TE OGH 2018/1/30 9Ob80/17f

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Veröffentlicht am 30.01.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Maraszto Milisits Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 25.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. September 2017, GZ 11 R 127/17b-50, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Steht ein Behandlungsfehler fest, so besteht für den Patienten dahingehend eine Beweiserleichterung, dass er zum Beweis der Kausalität des Fehlers für den Schadenseintritt nur den Nachweis erbringen muss, dass die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durch den Fehler nicht bloß unwesentlich erhöht wurde. In diesem Fall kommt es zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des beklagten Arztes oder Krankenanstaltenträgers. Der Beklagte muss dann beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung „mit größter Wahrscheinlichkeit“ nicht kausal für den Schaden des Patienten war, also unwesentlich geblieben ist (vgl RIS-Justiz RS0038222 [T7, T9, T11, T12]; RS0106890 [T18]). Dass es aber zunächst am Patienten liegt, das Vorliegen eines Behandlungsfehlers zu beweisen und darzutun, dass dieser die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht bloß unwesentlich erhöht hat, gilt auch bei Unterlassung einer Operation zu einem früheren Zeitpunkt als behaupteter Schadensursache (vgl 1 Ob 138/07m; 7 Ob 88/17t [in Punkt 4.3.]).

Im vorliegenden Fall konnte nicht festgestellt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Hodenerhalts gewesen wäre, wäre der Kläger 90 oder auch um 60 Minuten früher operiert worden. Es steht also gerade nicht fest, dass die als Behandlungsfehler in Rede stehende Verzögerung der Operation die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (Verlust des rechten Hodens) nicht bloß unwesentlich erhöht hat. Damit befindet sich das die Klagsabweisung bestätigende Berufungsurteil entgegen der Annahme der außerordentlichen Revision des Klägers in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung.

Mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht.

Textnummer

E120869

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00080.17F.0130.000

Im RIS seit

15.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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