TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/30 W239 2160517-1

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Veröffentlicht am 30.11.2017
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Entscheidungsdatum

30.11.2017

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2160517-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 31.12.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer. Der Beschwerdeführer verfügte laut VIS-Abfrage über ein von 08.11.2016 bis 21.01.2017 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt am 28.10.2016 von der italienischen Botschaft in Lagos/Nigeria.

Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (31.12.2016) gab der Beschwerdeführer an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Zur Reiseroute führte er aus, dass er im Dezember 2016 mit dem Flugzeug aus seinem Herkunftsland ausgereist sei. Er habe sich einige Tage in Spanien aufgehalten und sei dann weiter nach Österreich gereist. In Spanien sei er immer in einem Hotel gewesen, ohne es ein einziges Mal zu verlassen. Er habe sich zwei Nächte in Spanien aufgehalten und sei dann direkt nach Österreich geflogen. Hier sei ihm sein Reisekoffer, in dem sich sein Reisepass befunden habe, von einem Taxifahrer weggenommen worden. Nach Österreich sei er gekommen, weil er in einem Land leben wolle, wo Frieden herrsche.

Befragt, warum er seine Heimat verlassen habe, gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass sein Bruder Mitglied eines Kultes gewesen sei und Angehörige dieses Kultes seinen Vater und seinen Bruder getötet hätten. Seine einzige Chance zu überleben sei gewesen, das Land zu verlassen. Deshalb sei er zur italienischen Botschaft gegangen und habe Asyl beantragt. Es seien ihm seine Fingerabdrücke abgenommen worden, er habe ein Visum erhalten und seinen Herkunftsstaat verlassen.

In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 02.01.2017 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Italien.

Mit Schreiben vom 24.01.2017 teilte die italienische Dublin-Behörde dem BFA mit, dass das italienische Visum des Beschwerdeführers im Auftrag der maltesischen Behörden ausgestellt worden sei.

Daher richtete das BFA am 25.01.2017 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 Dublin-III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Malta. Malta ließ das Ersuchen unbeantwortet.

Mit Schreiben vom 30.03.2017 teilte das BFA der maltesischen Dublin-Behörde daher mit, dass aufgrund der nicht fristgerechten Antwort Verfristung eingetreten und Malta gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO nunmehr zur Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers zuständig sei.

Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 27.04.2017 im Beisein eines Rechtsberaters die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Dabei gab der Beschwerdeführer über Nachfrage an, dass er sich körperlich und geistig in der Lage sehe, die Befragung durchzuführen. Er leide an keinen Krankheiten und benötige keine Medikamente. Er habe keine Verwandten in Österreich oder im Bereich der EU. Er habe in seinem Heimatland um ein Visum angesucht und habe ein Visum für Malta erhalten.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann mitgeteilt, dass aufgrund der Zustimmung Maltas geplant sei, seine Außerlandesbringung nach Malta zu veranlassen. Dazu erklärte der Beschwerdeführer, dass er bereits nach Malta gewollt habe. Die Einreise sei ihm allerdings wegen seiner Versicherung verwehrt worden und daher sei er nach Nigeria zurückgeschickt worden. Er befürchte nun, dass ihm das Gleiche noch einmal passieren würde. Bevor dies geschehe, solle man ihn lieber umbringen. Zu den Länderfeststellungen zu Malta erklärte der Beschwerdeführer, dass bei der Überschrift "Dublin-Rückkehrer" im Absatz 3 die Leute, die per Flug und mit Visum einreisen würden, nicht erwähnt worden seien. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer die Dublin-VO näher erklärt.

Die Rechtsberaterin hatte keine Fragen an den Beschwerdeführer, brachte allerdings vor, dass die Länderinformationen zu Malta vom 16.03.2016 seien und somit aktuelle Daten und Bedingungen zur Situation von Asylwerbern in Malta nicht angeführt seien. Im Punkt 3 auf Seite 7 werde auch nicht auf die Situation der Dublin-Rückkehrer mit gültigem oder abgelaufenem Visum eingegangen. Da die Zuständigkeit Maltas durch Verfristung eingetreten sei, ersuchte die Rechtsberatung um ausdrückliche Überprüfung der Übernahme des Beschwerdeführers zur Durchführung seines Asylverfahrens und begründete dies mit seiner schonmaligen Abweisung in der Transitzone am Flughafen in Malta im November 2016. In der Folge bat der Beschwerdeführer darum, dass für den Fall, dass Österreich ihn tatsächlich nach Malta zurücküberstelle, sichergestellt werde, dass er auch tatsächlich in Malta bleiben dürfe.

Mit Schreiben vom 03.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, binnen einer Woche maßgebliche Änderungen seiner persönlichen (privaten) Situation in Österreich bekannt zu geben sowie zum aktualisierten Länderinformationsblatt zu Malta (Gesamtaktualisierungsdatum vom 24.04.2017) Stellung zu nehmen.

Am 09.05.2017 langte beim BFA eine handschriftlich verfasste Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Der Übersetzung lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer abermals den Ausreisegrund aus seinem Herkunftsland schilderte, insbesondere die Bedrohung durch den Kult, zum dem auch sein Bruder gehört habe. Der Beschwerdeführer habe um ein maltesisches Visum angesucht. Mit diesem sei er nach Malta gereist, er sei allerdings am Weg angehalten worden. Er sei nach Österreich gekommen, nachdem ihn Malta zurück in sein Heimatland geschickt habe.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.05.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Malta gemäß Art. 12 Abs. 2 oder 3 Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Malta zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Malta traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert und nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AI 22.2.2017; vgl. AIDA 2.2017; USDOS 3.3.2017; für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Report 2016/2017 - The State of the World¿s Human Rights - Malta, http://www.ecoi.net/local_link/336560/479235_de.html, Zugriff 24.4.2017

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_mt_2016update.pdf, Zugriff 24.4.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Malta,

http://www.ecoi.net/local_link/337179/479943_de.html, Zugriff 24.4.2017

Dublin-Rückkehrer

Wenn ein Antragsteller Malta ohne Erlaubnis verlassen hat, wird sein Asylantrag als implizit zurückgezogen betrachtet. Aufgrund dessen kann es bei Dublin-Rückkehrern nach Malta zu Problemen beim Zugang zum Verfahren kommen und gegebenenfalls die Rückführung in den Herkunftsstaat drohen. Zusätzlich können Rückkehrer wegen der illegalen Ausreise inhaftiert werden und für die Dauer des resultierenden Strafverfahrens (1-2 Monate) inhaftiert bleiben. Die Strafen für die illegale Ausreise reichen von einer Geldstrafe bis zu 2 Jahren Haft. Zugang zu Rechtsberatung ist gegeben. Die Strafzumessung ist schwer vorherzusagen, es gibt auch Fälle von zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafen (AIDA 2.2017).

Eine Nachfrage bei den maltesischen Behörden hat jedenfalls ergeben, dass alle Dublin-Rückkehrer Zugang zum Asylverfahren in Malta haben. Rückkehrer mit laufendem Verfahren könnten dieses fortsetzen. Wenn ihr Antrag als implizit zurückgezogen gilt, kann dieser innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens reaktiviert und das Verfahren fortgesetzt werden. Dublin-Rückkehrer haben auch Zugang zu materieller Versorgung und medizinischer Basisversorgung in Malta (MT 9.3.2016; MT 16.3.2016).

Malta macht bei der Bereitstellung von Versorgungsleistungen keinen Unterschied zwischen verschiedenen Verfahrensarten. Alle Antragsteller erhalten dieselbe Versorgung (EASO 2.2016; vgl. AIDA 2.2017). (Für weitere Informationen siehe Kap. 6. Versorgung.)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_mt_2016update.pdf, Zugriff 24.4.2017

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix Report: Reception conditions, per E-Mail

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MT - Permanent Representation of Malta to the European Union (9.3.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail

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MT - Permanent Representation of Malta to the European Union (16.3.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail

Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Die neu festgelegten Richtlinien über die Aufnahmebedingungen für vulnerable Gruppen setzen voraus, dass die Identifizierung besonderer Bedürfnisse durch die zuständigen Behörden schnellstmöglich durchgeführt werden soll. Um Vulnerabilität festzustellen, führt die Agentur für das Wohl der Asylwerber (AWAS) eine Vulnerable Adults Assessment Procedure (VAAP) im Erstaufnahmezentrum (IRC) durch. Die VAAP ist jedoch nicht durch klare, öffentlich zugängliche Vorschriften geregelt. Ein weiteres Problem stellt dar, dass nur irreguläre Migranten, die im IRC untergebracht werden, auf Vulnerabilität geprüft werden. AW, die aber legal einreisen, werden nicht ins IRC gebracht und somit können ihre besonderen Bedürfnisse nicht sofort identifiziert werden (AIDA 2.2017).

Wenn Zweifel am Alter eines AW bestehen, wird dieser an die AWAS verwiesen, welche eine Altersfeststellung durchführt. Die Altersfeststellungsmethode ist nicht gesetzlich festgeschrieben, aber seit Ende 2014 wird ein ganzheitlicher Ansatz, mit transkulturellen Interviews angewendet. Nur wenn dies keine Ergebnisse bringt, kann eine medizinische Altersfeststellung mittels Knochendichtmessung veranlasst werden. Der Prozess der Altersfeststellung hat sich zwar verbessert, es weist jedoch noch verschiedene Defizite auf, wie Mangel an entsprechenden Verfahrensgarantien und Informationsvermittlung über das Verfahren und gegen das Ergebnis gibt es keine Berufungsmöglichkeit. Es besteht praktisch keine Möglichkeit, die Entscheidung des Altersfeststellungs-Teams (AAT) anzufechten. Wird Minderjährigkeit festgestellt, wird der Minderjährige in eine offene Unterbringung überstellt, wo das Verfahren weitergeht. Als Vormund für UMA wird ein Mitarbeiter von AWAS bestellt, der auch beim Interview anwesend ist. NGOs helfen bei der Beratung der UMA. NGOs beklagen knappe Personalressourcen bei den Vormunden und fordern bessere Ausbildung bezüglich Interkulturalität und Traumatisierung (AIDA 2.2017).

Das neue Gesetz verbietet die Verhaftung vulnerabler Personen, darunter auch Minderjährige und UMA. Sollte ein Haftbefehl bereits erlassen worden, wird er mit sofortiger Wirkung widerrufen. Bei der Ankunft an der Grenze genießen angebliche UMA, Familien mit Kindern und andere offensichtlich vulnerable Personen Priorität beim Pre-Screening. Nach der Überprüfung der Vulnerabilität mittels VAAP oder Altersfeststellung werden die AW in ein offenes Unterbringungszentrum gebracht, und unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse unterstützt. Sollte sich Verwundbarkeit erst später herausstellen, wird von dem Punkt beginnend Hilfe- und Unterstützung gewährleistet. Es gibt in Malta nur ein spezielles Aufnahmezentrum (Dar il Liedna), in dem Familien und UMA untergebracht werden. Daneben gibt es keine weiteren Einrichtungen, die für AW mit speziellen Bedürfnissen geeignet wären. In der Praxis erhalten Personen nach der Identifizierung deren Vulnerabilität nur wenig oder gar keine auf ihre individuellen Bedürfnisse angepasste Unterstützung. Die Asylanträge von vulnerablen Personen werden im Schnellverfahren bearbeitet (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_mt_2016update.pdf, Zugriff 24.4.2017

Non-Refoulement

Folgeanträge haben aufschiebende Wirkung, wenn der Status als AW formell zuerkannt wurde, da dies den Non-Refoulement-Schutz auslöst, welcher allen AW in Malta zukommt (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_mt_2016update.pdf, Zugriff 24.4.2017

Versorgung

Im maltesischen Gesetz wird das Recht auf Versorgung nicht vom jeweiligen Verfahren abhängig gemacht. Diese steht AW, die nicht in Haft sind, ab Antragseinbringung ohne Unterschied zu. Auch gibt es keine Bestimmungen zur maximalen Dauer der Versorgung. Lediglich Personen, welche bereits einmal eine offene Unterbringung verlassen haben, dürfen nicht generell damit rechnen wieder untergebracht zu werden, was für Folgeantragsteller ein Problem sein kann. Laut der Agentur für das Wohl der Asylwerber (AWAS) besteht jedoch die Möglichkeit einer erneuten Zulassung zur Unterbringung in den Aufnahmezentren. Obwohl beim diesbezüglichen Entscheidungstreffen keine konkreten formalen Kriterien gibt, genießt dabei Vulnerabilität einen Vorrang (AIDA 2.2017).

Die Versorgung umfasst offene Unterbringung, und ein tägliches Handgeld, welches als zu niedrig kritisiert wird. Die Höhe des Handgelds geht von EUR 2,33 für Kinder unter 17 Jahren, über EUR 2,91 für Dublin-Rückkehrer bis EUR 4,66 für erwachsene AW. Verpflegung und Kleidung können bereitgestellt oder in Form von Bargeld oder Gutscheinen gewährt werden. Diese Beihilfe wird in der Regel für ein Jahr gewährt, aber in bestimmten Fällen abhängig von den individuellen Bedürfnissen und vom Grad der Vulnerabilität kann sie verlängert werden. Es besteht für AW kein Zugang zur staatlichen Sozialhilfe, was ebenfalls kritisiert wird (AIDA 2.2017; vgl. EASO 2.2016).

Malta verfügt über 8 Unterbringungszentren (6 betrieben von AWAS, 2 betrieben von NGOs unter Aufsicht der AWAS). Eines der Zentren dient der Erstaufnahme. Die Erstaufnahme in Malta erfolgt aus Gründen der öffentlichen Gesundheit geschlossen, bis eine medizinische Freigabe erfolgt ist. Die anderen Zentren dienen der permanenten Unterbringung. Die Gesamtkapazität aller Zentren liegt bei 2.200 Plätzen. Dazu kommen rund 400 Plätze in privater Unterbringung (NGOs). Die Bedingungen der offenen Unterbringung unterscheiden sich von Zentrum zu Zentrum und sind generell eher herausfordernd. Die Zentren sind meist abgelegen, die Hygiene ist verbesserungsbedürftig. Ende 2016 waren 673 Personen in offenen Zentren untergebracht, trotzdem soll Überbelegung ein Problem darstellen (AIDA 2.2017; vgl. EASO 2.2016).

(...)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_mt_2016update.pdf, Zugriff 24.4.2017

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix Report: Reception conditions, per E-Mail

UMA/Vulnerable

Alleinstehende Frauen, UMA und manchmal auch Familien werden in eigenen offenen Zentren untergebracht. UMA werden in der Regel in Familienzentren oder getrennt beherbergt. Es gibt in Malta nur ein spezielles Aufnahmezentrum (Dar il Liedna) für Familien und UMA. UMA über 16 Jahren können mit erwachsenen AW untergebracht werden, was in der Praxis auch schon vorgekommen ist. Kinder haben Zugang zum Bildungssystem (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_mt_2016update.pdf, Zugriff 24.4.2017

Medizinische Versorgung

AW haben kostenlosen Zugang zu staatlichen Gesundheitsdiensten (AIDA 2.2017; vgl. EASO 2.2016).

Die Sprachbarriere, eingeschränkte Transportmöglichkeiten, etc. wirken jedoch einschränkend auf den Zugang zu medizinischer Versorgung. Es gibt keine spezielle Behandlung von Traumatisierten und Folteropfern, hauptsächlich da hierfür auf Malta die Kapazitäten fehlen. Wenn für Antragsteller die materielle Versorgung - aus welchen Gründen auch immer - reduziert oder gestrichen wird, bleibt der Zugang zu Gesundheitsversorgung bestehen (AIDA 2.2017).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_mt_2016update.pdf, Zugriff 24.4.2017

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix Report: Reception conditions, per E-Mail

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MedCOI - Medical COI (14.12.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail

Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine für drei Jahre gültige Aufenthaltsgenehmigung, die verlängerbar ist; ihre Personal- und Reisedokumente (Konventionspass für anerkannte Flüchtlinge; Reisepass für Fremde für subsidiär Schutzberechtigte und Geduldete); und ein Erlaubnis zu einer selbstständigen oder nichtselbstständigen Erwerbstätigkeit. Zu den grundlegenden Sozialleistungen, Integrationsprogrammen, Bildung und Ausbildung sowie zu medizinischer Notversorgung erhalten Schutzberechtigte je nach Status einen unterschiedlichen Zugang. So zum Beispiel Leistungen, die anerkannten Flüchtlingen zukommen, wie Familienzusammenführung, Anspruch auf Sozialwohnungen, erleichterte Erlangung der Staatsbürgerschaft usw., stehen subsidiär Schutzberechtigten und Geduldeten nicht offen (IGM 8.2016; vgl. AWAS 10.2016; AIDA 2.2017).

In der Praxis kann es jedoch bei der Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigungen für viele Schutzberechtigte zu Schwierigkeiten kommen. Die Gründe dafür sind die mangelhafte Vermittlung praktischer Informationen, sehr lange administrative Verzögerungen bei der Bearbeitung der Anträge, belastende Anforderungen und ein negatives Verhalten seitens der Beamten. Ein weiteres Hindernis stellt die lange Wartezeit bei der Ausstellung der Personaldokumente dar. Dies kann sogar mehrere Monate in Anspruch nehmen und während dieser Zeit haben Schutzberechtigte nicht die Möglichkeit, ihre Rechte durchzusetzen (AIDA 2.2017).

Nach Abschluss des Asylverfahrens - egal ob positiv oder negativ - dürfen die Betroffenen im offenen Zentrum bleiben. Dazu sollen sie in der Regel einen einjährigen Vertrag mit dem AWAS unterschreiben, der nach einer individuellen Beurteilung durch einen Sozialarbeiter verlängert werden kann. Schutzberechtigte auf Malta machen vermehrt Gebrauch von ihrem Recht auf Bildung, da NGOs durch ihre Beratungstätigkeit dieses Recht bekannter machen und die zuständigen Behörden dem mit gesteigerter Offenheit gegenüberstehen (AIDA 2.2017). Höhere Bildung ist aber für viele anerkannte Flüchtlinge ohne finanzielle Unterstützung nicht möglich (UN HRC 12.5.2015).

Dem Bericht einer UN-Arbeitsgruppe zufolge sind die Integrationsprogramme für Migranten, Asylwerber und Schutzberechtigte unzureichend. Daneben riet UNHCR zu Vorsicht bei Rückführungen von humanitär Aufenthaltsberechtigten, infolge der Überprüfung des erneuten temporären humanitären Schutzes (THPN) (AI 22.2.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Report 2016/2017 - The State of the World¿s Human Rights - Malta, http://www.ecoi.net/local_link/336560/479235_de.html, Zugriff 24.4.2017

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_mt_2016update.pdf, Zugriff 24.4.2017

-

AWAS - Agency for the Welfare of Asylum Seekers (10.2016): Booklet for asylum seekers,

http://homeaffairs.gov.mt/en/MHAS-Departments/awas/Documents/AWAS_Booklet_Oct_16.pdf, Zugriff 24.4.2017

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IGM - Integration - Government of Malta (8.2016): Humanitarian Protection,

https://integration.gov.mt/en/ResidenceAndVisas/Pages/Humanitarian-Other-Reasons.aspx, Zugriff 24.4.2017

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UN HRC - United Nations Human Rights Council (12.5.2015): Report by the Special Rapporteur on the human rights of migrants, François Crépeau; Addendum; Mission to Malta (6-10 December 2014), http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1434008373_a-hrc-29-36-add-3-en.doc, Zugriff 24.4.2017

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass gemäß Art. 12 Abs. 3 oder 3 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO Malta für die inhaltliche Prüfung des gestellten Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei.

Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Der Beschwerdeführer leide weder an einer lebensbedrohlichen Krankheit, noch habe er Angehörige oder sonstige Verwandte oder berücksichtigungswürdige soziale Kontakte in Österreich. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.

3. Gegen den Bescheid des BFA vom 18.05.2017 erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtmittel der Beschwerde und hielt fest, dass der Bescheid zur Gänze angefochten werde. Gleichzeitig stellte er den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Inhaltlich wurde auf das bereits erstattetes Vorbringen verwiesen und ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Malta eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC und Art. 6 GRC kodifizierten Rechte auf Schutz vor unmenschlicher Behandlung und Freiheit drohe. Die Länderfeststellungen würden zeigen, dass Malta Flüchtlinge ohne Angaben von Gründen mehrere Monate inhaftieren würde, ohne, dass dies tatsächlich notwendig sei. Dublin-Rückkehrer hätten größte Schwierigkeiten beim Zugang zum Verfahren, weil mit der Ausreise aus Malta ein Asylantrag implizit als zurückgezogen gelte. Deswegen drohe Dublin-Rückkehrern die mögliche Abschiebung in den Herkunftsstaat. Die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Malta seien unvollständig, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell. Unter Hinweis auf ausgewählte Judikatur, insbesondere des EGMR vom 04.11.2104, Tarakhel vs. Switzerland, wurde festgehalten, im Sinne der Judikatur des EGMR sei es nicht notwendig, dass in einem Land systemische Mängel im Asylsystem bestehen müssten, um eine Überstellung dorthin unzulässig zu machen. Die belangte Behörde habe keine tatsächliche Interessenabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet und den öffentliche Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung getroffen.

4. Am 07.07.2017 erfolgte die freiwillige Rückreise des Beschwerdeführers nach Malta.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, verfügte zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung in Österreich am 31.12.2016 über ein gültiges, am 28.10.2016 in Lagos/Nigeria von der italienischen Botschaft ausgestelltes Schengen-Visum Typ C, gültig von 08.11.2016 bis 21.01.2017.

Im Rahmen des Konsultationsverfahrens teilte Italien mit Schreiben vom 24.01.2017 mit, dass das in Rede stehende Visum im Auftrag von Malta ausgestellt wurde ("The visa was issued on behalf of Malta."). Malta stimmte der Aufnahme des Beschwerdeführers durch Verfristung zu.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige noch sonstige Verwandte des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer lebt weder in einer Familiengemeinschaft noch in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Finanzielle oder sonstige Abhängigkeiten liegen zu keiner im Bundesgebiet aufhältigen Person vor.

Am 07.07.2017 erfolgte die freiwillige Rückreise des Beschwerdeführers nach Malta. Es erfolgte aufgrund dessen seine Abmeldung aus der Grundversorgung und der Unterkunft.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Asylantragstellung in Österreich und hinsichtlich des gültigen maltesischen Visums ergeben sich aus dem Konsultationsverfahren mit Italien und Malta und aus dem VIS-Abgleichsbericht samt CVIS-Datensatz.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Malta auch Feststellungen zur maltesischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf "Dublin-Rückkehrer") samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass das maltesische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Malta den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer sohin nicht dargetan.

Dass der Beschwerdeführer weder unter gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, noch über besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen zu Österreich verfügt, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben.

Dass der Beschwerdeführer freiwillig ausgereist ist und aus diesem Grund von der Grundversorgung und der Unterkunft in Österreich abgemeldet wurde, ergibt sich aus dem Schreiben des Vereins Menschenrechte Österreich vom 10.07.2017 und aus dem Schreiben vom BFA, ebenfalls vom 10.07.2017. Der Ausreisebestätigung ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am 07.07.2017 freiwillig nach Malta ausgereist ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I 70/2015 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

..."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO lauten:

"Artikel 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Artikel 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsne

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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