TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/29 LVwG-2018/15/0009-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.01.2018

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §121

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Frau AA, vertreten durch BB, Adresse 1, Z, mitbeteiligte Partei Gemeinde Y, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 23.10.2017, Zl. **** betreffend wasserrechtliche Kollaudierung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die abweichend vom Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 03.02.2009, Zl **** und Ergänzungsbescheid vom 24.11.2009, Zl **** bewilligten Maßnahmen und Anlagen für das Grundstück **/1, KG *****, nachträglich bewilligt. Gleichzeitig wurden die durchgeführten Maßnahmen wasserrechtlich für überprüft erklärt. Neben der Vorschreibung von Restarbeiten wurde auch auf Grundlage des § 60 Abs 1 lit c, Abs 2 und Abs 3 sowie § 63 lit b WRG 1959 für auf dem Grundstück **/1 in der KG ***** durchgeführte Verbauungsmaßnahmen im angefochtenen Kollaudierungsbescheid ein Zwangsrecht eingeräumt.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde in welcher auf das Wesentliche zusammengefasst vorgebracht wird, dass auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin Änderungen des bewilligten Vorhabens vorgenommen worden seien, für die sie keine Zustimmung erteilt habe. Konkret sei die sogenannte „Sportplatzbrücke“ in Abweichung vom Bewilligungsbescheid über 10 Meter weiter flussaufwärts errichtet worden. Zudem sei diese Brücke auch wesentlich größer dimensioniert worden als im ursprünglichen Bewilligungsbescheid vorgesehen. Vorgebracht wurde weiters, dass eine nachträgliche Genehmigung der errichteten überdimensionierten Brücke entsprechend den Bestimmung des WRG nicht zulässig sei. Außerdem wurde vorgebracht, dass die Errichtung dieser Brücke auch nicht notwendig, sohin nicht im öffentlichen Interesse gelegen sei. Schließlich wurde vorgebracht, dass bei der ursprünglichen Einreichung nicht beabsichtigt gewesen sei, dass die Brücke der Benützung durch die Allgemeinheit offen stehen solle. Auch dafür sei eine Zustimmung zu keinem Zeitpunkt erteilt worden.

Die mitbeteiligte Partei hat auf entsprechende Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht am 18.01.2018 zur Beschwerde dahingehend Stellung genommen, dass die zusätzliche Grundinanspruchnahme lediglich geringfügig sei, nämlich im Verhältnis zur ursprünglich eingeräumten Genehmigung lediglich zwischen 4,5-42 m² Mehrgrund in Anspruch genommen werde

Außerdem wurde bestritten, dass die Brücke größer ausgeführt worden sei als genehmigt. Nicht bestritten wurde, dass die Berücke an einer anderen Stelle errichtet wurde als im ursprünglichen Bescheid vorgesehen.

II.      Feststellungen:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.02.2009, Zl **** und Ergänzungsbescheid vom 24.11.2009, Zl **** wurden unterschiedliche Hochwasserschutzmaßnahmen in Y genehmigt. Dabei wurde auch die Errichtung einer Brücke genehmigt.

Im Zuge des Überprüfungsverfahrens wurde allerdings festgestellt, dass diese Brücke abweichend von der ursprünglichen Genehmigung 10 Meter weiter flussaufwärts errichtet wurde. Außerdem wurde durch die geänderte Form der Ausführung der Brücke mehr Grund in Anspruch genommen als beim ursprünglich eingereichten Projekt. Eine Zustimmung für die abgeänderte Errichtung der Brücke durch die Grundstückseigentümerin liegt nicht vor. Vielmehr hat die belangte Behörde dazu im angefochtenen Bescheid ein Zwangsrecht nach den Bestimmungen des WRG 1959 eingeräumt und dafür eine Entschädigung festgesetzt.

III.     Beweiswürdigung:

Der Umstand, dass die Brücke, welche mit dem angefochtenen Bescheid nachträglich in einem Kollaudierungsverfahren gemäß § 121 WRG 1959 genehmigt wurde, grundsätzlich anders ausgeführt wurde als im Einreichprojekt beschrieben ist nicht strittig. Insbesondere ist nicht strittig, dass die Brücke 10 Meter flussaufwärts errichtet wurde. Weiters ist nicht strittig, dass die derzeitige Grundeigentümerin dieser geänderten Ausführung der Brücke die Zustimmung nicht erteilt hat. Auch aus der Stellungnahme der mitbeteiligten Partei ergibt sich außerdem, dass durch die abweichende Errichtung der Brücke jedenfalls eine Mehrinanspruchnahme von Grund erforderlich geworden ist.

Die zur Beantwortung der im vorliegenden Verfahren relevanten Rechtsfragen erforderlichen Feststellungen sind sohin nicht strittig.

IV.      Rechtslage:

„§ 12

Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte

(1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

§ 121

Überprüfung der Ausführung von Wasseranlagen

(1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung diese Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1).

…“

V.       Erwägungen:

Im Kollaudierungsverfahren können Abweichungen vom bewilligten Projekt nur dann nachträglich genehmigt werden, wenn die Abweichungen geringfügig, weder öffentlichen Interessen noch fremden Rechten nachteilig sind oder wenn innen der Betroffene zustimmt (vgl VwGH 24.03.2011, 2007/07/0151). Die nachträgliche Genehmigung von Abweichungen ist Rechten Dritter dann nicht nachteilig, wenn der Zustand aufgrund der wasserrechtlichen Überprüfung keine Verschlechterung gegen den ursprünglichen Bewilligungsbescheid bedeutet (vgl VwGH 21.11.2002, 2001/07/0032).

Bei der Verletzung von Rechten Dritter gibt es keine Geringfügigkeitsgrenze. Auch eine bloß geringfügige Verletzung von Rechten Dritter in qualitativer oder in quantitativer Hinsicht stellt eine maßgebliche und der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung entgegenstehende Rechtsverletzung dar (vgl VwGH 25.03.2004, 2003/07/0131).

Unter Hinweis auf die obigen Feststellungen wird daher festgehalten, dass durch die Mehrinanspruchnahme von Grund jedenfalls eine im Wasserrecht relevante Verletzung von Rechten der Grundstückseigentümerin vorliegt. Soweit die mitbeteiligte Partei daher von einem lediglich geringfügigen Eingriff spricht, so ändert dies nichts daran, dass tatsächlich Rechte Dritter durch die Änderung bei der Ausführung der Brücke im Verhältnis zum ursprünglichen Bereich verletzt wurden. Dass dafür keine Zustimmung der Grundstückseigentümerin erteilt wurde, ergibt sich aus den oben wiedergegebenen Feststellungen.

Generell wird zur Frage der Zustimmung des Grundstückseigentümers festgehalten, dass diese gemäß der Judikatur (vgl VwGH 26.04.2012, 2010/07/0127) zum Zeitpunkt der Entscheidung gültig vorliegen muss. Dass eine derartige Zustimmung vorliegt, wurde allerdings weder von der mitbeteiligten Partei behauptet, noch von der belangten Behörde angenommen, hat diese doch für geänderte Ausführung der Brücke ein Zwangsrecht iSd 8. Abschnittes des WRG eingeräumt. Dies widerspricht allerdings der ausdrücklichen Anordnung in § 121 Abs 1 WRG 1959, wonach eine geringfügige Abweichung, welche im Kollaudierungsverfahren nachträglich genehmigt werden kann, nur dann vorliegt, wenn die Abweichung fremden Rechten nicht nachteilig ist. Aufgrund der Mehrinanspruchnahme von Grund, für welche eine Zustimmung nicht vorliegt, kann davon allerdings nicht die Rede sein.

Zur Konsequenz dieser mehr als nur geringfügigen Abweichung wird ebenso auf die Judikatur verwiesen: So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in der Entscheidung vom 29.01.2004, 2003/07/0048 festgehalten, dass wenn sich anlässlich einer Überprüfung der Ausführung einer bewilligungspflichtigen Wasseranlage gemäß § 121 WRG 1959 ergibt, dass Abweichungen nicht nur geringfügiger Art vorliegen, so zu verfahren ist, dass auf der Grundlage eines Gesuches gemäß § 103 WRG 1959 zunächst das erforderliche Bewilligungsverfahren und erst im Anschluss daran die Überprüfung des ganzen Verfahrens durchzuführen ist, soweit nicht die Beseitigung der Abweichungen veranlasst wird.

Im Falle der Trennbarkeit des Projektes kann auch zunächst der bewilligungsgemäß ausgeführte Teil überprüften und sodann der von der Bewilligung abweichende Anlagenbereich genehmigt werden. In jedem solchen Fall sind die Abweichungen von Anfang an mit hinreichender Deutlichkeit zu kennzeichnen (vgl dazu Bumberger/Hinterwirth, WRG², E 56 zu § 121 WRG 1959).

Festgehalten wird, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden hat. Sache des Verfahrens ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat
(vgl VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).

Im vorliegendem Fall ist ein Abspruch über ein Gesuch iSd § 103 WRG 1959 nicht erfolgt. Obgleich das Landesverwaltungsgericht daher dazu verpflichtet ist, eine Entscheidung in der Sache zu treffen, ist es dem Landesverwaltungsgericht Tirol durch die Beschränkung des Gegenstandes auf das, was den Spruch der belangten Behörde gebildet hat, verwehrt, selbst zunächst ein Genehmigungsverfahren nach § 103 WRG 1959 betreffend die abgeänderte Errichtung der Brücke durchzuführen und im Anschluss daran das Kollaudierungsverfahren abzuschließen.

Aus diesem Grund hatte das Landesverwaltungsgericht zufolge der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zitierte Entscheidung vom 29.01.2004, 2003/07/0048) den vorliegenden Bescheid zu beheben, zumal nach dieser Rechtsprechung vor der Kollaudierung über die geänderte Errichtung der Brücke als eigenständiges Verfahren zu entscheiden ist und erst daran anschließend eine Kollaudierung des Gesamtvorhabens vorgenommen werden kann.

Aus diesem Grund hat die belangte Behörde daher zunächst dieses Verfahren durchzuführen und erst in weiterer Folge das Verfahren nach § 121 WRG 1959 fortzusetzen.

Festgehalten wird, dass durch eine Behebung des Bescheides grundsätzlich eine Entscheidung in der Sache hergestellt wird und eine neuerliche Entscheidung der Behörde in diesem Umfang nicht zulässig ist. Diese Sperrwirkung gilt allerdings nur solange, als dass sich die Sach- oder Rechtslage nicht wesentlich geändert hat. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, das nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens betreffend die abgeänderte Ausführung der Brücke eine relevante Sachverhaltsänderung vorliegt, welche die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung im Verfahren nach § 121 WRG berechtigt.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So wird auch die in der Begründung zitierte Judikatur des VwGH verwiesen, wonach eine nachträgliche Genehmigung bei Berührung fremder Rechte, für welche eine Zustimmungserklärung nicht vorliegt, in Kollaudierungsverfahren nach § 121 WRG 1959 nicht zulässig ist. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

wasserrechtliche Kollaudierung; keine Zwangsrechtseinräumung in Kollaudierungsverfahren;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.15.0009.3

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten