TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/5 VGW-021/014/6022/2017

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Veröffentlicht am 05.01.2018
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Entscheidungsdatum

05.01.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §39 Abs3
GewO 1994 §367 Z25
GewO 1994 §370 Abs5
VStG §49 Abs1
ZustG §17 Abs1
ZustG §2 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde des Herrn Dipl.-Ing. Dr. H. L. vom 19.4.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 20.3.2017, Zahl MBA … - S 58702/16, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21.12.2017, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

B E G R Ü N D U N G

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 20.3.2017, wurde der Einspruch des Beschwerdeführers vom 30.12.2016 gegen die Strafverfügung vom 7.12.2016, Zahl MBA … – S 58702/16, womit über den Beschwerdeführer wegen zwei Übertretungen des § 367 Z 25 GewO 1994 iVm näher bezeichneten Bescheidauflagen zwei Geldstrafen à 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen à 6 Stunden) verhängt worden waren, gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass laut dem Rückschein ein Zustellversuch am 13.12.2016 unternommen und die Benachrichtigung über die Hinterlegung der Strafverfügung in der Abgabeeinrichtung hinterlegt worden sei, wobei als Beginn der Hinterlegung (richtig: Abholfrist) der 14.12.2016 festgehalten worden sei. Die zweiwöchige Einspruchsfrist habe am 14.12.2016 begonnen und am 28.12.2016 geendet. Der Einspruch sei erst am 30.12.2016 mit einem nicht näher substantiierten Hinweis auf eine Ortsabwesenheit bis 30.12.2016 eingebracht worden. Trotz Hinweises der belangten Behörde auf die verspätete Einbringung und der im Schreiben vom 27.1.2017 eingeräumten Möglichkeit, Beweise für eine Ortsabwesenheit von der Abgabestelle zur Zeit der Zustellung vorzulegen, habe der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 14.2.2017 keine Beweisanbote bezüglich einer Ortsabwesenheit gemacht. Die belangte Behörde sei in der Folge von einer wirksamen Zustellung am 14.12.2016 ausgegangen und habe den Einspruch vom 30.12.2016 als verspätet zurückgewiesen

Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer argumentiert unter Wiedergabe der im Vorhalt der Verspätung enthaltenen Formulierung „Sie haben Gelegenheit binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens hierzu schriftlich Stellung zu nehmen und allenfalls entsprechende Unterlagen […] vorzulegen. […] Sollte innerhalb der genannten Frist keine Stellungnahme erfolgen, wie das Verfahren ohne weitere Anhörung fortgeführt werden.“, dass sich aus „allenfalls“ gerade nicht ergäbe, dass Beweisanträge zu erfolgen hätten, ansonsten diese verfristet wären. Gerade aus der nachfolgenden Androhung „Sollte innerhalb der genannten Frist keine Stellungnahme erfolgen,“ sei eindeutig zu entnehmen, dass nur im Falle des Unterbleibens einer Stellungnahme keine weitere Anhörung erfolge; e contrario müsse daraus geschlossen werden, dass bei Erstattung einer Stellungnahme eine weitere Anhörung erfolgen werde, bei/mit welcher – sollte mit der bislang erfolgten Mitwirkung des Beschwerdeführers nicht ausreichend angesehen werden – weiteres Vorbringen oder auch Beweise angebracht werden können. Durch das Unterbleiben der Aufforderung zur Darbietung von Beweisen sei der Beschwerdeführer in seinem rechtlichen Gehör verletzt bzw. beschnitten worden.

Der Beschwerdeführer habe der belangten Behörde mitgeteilt, dass er ortsabwesend und nicht in Österreich aufhältig sei; die belangte Behörde hätte in die Meldedaten des Beschwerdeführers Einsicht nehmen müssen. Dabei wäre sie sich des notorischen Umstandes, dass der Beschwerdeführer keinen Hauptwohnsitz in Österreich habe, bewusst geworden.

Des Weiteren leide der Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, da aus ihm nicht hervorgehe, woraus der Zusteller schließen konnte, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte.

Im Übrigen ergäbe sich daraus, dass das Poststück durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 30.12.2016 behoben worden sei, dass der Beschwerdeführer nicht zur Abgabestelle zurückgekehrt sei, auch nicht regelmäßig iSd Zustellgesetzes. Durch die Hinterlegung, welche sohin unwirksam gewesen sei, sei keine Zustellung erfolgt; diese sei erst durch Aushändigung an den Rechtsvertreter am 30.12.2016 gemäß § 7 ZustG bewirkt worden. Als Zeugen benennt der Beschwerdeführer MMag. S., seinen rechtsfreundlichen Vertreter, St., DI R. sowie den zuständigen Zusteller.

Über schriftliche Aufforderung des Verwaltungsgerichtes vom 5.10.2017 geeignete Beweismittel für seine noch näher zu bezeichnende Abwesenheit von der Abgabestelle in Wien, S.-gasse im Dezember 2016 vorzulegen bzw. bekanntzugeben, teilte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 8.11.2017 mit, dass im gegenständlichen Fall zur Zeit der Hinterlegung respektive zur Zeit der versuchten Zustellung eine dauernde Ortsabwesenheit des Empfängers vorgelegen sei, als Beweismittel benennt er MMag. S..

Der Beschwerdeführer beantragt den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den erhobenen Einspruch als rechtmäßig anzuerkennen und die verhängte Geldstrafe aufzuheben, in eventu selbst Beweise zu erheben, eine Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, den erhobenen Einspruch als rechtmäßig anzuerkennen und die verhängte Geldstrafe aufzuheben

Am 21.12.2017 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, der der Beschuldigte sowie sein rechtsfreundlicher Vertreter und die Zeugin MMag. S. unentschuldigt fernblieben; die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme.

Das Verwaltungsgericht Wien stellt folgenden Sachverhalt als erwiesen fest:

Die belangte Behörde richtete an den Beschwerdeführer, der über keinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet verfügt, in seiner Funktion als gewerberechtlichen Geschäftsführer der C. GmbH & Co. KG, deren Sitz des Gewerbebetriebes (mit den Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag: 8:00 Uhr bis 17.00 Uhr; Freitag: 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr) in Wien, S.-gasse gelegen ist, die Strafverfügung vom 7.12.2017, Zahl MBA … -S 58702/16, worin dem Beschwerdeführer zwei Übertretungen nach § 367 Z 25 iVm näher bezeichneter Bescheidauflagen zur Last gelegt und über ihn zwei Geldstrafen à 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen: je 6 Stunden) verhängt wurden.

Nach einem erfolglosem Zustellversuch dieser RSb-Briefsendung an der Abgabestelle Wien, S.-gasse wurde das Schriftstück in der Postfiliale … Wien hinterlegt und dort ab dem 14.12.2016 zur Abholung bereitgehalten.

Der Einspruch des rechtsfreundlichen vertretenen Beschwerdeführers wurde am 30.12.2016 per E-Mail bei der belangten Behörde eingebracht. Darin wurde erwähnt, dass die Strafverfügung „wegen Ortsabwesenheit am 30.12.2016 zugestellt“ worden sei.

Im Verspätungsvorhalt vom 27.1.2017 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer unter Angabe der Rechtsmittelfrist darauf hin, dass der mittels E-Mail vom 30.12.2016 eingebrachte Einspruch offensichtlich verspätet erhoben wurde.

Dem Beschwerdeführer wurde gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens dazu Stellung zu nehmen und allenfalls entsprechende Unterlagen, wie zum Beispiel Passsichtvermerke, Hotelabrechnungen, die eine Ortsabwesenheit von der Abgabestelle zur Zeit der Zustellung belegen könnten, vorzulegen.

Der Beschwerdeführer erwiderte mit E-Mail vom 14.2.2017, dass – wie er bereits im Einspruch mitgeteilt habe – die Strafverfügung wegen Ortsabwesenheit nicht zugestellt worden sei. Der Beschwerdeführer sei nicht in Österreich anwesend gewesen; sein Rechtsvertreter habe das Schriftstück am 30.12.2016 in der Postfiliale … abgeholt und gelte dieser Tag als Tag der Zustellung.

Daraufhin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch des Beschwerdeführers als verspätet zurück. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

 

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtes Wien, geeignete Beweismittel für seine zeitlich noch näher zu bezeichnende Abwesenheit von der Abgabestelle im Dezember 2016 vorzulegen/bekanntzugeben, replizierte der Beschwerdeführer, dass er zur Zeit der versuchten Zustellung und Hinterlegung ständig ortsabwesend gewesen sei, als Beweismittel führte er seine und die Einvernahme von MMag. S. an.

Der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien blieben der Beschwerdeführer, sein rechtsfreundlicher Vertreter und die Zeugin unentschuldigt fern.

Diese Feststellungen gründen sich bezüglich der Funktion des Beschwerdeführers und des Sitzes des Gewerbebetriebes auf den Auszug des Gewerbeinformationssystems Austria zur C. GmbH & Co. KG, bezüglich der Öffnungszeiten des Betriebes auf die Internetseite „https://www.herold.at/gelbe-seiten/wien/ .../“, hinsichtlich des Fehlens eines Hauptwohnsitzes des Beschwerdeführers auf die Auskunft des Zentralen Melderegisters vom 15.12.2017, bezüglich der Zustelldaten der Strafverfügung auf deren RSb-Zustellnachweis, betreffend den Inhalt der Strafverfügung auf deren Spruchbestandteil sowie auf das Parteienvorbringen des Beschwerdeführers.

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer ist gewerberechtlicher Geschäftsführer der Betriebsanlageninhaberin.

Gemäß § 2 Z 4 Zustellgesetz (ZustG) bedeutet „Abgabestelle“: die Wohnung
oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.

Entsprechend § 370 Abs. 5 GewO sind Strafbescheide an den gewerberechtlichen Geschäftsführer, der über keinen Wohnsitz im Inland verfügt, am Sitz des Gewerbebetriebes im Inland zuzustellen.

Entscheidend für eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung ist, dass das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden konnte und der Zusteller gemäß § 17 Abs. 1 ZustG Grund zur Annahme hatte, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte.

Zufolge § 39 Abs. 3 GewO hat sich der Geschäftsführer im Betrieb auch entsprechend zu betätigen. Im Hinblick auf den konkreten Gewerbebetrieb (Ausübung des reglementierten Gewerbes „Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechniker (verbundenes Handwerk)“ ist eine regelmäßige Präsenz des Geschäftsführers im Gewerbebetrieb nötig, um seinen Aufsichtspflichten zu entsprechen und um eine bloße Scheinerfüllung ausschließen zu können. In Anbetracht dessen sowie des Umstandes, dass der Gewerbebetrieb Montag bis Freitag geöffnet ist, bestand für den Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Beschwerdeführer regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Die Voraussetzungen für eine im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung entsprechend § 17 ZustG lagen somit vor.

Durch die bloße Behauptung des Adressaten, während des Zustellvorganges ortsabwesend gewesen zu sein, wird eine Unwirksamkeit der durch Hinterlegung erfolgten Zustellung nicht dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes reicht die Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne konkrete Angaben über Zeitraum und Grund der Abwesenheit nicht aus. Der Beschwerdeführer hat, obwohl er dazu aufgefordert wurde, es unterlassen, den Zeitraum der Ortsabwesenheit konkret zu bezeichnen.

Wird ein Beweisthema, welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch die angebotenen Beweise erwiesen werden sollen, nicht genannt, so sind diese als Erkundungsbeweise anzusehen, zu deren Aufnahme das Gericht nicht verpflichtet ist. Mangels konkreter Benennung des Zeitraumes der Abwesenheit

bedurfte es auch nicht mehr der Einvernahme der vom Beschwerdeführer angeführten Personen.

Die Strafverfügung wurde laut unbedenklichen RSb-Zustellnachweis nach einem (zulässigen,) erfolglosen Zustellversuch am 13.12.2016 bei der Postfiliale … hinterlegt und ab dem 14.12.2016 zur Abholung bereitgehalten. Mangels konkret bezeichneter und dargetaner Ortsabwesenheit war mit diesem Tag von einer wirksamen Zustellung auszugehen.

Die Einspruchsfrist begann sohin am 14.12.2016 und endete am 28.12.2016. Der am 30.12.2016 erhobene Einspruch erweist sich damit als verspätet, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Strafverfügung; Einspruch; verspätet; kein Hauptwohnsitz im Bundesgebiet; gewerberechtlicher Geschäftsführer; Zustellung durch Hinterlegung; Behauptung der Ortsabwesenheit; keine Glaubhaftmachung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.021.014.6022.2017

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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