Entscheidungsdatum
01.12.2017Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W205 2017254-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2014, Zahl: IFA 1028188004, V-Zahl: 14867136, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet. Er wurde am 08.08.2014 im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung mangels eines gültigen Aufenthaltstitels festgenommen und stellte im Zuge der Amtshandlung einen Antrag auf internationalen Schutz.
Zu seiner Person liegen drei EURODAC-Treffermeldungen vor. Der Beschwerdeführer wurde am 15.02.2008 in Spanien, am 07.05.2012 in Norwegen und am 01.06.2012 in Schweden jeweils aufgrund einer Asylantragstellung erkennungsdienstlich behandelt. Eine durchgeführte EKIS-Abfrage ergab ein Schengen-Einreise bzw. Aufenthaltsverbot aus Norwegen.
Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 10.08.2014 brachte der Beschwerdeführer vor, keine gesundheitlichen Probleme zu haben. Er halte sich seit sechs Monaten in Österreich auf und lebe seitdem mit seiner Lebensgefährtin zusammen, die hier über einen Aufenthaltstitel verfüge. Sie sei im sechsten Monat schwanger. Er werde von hier finanziell unterstützt. Er sei zum ersten Mal im Jahr 2008 in Europa gewesen und habe in Spanien um Asyl angesucht. Sein Antrag sei negativ entschieden worden und er sei im Oktober 2008 nach Nigeria abgeschoben worden. Nach seiner Ankunft sei er sofort weiter in den Senegal gereist und bis Anfang 2012 dort geblieben. Anschließend sei er über Algerien und Libyen nach Italien gelangt und von dort weiter nach Norwegen gereist, wo er schließlich im Mai 2012 seinen Asylantrag gestellt habe. Die Bedingungen seien aber nicht seinen Vorstellungen entsprechend gewesen, woraufhin er selbständig mit dem Zug nach Schweden gereist sei und dort einen Asylantrag gestellt habe. Er sei ca. zwei Monate in Schweden gewesen und dann von den schwedischen Behörden nach Norwegen überstellt worden. In Norwegen sei er eine Woche geblieben und dann wieder nach Schweden gereist. Er sei eine lange Zeit dort geblieben und habe bei einem Freund gewohnt. Im Jahr 2014 sei er dann nach Österreich gefahren, wo er seine Lebensgefährtin kennengelernt habe. Seit seiner Ankunft in Wien wohne er bei ihr. Über Norwegen könne er nichts Schlechtes angeben, aber dort, wo er untergebracht gewesen sei, seien die Bedingungen für ihn nicht in Ordnung gewesen. Schweden habe ihm gefallen. Danach befragt, was gegen eine Überstellung sprechen würde, gab er an, dass er die Entscheidung respektieren und den Anweisungen der Behörde folgen würde.
Mit Schreiben vom 12.08.2014 übermittelte das Bundeskriminalamt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) die im Zusammenhang mit dem SIS-Treffer von SIRENE Norwegen bekannt gegebenen Informationen zum Aufenthaltsverbot/Einreiseverweigerung betreffend den Beschwerdeführer. Demzufolge habe der Beschwerdeführer falsche Angaben betreffend seine Identität gemacht.
Am 13.08.2014 richtete das BFA ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Norwegen und ein auf Art. 34 Dublin III-VO gestütztes Informationsersuchen an Schweden.
Mit Schreiben vom 18.08.2014 gab die schwedische Dublin-Behörde bekannt, dass der Beschwerdeführer nach seiner Asylantragstellung in Schweden am 01.06.2012 um Asyl angesucht habe und am 23.08.2012 nach Norwegen überstellt wurde. Seitdem sei er nicht in Kontakt mit der Einwanderungsbehörde gewesen.
Mit Schreiben vom 20.08.2014 stimmten die norwegischen Behörden gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO dem Wiederaufnahmeersuchen ausdrücklich zu und gaben bekannt, dass der Beschwerdeführer am 28.08.2012 eine negative Entscheidung erhalten habe. Die dagegen eingebrachte Beschwerde sei am 07.10.2013 rechtskräftig abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei seit 31.08.2012 untergetaucht.
Der Beschwerdeführer wurde mit 20.08.2014 von seiner Unterkunft abgemeldet, da er das Quartier ohne Hinterlassung einer Adresse unabgemeldet verlassen habe. Ein für den 29.08.2014 geplanter Einvernahmetermin wurde abgesagt.
Der Beschwerdeführer wurde am 29.09.2014 zu einer Einvernahme vor dem BFA geladen und blieb dem Einvernahmetermin unentschuldigt fern.
Mit Schreiben vom 05.09.2014 teilte ein namentlich genannter Verein mit, dass sich der Beschwerdeführer an der Adresse des Vereins obdachlos gemeldet habe und dies seine Postanschrift sei.
Mit Schreiben vom 29.09.2014 gab der Beschwerdeführer seinen Vertreter bekannt und teilte mit, dass seine Lebensgefährtin am XXXX ihr gemeinsames Kind erwarte. Zum Schutz seines Privat- und Familienlebens dürfe er nicht abgeschoben werden, sein Asylantrag sei daher in Österreich zuzulassen. Als Beilage wurde der Mutter-Kind-Pass seiner Lebensgefährtin mit dem errechneten Geburtsdatum übermittelt.
Für die am 16.10.2014 anberaumte Einvernahme vor dem BFA entschuldigte sich der Beschwerdeführer aufgrund einer akuten viralen Gastroenteritis.
Am 27.10.2014 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein seiner Lebensgefährtin und eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung. Hierbei gab der Antragsteller zu Protokoll, seine Lebensgefährtin im März 2014 nach seiner Einreise in Österreich kennengelernt zu haben. Sie hätten früher in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und würden auch jetzt in einem gemeinsamen Haushalt an einer namentlich genannten Adresse leben. Er sei dort aber nicht gemeldet. Den Stand seines Asylverfahrens in Norwegen kenne er nicht, er sei nur wenige Tage in Norwegen gewesen und habe keine Dokumente bekommen. Zu einer möglichen Überstellung brachte er vor, dass er mit seiner Lebensgefährtin ein Baby erwarte und mit dem Baby leben wolle. Er glaube, er habe das Recht, hier mit seinem Kind zu leben. Seine Frau könne sich nicht alleine um das Baby kümmern und er könne ihr auch nicht den Stress antun, jeden dritten Monat reisen zu müssen.
Der Rechtsberater stellte den Antrag, das Verfahren aus humanitären Gründen in Österreich durchzuführen.
In seiner Stellungnahme vom 03.11.2014 gab der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter an, dass sein ungeborenes Kind das Recht auf ein ordnungsgemäßes Familienleben mit Vater und Mutter habe. Die Mutter würde unter einer Trennung aufgrund seiner geplanten Überstellung nach Norwegen leiden und diese würde sich negativ auf ihr ungeborenes Kind auswirken.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.11.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Norwegen für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Norwegen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Das BFA traf Länderfeststellungen zur Lage in Norwegen und führte aus, dass ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Partei ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, im Verfahren nicht erstattet worden sei. Er leide an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten. Er sei unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und lebe nach eigenen Angaben seit seiner Einreise mit seiner schwangeren Lebensgefährtin in einem Haushalt. Eine ZMR-Abfrage habe jedoch ergeben, dass er an der Adresse eines namentlich genannten Vereins gemeldet sei, weshalb von der Behörde von keinem gemeinsamen Haushalt ausgegangen werde. Des Weiteren liege auch keine lang andauernde Beziehung vor. Die Beziehung sei zu einem Zeitpunkt entstanden, als er nicht damit habe rechnen können, in Österreich zu bleiben. Sein Aufenthaltsrecht stütze sich seit seinem Aufgriff durch die Polizei lediglich auf das Asylgesetz. Dies musste ihm und seiner Lebensgefährtin bei gehöriger Sorgfältigkeit bekannt sein. Es bleibe ihm auch unbenommen, sich in weiterer Folge vom Ausland aus um einen Aufenthaltstitel zu bemühen.
Mit Schreiben vom 31.12.2014 gab der Beschwerdeführer die Vollmacht an einen Verein bekannt und übermittelte die Beurkundung der Vaterschaft zu seinem Sohn, einen aktuellen Meldezettel und eine (nicht lesbare) Kopie des Aufenthaltstitels seiner Lebensgefährtin.
Mit Bericht vom 05.01.2015 gab die LPD bekannt, dass im Rahmen eines Zustellversuchs die Lebensgefährtin an der Meldeadresse des Beschwerdeführers habe angetroffen werden können. Diese habe angegeben, dass ihr Lebensgefährte seit einer Woche in Spanien sei und unbekannt sei, wann er wieder zurückkommen werde. Ihr Lebensgefährte habe gewusst, dass er nicht in länger in Österreich aufhältig sein dürfe und habe somit selbständig das Land verlassen. Sie hätten ein gemeinsames Baby in Österreich und ihr Lebensgefährte werde zurückkommen, um sie und das Kind ins Ausland mitzunehmen.
3. Gegen den Bescheid richtet sich die am 13.01.2015 durch einen der beiden Vertreter des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde. Es wurde vorgebracht, dass das BFA nicht beachtet habe, dass seine Lebensgefährtin mittlerweile das Kind geboren habe. Die Großmutter des Kindes besitze die österreichische Staatsbürgerschaft und sowohl die Lebensgefährtin als auch das Kind seien nach den Bestimmungen des NAG in Österreich aufenthaltsberechtigt. Soweit das BFA darauf hinweise, dass sie auch in Norwegen zusammen leben könnten, so ist dem zu entgegnen, dass keine Bestimmung des Unionsrechts vorsehe, dass seine Lebensgefährtin und sein Kind mit ihm in Norwegen leben dürften. Die Behörde habe zu Unrecht nicht von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht, die Einheit der Familie zu wahren und das Verfahren in Österreich zuzulassen; dies, obwohl nach Art. 24 Abs. 3 der Grundrechtecharta jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen besitze und nach Art. 33 GRC der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie gewährleistet werde.
Am 15.01.2015 langte die durch den zweiten Vertreter des Beschwerdeführers verfasste Beschwerde beim BFA ein. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Behörde nicht auf das Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich eingegangen sei. Der Dublin-VO sei zu entnehmen, dass dem Familienleben und dem Kindeswohl vorrangige Bedeutung zukomme und daher allenfalls auch bei einer Nicht-Zuständigkeit eines Mitgliedsstaates aus humanitären Gründen ein Selbsteintritt geboten sein kann. Die Meinung der Behörde, die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers könne nach Norwegen reisen und nach norwegischen Bestimmungen eine Familienzusammenführung erwirken, sei angesichts dessen, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers in Norwegen bereits rechtskräftig negativ entschieden worden sei, unverständlich. Woraus dem Beschwerdeführer ein Recht erwachsen sollte, seine Lebensgefährtin und seinen Sohn nach Norwegen nachzuholen, sei nicht erklärlich. Tatsächlich würde eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Norwegen eine Beendigung des Familienlebens bedeuten. Dies würde nicht nur eine Missachtung von Art. 8 EMRK darstellen, sondern insbesondere auch eine Verletzung des Kindeswohles.
4. Mit hg. Beschluss vom 20.01.2015, GZ W205 2017254-1/4Z, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Am 23.01.2015 gab das BFA den norwegischen Behörden die Unterbrechung der Überstellungsfrist bekannt.
5. Mit Schreiben vom 30.05.2016 gab der Beschwerdeführer bekannt, seit XXXX mit seiner Lebensgefährtin standesamtlich verheiratet zu sein und übermittelte eine Kopie der Heiratsurkunde und Aufenthaltskarte seiner nunmehrigen Ehefrau.
6. Mit Beschluss vom 21.08.2016 wurde in der Strafsache des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2, 148, zweiter Fall StGB gegen ihn die Untersuchungshaft verhängt.
7. Mit Bescheid der Magistratsabteilung 35 vom 13.09.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 17.05.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Rot-Weiß-Rot"-Karte plus auf Grund einer gegen ihn bestehenden Rückkehrentscheidung von Norwegen abgewiesen.
8. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes
XXXX wegen teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148 2. Fall, 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Die Vorhaft vom 19.08.2016 bis 12.01.2017 wurde auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.
9. Mit hg. Schreiben vom 03.08.2017 wurden dem Beschwerdeführer Länderfeststellungen zur Lage in Norwegen übermittelt und ihm Parteiengehör zu seiner aktuellen persönlichen Situation sowie zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung gewährt.
Mit Stellungnahme vom 04.09.2017 brachte der Beschwerdeführer durch einen seiner beiden Vertreter vor, dass er bereits aktenkundig mit einer zum dauerhaft Aufenthalt Berechtigten verheiratet sei. Er legte (neuerlich) eine Kopie seiner Heiratsurkunde, der Aufenthaltskarte der Ehefrau, des Mutter-Kind-Passes, der Geburtsurkunde seines Sohnes sowie weiters den gemeinsamen Meldezettel, ein Empfehlungsschreiben einer Privatperson, eine Einstellungszusage eines Supermarktes, ein A1 Deutsch-Zertifikat sowie eine nigerianische Geburtsurkunde vor.
Mit Stellungnahme vom 14.09.2017 gab der Beschwerdeführer durch seinen zweiten Vertreter bekannt, dass er sich seit August 2014 durchgehend in Österreich aufhalte und mit seine Lebensgefährtin und seinem Kind zusammenlebe, die beide nach den Bestimmungen des NAG in Österreich aufenthaltsberechtigt seien. Sein Sohn sei als Kleinkind auf seine Pflege und Unterstützung angewiesen. Die Behörde missachte, dass das Kindeswohl von solch enormer Bedeutung sei, dass dieses auch Vorrang vor einem geordneten Fremdenwesen haben könne. Die Behörde hätte sich intensiver mit der Judikatur zum Kindeswohl befassen müssen, sodass durch die Unterlassung ein Verfahrensfehler vorliege. Weiters sei der Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, da sowohl seine Lebensgefährtin als auch sein Sohn massiv unter einer Trennung von ihm leiden würden. Eine Abschiebung nach Norwegen stelle daher eine Verletzung seines Rechtes auf Familien- und Privatleben dar.
Am 15.11.2017 legte der Beschwerdeführer die Geburtsurkunde und den Meldezettel seiner am XXXX geborenen Tochter vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, suchte erstmals am 15.02.2008 in Spanien um internationalen Schutz an. Nach negativer Beendigung des Verfahrens wurde er im Oktober 2008 nach Nigeria abgeschoben und reiste nach einem längeren Aufenthalt im Senegal im Jahr 2012 über Algerien und Libyen über Italien erneut ins Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten ein. In weiterer Folge gelangte er nach Norwegen und stellte dort am 07.05.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Da ihm die dortigen Bedingungen nicht zusagten, reiste er nach Schweden und stellte dort am 01.06.2012 einen Asylantrag. Nach einem mehr als zweimonatigen Aufenthalt in Schweden wurde er von den schwedischen Behörden am 23.08.2012 nach Norwegen überstellt. Dort erhielt der Beschwerdeführer am 28.08.2012 eine negative Entscheidung und tauchte am 31.08.2012 unter. Er reiste erneut nach Schweden und lebte von den Behörden unentdeckt bis Anfang des Jahres 2014 bei einem Freund. Zwischenzeitlich wurde in Norwegen seine gegen die negative Entscheidung erhobene Beschwerde am 07.10.2013 rechtskräftig abgewiesen.
Der Beschwerdeführer reiste ca. im Februar 2014 nach Österreich ein und lernte dort seine nunmehrige Ehefrau kennen. Nach einem sechsmonatigen Aufenthalt im Bundesgebiet wurde er schließlich am 08.08.2014 im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung mangels eines gültigen Aufenthaltstitels festgenommen und stellte im Zuge der Amtshandlung den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen des Konsultationsverfahrens stimmte die norwegische Dublin-Behörde dem Wiederaufnahmeersuchen des BFA mit Schreiben vom 20.08.2014 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Das Bundesverwaltungsgericht legt seinem Erkenntnis die dem Beschwerdeführer zum Parteiengehör übermittelten Länderfeststellungen zu Norwegen zu Grunde, die wie folgt lauten (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
1. Allgemeines zum Asylverfahren
Antragsteller 2015
Norwegen
31.120
Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 3.3.2016a)
Erstinstanzliche Entscheidungen
Gesamt
Flüchtlings-status
Subsidiärer Schutz
Humanitäre Gründe
NEGATIV
1. Qu. 2015
2.275
1.285
280
50
665
2. Qu. 2015
1.935
1.250
145
50
495
3. Qu. 2015
2.165
1.415
120
35
600
4. Qu. 2015
3.095
1.460
130
35
1.470
GESAMT
9.470
5.410
675
170
3.230
Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 18.9.2015a; Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 10.12.2015; Eurostat 3.3.2016b)
Das Directorate of Immigration, Utlendingsdirektoratet (UDI), ist die zentrale Stelle für alle Immigrationsangelegenheiten in Norwegen. Somit ist es auch für die Abwicklung des Asylverfahrens, für die Unterbringung von Asylwerbern während des Asylverfahrens und für die Unterstützung von Rückkehrwilligen zuständig. Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten (UDI o. D.a; vgl. NOAS o.D.; für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
-
Eurostat (3.3.2016a): Statistics explained, File: Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q4 2014 - Q4 2015.png,
http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q4_2014_%E2%80%93_Q4_2015.png, Zugriff 31.3.2016
-
Eurostat (18.9.2015a): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016
-
Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016
-
Eurostat (10.12.2015): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 3rd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_3rd_quarter_2015.png, Zugriff 22.2.2016
-
Eurostat (3.3.2016b): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 4th quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_4th_quarter_2015.png, Zugriff 31.3.2016
-
NOAS (o.D.): The Asylum Process in Norway, http://www.noas.no/the-asylum-process-in-norway-eng/, Zugriff 22.3.2016
-
UDI - Utlendingsdirektoratet (o.D.a): Who does what in the immigration administration,
http://www.udi.no/en/about-the-udi/about-the-udi-and-the-immigration-administration/who-does-what-in-the-immigration-administration/, Zugriff 22.3.2016
2. Dublin-Rückkehrer
Das UDI überprüft jeden Dublin-Fall einzeln, bevor eine Entscheidung darüber getroffen wird, ob der Asylwerber zwecks Durchführung des Asylverfahrens in ein anderes Land überführt werden muss oder ob Norwegen selbst das Verfahren zu führen hat (UDI o.D.c).
Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zum Asylverfahren. Wenn es sich um einen "take-back"-Fall handelt, wird das Verfahren an der Stelle fortgesetzt, wo es in Norwegen unterbrochen wurde. Sollte das Asylverfahren bei Rücküberstellung bereits abgeschlossen sein, kann der Asylwerber die Wiedereröffnung seines Akts beantragen. Wenn das Asylverfahren in Norwegen definitiv abgeschlossen ist, kann der Asylwerber um Nachprüfung seines Antrags ansuchen. Er kann jedoch auch einen Folgeantrag stellen, wenn seine Sachlage sich geändert hat oder wenn neue Beweismittel vorliegen. Dublin-Rückkehrer haben Zugang zu materieller Unterstützung (UDI 31.3.2016).
Quellen:
-
UDI - Utlendingsdirektoratet (o.D.c): Cooperation under the Dublin Regulation,
http://www.udi.no/en/word-definitions/cooperation-under-the-dublin-regulation/, Zugriff 29.4.2016
-
UDI - Utlendingsdirektoratet (31.3.2016): Auskunft des UDI, per E-Mail
3. Non-Refoulement
Asylwerber aus sicheren Teilen Afghanistans oder abgelehnte afghanische Asylwerber werden in ihre Heimat zurückgeschickt (The Government 25.11.2015).
Aufgrund der hohen Risiken von Betrug und Korruption bei IOM in Kabul, hat das UDI das freiwillige Rückkehrprogramm für afghanische Staatsbürger vorübergehend eingestellt. Das heißt, dass man sich für dieses Programm zwar anmelden kann, jedoch mit längeren Wartezeiten rechnen muss (UDI 19.2.2016).
UDI und das Immigration Appeals Board (UNE) haben am 17. September 2015 die Umsetzung der verpflichtenden Rückkehr für irakische Staatsbürger mit einem abgelehnten Asylantrag entschieden. Diese Regelung gilt für alle Iraker mit einem negativen Bescheid unabhängig von der Herkunftsregion innerhalb des Landes (UDI 9.2.2016).
NGOs kritisieren, dass gelegentlich Personen in Gebiete ihres Herkunftsstaats abgeschoben werden, aus denen diese nicht abstammen, etwa im Falle Afghanistans. Ebenfalls kritisiert werden Abschiebungen nach Süd- und Zentralsomalia, wo sie der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt seien (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
-
The Government (25.11.2015): Afghans not entitled to residence in Norway will be deported,
https://www.regjeringen.no/en/topics/asylum-regulations-in-norway/insight/afghans-not-entitled-to-residence-will-be-deported/id2464140/, Zugriff 12.4.2016
-
UDI - Utlendingsdirektoratet (19.2.2016): Temporary stop in assisted returns to Afghanistan, https://www.udi.no/en/important-messages/temporary-stop-in-assisted-returns-to-afghanistan/, Zugriff 14.4.2016
-
UDI - Utlendingsdirektoratet (9.2.2016): Information to Iraqis, https://www.udi.no/en/important-messages/information-to-iraqis/, Zugriff 12.4.2016
-
USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Norway, https://www.ecoi.net/local_link/322563/462040_de.html, Zugriff 29.4.2016
3.1. Drittstaatsicherheit Russlands
Im norwegischen Asylverfahren gibt es neben dem normalen Verfahren ein 48 Stunden- und ein 3 Wochen-Verfahren. Das 48 Stunden-Verfahren ist ein vereinfachtes Verfahren für Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat. Das 3 Wochen-Verfahren findet Anwendung auf ASt. aus Armenien, Bangladesch, Georgien, Weißrussland, Indien, Nepal, Russland (nur ethnische Russen) und Kosovo (nur Minderheiten). Alle anderen Anträge durchlaufen das normale Verfahren (UDI o.D.b).
Angesichts des plötzlichen Anstiegs der Zahl von Asylwerbern, welche über die sogenannte "arktische Route" über Russland nach Nordnorwegen einreisten, beschloss die norwegische Regierung im November 2015 ein Fast-Track-Verfahren (= eine prioritäre Bearbeitung im Zulassungsverfahren, keine Änderung des Gesetzes nötig (UDI 4.5.2016)), demzufolge solche Antragsteller, die über das sichere Drittland Russland eingereist sind, dorthin zurückzuweisen seien, ohne dass ihre Anträge bearbeitet würden. Die Anerkennung Russlands als sicheres Drittland durch Norwegen löste Kritik wegen Unzulänglichkeiten im russischen Asylsystem und des Refoulementrisikos aus. Tatsächlich durchgeführt wurden nur wenige Rücküberstellungen (ECRE 29.1.2016; vgl. AI 24.2.2016). Da Syrer von Russland angeblich direkt in ihr Heimatland zurückgeschickt werden, verlautbarte UDI, dass Norwegen vorerst keine Flüchtlinge mehr nach Russland abschieben will. Rund 1.000 Asylgesuche sollen deshalb in Norwegen neu behandelt werden (Die Presse 21.3.2016).
Ende Dezember 2015 wurde ein weiterer Entwurf für eine Änderung des Asylgesetzes im Parlament präsentiert. Daraus abgeleitet wurde ein Paket von 18 Punkten, welche der Regierung zur Umsetzung empfohlen wurden:
1. Die Priorisierung der schnellen Rückkehr von Personen, deren Anträge auf internationalen Schutz abgelehnt wurden Dazu gehört auch, dass die Rechtsmittelfrist für offensichtlich unbegründete Anträge auf eine Woche verkürzt wurde und die Erweiterung der Liste der Länder, auf welche das 48-Stunde-Verfahren anwendbar ist, zu überlegen ist.
2. Sicherstellen geeigneter Unterbringung für offensichtlich unbegründete Rückkehrer in Storskog und Kirkenes (Nordnorwegen).
3. Entlastung und Verstärkung von UDI.
4. Vorübergehende Aussetzung der Regel wonach Ausländer, deren Antrag auf Schutz innerhalb von 15 Monaten nicht entschieden wurde, eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten.
5. Strikter Widerruf von Aufenthaltsgenehmigungen, wenn die Gründe im Herkunftsland wegfallen.
6. Sicherstellen, dass Leistungen für AW das Land nicht als Migrationsziel gegenüber anderen europäischen Ländern attraktiv machen.
7. Stärkere Betonung der Pflichten von AW.
8. Stärkere internationale polizeiliche Zusammenarbeit, um den Menschenhandel zu bekämpfen und menschenwürdige Rückkehr nicht Schutzbedürftiger zu ermöglichen.
9. Direktflüge zu den wichtigsten Herkunftsländern einrichten um die Rückkehr zu beschleunigen.
10. Besondere Beachtung Minderjähriger in den Unterbringungszentren.
11. Mehr Hilfe für die Aufnahmesysteme Südeuropas.
12. Scharfe Beobachtung der Migrationsrouten über das Mittelmeer und eventuell Unterstützung durch norwegische Behörden.
13. Schaffung neuer Schutzformen für Fälle, in denen die Zeit des Aufenthalts nicht zu einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung führt. Bindung von Daueraufenthaltsgenehmigungen an die Schutzbedürftigkeit.
14. Einschränkungen des Rechts auf Familienzusammenführung für Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge.
15. Schaffung von Betreuungszentren für UMA in ihren Herkunftsländern, um ihnen die gefährliche Reise zu ersparen und die sichere Rückkehr zu ermöglichen.
16. Knüpfung des Rechts auf Zahlungen und sonstige Leistungen an die Aufenthaltsdauer.
17. Überprüfung von Sonderregelungen für AW und Flüchtlinge in der norwegischen nationalen Gesundheitskasse.
18. Start von internationalen Initiativen zur Anpassung internationaler Übereinkommen an die gegenwärtige Migrationssituation.
(UDI 29.4.2016)
Von diesem 18-Punkte-Paket wurde Punkt 5 bereits durch andere Gesetze umgesetzt. Die Punkte 1, 2, 4 (teilweise), 13 und 14 werden im relevanten Gesetzesentwurf
(https://www.regjeringen.no/contentassets/225c8eb568834fbf866a6bc8f6e02dd8/no/pdfs/prp201520160090000dddpdfs.pdf) angesprochen. Was die Regierung betreffend der restlichen Punkte plant, konnte UDI nicht beauskunften (UDI 4.5.2016). Auch ist der Staatendokumentation nicht bekannt, wann das norwegische Parlament über den Entwurf abstimmen wird.
Aktuell wird jeder Fall eines über Russland nach Norwegen eingereisten Antragstellers individuell betrachtet. Wenn es Grund zu der Annahme gibt, dass der ASt. einer Refoulementgefahr ausgesetzt wäre, bearbeitet Norwegen den Antrag inhaltlich. Es wurden von den norwegischen Behörden dahingehende Richtlinien veröffentlicht. Prinzipiell können, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, folgende Personen nach Russland zurückgeschickt werden, wenn diese Rückkehr nicht gegen die og. Richtlinien verstößt:
* Wenn eine Person eine aufrechte russische Aufenthaltsgenehmigung, ein Visum mit verlängerter Dauer oder ein Multiple-entry-Visum besitzt. Denn dann gehen die norwegischen Behörden davon aus, dass sich die Person legal in Russland aufhalten kann.
* Wenn eine Person entweder eine russische Aufenthaltsgenehmigung kürzerer Dauer oder eine abgelaufene Aufenthaltsgenehmigung besitzt, oder sich illegal in Russland aufgehalten hat, wird von Norwegen geprüft, ob die betreffende Person einem Risiko von Refoulement in den Herkunftsstaat ausgesetzt ist. Ist dem nicht so, wird die Person nach Russland abgeschoben. Wenn es Grund zu der Annahme gibt, dass ein Risiko von Refoulement in den Herkunftsstaat besteht, evaluieren die norwegischen Behörden, ob der Herkunftsstaat die Menschenrechte in ausreichender Weise achtet. Wenn ja, wird die Person nach Russland zurückgeschickt. Wenn nein, muss das Risiko der Rückkehr nach Russland eingehender geprüft werden.
(UDI 29.4.2016)
Quellen:
-
AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/2016 - The state of the World¿s Human Rights, http://www.ecoi.net/local_link/319788/458982_de.html, Zugriff 12.4.2016
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Die Presse (21.3.2016): Norwegen stoppt Abschiebungen nach Russland,
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4951106/Norwegen-stoppt-Abschiebungen-nach-Russland, Zugriff 12.4.2016
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ECRE - European Council on Refugees and Exiles (29.1.2016):
Concerns over forced deportation of asylum seekers from Norway to Russia,
http://ecre.org/component/content/article/70-weekly-bulletin-articles/1358-concerns-over-forced-deportation-of-asylum-seekers-from-norway-to-russia-.html, Zugriff 2.5.2016
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UDI - Utlendingsdirektoratet (o.D.b): Protection (asylum), https://www.udi.no/en/want-to-apply/protection-asylum/protection-asylum-in-norway/, Zugriff 2.5.2016
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UDI - Utlendingsdirektoratet (29.4.2016): Auskunft des UDI, per E-Mail
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UDI - Utlendingsdirektoratet (4.5.2016): Auskunft des UDI, per E-Mail
4. Versorgung
Aufnahmezentren sind über ganz Norwegen verteilt und werden von lokalen Behörden, NGOs und privaten Unternehmen auf Vertragsbasis mit dem UDI geführt. Alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylwerber werden von der Regierung finanziert. Die Unterbringung erfolgt jeweils nach dem aktuellen Verfahrensstand bzw. nach speziellen Bedürfnissen, insbesondere vulnerabler Gruppen. Asylwerber leben in offenen Zentren und sind in die lokalen Gemeinden integriert. Dabei haben sie meistens Zugang zu denselben Dienstleistungen wie norwegische Staatsbürger. Daneben gibt es noch Unterbringungsmöglichkeiten in Privathäusern, Hotels und anderen Unterkünften, die von UDI arrangiert werden (UDI/EMN 3.2014).
AW dürfen die Zentren nicht unerlaubt für mehr als 3 Tage verlassen, da sie sonst riskieren, den Platz und die damit einhergehenden Leistungen zu verlieren. In diesem Zusammenhang wird deren angeblich meist zu abgelegene Lage kritisiert (USDOS 13.4.2016).
Aufgrund der derzeitigen hohen Asylantragszahlen wurden neben den regulären Unterbringungszentren zusätzlich temporäre Unterkünfte geschaffen. Die Dauer des Aufenthalts in diesen Zentren variiert je nach Person und Familienstand. Sobald es möglich ist, werden die Asylwerber in die regulären Unterbringungszentren übersiedelt (UDI 18.12.2015). Es besteht jedoch für Asylwerber die Möglichkeit außerhalb der staatlichen Unterkunftszentren zu wohnen, wenn sie sich selbst versorgen können. Es ist aber auch erlaubt, zu Verwandten zu ziehen (UDI o.D.d).
Asylwerber erhalten nur dann eine finanzielle Unterstützung, wenn sie bedürftig sind und in einem Unterbringungszentrum wohnen. Die finanzielle Unterstützung umfasst ein Taschengeld oder Geld für den Kauf von Lebensmitteln. Für Asylwerber in temporären Unterkünften wird gerade ein neues System von Sozialleistungen ausgearbeitet. Die Höhe der Sozialleistungen hängt vom aktuellen Stand des Asylverfahrens und von der Art der Unterbringung ab. Es besteht die Möglichkeit bei außergewöhnlichen Belastungen einen Antrag auf eine weitere finanzielle Unterstützung zu stellen (UDI o.D.e).
Asylwerber, die während des Asylverfahrens außerhalb des offiziellen Unterbringungszentrums wohnen, erhalten weder finanzielle Unterstützung, noch Dolmetscherservice, Norwegisch-Sprachkurse oder Zugang zum öffentlichen Gesundheitswesen (einschließlich psychiatrische Behandlungen) usw., wie sie sonst in den Heimen für Asylwerber angeboten werden (UDI o.D.d).
In der Beschwerdephase vor dem UNE kann der Beschwerdeführer in Norwegen bleiben, wenn aufschiebende Wirkung gewährt wird. Während dieser Zeit darf er in dem Unterbringungszentrum bleiben. Andernfalls muss der das Land bereits vor der Entscheidung des UNE verlassen. Wenn die Entscheidung des UNE negativ ausfällt, wird der Fall abgeschlossen und die finanzielle Unterstützung des Asylwerbers gekürzt. Darüber hinaus verliert er seine temporäre Arbeitsbewilligung und er hat keinen Anspruch mehr auf medizinische Versorgung. Für die Heimreise kann der Asylwerber Rückkehrhilfe beantragen, deren Höhe von der Einhaltung verschiedener Fristen abhängig ist (UDI o.D.h).
Quellen:
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UDI - Utlendingsdirektoratet (18.12.2015): To those living in temporary accommodation,
https://www.udi.no/globalassets/global/asylmottak/midlertidig/beboerinfo-midlertidig-engelsk.pdf, Zugriff 6.4.2016
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UDI - Utlendingsdirektoratet (o.D.d): Living at or moving from a reception centre,
https://www.udi.no/en/have-applied/protection-asylum/ordinary-asylum-reception-centre/living-at-or-moving-from-a-reception-centre/, Zugriff 6.4.2016
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UDI - Utlendingsdirektoratet (o.D.e): Financial assistance, https://www.udi.no/en/have-applied/protection-asylum/ordinary-asylum-reception-centre/financial-assistance/, Zugriff 6.4.2016
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UDI - Utlendingsdirektoratet (o.D.h): Your application for protection has been rejected,
https://www.udi.no/en/received-an-answer/protection-asylum/your-application-for-protection-has-been-rejected-or-you-have-received-a-dublin-decision/, Zugriff 7.4.2016
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UDI/EMN (3.2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in Norway,
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/networks/european_migration_network/reports/docs/emn-studies/establishing-identity/28.norway_national_report_reception_march2014_final.pdf, Zugriff 29.4.2016
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USDOS - US Department of State 13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Norway, https://www.ecoi.net/local_link/322563/462040_de.html, Zugriff 29.4.2016)
4.1. Medizinische Versorgung
Die Gemeinden haben dafür zu sorgen, dass ihre Einwohner die erforderlichen Gesundheitsdienstleistungen erhalten. Dies gilt auch für Einwanderer, Flüchtlinge und Asylbewerber. Die regionalen Gesundheitsunternehmen sind für die Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen auf Krankenhaus- und Facharztebene zuständig. Diese Dienstleistungen können von allen Personen in Anspruch genommen werden, die in der betreffenden Gesundheitsregion wohnen oder sich dort vorübergehend aufhalten. Die kommunalen Gesundheitsdienstleistungen werden dabei vom Staat, durch kommunale Mittel und durch Selbstbeteiligung des Patienten getragen (Ny I Norge o.D.).
Abgelehnte Asylwerber über 18 Jahren haben Zugang zu medizinischer Notversorgung. Asylwerber unter 18 Jahren mit einem negativen Bescheid haben weiterhin den gleichen Anspruch auf die medizinische Vers