TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/15 LVwG-2017/39/1824-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2018
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Entscheidungsdatum

15.01.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L82007 Bauordnung Tirol

Norm

VwGVG §8
VwGVG §16
BauO Tir 2011 §36 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr. Doris Mair über die Säumnisbeschwerde des Herrn AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, **** Z, gegen den Bürgermeister der Gemeinde Y wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend einen Antrag vom 17.05.2017 auf vorübergehende Benützung von Nachbargrundstücken

zu Recht:

1.       Die Säumnisbeschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.    Sachverhalt:

Mit Eingabe vom 17.08.2016, abgeändert mit Eingabe vom 26.01.2016, beantragte Herr AA (im Folgenden: Beschwerdeführer) die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung jeweils eines Wohngebäudes mit zwei bzw drei Wohneinheiten auf Grundstücken **1 bzw **2, KG Y.

Mit Schreiben vom 19.08.2016 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Vorlage einer Benützungsberechtigung an der als Zufahrtsmöglichkeit angegebenen Privatstraße (Gst **3), zur Vorlage eines Nachweises dahingehend, dass durch die Errichtung der baulichen Anlagen nicht behindert bzw beeinträchtigt würden sowie zur Prüfung dahingehend auf, ob im Kurvenbereich der Straße keine Beeinträchtigung der Verkehrs für PKW und LKW mit sich ziehen würde.

Mit Schreiben vom 26.09.2016 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf vorübergehende Benützung der Grundstücke **4 und **5, umfänglich dargestellt in einer beigeschlossenen Planunterlage für eine Zufahrt mit Baufahrzeugen, LKWs und dergleichen während der Bauphase, da die Dienstbarkeitsfläche, welche künftig der Zufahrt zu den Gebäuden dienen solle, nicht ausreichend dimensioniert wäre. Da Herr CC als Eigentümer dieser Grundstücke trotz Aufforderung durch den Beschwerdeführer der vorübergehenden Benützung nicht zugestimmt habe, wäre dieser Duldungsantrag zu stellen gewesen.

Mit Schreiben vom 18.10.2016 wurde der Beschwerdeführer zur schriftlichen Verständigung der tatsächlichen Eigentümerinnen dieser Grundstücke, nämlich D und EC (und nicht wie fälschlich angenommen CC) über die Durchführung der beabsichtigten Bauarbeiten und entsprechenden Nachweis an die Behörde sowie zur Beibringung einer etwaigen Zustimmungserklärung aufgefordert.

Mit Schreiben vom 21.11.2016 teilte der Beschwerdeführer mit, die grundbücherlichen Eigentümerinnen unter Beifügung einer vorbereiteten Zustimmungserklärung angeschrieben und um Zustimmung zur Benützung während der Bauphase unter Übermittlung eines entsprechenden Planes innerhalb einer Wochenfrist ersucht zu haben. Da diese unbeantwortet geblieben wären, werde neuerlich um Ausspruch der angesuchten Duldung ersucht.

Mit Schreiben vom 10.01.2017 teilte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf ein mit der Behörde geführtes Gespräch mit, dass aufgrund der bekannt gewordenen beabsichtigten Errichtung eines Carports und Lagers auf Gst **4 die während der Bauphase vorgesehene Lösung einer Zufahrt über die Gste **4 und **5 damit nicht verwirklicht werden könne.

Der Beschwerdeführer gab weiters an, deshalb mit gleicher Post die Eigentümerin des Gst **5 FC um Zustimmung zur vorübergehenden Inanspruchnahme des nordöstlichen Ecks ihres Gst **5 (zur Erweiterung des innenseitigen Kurvenradius des daran anschließenden Dienstbarkeitsweg Gst **3) zu ersuchen. Eine Rücksprache mit dem planenden Architekten hätte hinsichtlich einer Eignung dieses Zufahrtsweges ergeben, dass lediglich im Kurvenbereich kurveninnenseitig, sohin in der Nordostecke dieser Wegparzelle etwas Grund von Gst **5 zur Erweiterung des Kurvenradius während der Bauphase benötigt werde. Dem Schreiben war eine planliche Darstellung angeschlossen.

Mit Schreiben vom 14.02.2017 teilte der Beschwerdeführer mit, dass auf sein Ersuchen vom 10.01.2017 nicht reagiert worden wäre, und stellte den Antrag auf vorübergehende Benützung des nordöstlichen Ecks des Nachbargrundstückes **5 laut planlich dargestelltem Ausmaß.

Mit einem Schreiben vom 21.02.2017 wies der Beschwerdeführer (bezugnehmend auf eine entsprechende missverständliche Annahme der belangten Behörde) darauf hin, dass nicht Teile des Gst **4 während der Baumaßnahmen beansprucht werden sollten, sondern vielmehr das nordöstliche Eck des Gst **5 laut (bereits) vorgelegter Planskizze.

Mit Bescheiden vom 16.03.2017, Zl ****, und vom 31.05.2017, Zl ****, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für die beantragten Bauvorhaben erteilt (Spruchpunkte I). Jeweils unter Spruchpunkten II dieser Bescheide wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 21.02.2017 (richtig wohl 14.02.2017) auf vorübergehende Benützung des nordöstlichen Ecks des Nachbargrundstückes **5 und die aus der planlichen Darstellung ersichtliche Nutzung der Nachbargrundstücke **31 und **3 durch Abtragung der vorhandenen Stützmauer gemäß § 36 Abs 3 TBO 2011 abgewiesen. Zu Spruchpunkten II wurde neben inhaltlichen Ausführungen zur Abweisung (eine im betroffenen nordöstlichen Eck in fremdem Eigentum stehende Stützmauer müsste abgerissen werden) festgehalten, dass der ursprünglich eingebrachte Antrag auf vorübergehende Benützung der Nachbargrundstücke **5 und **4 mit Schreiben vom 21.02.2017 konkludent zurückgezogen worden wäre. Beide Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid vom 04.04.2017 wies der Bürgermeister der Gemeinde Y das Ansuchen der Frau DC auf Errichtung eines Carports und eines Lagers auf Gst **4 ab.

Mit Schreiben vom 17.05.2017 (eingelangt am selben Tag) teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Behörde mit, dass ihm Herr CC am 27.04.2017 mitgeteilt habe, dass er zur Abgabe rechtsverbindlicher Erklärungen für D und FC berechtigt wäre, und ihm weiters berichtet habe, dass die Garage und das Lager auf Gst **4 nicht mehr verwirklicht würden. Dementsprechend stehe nun der vorübergehenden Benützung dieses Grundstückes kein Hindernis mehr entgegen. Infolge Ablehnung der auf Gst **5 (kurveninnenseitig) grundbeanspruchenden Variante verbleibe einzig diese Möglichkeit. Würden die Eigentümerinnen eine Inanspruchnahme ihres Grundes nicht wünschen, wäre damit nicht von einer ausdrücklichen Zustimmung im gesetzlichen Sinne auszugehen. Der Beschwerdeführer beantragte erneut die Duldung der vorübergehenden Benützung der Gste **5 und **4 während der Bauphase laut beigeschlossenem (in dieser Form bereits dem Ansuchen vom 26.09.2016 bzw 21.02.2017 zugrundeliegendem) Plan und möge auch auf die Wiederherstellungspflicht des Beschwerdeführers hingewiesen werden. Dem Ansuchen beigeschlossen war weiters je ein an EC (betreffend Gst **5) sowie D und EC (betreffend Gst **4) gerichtetes Schreiben vom 28.10.2016, in denen jeweils unter Bezugnahme auf das Bauansuchen des Beschwerdeführers und unter Beilage einer vorgedruckten Zustimmungserklärung auf die Notwendigkeit zur Inanspruchnahme der Grundstücke während der Bauphase (Zufahrt für Baufahrzeuge, LKW´s und dergleichen), auf die dafür benötigte Grundstücksflächen laut beiliegender Planskizze sowie auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes hingewiesen wurde.

Der Beschwerdeführer hielt zudem fest, dass es sich bei seinem nunmehrigen Antrag nicht um einen, zum Schreiben vom 26.09.2016 identen Antrag handle, sondern um einen eigenständigen neuen Antrag, zumal der Umstand, dass nunmehr die ursprünglich geplante Garage nicht errichtet werde, eine völlig neue Situation schaffen würde, und die damaligen Voraussetzungen, die zur Nichtweiterverfolgung des seinerzeitigen Antrags geführt hätten, nicht mehr vorlägen.

Mit Schreiben vom 31.05.2017 forderte die belangte Behörde vom Beschwerdeführer eine genaue schriftliche Beschreibung der beabsichtigten Benützung der Nachbargrundstücke **5 und **4 gemäß § 36 Abs 1 TBO 2011, eine nachweisliche Darstellung, dass die betreffenden Bauarbeiten nicht auf andere Weise oder nur mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten erfolgen könnten, wobei die Mehrkosten zahlenmäßig darzustellen wären, sowie die Vorlage der schriftlichen Verständigung der betroffenen Grundstückseigentümer. Der Behörde liege keine Vollmacht der Grundstückseigentümer vor, dass Herr CC berechtigt wäre, rechtsverbindliche Erklärungen für die betroffenen Grundstücke abzugeben. Somit könne nicht von einer Verständigung der Grundstückseigentümer gemäß § 36 Abs 3 TBO 2011 ausgegangen werden. Sollten die Grundstückseigentümer nach der schriftlichen Verständigung keine Zustimmung erteilen, werde ein Gutachten eines Sachverständigen eingeholt.

Mit Stellungnahme vom 29.06.2017 begründete der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer die späte Erledigung mit urlaubsbedingter Abwesenheit und wies unter nochmaligem Hinweis auf die planliche Darstellung in beigelegter Planurkunde darauf hin, dass im Zuge der Baustellenzufahrt beabsichtigt sei, eine Aufschüttung von Schotter zur Befestigung des Untergrundes über die Gste **5 und **4 zu erstellen, nach Beendigung des Bauvorhabens diesen Untergrund sofort zu entfernen und den Ursprungszustand herzustellen. Lediglich über diese Zufahrt werde die Baustelle im notwendigen Ausmaß bedient. Eine Zufahrt über Gst **5 sei infolge ablehnenden Bescheides vom 16.03.2017 nicht mehr möglich. Eine Zufahrt über Gst **6 südlich der beabsichtigten Baustellenzufahrt wäre aufgrund zu geringer Durchfahrtshöhe (Balkone) nicht möglich. Somit verbleibe lediglich die beantragte Zufahrt über Gste **5 und **4. Eine Bedienung über die Luft (Hubschrauber) sei aus Sicherheitsgründen, Zumutbarkeitsgründen (Lärm, Staub) gegenüber den anliegenden Nachbarn als auch Kostengründen nicht möglich und werde voraussichtlich auch nicht behördlich genehmigt. Die beigeschlossenen, an die Nachbarinnen gerichteten Schreiben vom 28.10.2016 seien unbeantwortet geblieben, lediglich deren Vater CC habe deren Zustimmungsverweigerung ausgerichtet. Der Beschwerdeführer stehe auf dem Standpunkt, dass eine Gutachtenseinholung nicht erforderlich wäre, zumal diese Zufahrt kein Problem darstelle, und keine weiteren Gutachtenskosten entstünden.

Mit Schriftsatz vom 07.07.2017 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde. Er hielt vor, dass sein Antrag auf vorübergehenden Benützung des nordöstlichen Ecks des Gst **5 mit Bescheiden vom 16.03.2017 und 31.03.2017 mit der Begründung abgewiesen worden wäre, dass im vorgesehenen Bereich eine zur Hangsicherung dienende Stützmauer entfernt werden müsste, wodurch allenfalls Gefahren für andere Gebäude bzw Hangrutschungen möglich wären. Einem vorangehenden Antrag im Herbst des Jahres 2016 auf vorübergehende Benützung der Gste **5 und **4 wäre die im Bereich der gewünschten Baustellenzufahrt beabsichtigte Errichtung eines Lagers und Carports entgegen gestanden. Nachdem ein darauf gerichtetes Bauansuchens jedoch abgewiesen worden wäre, habe der Beschwerdeführer seinen Antrag vom 17.05.2017 unter Hinweis auf die geänderten Umstände neuerlich eingebracht. Die entsprechenden schriftlichen Aufforderungen zur Fremdgrundbenützung an die Grundstückseigentümerinnen D und EC wären der Behörde ebenfalls vorgelegt worden, diese jedoch zur Zustimmungserteilung nicht bereit gewesen. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 17.05.2017 sei bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt und habe die Gemeinde Y bis zum 28.06.2017 über diesen Antrag nicht entschieden. Die Frist des § 8 Abs 1 VwGVG sei daher abgelaufen. Nachdem bis dato nicht entschieden worden wäre, sei die Behörde ihrer Entscheidungspflicht nicht nachgekommen. Gemäß § 8 Abs 1 VwGVG sei die Beschwerde abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Der Begriff des Verschuldens der Behörde sei dabei nicht im Sinne eines Verschuldens einzelner Organwalter, sondern objektiv zu verstehen. Verschulden sei demgemäß bereits dann anzunehmen, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse gehindert gewesen wäre, die Entscheidung vor Ablauf der Entscheidungsfrist zu treffen. Nachdem keinerlei tatsächliche oder rechtliche Gründe vorliegen würden, die eine fristgereichte Entscheidung verhindert hätten, liege die Verzögerung im alleinigen Verschulden der belangten Behörde. Beantragt wurde, die Duldung der vorübergehenden Inanspruchnahme auszusprechen, in der Sache selbst zu entscheiden und in Stattgebung dieses Antrages die beantragte Bewilligung zu erteilen. Der Beschwerdeführer gab an, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich scheine. Der Säumnisbeschwerde beigeschlossen wurden die im Schriftsatz bezogenen Unterlagen und Nachweise.

II.      Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die verfahrensgegenständlichen behördlichen Akte zu Zahl **** und **** sowie in Luftbildaufnahmen aus tirisMaps (letztmaliges Flugaufnahmedatum 14.08.2016).

III. Rechtslage:

Es gelten folgende Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF BGBl I Nr 138/2017:

Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde

§ 8

(1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(…)

Nachholung des Bescheides

§ 16

(1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Es gilt folgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 (BV) idgF BGBl I Nr 161/2013:

Anbringen

§ 13

(…)

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

(…)“

Es gelten folgende Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 2011 – TBO 2011, LGBl Nr 57/2011 idgF LGBl Nr 129/2017:

㤠36

Vorübergehende Benützung von Nachbargrundstücken

(1) Die Eigentümer der Nachbargrundstücke und die sonst hierüber Verfügungsberechtigten haben das Betreten und Befahren sowie die sonstige vorübergehende Benützung dieser Grundstücke und der darauf befindlichen baulichen Anlagen zum Zweck der Ausführung eines Bauvorhabens, der Durchführung von Erhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen oder der Behebung von Baugebrechen einschließlich allfälliger Sicherungsarbeiten im unbedingt notwendigen Ausmaß zu dulden. Diese Verpflichtung umfasst auch die Durchführung von Grabungsarbeiten und die Anbringung von Verankerungen und Stützelementen und dergleichen. Die Benützung hat unter möglichster Schonung der Interessen der Eigentümer der betroffenen Grundstücke und der sonst hierüber Verfügungsberechtigten zu erfolgen.

(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 besteht nur insoweit, als

a) die betreffenden Bauarbeiten auf eine andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt werden könnten und

b) bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen die Vorteile aus der Benützung der Grundstücke bzw. der darauf befindlichen baulichen Anlagen nicht in einem krassen Missverhältnis zu den damit verbundenen Nachteilen stehen.

(3) Der Eigentümer des Nachbargrundstückes oder der sonst hierüber Verfügungsberechtigte ist von der beabsichtigten Durchführung der Bauarbeiten außer bei Gefahr im Verzug mindestens zwei Wochen vorher schriftlich zu verständigen. Stimmt der Eigentümer oder der sonst Verfügungsberechtigte der Durchführung der Bauarbeiten nicht ausdrücklich zu, so hat die Behörde auf Antrag des Bauherrn bzw. des Eigentümers der betreffenden baulichen Anlage mit schriftlichem Bescheid über die Zulässigkeit der Durchführung der Bauarbeiten zu entscheiden. Wird diese bejaht, so sind die zulässigen Bauarbeiten und erforderlichenfalls auch die Art ihrer Durchführung im Einzelnen anzuführen. Die Entscheidung hat spätestens innerhalb von sechs Wochen nach dem Einlangen des bezüglichen Ansuchens zu erfolgen. Die Duldungspflicht ist im Weg der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen.

(4) Ergibt sich bereits im Zug des Bauverfahrens, dass zur Ausführung des betreffenden Bauvorhabens voraussichtlich Bauarbeiten auf einem Nachbargrundstück durchgeführt werden müssen, so hat die Behörde möglichst auf die Erteilung der Zustimmung des Eigentümers des betroffenen Grundstückes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten hinzuwirken. Verweigert der Eigentümer oder der sonst Verfügungsberechtigte die Zustimmung, so kann die Behörde auf Antrag des Bauwerbers bereits in der Baubewilligung über die Zulässigkeit der Durchführung der Bauarbeiten entscheiden.

(…)“

IV. Erwägungen:

Die zur Anwendung gelangende baurechtliche Vorschrift (§ 36 Abs. 3 vierter Satz TBO 2011) sieht für Anträge auf vorübergehende Benützung von Nachbargrundstücken eine sechswöchige Entscheidungsfrist vor. § 8 Abs 1 VwGVG setzt den Beginn der Entscheidungsfrist mit jenem Zeitpunkt an, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Zuständige Einbringungsstelle für Anträge der gegenständlichen Art ist der Bürgermeister als Baubehörde.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol folgt der Ansicht des Beschwerdeführers sowie der belangten Behörde, dass es sich beim Antrag vom 17.05.2017 um einen neuen Antrag handelt. Zu Recht ist – so auch in den Bescheiden vom 16.03.2017 und 31.05.2017 begründend geäußert – davon auszugehen, dass das ursprüngliche Ansuchen vom 26.09.2016 (und 21.11.2016) konkludent zurückgezogen wurde. Dies ergibt sich schlüssig aufgrund des Schreibens des Beschwerdeführers vom 10.01.2017, in welchem er die Unmöglichkeit zur Verwirklichung einer vorübergehenden Zufahrt über die Grundstücke **5 und **4 zugestand, jedenfalls aber zweifelsfrei zusammenschauend mit den weiteren Äußerungen des Beschwerdeführers in seinem Schreiben vom 21.02.2017, in welchem er ausdrücklich seine Absicht betonte, nunmehr eine davon verschiedene andere vorübergehende Zufahrtsvariante zu verfolgen. Zudem führt der Beschwerdeführer in seiner Antragstellung selbst unmissverständlich aus, dass es sich bei diesem Antrag vom 17.05.2017 um einen neuen Antrag handle. Damit ist aber der Einbringungszeitpunkt des Ansuchens vom 26.09.2016 (und vom 21.11.2016) jedenfalls nicht als Beginn der Entscheidungsfrist zu bewerten.

Beginn der Entscheidungsfrist:

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 17.05.2017 auf vorübergehende Benützung fremder Liegenschaften langte am gleichen Tag bei der belangten Behörde ein. Die Säumnisbeschwerde ging am 13.07.2017 bei der belangten Behörde ein. Die belangte Behörde legte die Säumnisbeschwerde dem Landesverwaltungsgericht Tirol vor.

§ 8 Abs 1 VwGVG (wie vergleichbar § 73 Abs 1 AVG) geht seinem Wortlaut nach von einem Beginn der Entscheidungsfrist mit dem Einlangen des Antrags auf Sachentscheidung bei der zuständigen Behörde aus. Weisen allerdings schriftliche Anbringen Mängel auf, so darf die Behörde solche Anbringen nicht (sofort) zurückweisen. Sie hat vielmehr gemäß § 13 Abs 3 AVG von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen. Ist ein Anbringen im Sinne des § 13 Abs 3 AVG mangelhaft, so steht es im Ermessen der Behörde, entweder einen förmlichen Verbesserungsauftrag zu erteilen oder aber die Behebung des Mangels auf andere Weise zu veranlassen. Gegenständlich forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer in diesem Sinne mit Schreiben vom 31.05.2017 auf, näher benannte Angaben, Unterlagen und Nachweise zu seinem Ansuchen vom 17.05.2017 zu erbringen.

Die belangte Behörde erteilte diesen Auftrag zur Verbesserung der Antragsunterlagen zu Recht, dies unter folgenden Überlegungen:

§ 36 TBO 2011 benennt im Gegensatz etwa zu entsprechenden Vorschriften betreffend Baubewilligungs- bzw Anzeigeverfahren (§§ 22, 23 TBO 2011) die notwendigen Inhaltserfordernisse eines Antrags um vorübergehende Benützung von Nachbargrundstücken nicht. Ein derartiger Antrag auf vorübergehende Benützung von Nachbargrundstücken muss daher jene Angaben und Projektunterlagen enthalten, die die Behörde in die Lage versetzen, jene Fragen zu beantworten bzw dahingehende Ermittlungen zu führen, welche ihr nach der Bestimmung des § 36 TBO 2011 zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes aufgetragen sind. Hat die Baubehörde erst nach erfolglosem Versuch des Antragstellers, eine ausdrückliche Zustimmung durch den am Nachbargrundstück privatrechtlich Berechtigten zu erlangen, zu entscheiden (§ 36 Abs 3 zweiter Satz TBO), wird in verfahrensrechtlicher Hinsicht der Nachweis, aus dem hervorgeht, dass dieser seine Zustimmung zur Fremdgrundinanspruchnahme nicht erteilt hat, damit notwendige Unterlage zum Antrag sein. Hat die Behörde im Duldungsbescheid die zulässigen Bauarbeiten und erforderlichenfalls auch die Art ihrer Durchführung im Einzelnen anzuführen (§ 36 Abs dritter Satz TBO 2011), werden dem Antrag auch Beschreibungen der genauen Art der Arbeiten, des Ausmaßes und des Umfanges der Fremdgrundinanspruchnahme als auch Angaben zum jeweiligen zeitlichen Rahmen der ins Auge gefassten Inanspruchnahme in ausreichend beurteilbarer Weise beizuschließen sein. Besteht die Duldungsverpflichtung weiters nur insoweit, als die betreffenden Bauarbeiten auf eine andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt werden können, wird diese Unmöglichkeit bzw dieses unverhältnismäßige Kostenverhältnis vom Antragsteller ebenfalls in ausreichender und schlüssig nachvollziehbarer Weise in seinen Antragsunterlagen entsprechend darzulegen sein. Nur unter dieser Voraussetzung wird die Behörde zu einer entsprechenden Alternativprüfung (§ 36 Abs 2 lit a TBO 2011) erst in der Lage sein. Hat die Fremdgrundbenützung unter möglichster Schonung der Interessen der Eigentümer der betroffenen Grundstücke und der sonst hierüber Verfügungsberechtigten zu erfolgen (§ 36 Abs 1 letzter Satz TBO 2011), wird es derartiger detaillierter Unterlagen überhaupt bedürfen, um es der Behörde erst zu ermöglichen, eine entsprechende Prüfung und Abwägung vorzunehmen. Besteht die Duldungsverpflichtung nur insoweit, als bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen die Vorteile aus der Benützung der Grundstücke bzw der darauf befindlichen baulichen Anlagen nicht in einem krassen Missverhältnis zu den damit verbundenen Nachteilen stehen (§ 36 Abs 2 lit b TBO 2011), gewährleisten aber nur entsprechende detaillierte Unterlagen die Vornahme einer solchen gesetzeskonformen Interessensabwägung durch die Behörde.

Dem Antrag des Bauherrn kommt damit besondere Bedeutung zu.

Keine Alternativprüfungen und damit auch keine alternativen weiteren Antragsunterlagen sind nur dann notwendig, wenn sich zur beantragten Fremdgrundbenützung denklogisch keine andere Alternativvariante ergibt. Diesfalls kommt es auch auf das Kostenverhältnis nicht an (vgl etwa VwGH 16.05.2013, 2011/06/0150). Mehrkosten einer Alternative sind dann jedenfalls unverhältnismäßig, wenn nachteilige Auswirkungen durch die beantragte Fremdgrundinanspruchnahme auf die Nachbargrundstücke etwa gar nicht zu erwarten sind, oder sich zur beantragten Variante in einem derartigen Verhältnis bewegen, wie es der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur zu solcher Betrachtung ansetzt (siehe dazu etwa die Ausführungen im Erkenntnis vom 20.09.1994, 94/05/0188, ua). Bestehen mehrere Zufahrtsmöglichkeiten zum Bauplatz, hat sich die Behörde mit den Alternativen zur beantragten Zufahrt auseinander zu setzen und einen entsprechenden Kostenvergleich durchzuführen, was aber wiederum voraussetzt, dass der Behörde dazu ausreichende Unterlagen (auch Kostenaufstellungen udgl) vorliegen. Dabei sind auch allfällige Wiederherstellungskosten zu veranschlagen (vgl in diesem Sinne etwa VwGH 24.05.2005, 2003/05/0039, LVwG Tir 28.11.2014/32/3169-2, ua).

Der Beschwerdeführer nimmt zur berechtigten Aufforderung der belangten Behörde vom 31.05.2017, nachweislich darzustellen, dass die betreffenden Bauarbeiten nicht auf andere Weise oder nur mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten erfolgen könnten, wobei diese Mehrkosten zahlenmäßig darzustellen wären, in seinem Schreiben vom 29.06.2017 in der Weise Stellung, als er keine Alternative zur beantragten Zufahrtsvariante sieht bzw vorhält, dass die einzig mögliche andere Bedienung der Baustelle in einer (aus Kosten-, Sicherheits- und Zumutbarkeitsgründen) jedoch unverhältnismäßigen Nutzung über die Luft mittels Hubschrauber bestünde. Dieser einschränkenden Betrachtung kann sich das Landesverwaltungsgericht Tirol jedoch nicht anschließen. Dies aus folgenden Gründen:

Es trifft zwar – wie vom Beschwerdeführer argumentiert – zu, dass die zur Erweiterung des innenseitigen Kurvenradius beantragte Fremdgrundbenützung des Gst **5 inklusive einer – so die belangte Behörde - notwendigen Entfernung einer hier vorhandenen Stützmauer bescheidmäßig rechtskräftig abgewiesen wurde. Es mag weiters auch allenfalls der Vorhalt des Beschwerdeführers zutreffen, wonach eine Inanspruchnahme etwa des Gst **6 bedingt durch dort bereits bestehende Baulichkeiten nicht möglich sei. Es zeigen sich jedoch entgegen der abschließenden Ansicht des Beschwerdeführers weitere Zufahrtsvarianten als (zumindest) denkbar auf, welche damit vom Beschwerdeführer durch geeignete schlüssige Angaben und Unterlagen in seiner Antragstellung aufzuzeigen wären, und die die belangte Behörde (erst) in die Lage versetzten könnten, zu prüfen, ob die beantragte Zufahrtsvariante tatsächlich den in § 36 Abs 2 lit a und b TBO 2011 aufgestellten Grundsätzen gerecht wird.

Es erweist sich etwa schon aus der vom Beschwerdeführer zu seinem Antrag vom 14.02.2017 beigeschlossenen Planunterlage und den darauf ausgewiesenen örtlichen Verhältnissen als jedenfalls denkbar möglich, einen vom Kurvenbereich aus gesehen weiter mittig in das Gst **5 verlegten Stichweg zu errichten, und damit eine vorübergehende Zufahrt abzweigend von der öffentlichen Verkehrsfläche (Gst 1232), dem Dienstbarkeitsweges Gst **3 zum Teil folgend, von diesem in den Stichweg abzweigend und aus diesem sodann wieder in den Dienstbarkeitsweg einbindend, zu schaffen und dadurch den beengten Kurvenbereich zu umgehen. Diese aus der vorgelegten Planunterlage erschließbare mögliche Zufahrtsvariante bestätigt sich auch in einer Einschau in tirisMaps (Luftbildaufnahmen) betreffend die gegenständliche Örtlichkeit. Dass sich die Bestandssituation der Gste **5 und **4 gegenüber diesen Unterlagen bzw Aufnahmen nicht geändert hat, die Gste **5 und **4 vielmehr auch zum heutigen Zeitpunkt in diesen Bereichen noch unbebaut sind, ergibt sich auch in einer entsprechenden Auskunft der belangten Behörde vom 15.01.2018. Die alternative Zufahrtsvariantenprüfung rechtfertigt sich dadurch neben der Möglichkeit, den engen Kurvenbereich zu vermeiden, auch deshalb, als mit dem Dienstbarkeitsweg eine bereits erstellte nutzbare Zufahrtsfläche bestünde, eine solche damit nicht erst über die Gste **4 und **5 zur Gänze neu herzustellen wäre und allein für den Stichweg eine geringere Fläche an Fremdgrund gegenüber der beantragten Variante in Anspruch genommen werden müsste. Dass lediglich Abhilfe im engen Kurvenbereich notwendig ist, der übrige Bereich des Dienstbarkeitsweges hingegen für eine Zufahrt auch mit Baustellenfahrzeugen geeignet erscheint, argumentiert der Beschwerdeführer selbst in seinem Schreiben vom 10.01.2017, wenn er darin unter Bezugnahme auf eine Rücksprache mit dem Planer eine Ersatzlösung als lediglich für den Kurvenbereich für notwendig beschreibt.

Auch etwa im Bereich geplanter Zufahrten (hier möglicherweise bei Abzweigung bzw Wiedereinbindung vom bzw in den Dienstbarkeitsweg) möglicher Weise befindliche und allfällig betroffene Baulichkeiten würden nicht (wie von der belangten Behörde hinsichtlich der Stützmauer als entscheidender Abweisungsgrund argumentiert) von vornherein eine Fremdinanspruchnahme verunmöglichen, betrifft nämlich die Duldungspflicht gemäß § 36 Abs 1 TBO 2011 neben der Inanspruchnahme von Grundstücken auch eine solche von darauf befindlichen baulichen Anlagen. Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in derartiger Hinsicht in ständiger Rechtsprechung etwa, dass auch der vorübergehende Abbruch einer Mauer die Benützung eines Bauwerkes darstelle und dann eine Maßnahme nach § 36 TBO 2011 sein könne, wenn alle dort genannten Voraussetzungen, insbesondere die Wiederherstellung des früheren Zustandes (was die Errichtung der neuen Mauer an derselben Stelle, an der die alte Mauer gestanden sei, voraussetze), erfüllt seien (vgl etwa VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0104-9, ua).

 

Der Verwaltungsgerichtshof anerkennt in seiner ständigen Rechtsprechung zudem auch weitere Zufahrtsvarianten zur Beförderung von Baumaterialien als für sich denkbar möglich, so er etwa auch die Möglichkeit, den Transport durch kleinere LKW´s bzw durch Umladen auf kleinere LKW’s zu bewerkstelligen, nicht von vornherein abspricht (vgl dazu etwa VwGH 22.11.2017, Ro 2017/06/0007).

 

Erst wenn mögliche Alternativvarianten ausreichend vollständig und schlüssig belegt im Sinne obiger Ausführungen der Behörde vorliegen, wird diese aber in die Lage versetzt, durch entsprechende Beiziehung von Sachverständigen ihrem gesetzlichen Prüfungsauftrag nachzukommen und unter Anlegung sämtlicher aufgezeigter Prüfungsmaßstäbe eine allfällige Duldungspflicht zu umschreiben und auszusprechen. In dieser Hinsicht ist somit aber der Antrag des Beschwerdeführers trotz entsprechender Aufforderung durch die belangte Behörde nicht vollständig.

Soweit die belangte Behörde weiters vorhält, es könne nicht von einer Verständigung der Grundstückseigentümerinnen gemäß § 36 Abs 3 TBO 2011 ausgegangen werden, kann dem jedoch in dieser Absolutheit nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, dass nicht unmittelbar zum Antrag vom 17.05.2017 eine schriftliche Verständigung der Nachbarinnen voranging. Eine entsprechende Verständigung an die Nachbarinnen scheint jedoch (wenngleich der Beschwerdeführer dazu keinen evidenten Nachweis über die tatsächlich erfolgte Zustellung mitlieferte) bereits zum vorangegangen identen Antrag vom 21.11.2016 mit Schreiben vom 28.10.2016 erfolgt zu sein. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber der behördlichen Entscheidung über einen vorübergehenden Benützungsantrag, die ja materiell reines Privatrecht darstellt, zwingend einen Einigungsversucht zwischen den betroffenen Parteien voranstellen wollte, aber auch in Anbetracht der zu dieser Problematik einschlägig ergangenen Judikatur der Höchstgerichte, die, was das Zustimmungserfordernis des betroffenen Nachbarn anbelangt, dabei nicht allzu formalistisch ist, muss aber davon ausgegangen werden, dass mit dieser bereits erfolgten inhaltsgleichen Benachrichtigung der Nachbarinnen in formeller Hinsicht das Auslangen gefunden werden kann und den Nachbarinnen nicht ein neuerliches formelles inhaltsgleiches Verständigungsschreiben dazu zugestellt werden müsste. Das erkennende Gericht anerkennt aber die in diesem Zusammenhang aufgestellte Forderung der belangten Behörde nach Vorlage eines Vertretungsnachweises durch den Vater der Nachbarinnen dafür, berechtigt gewesen zu sein, zur wieder aktuell gewordenen Absicht des Beschwerdeführers auf Verwirklichung der bereits schon einmal angedachten Zufahrtsvariante darauf bezogene (Zustimmungs-)Erklärungen für seine Töchter abgegeben zu haben. Auch im Sinne des § 10 Abs 4 AVG rechtfertigt sich diese von der belangten Behörde geforderte Aufklärung, als im Falle der Vertretung durch amtsbekannte Familienangehörige nämlich auch dann, wenn keine Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis bestehen, nach dieser Bestimmung keine Verpflichtung auferlegt, sondern lediglich eine Berechtigung eingeräumt ist, von einer ausdrücklichen Vollmacht abzusehen.

Der Verbesserungsauftrag der belangten Behörde rechtfertigt sich auch unter diesen Erwägungen.

Nach den Materialien bzw Erläuterungen (AB 1998, 39) zur AVG-Novelle 1998 (BGBl I Nr 1998/158) ist bei der Prüfung des Verschuldens im Sinne des § 73 Abs 2 AVG (sinngemäß auch anzuwenden auf § 8 Abs 1 VwGVG, Anm.) insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob es die (Unter-)Behörde rechtswidrigerweise unterlassen hat, unverzüglich einen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen. Ist eine solche Prüfung aber nur dann vorzunehmen, wenn der Devolutionsantrag zulässig ist, setzt dies wiederum den Beginn und Ablauf der Entscheidungsfrist voraus. Dies impliziert wiederum den (Ab-)Lauf der Entscheidungsfrist auch bei mangelhaften Anbringen.

In diesem Sinne entschied der Verwaltungsgerichtshof auch in seinen Erkenntnissen vom 18.01.2005, 2004/05/0120, sowie vom 12.04.2005, 2005/01/0003. Im Erkenntnis vom 18.01.2005, 2004/05/0120, stellte er darauf ab, dass der für die Erledigung des Antrags erforderliche Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG der Partei erst acht Tage vor Ablauf der gesetzlichen Entscheidungsfrist zugestellt wurde, woraus folge, dass die „Verzögerung der Entscheidung“ über das Ansuchen zumindest auf ein „überwiegendes Verschulden“ der Behörde iSd § 73 Abs 2 AVG zurückzuführen sei. Im Erkenntnis vom 12.04.2005, 2005/01/0003, hat der Gerichtshof unter Berufung auf die Materialien zur AVG-Novelle 1998 (1167 BlgNR 20. GP 93) hervorgehoben, dass bei der Prüfung des Verschuldens insbesondere darauf Bedacht zu nehmen sei, ob es die (Unter-)Behörde rechtswidrigerweise unterlassen hat, unverzüglich einen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen. Damit geht auch der Gerichtshof in diesen Erkenntnissen implizit davon aus, dass die Entscheidungspflicht der Behörde bereits mit der Einbringung des mangelhaften Antrags begründet wird und folglich die Entscheidungsfrist sofort und nicht erst mit dem Einlangen des verbesserten Antrags bei der Behörde zu laufen beginnt. (Vgl hiezu Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, § 73 RZ 52).

Im Hinblick darauf beginnt die Entscheidungsfrist für die Behörde nach dem AVG schon mit dem Einlangen des mangelhaften und nicht erst des verbesserten Antrages, und zwar unabhängig davon, ob die Behörde unverzüglich oder verspätet einen Verbesserungsauftrag erteilt hat. Es ist überdies kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass § 8 Abs 1 VwGVG insofern eine andere Bedeutung zukommt (vgl etwa VwGH 22.12.2010, 2009/06/0134). (Vgl hiezu Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Ausgabe, § 13 RZ 28).

Sondervorschriften, welche etwa den Beginn des Fristenlaufs und damit der Entscheidungsfrist an das Vorliegen eines vollständigen und mängelfreien Antrages knüpften (wie etwa § 23 Abs 3 TBO 2011 zur Bauanzeige) beinhaltet die Bestimmung des § 36 TBO 2011 hingegen nicht.

Kein überwiegendes Verschulden der Behörde:

Gemäß § 8 Abs 1 letzter Satz VwGVG ist die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Zur Beurteilung eines derartigen Verschuldens kann dabei zulässiger Weise auf die zum § 73 Abs 1 AVG ergangene einschlägige Judikatur zurückgegriffen werden.

Höchstgerichtlicher Rechtsprechung zufolge ist der Begriff des Verschuldens nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern „objektiv“ zu verstehen, als ein solches „Verschulden“ dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei, beispielsweise bei Formgebrechen bzw Mängeln des Parteiantrages im Sinne des § 13 Abs 3 AVG oder kurzfristigen Änderungen des Parteienantrages (vgl dazu etwa VwGH 22.12.2010, 2009/06/0134; 18.11.2003, 2003/05/0115) oder durch unüberwindliche Hindernisse (vgl etwa VwGH 26.09.2011, 2009/10/0266) von der Entscheidung abgehalten wurde. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ein überwiegendes Verschulden der Behörde darin gesehen, dass diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (vgl VwGH 18.12.2014, 2012/07/0087; 26.01.2012, 2008/07/0036; ua). Zur Feststellung, ob ein überwiegendes behördliches Verschulden vorliegt, ist das Verschulden der Partei an der Verzögerung gegen jenes der Behörde abzuwägen. Bei der Abwägung genügt – wie dies gesetzlich formuliert ist – ein überwiegendes Verschulden der Behörde.

Gemäß § 13 Abs 3 AVG hat die Behörde im Falle, als schriftliche Anbringen Mängel aufweisen, von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen. Das Wort „unverzüglich“ in § 13 Abs 3 AVG zielt darauf ab, die Behörde zur umgehenden Prüfung der Mängelfreiheit des Antrags und der Vollständigkeit der Unterlagen zu verhalten, und es ist entsprechend gesetzlicher Intension sowie auch darüber absprechender Judikatur (vgl etwa VwGH 18.01.2005, 2004/05/0120; 10.09.2008, 2007/05/0116) davon auszugehen, dass Verbesserungsaufträge in der Regel innerhalb von vier Wochen erteilt werden können. Dabei handelt es sich nicht um eine absolute Frist, sondern um einen Maßstab, und demzufolge ist die Frage, ob eine „unverzügliche“ Auftragserteilung erfolgte, letztlich immer anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen (vgl etwa VwGH 25.06.2009, 2006/07/0040, ua). Darüber hinausgehende Verzögerungen begründen ein überwiegendes Verschulden der Behörde im Sinne des § 73 Abs 2 AVG bzw nunmehr auch im Sinne des § 8 Abs 1 letzter Satz VwGVG.

Vorliegend langte das Ansuchen auf vorübergehende Fremdgrundbenützung am 17.05.2017 bei der belangten Behörde ein. Bereits mit Schreiben vom 31.05.2017, somit zwei Wochen später, forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Mängelbehebung auf. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer aufgrund der Aktenlage nachweislich am 01.06.2017 zugestellt. Erst mit Eingang bei der belangten Behörde am 29.06.2017, damit erst vier Wochen später, nahm der Beschwerdeführer dazu Stellung. Die gleichzeitig damit vorgelegten Angaben und Unterlagen wurden dabei - wie oben dargelegt – den klar aufgestellten Nachforderungen der belangten Behörde zudem nicht ausreichend gerecht. Es kann nun – auch in Anbetracht höchstgerichtlicher Judikatur - nicht gesagt werden, dass eine Frist von zwei Wochen bis zur Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages geeignet wäre, ein überwiegendes Verschulden der Behörde, wie es der Gesetzgeber sehen will, zu begründen. Vielmehr unterließ es der Beschwerdeführer seinerseits gänzlich, innerhalb eines Zeitrahmens von vier Wochen jedwede ergänzende Antragsunterlagen nachzureichen. Begründend dazu führte er auch nicht etwa außerhalb seines Verantwortungsbereiches gelegene Verzögerungen in der zeitgerechten Vorlage bzw Beschaffung dieser notwendigen Unterlagen, sondern urlaubsbedingte Abwesenheit an. Im Sinne höchstgerichtlicher Judikatur bestand auch keine Verpflichtung der belangten Behörde, einen weiteren (zeitnahen) Mängelbehebungsauftrag zu erteilen. Zwei Wochen nach Ablauf der sechswöchigen Entscheidungsfrist ging bereits die Säumnisbeschwerde bei der belangten Behörde ein.

Bei gesamtschauender Betrachtung dieses Verfahrensgeschehens kann aber ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde an der Verzögerung der Entscheidung nicht erkannt werden. Bei einer Abwägung des Verhaltens der Behörde und dem der Partei kann im vorliegenden Fall nicht davon gesprochen werden, dass die Nichtentscheidung über den Antrag, welcher am 17.05.2017 bei der belangten Behörde einlangte, bis zum Einlangen der Säumnisbeschwerde am 13.07.2017 auf ein (so aber gefordertes) überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Die Säumnisbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

V. Entfall einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der zur Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage ausreichend feststand. Einem Entfall der mündlichen Verhandlung standen weder Art 6 EMRK noch Art 47 GRC entgegen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer auch ausdrücklich als nicht erforderlich gesehen.

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter Punkt IV zitierte Judikatur wird verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Doris Mair

(Richterin)

Schlagworte

Vorübergehende Benützung des Nachbargrundstückes; Säumnisbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.39.1824.3

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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