TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/30 W209 2155278-1

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Veröffentlicht am 30.11.2017
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Entscheidungsdatum

30.11.2017

Norm

ASVG §16
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W209 2155278-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 05.04.2017, GZ: VA/RB-MVB-0105/2017, betreffend Feststellung der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage und der daraus resultierenden Beiträge für die Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 16 Abs. 1 ASVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 05.04.2017 stellte die Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden die belangte Behörde) fest, dass die monatliche Beitragsgrundlage für die Selbstversicherung des Beschwerdeführers in der Krankenversicherung gemäß § 16 Abs. 1 ASVG ab dem Beitragszeitraum Jänner 2017 € 3.507,95 betrage und der Beschwerdeführer verpflichtet sei, monatlich die daraus resultierenden Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von € 264,85 zu entrichten. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 77 Abs. 1 ASVG der Beitragssatz für die in der Krankenversicherung Selbstversicherten, ausgenommen für Selbstversicherte nach § 19a ASVG, 7,55 % betrage. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass für seine Ehegattin als Pensionistin ein Beitragssatz von lediglich 5,1 % gelte und die Anwendung des Beitragssatzes in Höhe von 7,55 % auf ihn dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, sei entgegenzuhalten, dass dem Beitragssatz zur Krankenversicherung der Pensionisten eine andere Rechtsnorm zu Grunde liege. Zum Einwand des Beschwerdeführers, dass im Vergleich zu seiner Pensionserhöhung ab Jänner 2017 die Beitragserhöhung für die Selbstversicherung in der Krankenversicherung in Höhe von € 60,00 monatlich ab Jänner 2017 in keiner Relation stehe, sei anzumerken, dass die Kasse für Selbstversicherte gemäß § 16 Abs. 1 ASVG, denen eine Beitragsermäßigung zugestanden worden sei, alle zwei Jahre eine Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse vornehme. Bei der letzten Berechnung der Beitragsgrundlage für die Jahre 2015 und 2016 sei nicht das gesamte Einkommen des Beschwerdeführers berücksichtigt worden, weshalb die Beiträge von einer zu niedrigen Beitragsgrundlage vorgeschrieben worden seien. Dieser Umstand sei dem Beschwerdeführer bereits telefonisch zur Kenntnis gebracht worden, der Genannte habe jedoch weiterhin an seinem Antrag auf Ausstellung eines Bescheides in der gegenständlichen Angelegenheit festgehalten.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtmittelfrist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die er im Wesentlichen damit begründete, dass auf Grund es Umstandes, dass er in jungen Jahren als selbständiger Wirtschaftstreuhänder überhaupt keiner Pflichtversicherung unterlegen sei, die freiwillige Weiterversicherung seine "Pflichtversicherung" darstelle, zumal er bei Einführung der Pflichtversicherung zur Krankenversicherung vor die Wahl gestellt worden sei, entweder bei einer (bereits bestehenden) freiwilligen Weiterversicherung zur Krankenversicherung zu bleiben, eine Gruppenkrankenversicherung bei der Uniqua abzuschließen oder sich iSd § 5 GSVG zu versichern. Seit damals stelle § 4 EStG klar, dass die freiwillige Weiterversicherung steuerrechtlich als Betriebsausgabe anzuerkennen sei, wenn sie an Stelle einer anderen Pflichtversicherung getreten sei. Während seiner gesamten aktiven Berufslaufbahn bis 2013 sei diese "freiwillige" Selbstversicherung in der Krankenversicherung seine Pflichtversicherung gewesen. Diese habe er trotz Bezuges einer Pension nach dem GSVG ab dem Jahr 2013 weiterführen müssen. Die Möglichkeit, seine Krankenversicherung infolge des Pensionsbezuges wie alle anderen GSVG­Pensionisten auch bei der Krankenkasse der gewerblichen Wirtschaft zu bezahlen, sei nicht vorgesehen gewesen. Mit der nunmehrigen Neufestsetzung der Beiträge in Höhe von € 264,85 seien diese höher angehoben worden (rd. plus € 60,00) als seine Bruttopension (rd. plus € 51,00). Hierzu sei festzuhalten, dass der Beitragssatz für Pensionisten zur Krankenversicherung normalerweise 5,1 % der Bemessungsgrundlage betrage. Die Anwendung eines Beitragssatzes von 7,55 % in seinem Fall verstoße daher gegen den Gleichheitsgrundsatz. Gleichheitswidrig sei auch, dass nur bei einer Selbstversicherung nach § 16 ASVG, die in seinem Fall allerdings ebenfalls eine Pflichtversicherung darstelle, die Bemessungsgrundlage zusätzlich auch die sogenannten Nichterwerbseinkünfte – wie in seinem Fall Einkünfte aus Vermietung – beinhalte. Ein Berufsangehöriger, der schon von Beginn an der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterworfen gewesen sei, zahle somit sowohl wegen der niedrigeren Bemessungsgrundlage als auch wegen des geringeren Beitragssatzes bei gleichem Einkommen und gleichem Leistungsanspruch deutlich niedrigere Krankenversicherungsbeiträge. Infolge seiner Entscheidung im Jahr 1980 (der ja spätestens durch den Einbezug in die Pflichtversicherung jede Freiwilligkeit abhandengekommen sei) habe er im Sinne des Vertrauensschutzes davon ausgehen können, auch später wie alle anderen Pflichtversicherten nach dem ASVG behandelt zu werden. Offenbar berücksichtige die in seinem Fall anzuwendende Richtlinie über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung in gleichheitswidriger Weise den hier vorliegenden Fall des Zusammenfallens einer Selbstversicherung nach § 16 ASVG einerseits und das Vorliegen eines (aus einem der Pflichtversicherung unterworfenen Aktivbezug resultierenden) Ruhebezuges andererseits nicht. Damit würden Staatsbürger trotz gleichen Sachverhaltes (Pension aus einem pflichtversicherten Aktivbezug) erheblich ungleich behandelt werden (höhere Bemessungsgrundlage und höherer Beitragssatz bei gleicher Leistung). Weder aus dem Gesetzt selbst noch aus den dazu vorhandenen Materialien sei eine beabsichtigte bzw. begründete Ungleichbehandlung für Pensionseinkünfte (die aus einem pflichtversicherten Aktivbezug resultieren) erkennbar. Die vorliegende Ungleichbehandlung verfolge somit keinen erkennbaren legitimen Zweck noch könne diese daher erforderlich oder gar angemessen sein. Das in einem ähnlich erscheinenden Zusammenhang ergangene Erkenntnis des VfGH vom 12.06.1999, V7/99, sei im konkreten Fall nicht anwendbar. Dieses Erkenntnis habe eine Witwenrente der Rechtsanwaltskammer zum Gegenstand gehabt, weswegen die Selbstversicherung in diesem Fall nicht mit einer Pflichtversicherung (wie im gegenständlichen Fall) gleichgesetzt werden könne. Der VfGH spreche allerdings in diesem Erkenntnis genau jene freie Entscheidungsmöglichkeit als relevant an, die im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen sei. Im Gegensatz zur Ausführung des VfGH sei der Stand der Wirtschaftstreuhänder vollwertig in die Pflichtversicherung (GSVG) einbezogen worden und die bereits bestehende Selbstversicherung lediglich an die Stelle der (aber mit der Funktion einer) Pflichtversicherung getreten. Es werde daher beantragt, den gegenständlichen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit sowie wegen eines verfassungswidrigen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz aufzuheben und die Beträge zur Krankenversicherung nach § 16 ASVG ausschließlich auf Basis seiner Pensionseinkünfte mit dem Betragssatz von 5,1 % für Pensionsbezüge für das Jahr 2017 festzusetzen.

3. Am 03.05.2017 einlangend legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist seit 01.11.2003 bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse als Selbstversicherter in der Krankenversicherung gemäß § 16 Abs. 1 ASVG versichert und beantragte am 11.10.2016 gemäß § 76 Abs. 2 ASVG die Herabsetzung der Beitragsgrundlage.

Der Beschwerdeführer bezog nach eigenen Angaben im Jahr 2014 eine Pension der SVA der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von € 2.567,05 brutto/mtl. und eine Pension der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Höhe von € 223,53 brutto/mtl. sowie monatliche (Brutto-) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von rd. € 750,00.

Als Gesamtbetrag der Einkünfte ist im letzten verfügbaren Einkommensteuerbescheid von 2014 ein Betrag von € 39.089,84 ausgewiesen, davon € 8.826,20 aus Vermietung und Verpachtung.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt steht auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Gegenständlich ist eine der Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG berührt. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages liegt jedoch Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die Beitragsgrundlage für den Kalendertag beträgt gemäß § 76 Abs. 1 Z 1 ASVG für alle mit Ausnahme der in Z 2 genannten Selbstversicherten für das Kalenderjahr 2017 € 179,64.

Gemäß § 76 Abs. 2 ASVG sind für Selbstversicherte außerhalb der Personengruppe nach § 16 Abs. 2 ASVG die Beiträge auf Antrag des Versicherten von einer niedrigeren als der im Abs. 1 Z 1 genannten Beitragsgrundlage zu bemessen, sofern dies nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten gerechtfertigt erscheint.

Gemäß den Bestimmungen des § 31 ASVG hat der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Richtlinien über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung und über Form und Inhalt diesbezüglicher Anträge erlassen.

Laut § 1 Abs. 1 der Richtlinien sind diese anzuwenden, wenn eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung beantragt wird.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Richtlinien sind zur Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers sein Einkommen nach Abs. 2 und Unterhaltsansprüche nach Abs. 4 und 5 zu berücksichtigen. Laut Abs. 2 ist das Einkommen der Gesamtbetrag aller Einkünfte nach Ausgleich mit Verlusten.

Einkünfte sind insbesondere:

1. Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (z. B. in der gewerblichen Wirtschaft, in der Land- und Forstwirtschaft, in einem freien Beruf, auf Grund eines Werkvertrages);

2. Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit;

3. Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung oder aus Kapitalvermögen (Zinsen, Dividenden oder andere Erlöse);

4. sonstige Einkünfte (z. B. Pensionszahlungen, Leibrenten, Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften, Gnadenpensionen); hiezu zählen nicht die im § 292 Abs. 4 lit. a, b, d, g und i ASVG angeführten Bezüge.

Gemäß § 3 Abs. 3 der Richtlinien ist Grundlage für die Ermittlung der Einkünfte aus Abs. 2 Z 1, 3 und 4 der letzte Einkommensteuerbescheid, wobei darin allfällig angeführte Investitionsfreibeträge, Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung sowie Sanierungs- oder Veräußerungsgewinne nach den Bestimmungen des § 25 Abs. 2 GSVG zu berücksichtigen sind. Die Einkünfte des letzten Einkommensteuerbescheides sind entsprechend ihrer zeitlichen Lagerung gemäß § 25a Abs. 1 Z 2 GSVG aufzuwerten.

§ 4 der Richtlinien legt fest, dass als Beitragsgrundlage jener Betrag festzusetzen ist, der dem durchschnittlich auf den Monat entfallenden Teil des Jahreseinkommens des Antragstellers entspricht.

Gemäß § 77 Abs. 1 ASVG beträgt der Beitragssatz für die in der Krankenversicherung Selbstversicherten, ausgenommen für Selbstversicherte nach § 19a ASVG, 7,55 %.

Der Beschwerdeführer beantragte am 11.10.2016 gemäß § 76 Abs. 2 ASVG die Herabsetzung der Beitragsgrundlage in der Selbstversicherter in der Krankenversicherung gemäß § 16 Abs. 1 ASVG.

Er bezog nach eigenen Angaben im Jahr 2014 eine Pension der SVA der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von € 2.567,05 brutto/mtl. und eine Pension der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Höhe von € 223,53 brutto/mtl. sowie monatliche (Brutto-) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von rd. € 750,00.

Als Gesamtbetrag der Einkünfte ist im letzten verfügbaren Einkommensteuerbescheid von 2014 ein Betrag von € 39.089,84 ausgewiesen, davon € 8.826,20 aus Vermietung und Verpachtung.

Die monatliche Beitragsgrundlage für die Selbstversicherung ab dem Beitragszeitraum Jänner 2017 errechnet sich somit auf Grund der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen wie folgt:

Gesamtbetrag der Einkünfte aus 2014 € 39.089,84/12 Monate

* 1,027 (Aufwertungszahl 2015)

* 1,024 (Aufwertungszahl 2016)

* 1,024 (Aufwertungszahl 2017) =

€ 3.507,95.

Der monatliche Beitrag zur Selbstversicherung ab dem Beitragszeitraum Jänner 2017 errechnet sich folgendermaßen:

€ 3.507,95 * 7,55 % = € 264,85.

Soweit der Beschwerdeführer in der Anwendung des Beitragssatzes von 7,55 % sowie in der Mitberücksichtigung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Bemessung der Beitragsgrundlage eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten erblickt, ist ihm entgegenzuhalten, dass der VfGH in dem vom Beschwerdeführer angeführten Erkenntnis vom 12.06.1999, V7/99, eine derartige Ungleichbehandlung als verfassungsrechtlich zulässig erachtet hat.

In diesem Erkenntnis hat der VfGH ausgesprochen, dass die Pflichtversicherung ein für die gesetzliche Sozialversicherung typisches Grundprinzip ist. Die Riskengemeinschaft kommt durch einen Akt des Gesetzgebers zustande, indem die von gleichartigen Gefahren bedrohten Personen zu einer Versicherungsgemeinschaft zusammengeschlossen und einem Sozialversicherungsträger zugeordnet werden. Der notwendige Riskenausgleich kann nur durch das Prinzip der Pflichtversicherung erreicht werden, weil in der gesetzlichen Sozialversicherung im Gegensatz zur Privatversicherung keine Riskenauslese vorgesehen ist. Der Versicherungsträger kann die ihm durch Gesetz zugewiesenen Versicherungsverhältnisse nicht selektieren, also keine ihm zu groß erscheinenden Risken ablehnen.

Erst in der 32. ASVG-Novelle wurde das Prinzip der Pflichtversicherung mit der Einräumung der uneingeschränkten Berechtigung zur freiwilligen Versicherung in der sozialen Krankenversicherung durch die 'Selbstversicherung' im Sinne des § 16 ASVG umfassend ergänzt. Damit wollte der Gesetzgeber auch für jenen Personenkreis einen Sozialversicherungsschutz anbieten, der von den Bestimmungen der Pflichtversicherung nicht erfasst ist, ohne dies wie bisher von der Erfüllung besonders strenger Voraussetzungen abhängig zu machen.

Der Gesetzgeber hat aber eine differenzierte Behandlung der freiwillig Versicherten in verschiedenen Bereichen gewollt und auch verwirklicht. Eine unterschiedliche Behandlung der freiwillig Versicherten ist einerseits insbesondere deswegen sachlich gerechtfertigt, weil dieser Personenkreis es sich aussuchen kann, ob und wann er einen gesetzlichen Sozialversicherungsschutz erhalten möchte. Er hat die Möglichkeit, eine Risikoabschätzung vorzunehmen sowie einen Kosten-Nutzen-Vergleich zu privaten Versicherungsunternehmen anzustellen. Nach Abschätzung aller Für und Wider kann dieser Personenkreis wählen, welchem System der Versicherung (gesetzlich oder privat) er beitreten möchte.

Im Gegensatz dazu kann der soziale Krankenversicherungsträger auch im Bereich der Selbstversicherung nicht wählen, ob und unter welchen Konditionen er einen Versicherten aufnimmt. Er unterliegt einem Kontrahierungszwang und ist verpflichtet, allen Anträgen zur Selbstversicherung ohne Berücksichtigung unterschiedlicher Riskenverteilung nachzukommen (z.B. stellen 'Pensionisten' statistisch gesehen eine Versichertengruppe mit hohem Risiko dar). Jeder kann der Selbstversicherung unter denselben Bedingungen beitreten, egal ob er noch erwerbstätig ist oder schon Pensionist.

Gerade was den Personenkreis der Freiberufler betrifft, so hatte dieser durch die Schaffung des Sozialversicherungsgesetzes der freiberuflich selbständig Erwerbstätigen (FSVG) die Möglichkeit, sich in das gesetzliche System der sozialen Pflichtversicherung vollwertig einbeziehen zu lassen.

Diese Möglichkeit wurde lediglich von der Österreichischen Ärztekammer, der Österreichischen Apothekerkammer und der Österreichischen Patentanwaltskammer, wenn auch nur teilweise, für ihre Kammermitglieder wahrgenommen.

Ein direkter Vergleich zwischen den Personen- bzw. Berufsgruppen, die in die Pflichtversicherung einbezogen sind und jener Personen- bzw. Berufsgruppe, die auf eine derartige Einbeziehung durch eine ausdrückliche Entscheidung verzichtet hat (wenn auch nur mittelbar durch die jeweilige gesetzliche berufliche Interessenvertretung), erscheint aus den oben genannten Gründen nicht zulässig. Es handelt sich dabei eben um zwei verschiedene Zugänge zum System der gesetzlichen Sozialversicherung: einerseits Pflichtversicherung, andererseits freiwillige Versicherung im Vergleich zum gesamten freien Versicherungsmarkt.

Dass solche Unterschiede im Zugang zum gesetzlichen Sozialversicherungsschutz in der Absicht des Gesetzgebers liegen, hat dieser schon im § 123 Abs. 9 lit. c ASVG klar und deutlich ausgedrückt. In der genannten Bestimmung schließt der Gesetzgeber die im § 2 Abs. 1 FSVG, BGBl. Nr. 624/1978 in der ab 31. Dezember 1997 geltenden Fassung, angeführten Personen ausdrücklich von der Möglichkeit der Inanspruchnahme eines beitragsfreien Krankenversicherungsschutzes als Angehöriger eines ASVG-Versicherten aus.

Der Einwand des Beschwerdeführers, das Erkenntnis des VfGH sei auf ihn nicht anwendbar, weil der VfGH darin genau jene freie Entscheidungsmöglichkeit als relevant anspreche, die in seinem Fall nicht gegeben gewesen sei, ist entgegenzuhalten, dass sich seine gesetzliche berufliche Interessenvertretung gegen die Einbeziehung in die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG entschieden hat, und dies – trotz der eingeschränkten Wahlmöglichkeiten für die Betroffenen als Folge des Opting-Outs – dem Erkenntnis zufolge auf Grund der oben beschriebenen verschiedenen Zugänge zum System der gesetzlichen Sozialversicherung eine unterschiedliche Behandlung zulässt.

Für die gewünschte Gleichbehandlung mit Pflichtversicherten hinsichtlich der Höhe des Beitragssatzes und der Bemessung der Beitragsgrundlagen besteht somit keine verfassungsrechtliche Verpflichtung.

Da eine einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht behauptet wurde und sich aus der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, ist die Beschwerde somit als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Der Beschwerdeführer hat einen solchen Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt. Zwar wird das Unterlassen der Antragstellung im Fall unvertretener oder rechtsunkundiger Parteien nicht als (schlüssiger) Verzicht gewertet (vgl. VwGH vom 14.06.2012, 2011/10/0177). Das Bundesverwaltungsgericht erachtete jedoch die amtswegige Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, weil der maßgebliche Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und unstrittig feststeht.

Da somit auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder

Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer (außerordentlichen) Revision fehlen, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (Hinweis E vom 21. Jänner 2015, Ra 2015/12/0003). Ist somit die Rechtslage – wie im vorliegenden Fall – nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen wäre (Hinweis B vom 27. August 2014, Ra 2014/05/0007, mwN) (VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragsgrundlagen, Herabsetzung, Krankenversicherung,
Selbstversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W209.2155278.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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