land zurück- bzw. abzuschieben, in dem sein Leben oder seine Freiheit aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung bedroht wäre, oder in dem er Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sein könnte, oder das den Betreffenden in ein anderes Land schicken könnte, wo ihm selbiges drohen würde. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn der Betreffende eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder Ordnung darstellt, oder wenn er wegen eines ernsten Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde (Act 2.7.2015, Art. 6).

Quellen:

-

Act on International and Temporary Protection (2.7.2015), http://www.refworld.org/docid/4e8044fd2.html, Zugriff 22.10.2015

5. Versorgung

Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des gesamten Asylverfahrens und der Beschwerdephase. Dieses Recht umfasst Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung. Beim Zugang zur Versorgung sehen sich AW keinen Hindernissen gegenüber, es gibt aber Berichte über Verzögerungen bei der Auszahlung der finanziellen Unterstützung durch die Zentren der sozialen Wohlfahrt. Da die finanzielle Unterstützung per Post zugestellt wird, sollen AW, die vom Briefträger nicht angetroffen werden, für den betreffenden Monat ohne Unterstützung bleiben. AW mit genügend Einkommen bekommen die finanzielle Unterstützung nicht. Sie betrug Ende 2014 monatlich 100 Kuna (EUR 13,30) für eine Person. Gibt es abhängige Familienmitglieder, steigt der Betrag. Trotzdem wird die Unterstützung als sehr gering bemessen angesehen (AIDA 5.3.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf, Zugriff 22.10.2015

5.1. Unterbringung

Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens einschließlich der Beschwerdephase, das Recht auf Unterbringung in Unterbringungszentren für AW. Dieses Recht beginnt mit der Willensäußerung einen Asylantrag stellen zu wollen und endet mit Vorliegen einer rechtskräftigen endgültig negativen Entscheidung und dem Ablauf der festgelegten Frist zum Verlassen des Landes. Es gibt humanitäre Gründe, welche zu einer Verlängerung führen können, die aber nicht gesetzlich festgeschrieben sind und einzelfallbezogen entschieden werden. Da AW sich in Kroatien grundsätzlich frei bewegen können, steht es ihnen frei, auf Antrag, auf eigene Kosten außerhalb des Zentrums unter einer privaten Adresse zu wohnen. AW mit finanziellen Mitteln müssen sich an den Unterbringungskosten beteiligen, was aber in der Praxis, aufgrund schwieriger Nachweisbarkeit, nicht angewendet wird (AIDA 5.3.2015).

Kroatien verfügt über 2 Unterbringungszentren für AW, in Zagreb und in Kutina, mit zusammen 700 Plätzen. Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt. Kutina dient primär der Unterbringung vulnerabler AW. Es gibt Bereiche für die getrennte Unterbringung von Frauen, Traumatisierten und anderen Vulnerablen. Familien werden zusammen untergebracht. Das kroatische Rote Kreuz bietet Risikogruppen unter den AW präventiv Informationen bezüglich potentieller Ausbeutung, sexueller Gewalt und anderen Gefahren. Es gibt zwar keine Monitoring-Mechanismen zur Überprüfung der Unterbringung Vulnerabler, aber die Sozialarbeiter des kroatischen Roten Kreuzes vor Ort, können wenn nötig bei der Leitung des Zentrums Änderungen anregen (AIDA 5.3.2015; vgl. USDOS 25.6.2015).

In den beiden Zentren Untergebrachte erhalten 3 Mahlzeiten am Tag (in Kutina gibt es darüber hinaus Kochbereiche). Wenn nötig (Kinder, Schwangere, religiöse Gründe) gibt es spezielle Kost. Die Zimmer fassen max. 4 Personen (Zagreb) bzw. 2 Personen (Kutina). Die Zentren können bis 22.00 Uhr frei verlassen werden. Mehrtägige Abwesenheit bedarf einer Genehmigung durch die Leitung der Unterkunft. Wenn das Zentrum unerlaubt für mehr als 3 Tage verlassen wird, kann die materielle Versorgung reduziert oder gestrichen werden, die medizinische Versorgung ist davon aber nicht betroffen. AW, die während laufendem Asylverfahren beim Versuch das Land zu verlassen betreten werden, kommen in Haft (außer Vulnerable). Wiederholte Verletzungen der Hausordnung eines Unterbringungszentrums können auch zur Reduzierung oder Streichung der materiellen Versorgung führen (AIDA 5.3.2015).

Sozialarbeiter des kroatischen Roten Kreuzes sind immer werktags in den Zentren anwesend und bieten soziale Beratung und Unterstützung. Sie stellen auch Bedarfsartikel wie Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel und Lebensmittel zur Verfügung. Auch organisiert werden Sprachtrainings, kreative Workshops, Sport- und Freizeitaktivitäten, usw. Die NGO Center for Peace Studies bietet im Zentrum in Zagreb, in Ergänzung des Angebots des Roten Kreuzes, an 2 Tagen pro Woche auch psycho-soziale Unterstützung und Sprachtraining (AIDA 5.3.2015).

Die Unterbringungszentren für AW bieten Unterkunft, medizinische Basisversorgung, Bildung, psychologische Beratung und Hilfe bei der Arbeitssuche (USDOS 25.6.2015).

Zudem verfügt Kroatien über ein geschlossenes (Schubhaft-) Zentrum mit 116 Plätzen für die Inhaftierung illegaler Migranten und gegebenenfalls auch AW. Wer in Haft einen Erstantrag stellt, ist binnen einer bestimmten Frist in eines der offenen Zentren zu verlegen (AIDA 5.3.2015).

Von den gesetzlich vorgesehenen Unterbringungseinrichtungen an den Grenzen (Transitzonen) ist noch keine fertig (AIDA 5.3.2015).

AW deren Verfahren nach einem Jahr noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. So weit kommt es aber fast nie. Zugang zu Jobtraining haben AW nicht. AW können aber innerhalb der Unterbringungszentren mitarbeiten und werden in Form zusätzlicher Bedarfsartikel entlohnt (AIDA 5.3.2015).

Quelle:

-

AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf, Zugriff 22.10.2015

-

USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014,

https://www.ecoi.net/local_link/306352/443627_de.html, Zugriff 22.10.2015

5.2. Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung. Vulnerable Asylwerber jedoch haben das Recht auf notwendige medizinische Behandlung, entsprechend ihren speziellen Bedürfnissen. Laut der NGO Croatian Law Centre sei jedoch oft nicht klar, was "notwendig" sei und so werde diese Bestimmung in der Praxis angeblich nicht angewendet, da noch kein System für die Behandlung der Folgen von Folter unter AW umgesetzt sei. Dieselbe NGO betreibt daher das Projekt "Protection of Victims of Torture among Vulnerable Groups of Migrants", das -finanziert vom UN Voluntary Fund for Victims of torture- Rechtshilfe, psycho-soziale Unterstützung und psychologische Beratung für AW und Flüchtlinge bietet. Psychisch kranke Personen werden, wenn nötig, an eine psychiatrische Klinik verwiesen (AIDA 5.3.2015).

Im Unterbringungszentrum in Zagreb ist eine Krankenschwester dauernd und ein Arzt einmal wöchentlich anwesend. In Kutina ist ein Arzt verfügbar. Es gibt Beschwerden über Verständigungsschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal, da keine Übersetzungskosten für medizinische Belange übernommen werden (AIDA 5.3.2015).

Die Unterbringungszentren für AW bieten u.a. medizinische Basisversorgung und psychologische Beratung (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf, Zugriff 22.10.2015

-

USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014,

https://www.ecoi.net/local_link/306352/443627_de.html, Zugriff 22.10.2015

5.3. Aktuelle Situation / "Flüchtlingskrise"

Aufgrund des momentanen erhöhten Zustroms von Migranten über Serbien, infolge der Schließung der serbisch-ungarischen Grenze, wurde in Kroatien, neben Unterbringung von Migranten in anderen Einrichtungen, in Opatovac ein temporäres Zulassungszentrum (effektiv eine Zeltstadt) zur Registrierung und temporären Unterbringung von Migranten (für 36-48 Stunden) errichtet. Von dort werden die Migranten dann zur slowenischen Staatsgrenze weitertransportiert (MUP 9.2015).

Koordiniert wird die Hilfe in Kroatien vom dortigen Roten Kreuz. UNHCR, der eng mit den Behörden zusammenarbeitet, ist in Opatovac durchgehend anwesend und unterstützt die Behörden bei der Identifizierung Vulnerabler und deren weiterer Zuweisung zu entsprechender Versorgung. Weiters werden die Migranten unterstützt und informiert. Auch die Abreise beim Weitertransport wird überwacht um die Trennung von Familien zu verhindern. Die medizinische Versorgung in Opatovac wird von NGOs als zufriedenstellend bezeichnet. Die NGOs Save the Children und Magna übernehmen, finanziert durch UNICEF, die psycho-soziale Versorgung von Kindern. In Opatovac richteten sie einen kinderfreundlichen Bereich ein (UNHCR 8.10.2015).

Am 22. Oktober waren aktuell 2.644 Personen in Opatovac untergebracht. Insgesamt sind seit Beginn der "Krise" 217.538 Migranten über Serbien nach Kroatien eingereist (MUP 22.10.2015). Am 26. Oktober betrug die Zahl der in Kroatien ankommenden Migranten 7.104, in Opatovac waren am selben Tag 2.618 Personen untergebracht. Die Zahl der seit Beginn der Krise in Kroatien eingereisten Fremden erhöhte sich damit auf 260.280 (MUP 27.10.2015).

Quellen:

-

MUP - Ministry of Interior (9.2015): September 2015 reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/main.aspx?id=220935, Zugriff 22.10.2015

-

MUP - Ministry of Interior (22.10.2015): Reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/219696.aspx, Zugriff 22.10.2015

-

MUP - Ministry of Interior (27.10.2015): Reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/219696.aspx, Zugriff 27.10.2015

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.10.2015): Europe's Refugee Emergency Response - Update #5, 02 - 08 October 2015, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1444895520_561cb8824.pdf, Zugriff 22.10.2015

Ausgeführt wurde, dass aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers am 14.03.2016 ein Konsultationsverfahren mit Kroatien eingeleitet worden sei. Da Kroatien nicht innerhalb offener Frist geantwortet habe, sei Kroatien mit Schreiben vom 25.05.2016 auf die Verfristung aufmerksam gemacht und aufgefordert worden, alle Schritte für die Übernahme des Beschwerdeführers in die Wege zu leiten. Ein zuständigkeitsbeendendes Sachverhaltsmerkmal könne nicht festgestellt werden bzw. habe sich ein solches im Zuge des Verfahrens nicht ergeben. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keinen Familienbezug und sei für niemanden sorgepflichtig. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe. Der Beschwerdeführer sei nicht lebensbedrohend erkrankt. Sodann wurde im Bescheid festgehalten, dass aus den Angaben des Beschwerdeführers keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass dieser tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Kroatien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Die Regelvermutung des § 5 Abs 3 AsylG treffe zu; ein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts habe sich nicht ergeben.

Gegen diesen Bescheid wurde am 20.07.2016 fristgerecht Beschwerde eingebracht. Eingangs wurde darin eine unrichtige rechtliche Beurteilung im angefochtenen Bescheid moniert, da im gegenständlichen Fall keine Zuständigkeit Kroatiens nach den Kriterien der Dublin III-VO vorliegen würde. Vielmehr ergebe sich eine Zuständigkeit Österreichs (Die hiefür ins Treffen geführte Begründung deckt sich mit den Ausführungen der Stellungnahme vom 07.07.2016). Im Übrigen seien die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Kroatien unvollständig, nicht ausgewogen und nicht aktuell. Aufgrund der großen Zahl an Flüchtlingen, die sich weiterhin in Kroatien aufhalten bzw. durch Kroatien durchreisen würden, sei fraglich, ob die Versorgung des Beschwerdeführers als Dublin-Rückkehrer tatsächlich gewährleistet sei. Im gegenständlichen Fall sei die Einholung einer Einzelfallzusicherung von Kroatien erforderlich, damit eine menschenwürdige Unterbringung sowie ein Zugang zum Asylverfahren gewährleistet seien. Auch könne eine Kettenabschiebung nach Serbien nicht ausgeschlossen werden; es bestehe die reale Gefahr der Rückschiebung in die Heimat des Beschwerdeführers. Eine Zurückschiebung nach Kroatien würde eine Verletzung der durch Art. 3 und 8 EMRK garantierten Grundrechte bedeuten. Der Beschwerdeführer befinde sich nunmehr bereits seit 8 Monaten in Österreich und sei seitdem immer an derselben Adresse gemeldet und dort auch wohnhaft. Er lerne bereits Deutsch. In Kroatien habe sich der Beschwerdeführer nur 2 Stunden aufgehalten. Im Falle einer Rücküberstellung wäre es diesem unmöglich, dort Fuß zu fassen und sich dort ein neues Leben aufzubauen.

Am 09.11.2016 ordnete das Bundesamt zum Zweck der Abschiebung die Festnahme des Beschwerdeführers an und erließ auch einen entsprechenden Durchsuchungsauftrag. Nach dem Festnahmeauftrag war die Festnahme des Beschwerdeführers für den 13.11.2016, 06.00 Uhr vorgesehen; die Überstellung nach Kroatien war für den 15.11.2016 geplant (siehe auch "Abschiebeauftrag - Luftweg" vom 09.11.2016).

Entsprechend des Durchsuchungs- und des Festnahmeauftrages des Bundesamtes wurde die Unterkunft des Beschwerdeführers am 13.11.2016, um 06.00 Uhr, um 16.00 Uhr, um 20.00 Uhr bzw am 14.11.2016 um 07.00 Uhr, von Polizeibeamten aufgesucht, der Beschwerdeführer dort jedoch nicht angetroffen. Im Polizeibericht wurde weiter ausgeführt, dass nach Auskunft der Mitbewohner des Beschwerdeführers der Genannte am 12.11.2016 gegen 09.00 Uhr das Quartier verlassen habe und nach Wien gefahren sei.

Am 15.11.2016 erließ das Bundesamt erneut einen Festnahmeauftrag.

Mit Schreiben des Bundesamtes vom 15.11.2016 wurde die kroatische Dublin-Behörde vom unbekannten Aufenthalt des Beschwerdeführers und der sich daraus ergebenden Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate verständigt.

Am 17.11.2016 wurde der Beschwerdeführer festgenommen; am 18.11.2016 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.

Mit ergänzendem Vorbringen vom 22.11.2016, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.11.2016, wurde dargelegt, dass Kroatien mit Ende der Entscheidungsfrist über das Aufnahmeersuchen am 14.05.2016 zuständig geworden sei. Da die 6-monatige Überstellungsfrist mit 14.11.2016 abgelaufen sei, sei somit von einer Zuständigkeit Österreichs auszugehen. Es sei nie zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist gekommen, da der Beschwerdeführer weder flüchtig noch inhaftiert gewesen sei. Die Behörde gehe offenbar davon aus, dass der Beschwerdeführer flüchtig gewesen sei und sich die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert hätte. Die Verlängerung der Überstellungsfrist gemäß Art 29 Abs 2 Dublin III-VO sei jedoch aus folgenden Gründen zu Unrecht erfolgt:

Seit 30.12.2015 sei der Beschwerdeführer in einem organisierten GVS-Wohnquartier untergebracht und dort ordnungsgemäß gemeldet. Zum Zeitpunkt der geplanten Vollziehung des Festnahmeauftrages habe sich der Beschwerdeführer gerade in Wien befunden, um einen Bekannten zu besuchen. Der Beschwerdeführer habe das Quartier am 12.11.2016 verlassen und im Vorfeld die Quartiergeberin über seine Abwesenheit informiert. Am 13.11.2016, 06.00 Uhr, hätten Beamte der Polizeiinspektion versucht, den Festnahmeauftrag zu vollziehen; der Beschwerdeführer habe sich zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits bei seinem Bekannten in Wien befunden. Die Beamten der Polizeiinspektion hätten sich in der Folge bei der Quartiergeberin nach dem genauen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers erkundigt; dieser sei der Quartiergeberin jedoch nicht bekannt gewesen. Die Quartiergeberin sei von den Beamten aufgefordert worden, den Beschwerdeführer umgehend vom Quartier abzumelden. Die Quartiergeberin habe den Beamten erklärt, dass der Beschwerdeführer berechtigt sei, die GVS-Stelle für 48 Stunden zu verlassen. Die zeugenschaftliche Einvernahme der Quartiergeberin im Rahmen einer mündlichen Verhandlung werde beantragt. Auch spätere Versuche einer Vollziehung des Festnahmeauftrages seien fehlgeschlagen, da sich der Beschwerdeführer auch zu diesen Zeitpunkten noch in Wien befunden habe. Am 14.11.2016 sei der Beschwerdeführer in das GVS-Quartier zurückgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Überstellungsfrist bereits auf 18 Monate verlängert worden. Am 17.11.2016 sei der Festnahmeauftrag schließlich vollzogen worden. Am 18.11.2016 sei über den Beschwerdeführer zum Zweck der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt worden. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei die Verlängerung der Überstellungsfrist unrechtmäßig, zumal zu keinem Zeitpunkt eine Meldelücke bestanden habe und der Beschwerdeführer die Unterkunft nie für einen 48 Stunden übersteigenden Zeitraum verlassen habe. Er sei für die Behörden somit durchgehend greifbar gewesen. Der Beschwerdeführer sei nie flüchtig gewesen. Unter flüchtig seien nur Sachverhalte zu subsumieren, in denen der Antragsteller aus von diesem zu vertretenden Gründen für die Behörden nicht auffindbar sei oder sonst wie das Verfahren absichtlich behindere. Dass der Festnahmeauftrag nicht habe vollzogen werden können, sei nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen, da dieser nur sein Recht auf eine 48-stündige Abwesenheit vom Quartier wahrgenommen habe und dies nicht mit dem Ziel, das Verfahren absichtlich zu behindern. Auch sei der Beschwerdeführer nicht aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht auffindbar gewesen; im Gegenteil wäre es dem Bundesamt bzw den Beamten der Polizeiinspektion durchaus möglich und zumutbar gewesen, die Quartiergeberin zu fragen, ob der Beschwerdeführer eine Telefonnummer hinterlassen habe, um mit dem Beschwerdeführer telefonisch in Kontakt zu treten. Alternativ hätte die Behörde auch die Möglichkeit gehabt, dem Beschwerdeführer eine schriftliche Ladung zu übermitteln. Dies sei jedoch von der Behörde verabsäumt worden, sodass die gescheiterte Vollziehung des Festnahmeauftrages von ihr selbst zu vertreten sei.

Selbst wenn man gegenständlich davon ausgehen wollte, dass die Verlängerung der Überstellungsfrist zu Recht erfolgt sei, sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei Art 29 Abs 2 Dublin III-VO um eine Kann-Bestimmung handle. Eine Verlängerung der Überstellungsfrist trete somit nicht ex lege ein; der Staat, der sich auf eine solche Verlängerung berufen wolle, müsse den anderen Mitgliedstaat vor Ablauf der 6-Monatsfrist darüber informieren, andernfalls er sich auf eine Fristverlängerung nicht berufen könne. Dies sei gegenständlich nicht der Fall gewesen; die Behörde könne sich somit nicht auf eine Fristverlängerung berufen. Selbst bei Vollzug des Festnahmeauftrages wäre die für den 15.11.2016 geplante Abschiebung nach Kroatien nicht mehr möglich gewesen, da die Zustimmung Kroatiens durch Verfristung am 14.05.2016 erfolgt und die Überstellungsfrist somit bereits am 14.11.2016 abgelaufen sei.

Am 28.11.2016 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Kroatien überstellt.

In einer weiteren Beschwerdeergänzung, eingelangt am 09.12.2016, betonte der Beschwerdeführer erneut, von Griechenland aus über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien entlang der sog. Balkanroute nach Österreich gelangt zu sein. In den jeweiligen Staaten habe er sich dem Registrierungsprozedere unterzogen und sei in der Folge staatlich organisiert von einer Grenze zur Nächsten befördert worden. Die Zuständigkeit Kroatiens würde auf die vermeintlich illegale Einreise des Beschwerdeführers in Kroatien gestützt (Art 13 Abs 1 Dublin III-VO). Den betreffenden Personen sei jedoch auf Basis humanitärer Erwägungen (etwa Art 6 Abs 5 lit c Schengen Grenzkodex oder Art 17 Abs 1 Dublin III-VO) die Einreise in den Mitgliedstaat und/oder die Durchreise durch diesen Mitgliedstaat gestattet worden. Hinsichtlich des Beschwerdeführers liege keine Eurodac-Treffermeldung

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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