TE Lvwg Beschluss 2017/4/19 LVwG-2017/45/0642-1

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Veröffentlicht am 19.04.2017
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Entscheidungsdatum

19.04.2017

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren
L70707 Theater Veranstaltung Tirol

Norm

B-VG §132 Abs1 Z1
VwGVG §31

Text

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Dr. Nicole Stemmer über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte1, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X in Tirol vom 09.01.2017, AZ ****, nach Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde X in Tirol vom 21.02.2017, AZ ****, den

B E S C H L U S S

gefasst:

1.       Gemäß § 31 VwGVG wird das Beschwerdeverfahren wegen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses eingestellt.

2.       Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt, Verfahrensgang, mündliche Verhandlung:

Am 09.12.2016 meldete die nunmehrige Beschwerdeführerin, vertreten durch BB, bei der belangten Behörde eine Veranstaltung nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 (TVG) mit folgendem geplanten Ablauf an: „Konzerte mit diversen Künstlern“ in der Zeit vom 04.01.2017 bis 08.03.2017, nur Mittwoch, im Zeitraum von 15 bis 19 Uhr auf der „Schiwiese“. Darüber erhielt die Beschwerdeführerin eine Anmeldungsbestätigung der belangten Behörde „gemäß §§ 4 und 6 Tiroler Veranstaltungsgesetz“. In dieser wurde ausgeführt: „Die Veranstaltungsanmeldung und die Dauer der Veranstaltung werden von der Gemeinde X in Tirol zur Kenntnis genommen. Diese Veranstaltung kann von der Anmeldebehörde innerhalb einer Woche nach der Anmeldung untersagt werden, wenn Untersagungsgründe gem § 7 Abs 2 TVG 2003 idgF bekannt werden.“ Diese Anmeldung wurde der PI X sowie der Gemeindepolizei zur Kenntnis gebracht.

Eine Untersagung der Veranstaltung erfolgte weder innerhalb der in der Anmeldung genannten Frist noch vor Beginn der ersten Veranstaltung am 04.01.2017. Am 04.01.2017 fand daher die erste der angemeldeten wiederkehrenden Veranstaltungen statt.

Ebenfalls mit 04.01.2017 datiert ein im Akt einliegender Aktenvermerk wonach sich ein Anrufer (für sich und eine weitere Person) über die Lärmentwicklung durch das Live-Konzert beschwert und dies bei der Polizei zur Anzeige gebracht hat; diese berief sich auf eine vorliegende Veranstaltungsanmeldung, die tatsächlich vorlag. Und weiter: „Telefonische Rücksprache mit dem Bürgermeister ergibt, dass diesbezüglich ein Irrtum oder Missverständnis vorliegen müsse und er bereits am Polizeiposten sei, um diese Angelegenheit zu klären.“

In der Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X in Tirol vom 09.01.2017, AZ ****, mit dem der Beschwerdeführerin die am 09.12.2016 angemeldete Veranstaltung „gemäß § 7 Abs. 2 lit. b Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 ab dem 18.01.2017 bis zum 08.03.2017 untersagt“ wurde. Begründet wurde dies unter Bezugnahme auf die gewerberechtliche Bewilligung und den darin enthaltenen Auflagen zu Lärmemissionen und den „bisherigen Erfahrungen am 26.12.2016 und 04.01.2017“. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 11.01.2017 zugestellt.

Dagegen erhob die nunmehr rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen mit unzureichender Begründung, mangelndem durchgeführten Verfahren und der fehlenden Rechtsgrundlage für eine Untersagung zu dem von der belangten Behörde vorgenommenen Zeitpunkt.

In der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 21.02.2017, AZ ****, wurde „diese Beschwerde gegen die Untersagung von Veranstaltungen im Zeitraum ab dem 18.01.2017 bis zum 08.03.2017 als unbegründet abgewiesen“. Darüber hinaus wurde der Spruch des Bescheides der belangten Behörde vom 09.01.2017 „dahin gehend ergänzt, dass auch die Berechtigung zur Durchführung der vom Beschwerdeführer angemeldeten Veranstaltungen gemäß § 9 Abs. 2 TVG entzogen wird“. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 23.02.2017 zugestellt.

Fristgerecht am 02.03.2017 stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag; dieser wurde mittels Schreiben der belangten Behörde vom 09.03.2017 dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dieser Sachverhalt ergibt sich in eindeutiger und unstrittiger Weise aus der dem Landesverwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage.

Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden. Nach dieser Bestimmung kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetze nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen. Für das Landesverwaltungsgericht steht der Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Aktenlage fest und wurde dieser auch von keiner Partei bestritten. Die Beschwerdeführerin selbst hat im Vorlageantrag ihren ursprünglichen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung explizit zurückgezogen, da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären seien.

II.      In rechtlicher Hinsicht folgt:

Gemäß Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für eine Beschwerdeerhebung ist somit die (mögliche) Verletzung eines subjektiven Rechtes des Beschwerdeführers.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung dieser Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl den Beschluss vom 31. Juli 2006, Zl. 2006/05/0156, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Erkenntnisses nicht berufen; ein Rechtsschutzbedürfnis ist dann zu verneinen, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Revisionswerber ohne objektiven Nutzen ist und wenn die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen daher nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl VwGH vom 11.05.2015, Ra 2015/02/0077 mwN).

Ebenso in ständiger Rechtsprechung verneint der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen eines rechtlichen Interesses in jenen Fällen, in denen befristete Bewilligungen bereits abgelaufen sind (vgl zu Veranstaltungen nach dem Wiener Veranstaltungsgesetz VwGH vom 11.05.2015, Ra 2015/02/0077, zu einer tierschutzrechtlichen Bewilligung VwGH vom 19.12.2014, Ro 2014/02/0115, zu einer Veranstaltung nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz VwGH vom 31.07.2007, 2006/05/0156, zu einer luftfahrtrechtlichen Bewilligung VwGH vom 26.04.2016, Ra 2016/03/0043 jeweils mwN; vgl VwGH vom 10.03.2017, Ro 2017/02/0006).

Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fand zunächst nur in Verfahren vor diesem Anwendung. Mit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und dem nunmehr für die Verwaltungsgerichte im Wesentlichen (dem früheren Art 131 Abs 1 B-VG) gleichlautenden und die Legitimation einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde regelnden Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG ist diese auch auf die Verwaltungsgerichte zu übertragen. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof ua im Zusammenhang mit einer – verstrichenen – luftfahrtrechtlichen Bewilligung klargestellt: „Soweit das LVwG ein diesbezügliches Interesse darin zu erkennen vermeinte, dass die Parteistellung für geplante zukünftige Luftfahrtveranstaltungen geklärt werden solle, übersieht es, dass sich der Antrag der revisionswerbenden Parteien nur auf die Feststellung ihrer Parteistellung im luftfahrtrechtlichen Bewilligungsverfahren "A 2015" bezog. Nur dieses Verfahren war daher bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des beim LVwG angefochtenen verwaltungsbehördlichen Bescheides in Prüfung zu nehmen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien daher schon vom LVwG wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen gewesen.“ (vgl VwGH vom 26.04.2016, Ra 2016/03/0043; ebenso VwGH 28.01.2016, Ra 2015/11/0027).

Im gegenständlichen Fall wurde die Veranstaltung für einen eingeschränkten Zeitraum – konkret 04.01.-08.03.2017 angemeldet; dieser Zeitraum ist zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes schon verstrichen. Für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin macht es somit keinen Unterschied, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder nicht, weil die für einen bestimmten Zeitraum gewünschte Veranstaltung nicht mehr durchführbar ist; das von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Recht ist nicht wiederherstellbar, weshalb es am Rechtsschutzbedürfnis mangelt. Die Beschwerdeführerin selbst führt in diesem Zusammenhang im Vorlageantrag aus: „Unabhängig davon, dass die geplanten Veranstaltungen im Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes „datumsmäßig bereits erledigt sind“, ist trotzdem die Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht für alle Seiten von Bedeutung, damit man für die Zukunft weiß, wie mit derartigen Veranstaltungen, deren Genehmigung und allfälliger Untersagung für die Zukunft vorzugehen ist.“ Hinsichtlich des zuletzt genannten Argumentes („generelle Anleitung für zukünftige Verfahren“) ist auf die oben zitierte Rechtsprechung zu verweisen, wonach das Rechtsschutzbedürfnis – als notwendige Prozessvoraussetzung – dann zu verneinen ist, wenn die aufgeworfenen Rechtsfragen nur mehr theoretische Bedeutung besitzen. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, welche bloß die Rechtswidrigkeit des Bescheides feststellt, ist nicht vorgesehen und kann allein das Interesse daran ein aufrechtes Rechtsschutzbedürfnis nicht begründen (vgl VwGH 23. 4. 2015, Ro 2015/07/0001; vgl Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG §28 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at), Rz 33).

In prozessualer Hinsicht folgt daraus: Ist der Zeitraum der Bewilligung schon bei Erhebung der Beschwerde an das Verwaltungsgericht verstrichen, so ist die Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen (VwGH 26. 4. 2016, Ra 2016/03/0043), wenn eine solche (zeitlich) beschränkte Wirkung des angefochtenen Bescheides erst während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zum Tragen kommt so ist das Verfahren einzustellen, (vgl VwGH 19. 12. 2014, Ro 2014/02/0115; 9. 9. 2015, Ro 2015/03/0028; Hauer, Gerichtsbarkeit3 Rz 191; ferner Oberndorfer, Verwaltungsgerichtsbarkeit 91 f, 161- in: Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at), Rz 33; zudem explizit unter Bezugnahme auf die Übertragbarkeit für die Verwaltungsgerichte vgl VwGH vom 28.01.2016, Ra 2015/11/0027).

Im gegenständlichen Fall war im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung Anfang Februar (Poststempel nicht lesbar, eingelangt bei der belangten Behörde am 07.02.2017) der Zeitraum der angemeldeten Veranstaltung (04.01. bis 08.03.2017) jedenfalls noch offen und die Beschwerde zu diesem Zeitpunkt jedenfalls zulässig. Erst im Laufe des nachfolgenden Verfahrens (Vorlage an das Landesverwaltungsgericht einen Tag nach Ablauf des Zeitraumes der Bewilligung) ist diese zeitlich beschränkte Wirkung verstrichen, weshalb im Sinne der obigen Ausführungen das Beschwerdeverfahren mit Beschluss einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden war.

Hingewiesen wird darauf, dass vorliegende Entscheidung allfällige zivilrechtliche bzw Amtshaftungsansprüche nicht berührt.

III.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es – wie ausgeführt – an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Nicole Stemmer

(Richterin)

Schlagworte

Zeitlich befristete Bewilligung; Ablauf; Rechtschutzbedürfnis; Einstellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.45.0642.1

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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