TE OGH 2018/1/18 5Ob205/17h

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Veröffentlicht am 18.01.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr.

 Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Predrag M*****, geboren am *****, vertreten durch Janovsky Stecher Rechtsanwälte in Schwaz, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** KG *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 7. September 2017, AZ 54 R 57/17d, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 26. Mai 2017, TZ 4056/2017, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Ob der Liegenschaft EZ ***** KG ***** ist nur teilweise Wohnungseigentum begründet. Patrizia Z***** (in der Folge kurz: Verkäuferin) ist nach dem Grundbuchstand zu 73/1542-Anteilen (B-LNr 14) Miteigentümerin der Liegenschaft, mit diesen ist das Wohnungseigentum an der Wohnung 7 verbunden. Im Eigentumsblatt ist Zubehör nicht angeführt. Aus dem vom Erstgericht amtswegig beigeschafften Auszug aus dem Nutzwertgutachten ergibt sich als der Wohnung top Nr 7 zugeordnetes Zubehör ein WC von 1,48 m², zwei Abstellräume von 18,95 m², zwei Kellerabteile von 16,25 m² und zwei Kellerräume mit Vorraum von 34,42 m² und ein Gesamtnutzwert der Wohnung von 73 m2.

Der Antragsteller begehrte die Einverleibung seines Eigentumsrechts ob 2/1542-Anteilen der 73/1542-Anteile der Verkäuferin. Er legte den Kaufvertrag vom 21. 12. 2016, den Nachweis im Sinn des § 32 Abs 2 lit c Z 2 des Tiroler GVG, eine Kopie seines Reisepasses und eine Bescheinigung der Baubehörde nach § 6 Abs 1 WEG 2002 vor.

Das Erstgericht wies das Gesuch ab. Es handle sich um eine unzulässige teilweise Löschung des Wohnungseigentums. Die Übertragung des Zubehörobjekts auf eine andere Hauptsache bedürfe einer neuen Nutzwertfestsetzung unter Einbeziehung sämtlicher Objekte und der Einverleibung des geänderten Wohnungseigentums an der gesamten Liegenschaft. Die Verselbständigung des Lagerraums bedürfe der Zustimmung aller Miteigentümer und könne nicht in Form der Anteilsberechtigung nach § 10 Abs 3 WEG 2002 durchgeführt werden. Ungeachtet der Bescheinigung der Baubehörde komme einem Lagerraum von nur 8,74 m² keine für die Verselbständigung erforderliche besondere wirtschaftliche Bedeutung zu.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Weder aus dem Grundbuchgesuch noch den Urkunden lasse sich ableiten, warum dem gegenständlichen Kellerraum eine selbständige wirtschaftliche Bedeutung zukommen solle. Ausführungen im Rekurs hiezu seien unzulässige Neuerungen. Es bedürfe einer Nutzwertfestsetzung, aus der die auf den Lagerraum entfallenden Anteile des gesamten Wohnungseigentumsobjekts entnehmbar seien, eine Berichtigung im Sinn des § 10 Abs 3 WEG 2002 ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer komme hier nicht in Betracht.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es mit der Begründung zu, die Rechtsprechung habe sich bisher nur mit kleinflächigeren Objekten befasst, die oftmals dazu dienen sollten, entgegen der früheren Rechtslage KFZ-Abstellplätze selbständig verwerten zu können.

Dagegen richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Bewilligung des Grundbuchgesuchs.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) – Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs unzulässig. Der Antragsteller zeigt darin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG auf. Die Zurückweisung des ordentlichen Revisionsrekurses kann sich somit auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe (§ 71 Abs 3 AußStrG) beschränken.

1. Bereits das Erstgericht wies zutreffend darauf hin, dass der Antragsteller nach dem Wortlaut seines Antrags lediglich die Einverleibung des Eigentumsrechts ob eines Teils des Mindestanteils der Verkäuferin B-LNr 14 beantragte, somit die Abtrennung eines schlichten Miteigentumsanteils, was § 12 Abs 1 WEG 2002 widerspricht. Die begehrte Einverleibung ergibt sich überdies nicht aus dem im Grundbuchgesuch als Eintragungsgrundlage angeführten Kaufvertrag, nach dessen Aufsandungserklärung 2/1542-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an Lager Nr 6 von den 73/1542-Anteilen der Verkäuferin zunächst abgeschrieben und danach ob dieses – offenbar neuen – Objekts das Eigentumsrecht für den Antragsteller einverleibt werden sollte. Wenn auch ein bloßer offensichtlicher Schreibfehler, der nach der gesamten Gestaltung des Vertrags und der Aufsandungserklärung keinen Zweifel aufkommen lässt, der Bewilligung der Einverleibung nicht entgegensteht, muss ein Grundbuchsantrag dennoch dann abgewiesen werden, wenn die Gefahr einer Verwechslung des Eintragungsobjekts oder einer Fehlinterpretation des Begehrens gegeben ist (5 Ob 292/07p mwN). Dies ist hier der Fall, weshalb ein nicht verbesserbarer Inhaltsmangel des Antrags (5 Ob 40/17v; Rassi, Grundbuchsrecht2 Rz 436) vorliegt, der einen Abweisungsgrund bildet.

Auf weitere Abweisungsgründe ist im Sinn des § 95 Abs 3 GBG nur insoweit einzugehen, als das Gesuch auf Basis der bisher vorgelegten Urkunden wiederholt werden könnte (vgl RIS-Justiz RS0060544).

2. Nicht korrekturbedürftig ist die auf den unmissverständlichen Gesetzeswortlaut des § 10 Abs 3 WEG 2002 gestützte Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass die Änderung der Miteigentumsanteile nach dieser Gesetzesstelle jedenfalls einer gerichtlichen Nutzwertfestsetzung im Sinn des § 9 Abs 2 und 3 WEG (bzw eine durch die Schlichtungsstelle erfolgte – 5 Ob 40/17v) oder eine einvernehmliche Nutzwertfestsetzung im Sinn des § 9 Abs 6 WEG erfordert. Eine grundbuchsfähige Urkunde über die Neufestsetzung der Nutzwerte der Liegenschaft durch Gericht oder Schlichtungsstelle legte der Antragsteller nicht vor. Dass die einvernehmliche Neufestsetzung der Nutzwerte im Sinn des § 9 Abs 6 WEG erfordert, dass sämtliche Wohnungseigentümer den Ergebnissen eines Nutzwertgutachtens öffentlich beglaubigt schriftlich zustimmen, ergibt sich schon aus dem insoweit völlig klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut. Nach dem Grundbuchstand wurde Wohnungseigentum erst nach Inkrafttreten des WEG 1975 begründet. Eine Gesamtparifizierung der Liegenschaft im Fall eines gemischten Objekts gemäß § 56 Abs 4 WEG 2002 hat jedenfalls dann stattzufinden, wenn im Zug der Nutzwertneufestsetzung in einem „Mischhaus“ alter Prägung „neues“ Wohnungseigentum (hier: an einem Lagerraum) begründet werden soll, zumal es sich dabei unzweifelhaft um eine weitere Wohnungseigentumsbegründung im Sinn dieser Bestimmung handeln würde (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4, § 9 WEG Rz 30).

3. § 9 Abs 5 WEG 2002 ermöglicht, von einer Nutzwertfestsetzung abzusehen, wenn sich die Nutzwerte im Sinn des § 9 Abs 2 Z 5 zweiter Fall WEG nur durch die Übertragung von Zubehörobjekten im Sinn des § 2 Abs 3 WEG 2002 ändern und sich der Nutzwert des Zubehörobjekts zweifelsfrei aus der früheren Nutzwertermittlung ergibt. Abgesehen davon, dass es dem Antragsteller jedenfalls nach dem Inhalt des Kaufvertrags nicht um eine Übertragung des Zubehörobjekts, sondern um eine Verselbständigung dieses Lagerraums als selbständiges Wohnungseigentumsobjekt geht, ist im konkreten Fall der Nutzwert dieses Objekts nach der vertretbaren Rechtsauffassung der Vorinstanzen keineswegs zweifelsfrei aus der früheren Nutzwertermittlung erkennbar. In welchem Umfang die – mehreren – im Nutzwertgutachten angeführten Zubehörobjekte zur Wohnung der Verkäuferin zu dessen Gesamtnutzwert beitrugen, lässt sich aus den Urkunden keineswegs eindeutig ableiten, die diesbezüglichen Ausführungen im Revisionsrekurs entbehren einer entsprechenden Grundlage im Grundbuchstand oder den vorgelegten Urkunden. Dass die Vorinstanzen eine Neufestsetzung der Nutzwerte durch Gericht oder Schlichtungsstelle oder eine entsprechende grundbuchsfähige Urkunde über die einvernehmliche Neufestsetzung der Nutzwerte verlangten, ist daher unter dem Gesichtspunkt des § 62 Abs 1 AußStrG nicht korrekturbedürftig.

4. Bei der Beurteilung, ob die Bagatellgrenze des § 10 Abs 3 erster Satz WEG 2002 für die vereinfachte Anteilsberichtigung ohne Zustimmung der Miteigentümer überschritten wird, kommt es auf das Ausmaß der Anteilsveränderung im Verhältnis zum betreffenden Anteil und nicht auf das Ausmaß der Veränderung im Verhältnis zur Gesamtliegenschaft an. Es ist auch ohne Bedeutung, dass sämtliche von der Veränderung betroffenen Anteile im Eigentum desselben Eigentümers verbleiben (RIS-Justiz RS0124537 [T1, T4], RS0126322 [T1]). Abgesehen davon, dass eine Berichtigung im Sinn dieser Gesetzesstelle gar nicht beantragt wurde und hiefür die urkundlichen Voraussetzungen fehlen, käme dieses Verfahren nach dem Inhalt des Kaufvertrags schon deshalb nicht in Betracht, weil es nach der dort vorgesehenen rechtlichen Konstruktion zur Verselbständigung eines bisherigen angeblich als Zubehör gewidmeten Kellerraums käme, 2/1542-Anteile der Liegenschaft sollen offenbar als Mindestanteil für ein selbständiges Wohnungseigentumsobjekt neu begründet werden. Die vereinfachte Berichtigung nach § 10 Abs 3 erster Fall WEG 2002 kommt nach der vertretbaren Auffassung der Vorinstanzen, die sich auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut stützen kann, hier nicht in Betracht.

5. Dass das Grundbuchsgericht die Wohnungseigentumstauglichkeit des Objekts selbständig zu prüfen hat, entspricht ständiger Rechtsprechung (5 Ob 141/16w = immolex 2017/73 [Prader] mwN). Ebenfalls wurde bereits klargestellt, dass die baubehördliche Bescheinigung über den Bestand an selbständigen Wohnungen oder selbständigen Räumlichkeiten die Gerichte nicht in der rechtlichen Beurteilung bindet, ob das als baulich selbständig bescheinigte Objekt tauglicher Gegenstand des Wohnungseigentums sein kann (vgl RIS-Justiz RS0082976 zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 12 Abs 2 Z 2 WEG 1975).

Der erkennende Senat nahm auch bereits mehrfach zur Wohnungseigentumstauglichkeit relativ kleiner Lagerräume Stellung (siehe die Judikaturübersicht des Rekursgerichts). Grundsätzlich erfordert die Wohnungseigentumstauglichkeit eines Objekts bauliche Abgeschlossenheit nach allen Seiten, sie ist im Übrigen nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen (RIS-Justiz RS0111284). Die Beurteilung ist daher eine Frage des konkreten Einzelfalls (RIS-Justiz RS0111284 [T6], RS0082876 [T5]). Auf ein besonderes persönliches Interesse (nur) des Antragstellers ist als bloß subjektives Merkmal dabei nicht abzustellen. Wenn die Vorinstanzen auf Basis der vorgelegten Urkunden die selbständige wirtschaftliche Bedeutung des abzutrennenden Keller- bzw Lagerraums im Ausmaß von 8,74 m² verneinten, ist dies jedenfalls keine unvertretbare Fehlbeurteilung, die der Korrektur im Einzelfall bedürfte. Lagerräume im Ausmaß von 1,30 bis 6,53 m² – bei denen nach den Planunterlagen im Übrigen nicht gesichert war, dass sie baulich nach allen Seiten abgeschlossen waren – wurden ebenso bereits als nicht wohnungseigentumstauglich beurteilt (RIS-Justiz RS0105677) wie ein ca 12 m² großes Kellerabteil (5 Ob 287/98m), baulich abgeschlossene Kellerabteile von 3,53 bis 7,43 m² (5 Ob 326/99y) oder Magazinräumlichkeiten im Ausmaß von 1,3 bis 6,53 m² (5 Ob 47/00y), ein 3 m² großer Abstellraum (5 Ob 129/07d) oder als Lager bezeichnete Objekte mit Größen von 4 m², 4,46 m² und 3,24 m² (5 Ob 175/07g). Bejaht wurde die Wohnungseigentumstauglichkeit hingegen bei Lagern in der Größe von 37,30 m² und 76,10 m² (5 Ob 2220/96y) oder bei dem vom Erstgericht bereits zitierten Bankomatraum im Ausmaß von 3,06 m², der dazu dienen sollte, mittels eines elektronischen Geräts Bankgeschäfte zu tätigen und somit als Geschäftsraum zu werten war (5 Ob 196/01m). Die Beurteilung der Vorinstanzen hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung. Dass einem
– typischerweise als Nebenraum und Zubehörobjekt (vgl § 2 Abs 3 WEG 2002) zu wertenden – Lagerraum von nur 8,74 m²
nach der Verkehrsauffassung nach seiner Art und Größe keine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt (vgl T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4, § 2 WEG Rz 15), auch wenn der Antragsteller bereit war, dafür wegen seiner höchstpersönlichen Interessen 9.000 EUR zu bezahlen, bedarf daher nicht der Korrektur durch das Höchstgericht.

6. Damit war der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

Textnummer

E120751

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00205.17H.0118.000

Im RIS seit

15.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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