TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/4 99/20/0192

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Veröffentlicht am 04.05.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, in der Beschwerdesache des KN in Wien, geboren am 30. Mai 1967, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. März 1999, Zl. 204.322/0-XII/37/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages gemäß § 68 AVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo. Er reiste am 14. November 1997 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 19. November 1997 Asyl. Er begründete seine Flucht im Wesentlichen damit, dass er als Spitzel der Partei Mobutus (MPR) an der Ermordnung von mindestens 17 Personen mitgewirkt habe. Nun befürchte der Beschwerdeführer, von den Truppen Kabilas ermordet zu werden.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 1997 wies das Bundesasylamt diesen Antrag gemäß § 3 Asylgesetz 1991 mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer seine Agenten- und Spitzeltätigkeit in dem Bewusstsein ausgeübt habe, eine große Anzahl von Bewohnern seines Heimatlandes staatlichen Willkürakten, Folterungen und Hinrichtungen auszusetzen, wobei eindeutig von einem Überwiegen des kriminellen Charakters seiner Taten gesprochen werden könne. Da der Beschwerdeführer somit vor der Einreise nach Österreich schwere, nicht politische Verbrechen begangen habe, komme eine Asylgewährung nicht in Frage. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 26. Mai 1998 richtete der Beschwerdeführer an das Bundesasylamt folgendes Schreiben:

"Betrifft: Antrag auf ein neues Asylverfahren

Da es in meinem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren ... neue Beweismittel gibt, welche damals nicht geltend gemacht werden konnten, beantrage ein neues Asylverfahren und übermittle der Behörde in der Beilage die Kopie meines Parteiausweises.

Allenfalls beantrage ich eine Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. § 19 AsylG."

Mit Bescheid vom 10. Juli 1998 wies das Bundesasylamt diesen zweiten Asylantrag des Beschwerdeführer gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus:

"In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, dass das von mir vorgelegte Beweismittel nicht geeignet sei, einen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen.

Dies ist unrichtig: Tatsache ist, dass die Behörde im 'ersten'

Bescheid feststellte: 'Sie konnten der Behörde bis zur Bescheiderlassung keinerlei Dokumente vorlegen, welche die Angaben zu Ihrer Person bestätigen - Ihre Person steht daher nicht mit der für das Asylverfahren erforderlichen Verlässlichkeit fest.'

Genau diesem Umstand habe ich mit dem nunmehr von mir vorgelegten Beweismittel Rechnung getragen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 68 AVG in Verbindung mit § 44 Abs. 5 AsylG ab. Sie führte begründend aus, dass der Beschwerdeführer keine Änderung in den entscheidungsrelevanten Fakten vorgetragen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht

auf eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Asyl gemäß § 7 AsylG sowie in seinem Recht auf Wiederaufnahme des mit dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. Dezember 1997 abgeschlossenen Asylverfahrens verletzt. Der Beschwerdeführer behauptet, am 26. Mai 1998 "einen Wiederaufnahme und neuen Asylantrag beim Bundesasylamt Wien gestellt" zu haben, "da ich nun als Beweis für meine Parteizugehörigkeit meinen Parteiausweis vorlegen konnte." Demgegenüber hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgebracht, einen seinen Antrag begründenden "neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt" vorgetragen zu haben. Der Beschwerdeführer hat somit in seiner Berufung keinesfalls behauptet, in erster Instanz entgegen der Auffassung der Behörde erster Instanz einen Antrag auf Wiederaufnahme gestellt zu haben.

Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens war daher der am 26. Mai 1998 zumindest auch gestellte zweite Asylantrag, der auch der begehrten Bescheinigung über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG zu Grunde gelegt werden sollte.

Nach dem die Wiederaufnahme eines Verwaltungsverfahrens regelnden § 69 Abs. 1 Z 2 AVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) oder neu hervorgekommene Beweismittel zu bereits früher bestehenden Tatsachen - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des im vorhergehenden Verfahren angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen. Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhaltes gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1997, Zl. 96/01/0242, mwN).

Im vorliegenden Fall beziehen sich die verfolgungsrelevanten neuen Tatsachenbehauptungen und Beweisanbote jeweils auf den Sachverhalt, der bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden hat. Wird aber bei einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0173), so steht die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag entgegen und berechtigt die Behörde zu seiner Zurückweisung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, Zl. 98/20/0467). Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie die Berufung gegen den den zweiten Asylantrag zurückweisenden Bescheid des Bundesasylamtes abwies, den Beschwerdeführer nicht in seinen vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Mai 2000

Schlagworte

Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova producta Rechtskraft Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999200192.X00

Im RIS seit

04.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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