TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/30 I413 2125669-1

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Veröffentlicht am 30.11.2017
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Entscheidungsdatum

30.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §7

Spruch

I413 2125669-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2016, Zl. 1054259701/150294821 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunkt III. wie folgt lautet:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 des Asylgesetzes 2005 wird XXXX nicht erteilt."

II. Der Antrag, jedenfalls das laufende Verfahren des BFA RD Steiermark zu Erlangung eines Heimreisezertifikats basierend auf der fehlerhaften Verfahrensidentität und den falschen Eintragungen im Fremdenregister einzustellen, wird gemäß § 7 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen aus Ungarn kommend in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er ausschließlich mit wirtschaftlichen Motiven begründete.

2. Mit Bescheid vom 29.07.2015, Zl. 1054259701/150294821-EAST Ost wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz als unzulässig zurück und sprach aus, dass gemäß Art 18 (1) b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes Ungarn für die Prüfung seines Antrages zuständig ist. Zugleich ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers an und erklärte seine Abschiebung nach Ungarn als zulässig.

Der dagegen erhobenen Beschwerde erkannte das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 31.08.2015 die aufschiebende Wirkung zu.

Mit Erkenntnis vom 07.09.2015, GZ: W192 2112756-1/5E gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und behob den Bescheid vom 29.07.2015.

3. Am 15.03.2016 vernahm die belangte Behörde den Beschwerdeführer niederschriftlich ein. Neuerlich befragt nach seinen Fluchtmotiven brachte er ergänzend vor, dass Terroristen das Land und die Landwirtschaft seiner Familie besetzt, die Familie ausgebeutet und ihnen die Lebensgrundlage entzogen hätten. Um seine Familie zu finanziell zu unterstützen, habe er daraufhin seinen Herkunftsstaat verlassen.

4. Mit gegenständlichem Bescheid vom 22.01.2016, Zl. 750691304/150511253, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gewährte sie ihm eine Frist für seine freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

5. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19.04.2016 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

6. Mit Erkenntnis vom 19.09.2017, Zl. I413 2125669-1/11E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet mit der Maßgabe ab, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."

und sprach aus, dass die Revision nacht Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist.

7. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters am 20.09.2017 mit ERV zugestellt.

8. Am 16.10.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 17.10.2017, brachte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens unter Vorlage der Kopie seines Reisepasses ein, den er zusammengefasst damit begründete, dass seine Identität nunmehr feststehe und daher erwiesen sei, dass er keine Straftaten in Österreich begangen habe und die strafgerichtliche Verurteilung, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht bezogen hatte, nicht von ihm begangen worden wäre. Ferner erstattete er ein Vorbringen zu seiner Integration. Zugleich zog der Beschwerdeführer seine Beschwerde soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. (Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten) und Spruchpunkt II. (Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien) zurück. In diesem Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer die Anträge, (1) das abgeschlossene Beschwerdeverfahren gem. § 32 VwGVG wieder aufzunehmen, (2) das Vorliegen von Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 55-57 AsylG näher zu prüfen bzw diesen zu erteilen,

(3) in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern , dass der Bescheid im Spruchpunkt III. betreffend die gegen den Beschwerdeführer gem § 52 Abs 2 Z 2 FPG gefällte Rückkehrentscheidung, aufgehoben wird; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Bescheid in Spruchpunkt III. betreffend der gegen den Beschwerdeführer gem § 52 Abs 9 FPG festgestellten Abschiebung gemäß § 46 aufgehoben wird; (4) jedenfalls das laufende Verfahren des BFA RD Steiermark zu Erlangung eines Heimreisezertifikats basierend auf der fehlerhaften Verfahrensidentität und den falschen Eintragungen im Fremdenregister einzustellen und (5) eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

9. Diesem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 23.10.2017, Zl. I413 2125669-1/15Z, statt und sprach zugleich aus, dass die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist.

10. Am 29.11.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer als Partei einvernommen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer heißt XXXX, ist am XXXX geboren und Staatbürger von Alterien. Er ist volljährig, gesund, ledig und bekennt sich zum islamischen Glauben. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer besuchte neun Jahre lang die Schule, er absolvierte eine Lehre als Installateur und schloss ein Kolleg für Informatik ab. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich in seinem Herkunftsstaat unter anderem durch als Händler und Verkäufer, als Angestellter in einer Pizzeria und als Installateur sowie durch die Mithilfe in der familiären Landwirtschaft. Seine Eltern, seine drei Brüder sowie seine drei Schwestern leben nach wie vor in Algerien.

Der Beschwerdeführer reiste (spätestens) am 21.03.2015 in das Bundesgebiet ein. Er verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte, befindet er sich auch in keiner aufrechten Beziehung und hat er keinerlei Sorgepflichten. Es kann keine maßgebliche und überdurchschnittliche sprachliche, soziale und integrative Verfestigung des Beschwerdeführers in Österreich festgestellt werden. Der Beschwerdeführer verdiente sich in Österreich zeitweise seinen Unterhalt durch Schwarzarbeit in einem Kebap-Stand, durch Betreiben eines Standes auf einem Flohmarkt. Er bemühte sich am 04.04.2016 um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung, die mit Bescheid vom 18.04.2016 abgewiesen wurde. Am 21.11.2017 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur Situation des Beschwerdeführers im Rückkehrfall:

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung und keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Algerien ist sowohl fähig als auch willig, seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Algerien weist eine funktionierende, unabhängige Justiz sowie einen funktionierenden Sicherheitsapparat auf. Behördliche Korruption steht unter Strafe, mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Dieses Gesetz wird nicht effektiv durchgesetzt, wenn es auch ein eigenes Zentralbüro zur Bekämpfung der Korruption gibt. Daneben sorgt die Nationale Organisation zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption für eine beratende Funktion. Die Sicherheitslage in Algerien ist, abgesehen von einigen Grenzregionen im Süden und Osten und den Bergregionen im Westen als sicher zu qualifizieren. Algerien ist allen wesentlichen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Menschenrechtssituation in Algerien hat sich seit den 1990-er Jahren sukzessive verbessert. In Algerien besteht ein aufwändiges Sozialsystem. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Die medizinische Versorgung ist allgemein zugänglich und kostenfrei. In jeder größeren Stadt existieren Krankenhäuser. Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser werden stark subventioniert. Die Wirtschaft in Algerien ist als Konsumwirtschaft zu bezeichnen, mit wenig produzierenden Unternehmen, sodass die Arbeitsplatzsituation insbesondere für junge Algerier angespannt ist. Die Arbeitslosigkeit unter jungen Algeriern ist hoch. Offiziell nicht bestätigte Angaben sprechen davon, dass ein Drittel der 18- bis 25-jähreigen keine Arbeit hat und dass viele als beschäftigt geltende junge Menschen lediglich schlecht bezahlten Gelegenheitsarbeiten nachgehen. Diese Situation bewirkt, dass viele junge Algerier eine destruktive Haltung einnehmen, welche sich in Straßensperren, brennenden Reifen oder abgefackelten Bürgermeisterämtern äußert. Nicht festgestellt werden kann, dass junge Algerier infolge mangelnder Perspektiven, Arbeitslosigkeit oder schlechter Bezahlung in solche existenziellen Notlagen kommen, dass sie selbst ein bescheidenes Leben in Algerien nicht führen könnten.

Illegal Ausreisenden droht im Falle der Rückkehr eine Geld- und/oder Freiheitsstrafe, wobei in der Praxis lediglich Bewährungsstrafen verhängt werden. Nach Algerien angeschobene Personen werden 24 Stunden festgehalten und verhört, um den Grund der Ausweisung zu erfahren. Eine behördliche Rückkehrhilfe existiert nicht.

Dem Beschwerdeführer drohen im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung und keine seine Existenz bedrohende Notlage in seinem Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien mit Stand 17.05.2017, das Zentrale Melderegister und den Strafregisterauszug sowie durch Vernehmung des Beschwerdeführers als Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seinem Gesundheitszustand, seinem Familienstand, seiner Staatsangehörigkeit sowie seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt

Während der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden und dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen des bisherigen Verfahrens keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegte, legte er mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht eine Kopie seines algerischen Reisepasses vor. Dem Auftrag, seinen algerischen Reisepass im Original dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen, kam der Beschwerdeführer nicht nach. Seine in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 diesbezügliche Entschuldigung ist geradezu als fadenscheinig zu bezeichnen und dokumentiert, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich einer zentralen Frage des Verfahrens, der Feststellung seiner Identität nicht bereit ist, mitzuwirken. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich seine Mitwirkungspflicht an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts eindeutig verletzt. Dennoch steht seine Identität aufgrund der vorgelegten Reisepasskopie mit hoher – wenn auch nicht mit abschließender – Wahrscheinlichkeit fest.

Aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 15.03.2016 und der im Rahmen in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 getätigten Aussagen resultieren die Feststellungen über seine Schul- und Ausbildung, den Verdienst seines bisherigen Lebensunterhaltes sowie seiner familiären Situation in Algerien.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte verfügt und er hier keine aufrechte Beziehung führt, bestätigte er zuletzt in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde vom 15.03.2016 und nunmehr auch in der Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.11.2017. Die Feststellung hinsichtlich seiner nicht Vorhandenen maßgeblichen sprachlichen, sozialen und integrativen Verfestigung ergibt sich einerseits aus seinen diesbezüglichen Angaben im Administrativverfahren und andererseits aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.11.2017. Dass der Beschwerdeführer über keine nennenswerte und schon gar keine außerordentliche Integration in Österreich verfügt, konnte der Beschwerdeführer in seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 sehr deutlich machen. Der Beschwerdeführer ist kaum der deutschen Sprache mächtig, wie sich das Bundesverwaltungsgericht persönlich in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 überzeugen konnte. Der Beschwerdeführer machte es auch deutlich, dass er keinen Deutschkurs besuchen kann, da er keine Zeit habe und immer arbeite (Protokoll vom 29.11.2017, S 11). Seine Beteuerung, er verfüge über Deutschkenntnisse des Niveaus A2 (Protokoll vom 29.11.2017, S 11), lassen sich nicht mit dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck des Bundesverwaltungsgerichts in Deckung bringen, zumal der Beschwerdeführer wohl noch auf die Frage "Sprechen Sie Deutsch?" mit "Ein bisschen" antworten konnte, aber die weitere, deutlich und langsam gesprochene Frage, ob der Beschwerdeführer einen Deutschkurs besuchte oder besucht, nicht verstanden hatte und auch hierauf nach Übersetzung nur antwortete: "Keine Zeit, immer arbeiten". Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe eine Deutschprüfung des Niveaus A2 bestanden, ihm sei aber das Zertifikat vorenthalten worden, ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgericht angesichts der kaum vorhandenen Fähigkeit, sich auf Deutsch zu verständigen, nicht zutreffend. Zudem widerspricht es aller Erfahrung, dass die Caritas, die seit Jahren Flüchtlinge betreut, dem Beschwerdeführer ein für Asylwerber zentrales Dokument vorenthalten würde. Daher ist diese Angabe sehr stark zu bezweifeln und nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer legte zum Nachweis seiner Integration Unterlagen in der mündlichen Verhandlung (und vorab durch seinen Rechtsvertreter vor). Beilagen ./B (Anmeldung und Abmeldung bei der OOEGKK betreffend die Tätigkeit als Reinigungskraft), ./C (Lohn- und Gehaltsabrechnung für die Monate Jänner bis Mai 2017), ./D (Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung vom 17.11.2017) und ./E (Bescheid des AMS vom 18.04.2016 über die Ablehnung der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung) dokumentieren den Willen zu arbeiten. Die Beilagen ./B und ./C dokumentieren freilich auch, dass der Beschwerdeführer ohne Beschäftigungsbewilligung – sie wurde mit Bescheid vom 18.04.2016 (Beilage ./E) nicht erteilt – beschäftigt war. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch Beamte der Finanzpolizei bei der Ausübung von Schwarzarbeit betreten wurde.

Beilagen ./E (Empfehlungsschreiben), und ./F (Liste von Personen, die den Beschwerdeführer finanziell unterstützen) sowie Beilage ./G (Kulturpass) vermögen keine Integration zu dokumentieren. Beilagen ./E und ./F zeigen lediglich auf, dass bestimmte Personen kleinere finanzielle Zuschüsse dem Beschwerdeführer zu leisten bereit sind. Diese Liste – sie dokumentiert, dass der Beschwerdeführer in Personenkreise mit Migrationshintergrund integriert sein dürfte – hat hinsichtlich seiner Verankerung in der österreichischen Gesellschaft, seinem Bemühen um Teilhabe an der österreichischen Kultur und Gesellschaft und seinen Anstrengungen, ein Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, keinerlei Aussagekraft. Dagegen verneint der Beschwerdeführer jegliches Engagement in Vereinen oder der Teilnahme an Kursen, Aktivitäten oder Veranstaltungen, die gerade in Graz, wo der Beschwerdeführer lebt, speziell für Fremde angeboten werden, um Fremden die Integration in Österreich zu erleichtern, niederschwellig angeboten werden, aber offenkundig vom Beschwerdeführer nicht in Anspruch genommen werden. Es war daher die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer über keine maßgebliche und überdurchschnittliche sprachliche, soziale und integrative Verfestigung in Österreich verfügt.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 30.11.2017.

2.3. Zur Situation des Beschwerdeführers im Rückkehrfall:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung und keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird, basiert einerseits auf dem – in Folge der teilweisen Zurückziehung der Beschwerde nunmehr rechtskräftigen Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides. Danach steht rechtskräftig fest, dass der Beschwerdeführer keiner asylrelevanten Verfolgung in Algerien ausgesetzt ist und auch keine Gründe bestehen, die die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtfertigen könnten. Bereits deshalb ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien keiner Gefahr vor Verfolgung oder der Bedrohung ausgesetzt ist. In diesem Zusammenhang sei auch darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 22.03.2015 zu seinen Fluchtmotiven befragt ausschließlich wirtschaftliche Motive geltend machte. Die nunmehr in der mündlichen Verhandlung behauptete Privatverfolgung durch einen Gläubiger ist – wie auch die Behauptung, ihm würde von der Regierung vorgeworfen, den Terror zu unterstützen und er werde rassistisch behandelt, ist als ein spätes, gesteigertes Vorbringen nicht glaubhaft. Kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist dieses erstmals in der Beschwerde erstattete und nun wiederholte Vorbringen, als gesteigertes Vorbringen zu werten, welchem keine Glaubhaftigkeit beigemessen werden kann. Ungeachtet dessen ist dahingehend auch auf das Neuerungsverbot des § 20 BFA-VG zu verweisen, weshalb die entsprechende Feststellung getroffen werden konnte.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Dem Beschwerdeführer wurden die aktuellen Länderberichte in seiner niederschriftlichen Einvernahme 15.03.2016 zur Kenntnis gebracht und ihm im Rahmen der Beschwerdeverhandlung die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Hiezu hat der Beschwerdeführer mit den Worten "Ich mit den Inhalten einverstanden" explizit Stellung genommen.

Ein Abgleich mit den aktuellen Länderberichten zeigt, dass im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers keine entscheidungsrelevante Veränderung eingetreten ist. In der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 wurden die Länderfeststellungen mit dem Beschwerdeführer eingehend erörtert. Seine unsubstantiierte Behauptung, es gäbe Rassismus in seinem Land, er werde als Amaseri sofort rassistisch behandelt und werde deswegen keine Arbeit bekommen, lässt sich mit den Feststellungen des Länderinformationsblattes nicht verifizieren, zumal übereinstimmend berichtet wird, dass in Algerien keine Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Volk, insbesondere zu einem Volksstamm der Berber, welche einen besonderen verfassungsrechtlichen Status genießen, festzustellen ist.

Algerien gemäß § 1 Ziffer 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl. II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl. II Nr. 47/2016, ein sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Beschwerdegegenstand

Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I und II ist Beschwerdegegenstand lediglich Spruchpunkt III (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien) und IV (vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise). Es ist daher nur mehr auf diese Punkte einzugehen.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (i.e. Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem Titel der Art 2 oder 3 EMRK bzw 6. oder 13. ZPEMRK in Fällen des Vorliegens von Aberkennungsgründen) vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Ein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (Nichtzuerkennung bzw. Aberkennung von subsidiärem Schutz wegen Vorliegens von Aberkennungsgründen) liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG (bis zum FrÄG 2015: "rechtskräftig") auf Dauer für unzulässig erklärt wird (bis zum FrÄG 2015: "wurde"). Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

3.2.2.1. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach §§ 57 und 55 AsylG (Spruchpunkt III, erster Spruchteil, erster Satz des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, 1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht, 2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder 3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl Nr 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Im ersten Spruchteil, erster Satz des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde (u.a.) aus, dass der Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise.

Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Spruchteil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides in merito über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG.

Der Verwaltungsgerichthof hat seinem Erkenntnis vom 15.03.2016, Ra 2015/21/0174, mwN, klargestellt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 FPG erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG abzusprechen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind und über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG von der belangten Behörde angesichts der zugleich getroffenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG nicht abgesprochen werden durfte, war der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunkt III. entsprechend abzuändern.

3.2.2.2. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III., erster Spruchteil, zweiter und dritter Satz des angefochtenen Bescheides):

Da das Asylverfahren (nunmehr rechtskräftig) negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs 2 Z 2 FPG gestützt.

In Weiterer Folge ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Im Lichte des Art 8 EMRK ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen und gesunden Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise in das Bundesgebiet letztmalig (spätestens) am 21.03.2015 rund zweieinhalb Jahre gedauert hat, (vgl dazu EGMR 08.04.2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iS von Art 8 EMRK entstanden ist).

Spätestens mit der negativen Entscheidung durch belangte Behörde mit Bescheid vom 29.03.2016 musste sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthaltes bewusst sein; ein allfälliges Privat- und Familienleben, das erst nach der Abweisung seines Asylantrages entstanden ist, verliert dadurch deutlich an Gewicht.

Außerdem fußt sein gesamter bisheriger Aufenthalt auf einem Asylantrag, den der Beschwerdeführer lediglich aufgrund seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet stellen konnte.

Im Hinblick auf seines Familienlebens iSd Art 8 EMRK ist auszuführen, dass diesem keine besondere Schutzwürdigkeit zukommt. Weder verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich noch wird das Bestehen einer aufrechten Beziehung von ihm behauptet.

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich im Hinblick auf die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde: So war er bislang nicht imstande, auch nur ansatzweise seine allfällige sprachliche, soziale bzw. integrative Verfestigung in Österreich darzulegen oder formell nachzuweisen. Die als Nachweise seiner Integration vorgelegten Belege (Beilagen ./B bis ./G) dokumentieren keine maßgebliche – und schon gar keine außerordentliche – Integration in Österreich. Positiv zu vermerken ist zwar das Bemühen des Beschwerdeführers, wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen, indem er ohne über eine Beschäftigungsbewilligung zu verfügen als Reinigungskraft arbeitete, zuvor schwarz bei einem Imbissstand arbeitete und durch Kleinsthandel am Flohmarkt sich ein Einkommen zu verschaffen versucht. Andererseits dokumentieren Beilagen ./E und ./F private finanzielle Zuwendungen an Beschwerdeführer, die aufzeigen, dass eine Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben ist. Darüber hinausgehende "Indikatoren" einer Integration oder eines Bemühens einer Integration in Österreich sind nicht erkennbar. Hierbei wiegt es schwer, dass der Beschwerdeführer nicht Deutsch spricht und auch nicht zum Erlernen der deutschen Sprache bereit ist, da er – wie er in der mündlichen Verhandlung angibt – keine Zeit für Sprachkursbesuche habe, da er arbeite. Diese Aussage verdeutlicht nicht nur eine mangelnde Integration, sondern auch den mangelnden Willen, sich in Österreich integrieren zu wollen. Es ist daher von untergeordneten und damit nicht schützenswerten privaten Interessen des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen.

Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat Algerien ausgegangen werden. So wuchs er in Algerien auf und lebte dort bis zu seiner Ausreise, weshalb von seiner Hauptsozialisierung in Algerien auszugehen ist. Er spricht nach wie vor seine Muttersprache, ist mit den regionalen Gebräuchen und Eigenheiten der maghrebinischen Kultur vertraut und lebt seine Familie nach wie vor in Algerien. Von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers kann daher nicht ausgegangen werden.

Dem allenfalls bestehenden, schwach ausgeprägten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.3010, 2010/18/0029).

Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität (vgl zB VwGH 27.03.2007, 2007/18/0127) und das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre unrechtmäßige Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007; vgl dazu auch VfSlg 19.086/2010, in dem der VfGH auf dieses Erkenntnis des VwGH Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

Den – nicht gewichtigen – persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das – gewichtige – öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, 98/18/0260; 18.01.2005, 2004/18/0365).

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Abschiebung aus. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt. Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Mit der Entscheidung über die Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Die Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz wurde rechtskräftig negativ durch den nicht (mehr) angefochtenen Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides entschieden. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062). Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des ersten Spruchteils, zweiter und dritter Satz des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 57 und 55 AsylG, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 FPG abzuweisen war.

3.3. Zur Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden von der Beschwerdeführerin nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des zweiten Teiles des Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4. Der Antrag jedenfalls das laufende Verfahren des BFA RD Steiermark zu Erlangung eines Heimreisezertifikats basierend auf der fehlerhaften Verfahrensidentität und den falschen Eintragungen im Fremdenregister einzustellen, war zurückzuweisen, da kein dem Beschwerderecht unterliegender Rechtsakt der belangten Behörde im Sinne des § 7 VwGVG vorliegt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von besonderer Bedeutung aufgeworfen. Die gegenständliche Entscheidung beruht auf der in Pkt. 3. A. zitierten Rechtsprechung und weicht von dieser nicht ab.

Schlagworte

Antragsbegehren, Identität, Identitätsfeststellung,
Interessenabwägung, öffentliches Interesse, Reisedokument,
Rückkehrentscheidung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I413.2125669.1.02

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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